auf eine ihm benachbart wohnende Parteige­noffin stürzt. Mit Staunen und Empörung sehen es die halbverhungerten und zerlumpten Volksmassen mit an. wie das private Kapital luxuriöse Sta fechäuser mit Nachtmusik und Warenhäuser er­richtet, vollgestopft mit fojtbaren Geweben und Gebrauchsartikeln, und wie sich gutgenährte und kostbar gekleidete Männer und Frauen immer dreister hervorwagen Die in Verelendung Schmachtenden vermögen nicht, ohne weiteres die Weisheit und Unvermeidlichkeit der Nep­Politik zu erfassen.

Wozu," ruft eine Arbenerin, waren die Berge von Leichen notwendig? Doch nicht dazu, um die Arbeiterhütten, das Elend, das Aus­sterben noch schredlicher zu gestalten? Doch nicht dazu, damit Verbrecher und Gewürm wie der alle Wohltaten des Lebens genießen, freſſen, plündern und heten? Das kann ich nicht aner­Pennen und ich kann nicht so leben Wir haben gefämpft, gelitten, sind gestorben, um uns schmählich freuzigen zu lassen. Wozu?"

Und neben den Anzeichen des fich wieder aufrichtenden Kapitalismus bietet sich den Blik­fen der Arbeiter ein noch viel enimutigenderes Schauspiel dar. Auf armseligen Bauernwagen, denen halbverredte Pferde vorgespannt sind. Kranke und Halbtote, bis zum Skelett abgema gerte Gestalten. Hunger! Hunger! Hunger! Wing: ihr eintöniger, entießlicher Gesang. Das jird Bauern aus dem Wolsagebiet. Wer ver­möchte ihnen Hilfe zu leisten?

Eine Parteireinigung wird vorgenommen und es gäbe da wahrhaftig mehr als genug zu reinigen. Aber es sind kaltherzige Schurken, die über anständige Menschen zu Gericht sitzen und fie aus der Partei ausschließen.

Aus dem brodelnden Sumpf von Elend und Gemeinheit lösen sich erst die Bilder einzelner Menschen, die nicht der Verderbnis anheimge­fallen sind, allmählich aber auch das Bild des arbeitshungrigen, nicht zu verwüstenden Volkes. Nich: etwa Idealgestalten, sondern auch sie belaster und verwirrt durch die schweren Pro­bleme ihrer Zeit und ihres Landes, aber doch im Kern gefund. Mit sparsamen Strichen sind lebensvolle Menschen dargestellt. Zahlreiche Schicksalsbahnen berühren sich, um wieder aus einanderzusehen, kreuzen und verschlingen sich und zerreißen aneinander Und all dieses Ge­schehen trägt den Stempel des Unabwendbaren, Naturgewaltigen.

3-

von da zur   Roten Armee geschlagen und hat[ nen ab und deutet darauf hin, daß sich auch an deren Feldzügen teilgenommen Nun hofft im Verhältnis der Geschlechter zueinander und er, Arbeit, Weib und Kind und ein trauliches in der ganzen Gesittung des Volkes eine grund­Heim wiederzu inden. Aber das Werk ist zer- stürzende Revolution vollzieht. stört, die Kameraden find ans Nichtstur: ge- Mit der Niederwerfung der Konterrevolu wöhnt und entmutigt, sein Weib ist ihm ent- tion und der festlichen Inbetriebseßung des fremdet, das Heim verwahrloft. das Töchter- Werkes endet der Roman. Indem die Massen chen im Kinderheim. dem Arbeiter und Kämpfer Glejb Tschumalow huldigen, feiern sie in ihm die Verförperung der befreiten Arbeit, an der die Menschheit ge­nesen wird.

