2— rief und guckte, ich sah niemand. Die hatte der alte Schuft auch auf dem Gewissen, verdammt sei seine Seele! Weit hinten im Westen blinkte das Feuer von Mac Henry. Das Wasser war leidlich ivarm. Ich hatte Jack« und Schuhe auSgezogen und schivanmr munter darauf zu. Eine Stunde vielleicht verlief alles gut. Dann iE ging ich wieder mal hoch und spähte hinüber. Da kriegte ich doch einen kleinen Schreck: das Feuer war weg! Die- Ursache erkannte ich bald: es wurde ein bischen nebelig,„unsichtig", wie wir sagen. Schön, da ivar's jetzt Zeit zum Aankee doodle-Pfeifen. Ich hatte nun so viel Aussicht, den Strand zu erreichen, wie den schändlich ersoffenen Silvestertruthahn noch zu bekomnien. Trotz- dem schwamm ich test voraus, bald auf dem Bauche, bald auf dem Rücken znm Ausruhen. Wohin, wußte ich nicht— nur ins neue Jahr und vielleicht in die Ewigkeit hinein! Es ist ja dir gemein« Geschichte: man denkt, man steuert geradeaus, und schwimmt dabei im Kreise hernni, denn der rechte Arm ist stärker und macht größere Stöße. So tvar ich auf einmal wieder zwischen ein. paar Bananenkisten und klammevle mich daran fest. Mir tvaren Arme und Beine hübsch steif geworden. Dann kam wieder ei» Nachschub von Energie, ich schoß wieder davon, aber nicht lange. Der 4lebel tvar dicht und weiß um mich: Mein Leichentuch! In meinen» Kopfe hämmerte eine Schmiede, alle Muskeln versagten, der Nebel wurde rot vor meinen Augen. Ich dachte noch einmal an meine Kamrraden und wünschte den Kapitän herbei, um ihm die Gurgel durchzubeißen. Schwach, verloren und verlassen trieb ich und schluckte immer mal einige Happen Seewasser zur Borbereitung auf die unfreiwillige Tiefseeforschung, die ich vor mir hatte. So soll.te ich also hier jämmerlich wie rin gesacktes Kätzchen an der Küste meines Vaterlandes ertrinken! Ein Gedanke flog noch einnial hinüber über seine weiten Prärien und seine Millionenstädte, di« den Nachthimmel mit den Gluten ihres tosenden Lebens röteten. The stars and skripes for ever! Dann machte ich noch einige mechanisch» Bewegungen; das Blut sang mir in den Ohren das Lied der Etvigkeit! Eine Welle wiegte mich hoch— Donnerlvetter, das Geräusch kannte ich doch. So brauste und donnerte die Brandung an einer Küste! Jauchzend schnellte ich Vortvärts, dieser köstlichen Brandung zu. Dann hatte sie mich, ich wurde herumgerissen— und gewirbelt, auf. und abgvschleudevt, dann fühlte ich etwas Hartes unter den Füßen, und zerschrammt, verbeult, zerschunden kroch ich zitternd auf allen Vieren ans Land und küßte es unp heulte wie ei» Schulmädel. Nur eine Minute trieb ich's so, danach fiel ich um wie ein Sack. Schluß folgt.) Die Maschine. Bon Josef Kühr. Mit Rädern, mit Riemen und Zähnen daran, Glotzt finster und kalt die Maschine mich an, Bom eben erwachten Licht bestrahlt Glänzen die blanke» Teile so kalt. Di« Walzen und Wellen höbnen mich: Tritt näher, du Wurm, wir zermalmen dich... So hält meine Sinn« sie furchtbar im Bann Und eisig packt mich das Grauen an.— Da tönt das Signal zum Beginn der Fron, Zergrllt den Spuk und ich rücke schon Den Hebel, der das Getriebe bewegt, Daß jedes Gestänge' und Rädchen sich regt. Da poltert der Riese in toller Wut, Und schafft gehorsam köstliches Gut.— Ihr Arbeitsmänner, ihr Brüder von mir, Benützt eure Kraft und vertrauet ihr! Ergreifet den Hebel, der die Welt bewegt, Daß dienend sie sich zu Füßen euch legt! Im Innern Leylons. Von Richard Huelsenbeck . Früher suchte man sich 20 schwarze Träger, «in« Zeltbahn, mehrere Sack Coryed beef, schul. Irrte sein Gewehr, pfiff seinem Hund und wurde ein großer Forschungsreisender. Heute erkundigt man sich erst einmal, wann die Züge fahren. Nachdem man sich ein Billett erworben hat, läßt man fich von dem dicken Singhalrsen, der hier Bahnschaffnrr spielt, feierlich in sein Abteil bringen. Das nimmt der Sache nichts von ihrer Poesie. Eine Fahrt von Kandy ist heute noch«in« Sensation. Kandy liegt im Zentrum Ceylons , und wenn hier auch die Eisenbahn hinfährt, so braucht man ntlr einige Kilometer weiter ins Dschungel vorzustoßen, um auf wilde Ele- sanden und Leoparden zu treffen. Wir fuhren im Auto in die Umgebung Kandys, als plötzlich aus einer Trepflanzung zwei Kobras über den Weg kamen. Das passiert einem in Magdeburg keines- Wegs. Kobras sind so nebenbei die größte» Gift- schlangen, die es gibt. Ein Biß genügt für die ewigen Jagdgründe. In den Bäumen springen hier die Affen wie bei uns die Spatzen. Das ist schließlich auch etwas, was man nicht alle Tage sieht. Das Paradies soll hier gewesen sein. Wahrhaftig! Keines Dichters Phantasie könnte sich rin großartigeres Paradies auSdenken. 