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Berbrecher.
Eine tatsächliche Begebenheit von Marim Gorki.
In einer der letzten Nummern der Leningrader Krasnaja Gajeta" finden wir folgende neueste Arbeit Maxim Gorkis, die eine tatsächliche Begeben heit schildert.
Das Verbrechertum wächst, Morde sind auf der Tagesordnung, sie werden faltblütig aus geführt und nehmen einen sonderbaren Chacakter an
Die in den letzten Jahren getätigten Morde tragen einen konstruierten Charakter, sie sind wohldurchdacht: es ist, als ob sich die Mörder mit ihrer Tat brüsten wollten, und man hat das Gefühl, als ob die Verbrecher den Mord als Sport betreiben. Man kann einen phantastischen Rekord der Verbrecher feststellen. Der eine zerschneidet eine Leiche auf sechs Teile, der andere auf zwölf.
Zur Entwicklung des Verbrechertums trägt viel die Presse bei. Die Zeitungen beschreiben ausführlich die Morde, stellen den Mörder als Helden hin, das Verbrechen wird zu einer füth nen Tat gestempelt, sie bringen die Bilder der Verbrecher und sind vollständig gleichgültig dent Opfer gegenüber. Man spricht mehr von der Kühnheit des Mörders, von seinem Wagemut,
als von Morde, selbst.
Einen gewissen Einfluß auf das Verbrechen
hat auch das Kino. Dort werden auf der Leinwand Bilder des Verbrechertums gezeigt, und dies erregt das biologische Interesse einzelner Individuen, ruft gewisse Ideen in ihrer Bhantasie hervor, tötet bei manchen das Abscheu
gefühl zunt Word und züchtet künstlich Ber
brechergilden. Dies alles wird getan, um jene
Menschen zu amüsieren, denen das Leben lang
weilig erscheint.
Ich bin geneigt, anzunehmen, daß für viele das Verbrechen der Weg zum Ruhm ist, für andere wieder ein einfaches Amüsement, das leicht durchführbar ist. Man kann ein Verbrechen anspornen, tadeln und dann noch sein Stannen aussprechen.
Was kann einfacher als eine Ermordung eines Menschen sein? Man hat sich an dies Handwerk im Krieg gewöhnt dort wurden Millionen von Menschen wertvolle Menschen
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scharf geschliffenen Sense die Familie und machte ihr den Garans.
Dem Onfel rief er zu:„ Jezt wirst du dich nicht mehr über mich lustig machen!"
Den Arbeiter ermordete er, weil er ihm unter die Hand kam und die neuujährige Nichte, damit sie schweigen sollte.
Dies alles erzählte, er mir und meinem. Freunde, dem Studenten Graimann. Er er
zählte lächelnd, wie ein Mensch, der sich an die glücklichste Tat seines Lebens erinnert... Für und auf 20 Jahre in die sibirischen Bleiwerke diesen Mord wurde er öffentlich ausgepeitscht verbannt. Er flüchtete später aus Sibirien, lehrte aber nach drei Monaten wieder freiwillig zurück, wurde wieder ausgepeitscht. Seine Strafe wurde dann um ein paar Jahre erhöht..
Da er sich musterhaft aufführte, wurde ihat brachte er in den sibirischen Kertern 23 Jahre. die Strafe nachgelassen, aber insgesamt ver Als seine Haft zu Ende war, siedelte er sich in Sibirien an, lebte dort als freier Ansiedler und verlegte später sein Domizil nach Stajan. Sier sammelte er Feßen, altes Eisen, verkaufte dieje Sachen, verdiente täglich 25 Kopeken; seine Nahrung bestand aus Tee und Brot: er trant täglich zehn Glas Tee und af vier Pfund Brot. Er hinkte ein wenig, denn sein rechtes Bein Jeden Samstag besuchte er die Badestube...
war schwulstig.
mann sein wehes Bein und sagte: Er hob seine zerschlissene Hose, zeigte Gras mann sein wehes Bein und sagte:
,, Na, Student, schau mal an. Was fehlt mir?" fein Arzt sei, aber der Alte jagte harinädig Graimann, der Jurist war, erklärte, daß er
Wunderarzt glaube ich nicht... Dir glaube ich. Schau doch hin. Dem Doktor oder den
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Gewohnheit, immer die Wahrheit zu reden Du bist zwar ein Jude hast aber die gute Jedes Wort von dir ist Wahrheit..
"
Graimann sah den Alten erstaunt an und sagte dann:
Wie konntest du, ein jo ruhiger, einfacher Mensch, Menschen morden?"
Hm," brummte der Alte, darüber tann ich Alte ,,, darüber nichts erzählen. Das ist nicht meine Schuld.. Das hat der Satan getan... Ich war damals swedlos hingeschlachtet. so ein junger Bursche wie du... Erst auf meine Wenn ein Idiot seinen Nächsten auf Stüde alten Tage bin ich ein ernster, ruhiger Mensch zerschneidet, diese Stücke auffrißt, so wird man geworden. Jugend, meine lieben Freunde, über diesen Idioten einen ganzen Monat reden, ist eine gefährliche Zeit!... Dank seiner Juschreiben, ihn für einen ungewöhnlichen Men- gend ist Adam im Paradies zugrunde gegangen. schen halten, aber wenn der Chirurg Oppel Eva hatte Schuld daran... Ich war damals durch die Massage des Herzens einen Halbtoten ein 16jähriger Bursche." Die Worte des Alten zum Leben wieder erwedt so weiß niemand berfesten mich in Staunen, Mich empörte die savon etwas, und die Zeitungen finden es nicht Wichtigkeit des Tones, mit dem er über sich und einmal für notwendig, über diesen Fall zu besein Verbrechen sprach. Er streichelte felbstzufrieden seinen langen, weißen Bart und er zählte:
richten.