Der Titanenkampf, den nun Glejb führt, um trojz konterrevolutionärer Angriffe, die sich stets erneuern, trop Sabotage durch die heuch­lerischen Spezialisten und die korrupten Be- Manches an diesem Buche mag dem Leser hörden, trotz aller materiellen Schwierigkeiten übertrieben und mitunter auch maniriert, man­und der dumpfen Gleichgültigkeit vieler Arbei- ches nicht ausreichend motiviert erscheinen, aber ter, das Zementwerk wieder aufzubauen und wohl nimand vermag ohne Ergrifenheit demt in Betrieb zu setzen, bildet den bedeutsamsten Kreuzesweg zu folgen, auf welchem wandelnd Teil der Handlung Daneben spielt sich die er- hier ein Bolk dargestellt wird. schütternde Ehetragödie der beiden Hauptperso­

Kleine Lügen.

Dialog zwischen Eheleuten. Von Hermann Ungor.

Er, Sie. Er sitzt am Schreibtisch  .- Sie Auto... tritt ein. Vom Ausgehen geröret. Betont leb­hat.

Sie: Du bist zu Hause? Ich dachte, daß du heute im Klub bift.- Guten Abend!- Schade. daß du mir das nicht gesagt hast. Ich hätte den Wagen gut brauchen können. Wie lange bist du da?

Er: Eine Stunde, Liebling.  

Gott,

Sie: Du Armer! Eine Stunde. man hat dir keinen Tee gegeben. Ich konnte doch nicht ahnen. daß du schen da bist.

Er: Zu Fuß gegangen?

Sie: Ja. Das Wetter ist doch so herrlich. Ich habe mir Schaufenster angesehen. Ueberall wundervolle neue Sachen. Man zeigt schon die Frühlingsmoden. Du mußt morgen mit mir gchen, ja, versprichst du es mir?

Er( sieht sie lange an).

Therese Schlejinget.

Sie: So, war dir so? Das ist ja herrlich. Also, ich soll wohl bis hierher zu Fuß laufen? Bei diesem Wetter! Der Herr fährt in seinem 80 PS- Wagen, und ich soll mir die Lunge aus dem Leib rennen.

Er: Habe ich das je verlangt, Liebling?

Sie: Es wäre mir auch im höchsten Maße gleichgültig, wenn du es verlangt hättest, mein Freund. Ich habe mir ein Auto genommen, an der Uhlandstraße, wenn du genau wissen willst, es hai zwei Mark sechzig gekostet bis hierher. Er: Wieso weißt du das?

Sie: Woher wird sie das wissen, die Kleine? Nun denke doch, denke einmal angestrengt nach, woher! Ich will das Geheimnis verraten Beim Aussteigen zahlte ich. Ich gab fünf Mart und der Chauffeur gab mir zwei Mark vierzig her­aus. Ich habe ihm zwanzig Pfennig als beson­deres Trinkgeld gegeben. Bist du zufrieden?

Er: Merkwürdig! Wie das Auge mich ge­täuscht hai! Ich sah dich die Tür des Autos zu­schlagen und geradewegs auf das Haus zuge­hen

Sie( rückt den Hut zurecht, zieht den Spie­gel aus der Tasche): Was siehst du mich so an? Was ist denn los? Geh, du bist komisch! Aere gerst du dich, daß ich nicht zu Hause war, du Sie neigt sich über ihn. Er wehrt höflich ab) Bitte! Nur keinen Zwang. Ist dem Herrn etwas Sie: Dieser Scharfsinn! Ich habe durch das über die Leber gefrochen?   Gott, ich kann doch Fenster gezahlt, mein Geliebter. Ich liebe es nicht ahnen, daß du heute aus dem Büro nicht nicht, auf der Straße zu ſtehen und zu warten. in den Slub gehen wirst, aber mir kann es rech: Er: Oh, verzeih! Ich habe an diese Mög­fein! Bitte, ich werde dich gewiß nicht mit Zärtlichkeit nicht gedacht, wirklich! Aber diese Chauf­lichkeiten belästigen. feure sind auch zu dumm. Kein Wunder, wenn jie au feinen grünen Zweig kommen.

Er: Ich verstehe deine Aufregung nicht. Sonderbar...

Sie: Die Chauffeure?

