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fuhr ich fort: Vor allem dürfen Sie nicht| machten sie was ganz anderes. Besonders die| schankeln! Machen Sie ja nie so, wie ich es Frau erste Vorstandsgemahlin schien mir etwas jezt mache" und dann lag die Frau Vor- erregt, denn sie hatte sich zum Ohnmächtig ständerin über Bord. Man fischte sie heraus, werden just den Stuhl ausgesucht, unter dem der aber sie stand in feinem guten Geruche mehr. Kanonenschlag lag... Um die Aufmerksamkeit von diesem Teil des Kriegsschauplatzes abzulenken, beschloß ich, nun­mehr ,, Venezianische Nacht" zu machen. Ich stieg also auf den Tisch, setzte ein Streichholz in Brand, bog das eine Lampion auseinander, jah, daß keine Kerze drin war, warf das brennende Streichholz weg, und Glück muß der Mensch ham gerade auf das Feuerrad! Krach, bum, baut, tschsch

Ich verkrümelte mich in eine Ecke, sah auf die Uhr und stellte fest: wenn ich jetzt nicht ans Fortgehen mahne, fährt ihnen der letzte Zug vor der Nase weg! und entfernte mich ohne weiteres Aufsehen.-

Der Herr und Meister dieses Landes hat nicht alle Zeitungen verboten. Er hat nicht ein mal die Verfassung außer Kraft gesetzt. Italien ist noch eine fonstitutionelle Monarchie wie.in den ersten dreißig Jahren nach Mussolinis Ge­burt. Mussolini hat aber während seiner sozia­listischen Vergangenhet sehr viel gelernt. So vor allem, daß die Verfassung Papier ist, und daß die tatsächliche Macht so biegsam ist, daß ste sich mit jeder Verfassung verträgt. Er weiß, Seit gestern liegt auf meinem Schreibtisch daß der, der die Macht besiht, auch der glückliche ein eingeschriebener Brief von dem Vereinsvor- Besitzer der Verfassung ist. So erscheinen auch stand. Aber ich habe ihn noch nicht aufgemacht. noch die Zeitungen der Opposition, doch sorgen sistt! ging die Ich glaube auch nicht, daß ich ihn aufmachen schon die Herren der Gewalt dafür, daß sie feine ganze Bescherung los. Gewöhnlich machen die werde. Ich erfahr's noch früh genug, ob sie allzu große Verbreitung haben. Bekanntlich ist Leute bei einem Feuerwerk Ah!", diesmal| mich zum Ehrenmitglied ernannt haben.

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Römische Notizen.

Staatserhaltende Wandervögel.

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,, Gute" und ,, böse" 3eitungen. Von V. M . Huber.

In den Ländern des Südens dient die Straße am wenigsten dem Verkehr. Selbst die Berkehrsregelung ist in den italienischen Städ­ten mit einem Magimum von Freiheit ver­bunden. Der Schußmann in der neuen, präch tigen römischen Mussolini- Uniform hat vor allem den Zweck, nicht überfahren zu werden; wn ein Auto oder ein Wagen kommt, so biegt er schnell beiseite, um nicht ein Opfer seines Beruses zu werden. Die Verkehrsordnung be­ruht auf dem Prinzip der Akustik. Der Chauf­feur dder Kutscher muß viel Lärm machen, um gehört zu werden.

den Thermidor feierte. Die Schich. der Besitzen­den ist in dem zumeist agrarischen Italien viel breiter, auch wenn sie weniger besiben, als in den industriellen Ländern Europas. In Rom zum Beispiel fühlen sich alle Staatsbeamten als glücklich ,, Habende", und in Rom sind von etwa 700.000 Einwohnern rund 200.000 Angestellte und Beamte.

die bestgehende italienische Industrie die der Rotationsmaschinen, da nach jedem großen und fröhlichen Ereignis die Oppositionspresse neue Maschinen kaufen muß.

