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( So etwas Dummes kann nur ein Gelehr
ter reden!)
Das are Pferd bekam zehn Stunden Arbeit und kaum eine Handvoll Hafer.
Dann holte es der Schinder.
Es war einmal eine Industrie, die wollte gerne rasch reich werden. Da ließ sie sich von den Professoren der Nationalökonomie beraten Die Professoren sagten ihr:
„ Das Wesen der Industrie besteht darin. Waren billig herzustellen und teuer zu verkaufen. Je billiger die Herstellung ist und je höher der Verkaufspreis, um so höher ist der Gewinn. Und wenn der Verkaufspreis nicht zu erhöhen geht, dann kann aber immer noch der Lohn gedrückt werden."
Da stürzte sich die Industrie auf den Arbeiter und zwang ihn bis zum Umfallen zu arbeiten und faſt nur von Ersatzmitteln zu leben.
Wie nun der arme Teufel so wenig verdiente, konnte er fast nichts mehr einkaufen. Er fagte:„ Die Ware ist mir zu teuer!"
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Da beschloß man, die Ware billiger zu machen, indem man die Herstellungskosten durch noch mehr Lohnsenkung verbilligte.
| Aber da konnte das unglückselige Kreaturchen noch viel weniger einkaufen gehen. Und auch die Mehrarbeitspeitsche brachte den lahmen Gaul nicht recht hoch.
Es wurde so wenig gekauft, daß jetzt die Industrie genötigt war, die Preise tüchtig zu erhöhen, denn wo der Umsatz gering ist, wo die Masse es nicht bringt, da muß dann aber das einzelne Stück tüchtig' was einbringen.
Und um trotzdem mitten in der Teuerung noch billig sein zu können, senkte man nochmals den Lohn.
Das war die Null- Epoche.
In der allerletzten Zeit dieser Null- Epoche hatten nur noch die Margarinefabriken und die Kartoffelbrotwerke( Volksglüd G. m. b. 5.) zu tun. Und auch das nur durch Staatsaufträge.
Alsdann kam der Schinder und holte den ganzen Babel ab mitsamt den Gelehrten der Volkswirtschaft.
,, Wie man mich erschießen wollte".") „ Wie
Von Donzow.
So war ich zum Tode durch Erschießen verurteilt und erwartete heute meine Schicksals. stunde. Ich glaubte den beruhigenden Worten meiner Verwandten nicht, es war nur schrecklich kränkend für mich, daß mir das Urteil drei Tage vor der Erschießung verkündet worden war. Jezt, als man das Abendgebet sang, verstand ich, daß ein solches Gebet, wie alles, sein Ende hat, das für den einen früher, für den anderen später heranrückt. In diesen drei Tagen waren meine Nerven abgeſtumpft. Ich war müde zu denken und zu finnen. Zur Abschlachtung" zu gehen, war nicht schrecklich, wenn es nur schnei» Ier gegangen wäre...
Die Schlepper" erzählten, daß nach dem Schuß ins Genid der sofortige Tod eintritt... Und wenn der Mensch tot ist, fühlt er nichts mehr. Gesund, gut und nach dem Leben dürstend, schläft man zu ewigem, ruhigem Schlaf ein... Solche Gedanken wechselten mit beruhigenden ab, als ob alles bei meinen Verwandten gut aufgehoben, und sie mich nicht ins Verderben ſtürzen laſſen würden.
„ Kommt es vor, daß das Präsidium der
Tscheka Todesurteile aufhebt?" fragte ich einen der arrestierten Kommiſſäre, welcher in unserer Zelle saß.„ Natürlich kommt es vor, aber erst er schießen sie, und dann fönnen sie aufheben", antwortete der Kommissär höhnisch. An seinem Gesichtsausdruck sah ich, daß er sich mit mir schon wie mit einem Toten unterhieit, und es schien mir jogar, als ob von mir ein Leichengeruch ausginge... Ein unangenehmes Gefühl, der Teufel hol' mich! Meine Gedanken gingen Tangsam, und es näherte sich meine Schicksals ſtunde …….
Heute ist eine große Schlepperei", verfündete der ganzen Zelle unser ältester, Blinder mit Namen. Dieser war Spezialist der Schlepper und sagte die Zukunft schlerlos voraus. Er kannte ausgezeichnet alle Regeln der Tscheka , und man konnte ihm glauben. Jeder regte sich für sich auf, aber jeder versteckte seine Aufregung. Wirklich verfuhr man an diesem Tage
*) Diese erschütternde Erzählung ist ein Auszug aus den Erinnerungen des Ingenieurs Dnzow, der vor kurzem aus Kiew geflohen ist. Im Jahre 1921 wurde er als Zeuge vor die Ticheka geladen und von diesem Augenblick an berbrachte er fünf Jahre in den Sowjetgefängnissen.
sehr streng mit uns. Früher ließ man uns einige Male auf die Toilette, aber heute verkündete man, daß wir nur einzeln und nur einmal dorthin gelassen würden. Der Bewachung war befohlen, auf uns zu schießen, wenn wir uns erdreifteten, aus dem Fenster zu sehen. Die Gefängniskommisjäre liefen hin und her und schauten oft in unsere Zelle. Ihre Augen überflogen alle Arrestanten, als ob sie jemand suchten, und jedem von uns fiel das Herz in die Hosen. Zum Gebet“, rief der Aelteste.„ Nur Mut, Genossen, man fann nur einmal sterben", wiederholte der Kommissär. Man betete und legte sich nieder. Seufzen und Stöhnen hörte man in der ganzen Belle. Niemand schlief an diesem Abend. Einige versuchten die Stimmung durch Erzählungen, Spässe, Anekdoten und Lieder zu heben. Aber bergebens. Heute ist große Schlepperei", drehte es sich im Kopfe eines jeden. Sogar einige Kommisjäre sprachen fein Wort.
