تاة الهلا

Feieraberd

Feierabe

r. 13.

Unterhaltungsbeilage.

Sünf Centimes.

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Bon Adolf Abter, Paris  .

Edmond Face, der Bildhauer, hatte mich Noch vor einem Jahr, mein Freund, mit in sein Atelier genommen. Es war gegen war ich dem Verhungern nahe. Ich hatte in 5 Uhr morgens, nach einem tollen Buden- der Nähe vom Bahnhof Montparnasse   eine zauber bei seinem Kollegen. Nun lagen wir, kleine Bodentammer als Arbeits- und Schlaf­Edmond und ich, übernächtigt und ein wenig raum. Ich arbeitete die Nächte hindurch. Eine Jazenjämmerlich, lang ausgestreckt auf einer ganze Reihe, ich darf wohl sagen guter, Werte Flut weicher Seidenkissen am Fußboden. Die entstand. Tagsüber lief ich von Kunsthand Holzscheite im Kamin fingen gerade an, eine lung zu Stunsthandlung mit meinen Schöp wohltuende Wärme auszufnistern. Zwischen fangen; ich bot sie an für billigstes Geld. Aber uns, auf einem Hoder, summte die Kaffee- taufen wollte niemand. Die besten Stüde   gab maschine.

Wir rauchten, tranten starken Moffa mit Kirsch und sprachen lange fein Wort. Die Vorhänge am Fenster waren zugezogen und ließen auch nicht das kleinste Hell des erwa­chenden Morgens durchschlüpfen. Nur das Brasselfeuer im Kamin schenkte die einzige Beleuchtung im Zimmer. Träumendes Halb­dämmern in schmeichelnder Seide und tanzen­dem Zigarettenranch.

Endlich brach Edmond das schwingende Schweigen: Eh bien, mon cher, das Leben ist eine Gründung auf Aftien."

Sater- Philofophie."

Und wir Menschen sind die Aktien: Wir steigen und wir fallen. Genau wie die Pa­piere an der Börse."

,, Du stehst dann sehr hoch im Kurs." " Weiß ich. Das Konjunkturpapier Ed mond Face ist augenblicklich ein beliebtes Kaufobjekt. Aber ich spude das Leben an."

Das tlang so bitter, so echt aus seinem Munde. Grollte urplöblich in die weiche Stimmung hinein, daß ich verwundert fra­gend die Augen auf ihn richtete. Er griff derb meinen Arm und flüsterte haftig. nervös, Scheu:

,, Siehst du auf dem Kamin den kleinen Goldrahmen? Ein Geldstück auf Pappe unter Glas. Ein häßlicher kleiner Sou. Fünf Centi­mes. Komm, Freund, trinken wir einen rei nen Kirsch, und ich will dir die Geschichte die­ses Geldstücks erzählen. Ein Kapitel aus der Börsenlaufbahn der Attie Edmond Face."

Er schenkte ein, mit zitternden Händen. Seine Augen flacerten, eine unheimliche Er­regtheit schüttelte seinen Körper. Wir tranken. Dann zündete Edmond eine neue Zigarette an, streckte sich lang auf die Stiffenpolster und schloß die Augen. Eine ganze Weile verging. Dann begann er:

ich einem großen Geschäft in Kommission. Mit kleinen Büsten aus Ton, die Jaurès   dar­stellten und Richepin und den General Gal lieni mit seinen markanten Zügen, wanderte ich durch die Kaffeehäuser und Restaurants, wo die Fremden verkehren. Von Tisch zu Tisch schritt ich wie ein Haufierer mit seiner Höferware. Oft wies man mich hinaus. Ich stand am großen Boulevard neben der Post, batte meine Büsten aufgestellt mit einem Pla­fat daran: 50 Frant. Ich war verzweifelt, hatte nur noch weniges Geld in der Tasche. Warmes Essen kannte ich nur aus der Ver­gangenheit. Mittags und abends trant ich in einem Café Biard eine Schokolade und ein Hörnchen dazu. Auf alles konnte ich ver­zichten, nur nicht auf Zigaretten. Die billig ften faufte ich mir, die Caporal ordinaire, diese schwarzen, scharfen, widerlichen Regie­gifte. Bier Stück für neun Sons. Vormittags vier und nachmittags vier.