Die Zeitungen des Regimes werden von Hunderten von Zeitungsverkäufern ausgetragen. Wenn sie erscheinen, werden sie mit lauter, brüllender Stimme ausgerufen. Das Ohr des Bassanten wird förmlich mit Beschlag belegt und neben dem Namen der Zeitung verkünden auch die Schlagzeilen einen reichhaltigen Text. Die Zeitungen der Opposition werden felbftoer­ständlich nicht ausgerufen. Kein Erlaß hat das verboten. Doch nur Herkules persönlich dürfte es wagen, in den Bezirken der inneven Stadt, wo die Machtverhältnisse ganz eindeutig sind, den Namen oppositioneller Presse zu verkünden. Die Die jungen Burschen des Fascismus sind Organe der Opposition liegen versteckt und eine Art staatserhaltender Wandervögel. Diesen traurig auf den Tischen der Kioske. Da werden Wandervögeln hat man verstanden, ein Bewußt sie noch von den Zeitungen des Regimes um­sein der Macht zu geben, sie in einer Illusion fränzt, und je weniger sie gesehen werden, um der Teilnahme an der Macht zu erhalten. An so besser für den Käufer und den Verkäufer. Schon darin drückt sich das Wesen des Er- kleinen Aeußerlichkeiten, an kleinen Nebensäch Derjenige, der eine Zeitung der Opposition folges italienischer Rhetorik aus. Die Straße lichkeiten hält man sie. Sie dürfen schreien, kauft, begeht eine verschwörerische Handlung ist der große Tummelplatz öffentlichen Lebens. toben, und nach 12 Uhr nachts fingen. Der mit dem Kiostbesitzer. Er lächelt verstohlen, Der Straßenbau entspricht dieser Tradition Polizist grüßt sie auf altrömisch, und sie können und der Verkäufer packt ihnt geschickt wie ein und dieser Gewohnheit. Die schmalen, dunklen bis auf weiteres jeden Mitmenschen, der sich in Zauberkünstler den Avanti", die Voce Repu Gäßchen Neapels, Palermos oder Roms mün- der Früh kein schwarzes Hemd anzog, zur Wache blicana" und den Mondo" unter die offiziellen den zumeist in helle Pläße, wo Raum ist und bringen lassen. Bei den offiziellen Feiern glän Beitungen ein. Und hat er die Zeitungen glid wo man alle Heiligen der Schrift und der Po- zen sie in den ersten Reihen. Nach der Feierlich zu Hause, und liest sie, so wird er weiter iti feiern fann. Die Diftatur in Italien ist tragen sie eine Peitsche in der Hand, die ein Teil enttäuscht; denn die Blätter der Opposition fön­auch eine Diktatur auf den Straßen. Die Her- der offiziellen Uniform ist und wohl den Ge- nen nichts enthalten. Sie dürfen vor allem feine ren des Landes beherrschen die Plätze. Sie danken symbolisiert, daß der Teil der Nation, Handlung der Tagespolitik fritisieren, und so kommandieren da Begeisterung oder Empörung. der nicht an die Harmonien Mussolinischer Far- sind sie alle gezwungen, nur allgemeine Brin­Die Jugend der schwarzen Hemden hat allein das ben glaubt, aus Hunden besteht. Mit dieser zipienerklärungen zu bringen. Recht zu demonstrieren, zu singen, zu befehlen, Beitsche fuchtein die Jungen nach der Demon­Diese Zensur ist viel stärker und wirksamter, ihre vielen Abzeichen und bunten Fahnen spastration. Auch wenn sie nicht auf Passanten als die der gewesenen österrreichischen Herrschajt zieren zu führen. herumfuchteln, so bereitet ihnen diese Leibes in Italien. Denn die österreichischen Zensoren Ihnen gehört die Straße und die Politik. übung sichtlich viel Vergnügen und gibt ihnen waren zumeist nicht sehr begabte Wiener, Buda­Nun haben die Götter der Ministerbank den Nimbus und die Illusion der Herren pester oder Agramer Unteroffiziere. Die Zens im letzten Jahre versucht, diesen Zustand zu menschen. Der französische Karikaturist Dau- foren des freien Italien indessen sind selbst ordnen und zu legalisieren. Jeder einzelne mier hat diese Fuchtel verewigt. Die Leute, die gewesene Journalisten und in der Mehrzaht Fascist soll nicht mehr nach eigenem Ermessen Napoleon dem Dritten zur Wahl verhalfen, jogar recht radikale Ex- Journalisten. Der Fensterscheiben und Köpfe einschlagen dürfen. trugen dieselbe Peitsche, und Daumier hat sie Oberzeitfor selbst, der Duce, hat doch jahres Nur noch hundert gemeinsam dürfen es tun. in einer Statue der Nachwelt aufbewahrt. lang mit unermüdlichkeit, Geschick und nie Dieser Neuordnung entspricht die in der Partei geführte Propaganda für Disziplin".