2s gibt überhaupt kein« Pflanze, die hier nicht wächst. Was sagen Sie zu Ebenholzbäumen, Taliputpalmen, Brotfruchtwäldern, Tee, Reis, Vanillepflanzungen? Wenn Sie Magahoniniöbel haben, so können Sir in Ceylon den Mahagonibaum bewundern, aus den« man sic verfertigt hat. Haben Sie einmal etwas von Flamboyers gehört? Rein? Nu«, ohne die Flamboyers zu kennen, weih man gar nicht, was der Vegetation Ceylons die Rote der bunteste» Ucppigkeit gibt. Das sind riesige Bäume, die kaum Blätter haben, dafür ober über und über mit roten oder gelben Blüten bedeckt sind., Kandy liegt etwa 8000 Meter hoch. Man fährt durch eine Gebirgslandschaft, die den großartigsten Stellen der Alpen nichts nachgibt. Dazu kommt die primitive Wildheit der Pflanzen und Tiere. Tas gibt eine ganz seltsame Mischung, die eben Ceylon ist, und die man ui« wieder vergißt. Das Klima ist heiß und feucht. Man geht nichtsahnend spazieren, plötzlich, mit großer Schnelligkeit, bedeckt sich der Himmel, wird grau, wird schwarz, und schon knallen die Blitze und ein Regen schüttet herunter, von dessen Heftigkeit sich ein biederer Mitteleuropäer kaum eine Vorstellung machen kann. Während man vom Regen durchweicht wird, dringt einem der Schweiß aus allen Poren. Man schwankt zwischen Glut und Frost, man begreift, daß man fich in einem Lande befindet, wo es viel„Fieber" gibt. Und man begreift, daß die Geschöpfe, di« cs hier gibt, anders sein müssen, als die der „gemäßigten" Zonen. Die schillernden Schlangen, die Giftfarbr der Flamboyers, das Geschrei der Assen — das alles ist Ceylon und nur Ceylon. Wir fahren an einem Fluß entlang. Plötzlich sehen wir ein»- Elefantenherde, die von ihren Treibern zum Bade gebracht wird. Einer der mächtigen dunklen Körper wälzt fich schon in der Flut. Es> steht'grotesk aus, wie er di» bannlstammdicken Beine hochstreckt, Wasser aus dem Rüssel bläst und sich wohlig in der Kühle sielt. Die Führer stehen gleichmütig am Ufer und warten, bis es den Tiere» paßt, zurückzukommen. In Kandy hat- der letzte Singhalesenkönig vor hundert Jahre» geherrscht. Im Kreise von dreihundert Frauen lebte er friedfertig dahin. Er soll von sehr gutmütigem Charakter gewesen sein. Schwer« Gedanken brauchte er sich ja in diesem gesegneten Lande auch nicht zu machen. Das Essen wuchs ihui in den Mund. Er legte sich vor seinem Schloß einen kleinen See an, mit einem besonderen Badehaus für seine Lirblingsfrau. Wenn er beten wollte, gab es einen„Tempel zum heiligen Zahn", der heute noch von den Reisenden bewundert wird. Ein schauriges Erlebnis von TehaTeha. Wir wanderten an einem grauen, trüben Tag durch ein altes Spessartdors. Dichte Rebrl- schleier umsponnen uns. Es war schon spät, wir hatten noch kein Quartier und spähten nach einem solchen aus. Da kamen wir ganz in deö Nähe des Friedhofes an ein ziemlich allein liegendes Gehöft, das mit seinen grauen Häusern einen fast räuberhaften Eindruck machte. Wir blieben etwas stehen, um den rätselhaften Hof, auf dem sich nichts zu rühren schien, doch etwas zu betrachten.- Auf einmal hörten wir dumpf und hohl, wie aus einem Gewölbe kommend, die klägliche Stimme eines Mannes. „Stich mir mal was ins Herz..." Donnerwette! Wir sahen uns entsetzt an« Keiner von uns wagte ein Wort zu sagen, wir blickten nur scheu über das Tor, konnten aber nichts sehen, nur hörten wir einen stöhnendeni Laut wie von einem Menschen, der in den letzten Zügen liegt. Es war mehr als unheimlich.* Dann wieder— diesmal aber schon etwa» energischer: .„Stich mir doch was ins Herz!" Nun schien es uns klar: Hier vollzog sich eine Tragödie. Hier wurde entweder ein Mensch auf Wunsch gemordet, oder er war gewillt, der man ihn vielleicht gebunden, geknebelt hatte, den Todesswß zu empfangen. 'Schnell entschlossen— denn znm dritte» Male rang sich der Ruf nach dem Stoß ins Herz aus dem Gewölbe— kletterten wir über das Tor, leise schlichen wir an der grauen Mauer vorbei in der Richtung, wo die klagende Stimme erklang. Wie es uns innerhalb dieses unheimlichen Gebäudes zu Mute war, will ich nicht sagen. Ich hörte Zähncklappcrn, ob cs die meinen waren oder die meines Freundes, gehört nicht zur Sache. Und nun erst sahen wir_bic ganze Affäre Vor uns. Fassen Sie sich: ' In einem Häuschen saß ein Mann und oben, durch einen herzförrnigen Ausschnitt, steckte ihm seine Fran einige Fetzen Papier ditrch, damit nsw. Stich mir mal durchs Herz.
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6 (16.10.1926) 42
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