Endlich verkaufte ich meinen Jaurès. Für zwanzig Frank gab ich ihn her. Ein jun­ger Arbeiter erstand thn. Sein Weg führte ihn täglich an meinem Stand neben der Post vorüber. Jedesmal blieb er stehen und be­trachtete den Jaurès  . Ich sah es dem Bur­schen an, daß er die Büste gern gehabt hätte, und fragte ihn eines schönen Tages, als er wieder für einige Augenblicke vor meinen Werfen verweilte, rund heraus, ob er den Jaurès   nicht kaufen möchte. Das schon," gab er zur Antwort, aber fünfzig Frant habe ich nicht dafür übrig."

Mein Gott, der junge Mensch war sicher ein armer Teufel, aber ich umschmeichelte ihn wie der Geschäftsmann einen guten Kunden. Schließlich hatte ich ihn so weit, daß er mir den Preis nannte, den er anlegen konnte. Zwanzig Frank." Ganz schüchtern sagte er das. Als schämte er sich, diese Summe zu bie­

1927.

ten, die für ihn ganz bestimmt eine große Ausgabe war. Noch dazu für eine Büste! Ich traute mich nicht, mit ihm zu feilschen. Gab ihm den Jaurès   und nahm die zwanzig Frank. eine warme Mahlzeit, holte mir meine Wäsche von der Waschfrau und kaufie mir ein Paket anständiger Zigaretten. Da war das Geld zu Ende. Aber am nächsten Tage nahm mir ein Deutscher den Richepin ab. Zahlie, ohne zu handeln, 50 Frank. An­ständige Menschen, deine Landsleute!

Kannst du es verstehen, Freund, wenn ich mich nach diesen fürchterlichen Tagen der Entbehrungen nun als Krösus   fühlte? Ich war mit einem Schlag wieder gut gelaunt, hoffnungsfreudig und voll neuer Schaffens fraft. Saufte mir frisches Material zur Arbeit und fraß mich fatt für fünf Frank. Brot à discretion( nach Belieben).

Zwei Tage darauf hatte ich noch sechzig Centimes in der Tasche. Vier Caporal zu neun Sous, blieben mir noch drei Sous. Zwei Geldstücke, eines von zehn Centimes, eins von fünf Centimes. Nun begann für mich die ent­jehlichste Zeit meines Lebens. Nichts, nichts zu effen. Keine Zigaretten. Doch plötzlich fie len mir die fünfzehn Centimes ein, die ich noch besitzen mußte. Ich kramte in den Ta­fchen. Und fand im Mantel nur das eine Soustück. Aber die zehn Centimes? Ich mußte sie doch haben. Wie ein Frrsinniger durch fuchte ich noch einmal alle meine Taschen. Eine fixe Idee hatte sich meiner bemächtigt: Die zehn Centimes mußt du haben. Ich fie­berte. Meine Hände zitterten. Die zehn Centi mes! Die zwei Sous! Einen hatte ich noch, wenn ich die zehn Centimes fand, fonnte ich mir eine Zigarette kaufen. Vielleicht hätte man mir auch zwei gegeben, aus Mitleid. Ich fleidete mich nackend aus und durchwühlte alle Winkel in meiner Unterkleidung, in den Stie­feln, in der Hose, Weste und Jacke. Im Man­fel. Die zehn Centimes! Ale hinge mein Le ben von diesem Lumpengeld ab. Alle Schub­fächer framte ich durch, froch auf allen Vieren an der Erde und suchte die zehn Centimes.

Ich fand sie nicht. Ein Flimmern trat mir vor die Augen. Die Welt um mich war geborsten. Taumelnd ließ ich mich in einen Seffel fallen. Jetzt ist es aus, alles aus. Keine Zigarette...