Man kommt...
Aus der benachbarten Frauenzelle hörte man
schreckliche Schreie von Kindern.„ Nein, ich lasſſe die Kinder nicht", schrie eine.„ Erſchießt sie, ihr rück. Sie sind unschuldig.“ Die Schreie flangen Räuber, erschießt sie, laßt die armen Waiſen zu entfernter und entfernter. Man führte die Frau des Eisenbahnbeamten mit den Kindern fort, die angeklagt war, Kinder gestohlen zu haben. Man erschoß sie. Aber der Gatte, der Vater, der Eisenbahnbeamte Utkin, verlor in unserer Zelle den Verstand. Er zerriß seine Kleidung, schlug sich mit der Faust gegen die Brust und schlug mit dem Kopfe gegen die Wand. Er lachte... weinte... und war ganz außer sich.
„ Barbaren, warum habt Ihr meine Kinder ergriffen? Mitenka, weine nicht, es wird nicht weh tun... Last, schießt nicht“, rief der verrückte Eisenbahnbeamte, sich an uns wendend. Und das berührte uns gar nicht einmal, so sehr war jeder mit sich beschäftigt.
Zuerst nahm man die aus anderen Zellen, und endlich näherten sich schwere Tritte unserer Tür.
„ Naidenow, nimm deine Sachen", sagte leise der wachthavende Kommandant. Gott , was hat der Tschekist ausgefressen! Der, der mit seiner Banditenhand Tausende von Unschuldige erschos sen hat, fürchtet jetzt selbst den Tod. Zuerst verstedte er sich hinter den Brettern, dann sprang er von dort hervor und fing an, um Schonung
zu bitten. Wir freuten uns in der Seele, aber alles ging schnell vorüber.
Naidenow wurde erschossen.
,, Blinder, nimm deine Sachen", ließ sich die Stimme des wachthabenden Kommandanten hören.
,, Ach, ihr Narren", antwortete Blinder und sprang auf. Und meine Sachen brauchst du? Seute ja, aber morgen, du Hundsfott“, schimpfte er und wühlte in seinem Korbe.
,, Schneller, Blinder, halt dich nicht auf!" ,, Warte, Wasta", folgte die ruhige Antwort.
Er wusch sich, kämmte den Scheitel seiner Haare, zog saubere Wäsche an und säuberte mit einem Lappen seine Schuhe. Der Kommandant wartete hilflos. Endlich verabschiedete sich Blin der von jedem einzelnen mit dem Lied:„ Ach, Alepfelchen, wohin rollst du, in den Keller der Ticheka fällſt du und kehrſt nicht mehr zurüð.“
Und mit einem Schnalzen der Finger verließ er die Zelle. Bald darauf erwies es sich, daß Blinder am Leben geblieben und Vorsteher des Verbandes der allukrainischen Tscheka geworden
war.
,, utfin, tomm", rief mit zurückhaltender Stimme der Kommandant.
Der Eisenbahnbeamte reagierte nicht auf den Ruck. Er hielt in Gedanken seinen älteren Sohn an der Hand und den jüngeren drückte er an die Brust. Der Vater lullte seine Kinder in den Schlaf.
„ Uttin, du Aas!" rief der Kommandant lauter. Stell' dich nicht, als ob du der einzige hier wärst."
dem man ihm die Hände auf den Rücken band. Man führte den Utkin aus der Zelle, inEr vemerkte uns nicht, als er zur Tür ging, ſondern beruhigte wie früher in Gedanken seine erschossenen Kinder.
Danach, als man die arrestierten Kommiſ. järe Nojkow und Nag weggeführt hatte, trat
Stille ein
Meine Verwandien sind doch: üchtige Kerle, dachte ich. Jest kann ich völlig ruhig sein, daß man mich nicht erschießt. Einige, welche fühlten, daß die Schlächterei ihrem Ende zuging, erhoben sich von ihren Plätzen und führten ein munteres Gespräch. Nach einhalbstündiger Pause hörte man wieder die schweren Schritte der Schlepper. Der wachthabende Kommandant trat in unsere Zelle und nannte meinen Namen. Welche unbewußte
Kraft warf mich von meinem Platz auf den Boden? Die Haare standen mir zu Berge, das ähnlicher Agonie. Ich wollte irgend etwas sagen, Herz hörte auf zu schlagen, und ich lag in todesund konnte nicht. Ich war wie stumm. Aber meine Gedanken, meine schwarzen Gedanken werde ich im Leben nicht vergessen.„ Nicht die Tscheka , sondern meine Verwandten erschießen mich... Was habe ich ihnen Böses getan? Mein Vater, für den ich mich lange Zeit gequält habe, spät, in einer Minute werde ich ein Leichnam führt mich zu Tode. Aber jetzt ist es schon zu
sein..."
In der ersten Zelle des Kellergeschosses saß um den Tisch die Kommission der Tscheka . Der diensthabende Untersuchungsrichter Geilitsch( junior), der Hauptkommandant der Tscheka Owischinnikow, der Vizekommandant der Tichela Litwinow, der stellvertretende Vorsitzende der Tscheka Rosanow und ein Vertreter der Arbeiterund Bauerninspektion. Daneben standen die Schlepper: die Brüder Richter, Storoschuk, Bujalsti, Geilitsch( senior), der mit der linken Hand schoß, weil er an der rechten gelähmt war, aber mit der linken schoß er gern und sicher.
Vdn dem Geruch des frisch vergossenen Blu, tes wurde mir schrecklich übel, ich schwankte hin und her und wurde von zwei Schleppern gehalten.
EXHY
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