In dem Verheimlichen der Wunder der Wij fenichaft liegt ein Thema von besonderer Wichtigkeit.
In Kasan, auf der Mokrajastraße, lebte Naiar. Das war ein 67jähriger Greis, mit einem weißen Patriarchenbart, mit einer brei ten Plattnase und langen Händen. Seinem Bang und der Figur nach erinnerte er ein wenig an einen Affen. Seine blauen, verschwommenen Augen leuchteten ein wenig kindlich, und seine Sprache war so weich wie die eines Kindes.
In seiner Jugend war er Hirte und in die ser Tätigkeit machte er sich irgendeines Verbrechens schuldig. Die Leute im Dorfe machten sich über ihn lustig, und insbesondere die Familie seines Onkels erlaubte sich derbe Scherze. Am Peter- Pants- Tage überfiel er mit einer
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Damals habe ich seine Worte nicht verstanden, aber diese Phrase hat sich meinent Gedächtnis eingeprägt und spätere Begegnungen und die russische Literatur haben mir jene Gedan fen erklärt. Unsere Fragen haben in Nasar das Gefühl des Stolzes hervorgerufen, und unsere Neugier zwang den Mörder, jich in unsecen Augen höherzustellen.
Die Internationale der Luftbarkeiten.
Ein altes Sprichwort variierend, läßt sich
heute jagen. Wo 10 Spießer beisammen sind, gründen sie 11 Bünde für internationale Verder Internationalismus ist, außer zu einent ständigung. Das sieht sehr modern aus, und wahren und heiligen Zwed tagsvergnügen„ fortschrittlich" gesinnter Bürger geworden. Die Profetarier haben es mit ihrem
Blute bezahlt.
zu einem Sonne
Nun haben sich auch und gerade das hat fchen Ländern in einer Federation Internatio noch gefehlt die Tanzlehrer von 24 europäi nale de Danse" zusammengeschlossen. Wozu so etwas gut ist? Nun, seht euch die Statuten an. Da ist zunächst einmal wichtig, mit den Mufiterorganisationen aller Länder ein Abkommen zu treffen, daß jeder Tanz immer nur in einem genau vorgeschriebenen Tempo gespielt werden dürfe. Welch eine groteste Unmöglichkeit, daß in Paris. Hauptsache nun, daß unter allen der Tango in Berlin schneller gespielt wird als Breitengraden nach derselben Methode unterrichtet wird. Man stelle sich einmal die peinliche Situation vor, die entstehen würde, wenn auf einem Ball des Savos Hotel zu Nizza als seine Bartnerin, Fräulein Kunze. Ein sol Mister Johnson in einem andern Stil tanzte
im Zeitalter der diplomatischen Frühstücke 31 ches Paar wäre ein Anachronismus, unwürdig,
leben.
Herr Camille de Rhynol, Präsident dieser neuen Internationale, war jetzt auch in Berlin und hat. vor einem erlesenen Publikum eine erlesene Rede geschwungen Augenblicklich", fagte er, grajjiert in Deutschland wie überall oer Charleston. Abgesehen davon, daß man ihn vom Boden lösen darf doch wenigstens ber viel zu heftig tanzt die Füße dürfen sich kaum die Kapelle einen Charleston spielt, und daß langt werden, daß man mit ihm wartet, bis werfen, auch wenu dazu eine liebliche Weise man nicht wie besessen anfängt, die Beine zut erklingt."
Darin wird man jich ja nun hoffentlich bald beffern. Wir freilich haben andere Sorgen. und können sie auch haben; um das Blühen und Gedeihen solcher Internationalen braucht man sich jedenfalls teine zu machen. Noch gibt es, Gott sei Dank, Leute, die sich auch einmal amüsieren wollen.
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Und während ich noch so unter Lokales" 3 jener Zeit wurden wir Verbrecher ganz die Zeitungsspalten durchfliege leje ich in besonders hart bestraft: man brachte uns auf einem Telegrammt aus Budapest folgenden Say: den Marktplatz des Ortes, dort war ein Gerüst„ Nachdem bekannt geworden war, daß Lederer aufgestellt, man zeigte uns als abschreckendes hingerichtet werden würde, meldeten sich Hun Beispiel dem Volke, seht, so steht ein Mör dem Volke, seht, so steht ein Mörderte von Personen, zumeist Damen der besten der aus. Dann verlas ein Beamter das Urteil Gesellschaft, um Eintrittskarten für die morgige und wir wurden öffentlich ausgepeitscht. In Hinrichtung zu erhalten." Das hat schon mit Sibirien war das Leben nicht leicht." Sexualpathologie bald nichts mehr zu tun. Ist auch heute nichts Ungewöhnliches: von den Hinrichtungsszenen in Angora hörten wir Aehnfiches. Hier beginnt die Internationale der höchstgradigen Sensation. Von den öffentlichen Abschlachtungen der ersten Christen, über die Scheiterhaufen des Mittelalters bis zur Vollstredung des Todesurteils im Jahre 1926 das ist die Welt in der man sich nicht langweilt.
Najar beklagte sich nie über seine Leiden, er schaute auf die Menschen von oben herab, weil er sich für ein höheres Geschöpf hielt. Als er sich von uns verabschiedete, sprach er noch die Worte: Bis zu meiner Sünde lebte ich wie ein Schatten, aber wie der Satan mich gepackt hat, da wurden die Menschen auf mich aufmert samt, und ich bemerkte mich erst selbst!"