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Der ausgediente Torero.

Bon Blasco Jbanez.

Die gesammelten Romane des jüngst verstorbenen großen spanischen   Dich­ters und politischen Revolutionärs Blasco Ibanez   beginnen bei Crell Füßli in Zürich   und Leipzig   in deutscher Sprache zu erscheinen. Aus dem erften Bande dieser Ausgabe, dem berühmten Stierkämpferroman„ Die Arena", geben wir hier mit Erlaubnis des Verlags eine besonders schöne Stelle wieder, die einmal nicht von den üblichen Trimphen der Toreros erzählt.

Ein weißhaariger Mann näherte sich, um den Matador ehrerbietig zu grüßen. Seit vie­len Jahren mit der Säuberung der Plaza be­traut, hatte er alle berühmten Matadore fei­ner Zeit gefannt. Er ging ärmlich gekleidet, doch manchmal blizzien an seinen Fingern echte Ringe, und um sich zu schneuzen, holte er aus den Tiefen seiner Bluse ein fleines Spitzen­taschentuch hervor, dem noch ein letzter feiner Duft entströmte.

Niemals flagte er über die gewaltige Ar­beit, zu der er nur ein halbes Dußend Gaffen­jungen heranzog, die dafür am Sonntagnach­mittag hinter einem zum Patio führenden Gitter der Corrida zusehen durften.

Bei der Verteilung der Arbeit ging der Alte ſehr geſchikt vor. Die kleinen Bengel mußten die von Apfelsinenschalen und Papier­hüllen überschwemmien Tribünen auf der Sonnenseite säubern.

reiche Buntdrude, aufregende Kampfenen berühmter Toreros.

Bring zwei Glas Montilla  !" rief der Pescadero einem jungen hinter dem Laden­tisch stehenden Manne zu, der Gallardo ver­traulich zulächelte.

,, Den kenne ich doch," meinte der Mata dor, aufmerksam das Gesicht und den leer von der Schulter herabbaumelnden rechten Aermel musternd.

Natürlich fennst du ihn," unterbrach der Wirt.„ Es ist Pipi  ."

Mit dem Spitznamen kam Gallardo so fort die Erinnerung, wie diesem tapferen Burschen, der seine Banderillas meisterhaft anbrachte, eines Tages auf der Plaza von Madrid   ein Toro den einen Arm zerschmet­terte.

Jetzt will er mit Gewalt Torero werden. Dent dir, mit der Figur! Und dabei ist er gut und gern feine fünfzig Jahre alt. Aber er zahlt anständig!"

Als der Schüler die beiden Männer be merkte, ließ er die erhobenen Arme sinken. Auch die Dame im Rosenhut zupfte schnell das Kleid zurecht.

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Oh, cher maitre!"

Guten Tag. Moffiu... schönen guten Tag, Madame," begrüßte fie, den Hut lüf­tend, der Mastre. Bitte weiter, Mossiu, aber bergeffen Sie nicht, was ich sagte: ganz ruhig stehen bleiben, den Stier zum Anlauf reizen und kommen lassen. Steht er vor Ihnen, werfen Sie den Körper zur Seite, wobei Sie ihm gleichzeitig die Banderillas rechts und links in den Naden stoßen. Sind Sie fertig? Achtung!"

Das lezzie Wort galt dem Toro oder vielmehr dem Burschen, der, mit den Händen am Hinterteil des fürchterlichen Stieres, be­reitstand.

,, Eeeeh!... Vorwärts, Brauner!"

Mit schauerlichem Gebrüll und wüten dem Stampfen reizte der Pescadero das wilde Tier, das räderraſſelnd näher brauſte. Und auch die berühmteste Zucht hatte noch Da ich finderlos bin," fuhr der Pesca- nie einen Toro erzeugt, der sich mit diesem dero fort ,,, habe ich ihn nach dem Tode meiner hier an Intelligenz messen konnte. Beim Vorsicht mit dem Tabat!" ermahnte er Frau zu mir genommen und betrachte hn Schüler angelangt, schwenkte er ein wenig fie. Wer einen einzigen Zigarrenstummel be- als meinen Sohn. Auch im Unglüd fann zur Seite, um ihn ja nicht mit den Hörnern hält, darf am Sonntag nicht zur Corrida." man sich ja ein bißchen gutes Herz bewahren, zu berühren, und zog sich dann mit den bei Er selbst aber widmete sich geduldig wie ftimmit's? Aber glaube nur nicht, daß es uns den Banderillas im Korthals langsam wie ein Schatzgräber den Logen, um manchen schö- besonders gut geht. Schlecht und recht schla- der zurück. nen Fund in feine Tasche verschwinden zu gen wir beide uns durch dank den alten laffen Fächer, Ringe, Taschentücher, Mün- Kameraden, die hier nachmittags ihr Spiel­zen alles, was eine Invasion von vierzehn- chen machen. Am meisten hilft uns noch die tausend Menschen zurüdläßt. Eine Gevatterin, Schule."

