Liebe peinigend empfanden, war nicht ihre[ Schuld.

Sie herrschte neben Kaisern und Königen, mächtiger und ausdauernder als diese. Als längst die goldenen Throne unter den Sturm­wogen der Zeit begraben lagen, stand ihr grauer noch aufrecht und sie saß darauf, un­bengjam und unerbittlich

Da fam ein lauer Hauch über die Berge, strich über Städte und Heiden und sang leise von Dingen, die noch in blauen Fernen lagen. Die Not hörte den Gefang mit anderen Ge­fühlen als die Menschen. Hoffnungsvoll hoben diese ihr Angesicht, ihre Augen blitzten und ihre Hände regten sich freier als vor dem bei ihren Werken. Es lag in der Luft, als müſſe nun ewiger Frühling kommen. Für die Not aber war der Gesang giftiger Hauch, der ihre Lungen beklommie.

Die Menschen begannen Häuser zu bauen, licht und hoch für alle gleich, und ein grauer Riese verschwand nach den andern in dem Licht. So oft ein grünes Bäumchen hoch von einem Giebel grüßte, war es der Not, als schwinde ein Stüd von ihrem Leib. Sie schrumpfte zusam­men, immer mehr und mehr, je größer die lich­ten Oasen in den weiten Häuserwüsten wurden.

So war die Not ein altes, schwaches Weib- die beiden Parteien, den weisen Pater als lein geworden, das sich kaum noch auf den Bei- Richter anzurufen. nen halten konnte, und doch trieb sie die Schn Der Pater entschied zugunsten desjenigen," sucht nach den Menschen immer wieder nach. der ihm ein Bündel buntbemalter Scheine in Stätten, wo sie einst geherrscht. Jeder Gang die Hand gedrückt hatte. war ein Kreuzweg für sie. Fremd war sie den Menschen geworden. Alle sahen das verhutzelte Weiblein erstaunt an, nur die Allerältesten fonn­ten sich erinnern, daß es einmal viele solcher Mütterchen gegeben habe.

So kam es, daß die Welt die Not nimmer freute und sie sich zum Sterben hinlegte.

Auf dem Heimweg meinte der Geschlagene: ,, Der Pater ist ein Schwindler! Ich habe es deutlich gesehen, wie du ihm Geld zugesteckt haft. Darum entschied er zu deinen Gunsten!"

Du irrft!" sagte der andere. Der Pater ist ein weiser und gerechter Mann. Er urteilt ohne njehen der Persönlichkeit... Das waren feine Banknoten das war ein Bündel Hei ligenbilder!"

Das brachte den Zweifler zum Schweigen,

Es war ein schöner Tag. Schwalben sangen in den blauen Lüften und durch die breiten Straßen wogten frohe Menschen. Sie feierten denn er erkannte, daß der Pater ein wahrhaft den fünfzigsten Jahrestag der Erfüllung aller Dinge, die einst in blauen Fernen lagen.

In ihrer einen Stube, auf hartem Lager, lag die Not. Sonnenfäden rieselten durch das Fenster und ſpielten mit den Runzeln der Alten. Draußen schritt ein Arbeiter, einer von denen, die die Not einst am meisten geliebt hatte, mit Weib und Kindern zum Feste der Erfüllung. Als sie hell aufjubelten, schloß die Not für immer die Augen.

In den Lüften lag ewiger Frühling.

Lesebuchſtücke.

Das nächste Jahr brachte eine arge Miß­

Aus dem Spanischen des Gomez Vasco y Cordova. Die Rechnung ohne Gott, Jacinto Valadola war ein eifriger Diener ernic. Diesmal famt Pedro Estasenada zu Jacinto Gottes. Zu jeder Tagesstunde gedachte er feines Wohltäters und schiďte tiefempfundene Dank- Baladola und fragte: Warum, glaubst du, Jacinto Baladola, gebete zum Himmel. Denn sein Anwesen trug Tiener Gottes, wurde uns heuer eine solche Mißernte beschieden? Hast du nicht gebetet?" Das werde ich dir gleich sagen!" gab dieser wütend zur Antwort. Gott   hat uns heuer eine solche Mizerute beschert, weil du nicht beteſt, weil du ein Heide bist..."

reiche Früchte. Und um die Erntezeit tat er viele Klingende Pefetas in seinen umfänglichen

Beutel.

Pedro Estasenada, Jacinto Valadotas Nach­bar, war ein Unchrist. Er lebte in den Tag hinein, ohne Gott für seine Wohltaten zu dan­ken. Trotzdem trug auch sein nach vielen Joch zählendes Besitztum reiche Früchte. Und um die Erntezeit, wenn die Handelsleute ins Land Tamen, tat er viele klingende Pesetas in seine Truhe.

Eines Tages bekommt Pedro Estafenada den Besuch seines frommen Nachbarn. Jacinto Valadola. Als sie sich zu Tische setzten, frags der Gast Pedro Estafenada, den Unheiligen, ob er die Ursache wisse, warum die Felder mit jedem Jahre reichere Früchte trügen. Pedro Estasenada denkt eine Weile nach, weiß aber Teine Antwort auf die sonderbare Frage feines Nachbarn.

