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stituierte. In Paris sollen sich 4 bis 6000 ob reich oder arm, endigen diese Unglücklichen! In Goethes Ballade Die Braut von ,, eingeschriebene" Prostituierte befinden, doch alle eines Tages so oder so in St. La- Corinth" spricht die Mutter von jenen Dir­während die Zahl der unkontrollierbaren zare, wo sie von aufopfernden und liebevollen nen, die den Fremden gefällig sind von Prostituierten angeblich die Höhe von 120.000 Nonnen gepflegt werden. Jeden Morgen den Fremden selbst ist nirgends die Rede. erreichen soll. empfangen diese neuen Scharen jener Elen- Die Fremden" sperrt man auch nicht ein, den, die die Opfer der Sitte und Zivilisa- nur die ,, Dirnen" und so wird es bleiben, tionsverzerrungen sind. Es ist die Schuld so lange es ein Kaufen und Verkaufen der der Männer", hört man sie oft flagen, die Liebe gibt. Frauen sind ihre Opfer!"

St. Lazare ist für die Prostituierte zu gleich Hospital und Gefängnis. Ob die Mäd­chen nun eingeschrieben sind oder nicht, min derjährig find oder zur alten Garde gehören,

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Wir warten... Aus dunklem Traum der Nacht Reißt uns des Weckers Surren; Hand drauf, ihn ausgemacht, Sprung, rraus; falt

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ohne Murren.

Wir warten... Treimühle der Gewalt 3wingt dich in ihren Fron, Und- deine Menschgestalt Durchschreitet Straßen schon. Wir warten...

Einmal ruft andrer Ton Uns auf zur beffren Pflicht; Fühlst du, Prolet, nicht schon Der Zukunft Morgenlicht?

Wir

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fämpfen!

11. O.

Der elektrische Stuhl.

Von Michael Gold, New York.

In diesem Raum öffnet sich feine Brejche der Sonne oder dem Himmel zu; hier gibt es keine Fenster. Der Raum gleicht dem feuchten, von Ratten wimmelnden Kellerloch eines per­ödeten Bauernhauses. Einer, der von draußen kommt, vermeint hier zu erstiden. Ja, es stinkt hier, stinkt nach Mord. Dies ist der Raum des elektrischen Stuhles.

Unter der mächtigen Lampe jäubern zwei Männer den Stuhl; der eine Mann ist did, der andere dünn. Sie plaudern leise und lässig mit­einander sind Elektriker, haben in ihrer Tasche das Mitgliedsbuch ihrer Gewerkschaft.

Der linke Zünder ist fast ausgebrannt", spricht der dicke Mann.

Ja, ich werde ihn später ersetzen. Gib mir ein Stüd Rautabat", erwidert der Dünne.

Die Männer sind geschulte Lakaien des elektrischen Stuhles, Knechte des Königs Mord, des Beherrschers der Republif. Allwöchentlich

einmal müſſen ſie den elektrischen Stuhl unter fuchen, ob auch alles in Ordnung sei. Das Ge­fet gebietet diese wöchentliche Untersuchung.

Der Stuhl muß immer in Ordnung, er muz rein und fledenlos fein wie das Schwert eines Engels; so will es das Gesek.

Dieser Stuhl ist der wichtigste Gegenstand in der ganzen Republik, ist der Edstein unserer Demokratie. Er schützt den Privatbesitz und das Heim, Miete, Zinsen und Profit sind seine Stin ber. Ohne ihn fönnte John D. Rockefeller nicht jeden Tag friedlich Golf spielen, noch könnte Herr Morgan in seinem Bureau arbeiten und eine von Sypotheken zu Boden gedrüdte Welt erobern. Eristierte dieser Stuhl nicht, es gäbe überhaupt feinen Staat. Und wie könnten ohne ihn die vornehmen Damen für den Feminis­mus wirken, in Limousinen fahren, im Rizhotel Tee trinken? Gott bedarf dieses Stuhles, Gott und die Kirchen und die Tammany Hall; er schützt den Wahlzettel des Freigelassenen. Der Bischof Manning hat diesen Stuhl gesegnet; er ist heilig wie eine Dollarnote. Wäre der Stuhl nicht, die Schulgebäude könnten nicht die ame­ritanische Flagge hissen und in den Klassenzim­mern tönnten die Kinder nicht unterrichtet wer­den. Wäre der Stuhl nicht, es gäbe keine hold errötenden Jungfrauen.

Ich brauche den Stuhl, du brauchst ihn,| Koh- i- noor seine Hauptmarke- nachholen. Die wir alle brauchen ihn. Begreift ihr denn nicht, Idee ist originell und ihre Verwirklichung wird daß er die Feste der Reichen gegen die Armen mit Eifer und Geschick betrieben. darstellt. Nie sterben reiche Männer auf diesem Stuhl. Buyt ihn gut, dider und dünner Mann; er ist notwendig.

Wo ist das nächste Opfer? Noch ist das Verbrechen nicht begangen, und das Opfer wird erst in sechs Monaten sterben; doch muß der Stuhl bereit stehen.

Lassen wir Herrn Waldes sprechen: Mit dem Knopf- Museum, einer großangelegten Knopfmonographie und den Berichten aus dem Knopfmuseum" beabsichtige ich eine enzyklopä dische Umfassung des gesamten wissenschaft­lichen, technologischen und sonstigen Knopf­gebiets aller Länder, Völker und Zeiten im Heute durchwandert er die Straßen mit Interesse der gegenwärtigen und fünftigen seinen Kameraden, der junge Arbeiter. Er Knopfforschung." fingt, ist voll Bier und toller Lustigkeit, der übermütige junge Arbeiter. Er schreit dem Auto Scherztvorte nach, er wirft hübschen Mäd­chen, denen er begegnet, herausfordernde Blide zu. Er zieht tief in die Lungen die fühle, föst liche Nachtluft ein. Ach, es ist gut, jung und hizig zu sein wie ein junger Hund! Einer der Kameraden spielt auf der Harmonika, und der junge Arbeiter tanzt im Takt auf dem Bürger­fteig dahin.