Da ist die schrankenlos begeisterte junge revolutionäre Kämpferin, deren Bahn ins Sanatorium für Nervenkranke führt, der stille Gelehrte, der mit unermüdlichem Eifer an der Sie: Ich... aufgeregt... hahaha Er: Warum hat er denn den Tarameter Volksaufklärung arbeitet und gerade durch Du bist aufgeregt, mein Kind, weil ich nicht da- nicht wieder auf Frei" gestellt? Er fuhr wei­feine Reinheit den Haß der forrumpierten Ge- size und warte, bis der gnädige Herr kommt. ter ohne umzuschalten. Ich konnte es genau je­walthaber erweckt, da find Tyven aus dem Pro Das gute Weib!   Gott, was ist das für ein Le- hen. Bei Frei" leuchten die beiden kleinen Las letariat, deren fintiche Persönlichkeit mit der ben, das ich führe! Zu Hause fiven und warten, fernen links und rechts vom Chauffeur auf. Arbeit steht und fällt. Und im Mittelpunkt des immer eenur warten! Aufgeregt, sehr gut, Der Wagen wendeie an der nächsten Ede und bunten Geschehens zwei prächtige Gestalten, die warum sollte ich aufgeregt sein... Was sind fuhr auf der anderen Seite der Straße noch mit psychologischer Kleinmalerei dargestellt sind das für Einfälle... Da ist gar nichts sonder einmal an mir vorbei, ich konnte ihn alſo noch und denen doch zugleich symbolische Bedeutung bar, mein Lieber. Ich wäre dir dankbar, wenn einmal sehen.. zukommt, der Schlosser und Rotarmist Glejt, du mir sagen würdest, was du da sonderbar fin Tschumalow und seine Frau Dascha. dest

Im heldenmütigen Kampf gegen die Kon­terrevolution auseinandergerissen, haben sie drei Jahre lang Verfolgung und Mißhandlung ertragen. Kampf und Not haben das Wesen der beiden jungen Menschen geformt und in jedem von ihnen vorher nicht geahnte Kräfte zur Entfaltung gebracht. Aber diese Entwick­lung, die sie nicht gemeinsam erlebt haben, zer­stört die frühere Harmonie. Glejó fehrt heim, nachdem er drei Jahre in der   Roten Armee verbracht hat Von den Weißen halb tot ge­prügelt und für tot liegen aelaffen, hat er sich unter unfäglichen Mühen und Gefahren durch die Weiß Grünen" zu den Rot- Grünen und

-

Er: Vor allem wie gesagt deine Auf regung. Liebling.

Sie: Vor allem! Und dann.. Es folgt doch etwas nach, wenn ich richtig verstehe. Er: Nun, eine Kleinigkeit. Eine optische Merkwürdigkeit, sozusagen.

Sie: Optische? Ich verstehe wirklich nicht mehr! Du bist frank, sehr frank!( Sie hat sich gesetzt.) Ich bin ernstlich besorgt. Aber erkläre dich näher, was für eine optische Merkwürdig feit... hahaha.

Er: Bitte, gerne. Du sagtest doch: zu Fuß gegangen", war es nicht so? Und mir war, als ob ich dich vom Fenster aus aus meinem

Sie: Ein Berhör! Das geht in weit! Ich lasse mir das einfach nicht bieten. Verstan­den? Ich verlange, daß man mir glaubt!

Er: Was denn, daß du zu Fuß nag Hause gegangen bist?

Sie: Ich bitte: keine Fronie! Ich weiß nicht, wer von uns beiden mehr Grund hat, ironisch zu werden! Ja lasse feinesfalls ein Verhör mit mir anstellen( mit tiefster Verach­ung in der Stimme), Detektiv!

Er: Ich habe nicht die Absicht, dich zu ver­hören, mein Liebling. Aber gehört besondere Detektivbegabung dazu, anzunehmen, daß du nicht allein im Auto warst?

Sie: Großartig! Ich bin nicht allein im Auto gewesen! Selbstverständlich nicht. Ich