Ich werde es dir sagen," beginnt der eifrige Diener Gottes  , Jacinto Valadola. Ich bete unermüdlich zu Gott, daß er meine mühe­volle Arbeit lohne. Und Gott erhört meine Gebete. Und weil ich zu jeder Tagesstunde für seine Wohltaten danke, erweist sich Goit, der Allbarmherzige auch seinerseits zu jeder Tages­stunde dankbar. Und darum tragen die Felder mit jedem Jahre reichere Früchte."

Pedro Estafenada, der Heide, fraut sich das spärliche Haar. Dann fragt er:

"

,, Aber," meinte Pedro Estasenada ,,, sagtest du nicht, daß es genügt, wenn einer Gott ge­fällig ist?"

Ja, das sagte ich, Pedro Estaferada. Aber ich vergaß dir zu sagen, daß sich der Allbarm­herzige für deine Gottlosigkeit eines Tages an mir rächen wird denn es genügt, wenn einer feiner Wohltaten vergißt! Und wie komme ge­rade ich dazu, für deine Schuld zu büßen...?!"

-

Der unsterbliche Dichter.

In Barcelona   lebte ein großer Dichter. Was er schrieb, war Erlebnis. Und er erlebte viel, denn er war immer hungrig und durftig.

Als er eines Tages wieder seine letzten Er­lebnisse in poetischer Gewandung zum besten gab, meinte einer aus der heiteren Tischrunde:

Du mußt endlich etwas Außerordentliches schaffen, damit dein Name unsterblich wird!"

Der Dichter, gewohnt, seine Schöpfungen zu erleben, beschloß, das Außerordentliche zu fchaffen, das ihn unsterblich machen sollte. Und ging hin und starb.

Oh, wie schlau!" sagten die Wissenden. Der Unbestechliche.

Am Tajo   lebie ein Pater, der allen Recht Sag' mir, Jacinto Baladola, wie kommt sprach, die ihn als Richter anriefen. Denn er es, daß auch meine Felder mit jedem Jahre war weise und gerecht wie keiner. Und außer reichere Früchte tragen und ich bete nie...!" dem wurde er immer älter und älter. Was Aber Jacinto Balabola, der fromme Die- bekanntlich weiser und weiser macht. ner Gottes, wird nicht verlegen und antwortet ohne zu zandern:

-

Pedro Estafenada, deine Felder tragen des haib reiche Früchte, weil ich dich in meine Ge­bete einschließe. Denn es genügt, wenn einer Gott gefällig ist..."

Das verstand Pedro Estasenada,

gerechter und unbestechlicher Mann sei.

Und es hätte nicht viel gefehlt, daß der Pater heiliggesprochen worden wäre.

Denn feiner wußte, daß der weise Gottes­Diener ein bißchen schwach auf den Augen war.

Der Kläger als Richter.

In der Provinz Salamanca   lebte ein armer Handwerker. Sein Nachbar war ein reicher Gutsbesiper, der im Zeitalter des Fauft­rechts zu leben Naubte. Darum ohrfeigte er eines Tages den ahnungslosen Handwerker, als dieser für geforderte Arbeit den ausbedungenen Lohn verlangte. Der Handwerker verklagte den Gutsbesitzer. Der Richter war aber ein Freund des Reichen und verurteilte den Angeklagten zur ratenweisen Zahlung einer Summe, die gegen über dem vereinbarten Preis auf die Hälfte

reduziert wurde. Die Tilgung der Schuld er streckte der Richter auf vierundzwanzig Monate.

Der Handwerker hörte das Urteil und sagte: Wozu diese Umstände? So lange fann ich nicht warten!" Und gab dem Gutsbefizer das gleiche Quantum Ohrfeigen zurück. Ist das nicht einfacher und bequemer... Jett fann er das Geld behalter:- und wir sind uns handels­eins!"

Der Feigling.

Ein Käßchen war auf der Flucht vor einer Sundemente in die Fluter des Guadalquivir  gestürzt und ertrant.

Wie mutig von dem armen Tierchen!" sagten die Umstehenden teilnahmsvoll und waren gerührt.

Einige Zeit später ftürzte fich eine ver härmte Gestalt auf der Flucht vor dem Hunger in die Fluten des Guadalquivir  . Und ertvant. Welch ein Feigling!" jagten die Um­stehenden, und kehrten der Unfallstelle der Rüden.

Gedanken- Splitter.

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Marc Aurel  :

Ich habe in meinem langen Leben unter wechselbollen Schicksalen die ganze Nichtigkeis des Irdischen und die Nichtswürdigkeit der Menschen erkannt, aber nie darüber vergessen, in der Menschheit selbst einen göttlichen Funken, ein erhabenes Etwas anzustaunen und zu ver­ehren.

Larochefoucauld:

dies weiß man von ihr: in der Seele ist sie Es ist schwer zu sagen, was Liebe ist. Nur Leidenschaft zu Herrschen, im Verstande Sym­pathie, im Körper ein versteckter, geheimnisvoller Trang, zu besitze, was man liebt.

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Eines Tages entbrannte zwischen zwei Bauern ein heftiger Streit darüber, wer die umgelegte Umfriedung, die zwischen die beiden Karl Guzkow: Bejißtümer einen deutlichen Trennungsstrich 309, wieder instand zu setzen hätte. Als die Der gebildetste Mensch ist derjenige, der in Streitfrage trot unermüdlicher Beweisführung der Schule des Lebens die meiste Gelegenheis beiderfeits feine Entscheidung erfuhr, beschlossen gefunden hat, sich selbst zu überwinden.