Nun ruhen da in Gott und Glaskäften 500.000 Knöpfe, Knöpfe vorn, Knöpfe hinten, Knöpfe links, Knöpfe rechts, du kannst sie dir alle ansehen, von der neolithischen Scheibe bis zum gemalten Minitaurknopf des 18. Jahr­hunderts, von der glatten Mattscheibe der Bronzezeit bis zum komplizierten Mechanismus der Goldschmiedekunst des 16. Jahrhunderts. Die Knöpfe vom Militär glänzen nicht vor­schriftsmäßig. Herr Direktor, Sie müssen ins

Das ist sein Komet, sein Slum auf dem[ Loch! Kometen. Hier wurde er geschaffen zur Lust, Aber dor: in der Ede blinkt doch etwas. zur Leidenschaft, zum Mord und zur Armut. Das sind Glasknöpfe. Glasknöpfe, wie sie bei Die Lichter, das Treiben der Straße, der den Engländerinnen um 1800 herum Mode ge= Schmutz, der Lärm, der ungeheure purpurne wesen sein sollen. Innen sind keine Steinchen Simmel: all dies ist seine Stadt. Zum Teufel und feine Bilder, sondern- Käfer; extra für mit den Polizisten! Es ist Samstagabend, die Göttin Mode getötete und hier eingelegte junger Arbeiter. Käfer, die desto teurer waren, je seltener sie gewesen sind. Billig war eigentlich nur die Idee, wie jede, die graujam iſt...

Und dennoch ist er es, der eines Tages auf dem elektrischen Stuhl ſizen wird. Der dice und der dünne Mann werden ihn bedienen, den Regeln ihrer Gewerkschaft zufolge. Blaue Flam men werden ihm in die Ohren kreischen, er wird schreien, sich unter dem letzten Alpdrud krüm­men und winden, der junge Arbeiter.

,, Die Umschalter müssen geölt werden", spricht der dünne Mann gelassen und spuckt den Kautabak in den Spudnapf.

Ja. Hat eigentlich die Glocke schon Mittag geläutet? Ich bin hungrig", sagt der dice Mann.

Nein, nein, reiche Menschen sterben nicht auf dem elektrischen Stuhl; er wurde für den jungen Arbeiter aufgestellt.

Der Käfer im Knopf.

Von Erich Gottgetreu.

Zum Schluß eines längeren Rundgangs durch die langen Säle seiner Fabrik in Prag führte mich der Herr Direktor, der voller Stolz auf seine großen zweigunternehmen in Dres den, Paris und New York hinwies, wo eben falls von Stanze zu Stanze die goldenen Bän­der laufen und das Einatmen von Meſſingſtanb nicht minder gefährlich ist, in ſein Muſeum. Dieses Museum, das zwei Stodwerke eines ge­räumigen Miethauses im Vorort Wrichowitz einnimmt, besteht bereits seit 1916, 1918 wurde es der Deffentlichkeit übergeben. Sein Sammel­gegenstand ist der der Herstellung in der gegen­überliegenden Fabrit: Knöpfe, genauer: Klei­derverschlüsse; Verschlüsse seit urältesten Zeiten und in allen Arten. Die Wissenschaftler der Kulturhistorie waren den Knöpfen gegenüber bisher aiemlich zugeknöpft, nun will das Ver­fäumte der Großindustrielle- Walbes heißt ez,

Immerhin sollten die gläsernen Engländer im Muſeum einen Ehrenplayz bekommen. Das Vergangene ist mpisch für die Gegenwart, in der nicht Käfer, sondern Menschen eingesperrt werden: die ganze internationale Knopfindustrie fennt noch in ziemlich ausgedehntem Maße die Hausindustrie, die die große fabrikative ergänzt. Die Fenster der Häuser sind nicht so glänzend wie die vor den Käfern, um die ja andere Sorge

trugen; das Elend der Knöpfelmacher ſchlägt als Schmutz an die Scheiben. Man verdient am Tag acht Kronen. Das sind in deutschem Geld eine Mark; abends wird die auf Papplättchen aufgeſtedte Ware abgeliefert und in der Fabrik speien riesige Trichter, deren Glasfenster im grellen Licht wie Molochaugen leuchten, neue. Auf jedem Kilogramm liegt ja nur eine Grammlaft von Zinsen, die vielfach wieder ein­verdient wird.

noch billiger als die Hausindustriellen, und so Die Gefangenen in den Kerkern arbeiten find neuerdings die Staatsgefangenen eine Stonkurrenz der Industriegefangenen. Die Käfer brechen nicht aus.

Die Kirche.

Der firchliche Glaube gestattet alles. Er erlaubt die Sklaverei, und in Europa und in Amerifa war die Kirche die Beschüßerin dersel­ben. Er erlaubt, sich durch die Arbeit der be­brüdten Brüder ein Vermögen zu erwerben. Er erlaubt, reich zu sein unter Lazarussen, die unter den Tischen der Schwelgenden umherkrie­chen, und er findet das sogar gut und löblich, wenn man dabei ein Tausendstel für die Kirche und Krankenhäuser opfert. Dem Bedürftigen seine Reichtümer vorzuenthalten, Menschen in