Dieser Disziplin gibt man alle Namen und Eigenschaften der jetzt so modernen altrömischen Tugend, und man macht sogar aufmerksam, daß die einzelnen Legionen römischer Imperatoren nicht ohne vorhergehende Erkundigung bei der Intendanz die einzelnen Weltteile erobert haben.

Die Verbindung des Fascismus mit der Jugend offenbart den Mechanismus und die Technik der herrschenden Macht.

Der große Trupp der schwarzen Hemden, die man auf den Straßen sieht, gehört den Be­jizenden an. Sicherlich, der Fascismus haf in

leiden.

Selbstverständlich vermehrt diese Jugend enden wollender Begeisterung den Avanti durch die Schicht des Parasitismus in Italien. Denn die Klippen der Zenjur geschlängelt. Er ver­sie hat eine ganze Verwaltungshierarchie. Aber steht die Kniffe und kann sie partout nicht das kann den Fascismus nicht stören, denn eine soziologische Untersuchung der Ursachen, die zum Fascismus führten, würde ergeben, daß nicht zuletzt eine der Ursachen gerade der schon früher bestehende Parasitismus war.

Die Peitsche, die Napoleon III . seinen An­hängern verteilte, hat die französische Nation nach Sedan gepeitscht. Wohin wird die Musso­linis die italienische Nation treiben?

Schadenfreude ist trotzdem kein Gefühl, das

Und die Zeitungen der Regierung? Sie sind schier begeistert. Sie enthalten nur Er­klamationen, die um so langweiliger wirken, als sie nicht einem Reginte int Jenis gelten, sondern einer Aera im Diesjetts. Man fann jeden Tag die Egklamationen mit der Stealität vergleichen!

... Uebrigens jagte mir ein jfeptischer Italiener, daß das einzig Gute des fascistischen dem Prozeß der Stabilisierung seiner Herrschaft man beim Anblick dieser Jugend haben fann. Regimes das sein wird, daß die Leute nachher teils mit Gewalt, teils vermittels des Inter Sie ist gesund, schön und träftig, und man fann nicht mehr glauben werden, was sie lejen. Daß,

esses auch andere Schichten der Bevölkerung er­

faßt. Aber die frohen, frischen Verkünder dieses Systems sind die Söhne der Bourgeoisie. Da be: muß man gar nicht an die goldene Jugend" denken, die in Frankreich nach der Restauration

cher sie und uns alle bedauern, daß der schönste Himmel der Welt die furchtbarsten Perspektiven blutiger Kämpfe zeigt.

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jagte er mir, wie man beim Margarineeinkauf sleptisch ist, man beim Einkauf seines Leib­organs ebenso skeptisch werden wird. Ich ant­

wortete dem Zweifler, daß er feiner jei. Ich erinnerte ihn an die Nera des Krieges und