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die eine fleine Pfandleihe in der Vorstadt be- Gallardo lächelte. Er hatte von dieser jazz, besorgte alles weitere. Doch auch die Stierkampfschule des ehemaligen Espadas 3garrenstummel wurden zu Geld. Zerschnip schon reden hören. pelt und an der Sonne getrocknet, verkaufte er fie als„ Sonderauslese" an feste Abnehmer. Gallardo, der für seinen Gruß mit einem freundlichen Niden gedankt hatte, schenkte ihm eine feiner Havannas  .

Als der Espada in den Hof zurückkehrte. bemerkte er einen hochgewachsenen, mageren Mann von dunkelbrauner Gesichtsfarbe, dessen Haar schon weiße Fäden durchzogen.

„ Pescadero!" Was machst du denn hier?" rief Gallardo, aufrichtig erfreut die Hand des ehemaligen Toreros schüttelnd, der in seiner Jugend glorreiche Stunden erlebt und sich, auf den südamerikanischen Plazas mehrfach ver­wundet, mit seinem ersparten Geld eine Wein­schenke in Madrid   gekauft hatic.

,, Was soll man machen?" antwortete der melancholisch. Die alte Liebe zum Handwerk treibt mich manchmal her."

Lauter Beifall ertönte, während der Banderillero, der auch nicht einen Zoll breit zur Seite gewichen war, sich Hosenträger und Manschetten wieder in Ordnung brachte.

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,, Meisterhaft, Mossiu!" rief sein Lehrer. kein Matador könnte es besser machen." „ Ich habe eben das, worauf es an­Was willst du, mein Junge!" meinte fommt: Mut, sehr viel Mut," antwortete der, fich halb und halb entschuldigend.„ Man Mojsiu bescheiden und ließ eine neue Flasche muß sich zu helfen wissen. Meine Schüler Wein die vierie bringen. verzehren mehr als alle meine Stammgäste„ Salud! Noch ehe zwei Monate um zufammen. Und feine Leute kommen: Seno- find," sagte der Pescadero ernst, stehen Sie ritos, um sich als Amateure auszubilden; auf der Plaza von Madrid   und Beifall. Geld auch Ausländer, die in der Begeisterung für und mit Ihrer Erlaubnis, Madame­Corridas fest an ihr Talent zum Torero Frauen, alles gehört Ihnen." glauben. Augenblicklich habe ich einen Fran- Gallardo brach auf. von seinem Freund sofen, der jeden Nachmittag Unterricht bis ans Ende der Straße begleitet. nimmt. Komm und sich es dir an."

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„ Adios, Juan," verabschiedete sich der Neugierig geworden folgte ihm Gallardo Pescadero. Jetzt weißt du, wohin es mit quer über die Straße zu einem eingezäunien mir gekommen ist. Von solchem Schwindel Grundstück, über deſſen Tor ein mit Teer und Hanswursterei muß man leben!..." beschriebenes Schild hing.„ Escuela de Tau­romaquia."

Das erste, was Gallardos Aufmerksam- Die Letzten ihres Stammes feit erregte, war der Stier: ein auf Rädern Die letzte Wandertaube, die es in der laufendes Tier aus Holz und Weidengeflecht, Welt gab, starb vor einiger Zeit in hohem All: er mit einem aus Werg fabrizierten Schwanz, im New Yorker Zoologischen Garten; sie war Und das war der große Pescadero, der strohgeflochtenem Kopf, einem runden Stück die einzige Ueberlebende eines Stammes, der so of: des kleinen Gallardos Bewunderung er- Korf an Stelle des Halses und ein paar noch vor 50 Jahren so zahlreich war, daß seine regte, wenn er im Samthut, weinfarbenen echten Riesenhörnern, die den Schülern Eni Schwärme den Himmel verdunkelten und die Jädchen und bunter Seidenbinde, unter dem feßen einflözten. Zweige der Bäume durch ihre Last zerbrachen. Arm einen elfenbeinernen Stock mit goldenem Inmitten des Hoses stand in Hemd- Dieses Beispiel ist eine besonders bezeichnende Knauf durch die Straßen Sevillas schritt? ärmein, hochrot im Gesicht, ein forpulenter Warnung, mit der Ausrottung der Tiere einzu­Ein gewöhnlicher, von allen vergessener Herr mit gesträub'em weißen Schnurrbart. halten, die immer mehr Arten bedroht. Der Kneipwirt! Seine Hände umframpften zwei Banderillas. amerikanische Büffel oder Bison ist dem ,, Komm und sich dir mein Lokal an, Seitwärts saß, die Arme gefreuzt, eine um- Schicksal der Wandertaube nur mit knapper Not wenn du nichts anderes vorhajt," bat er Gal- fangreiche Dame, die nach jedem Gang so entgangen. Nachdem die riesigen Büffelherden, lardo, der ihm bereitivillig folgte. lebhaft applaudierte, daß die Rosen auf ihrem die die Prärien Amerikas   bevölkerten. fast voll­Wie alle anderen zeigte seine Taverne Hut zusammen, mit den falschen Locken mut- ständig vernichtet waren, hat die kanadische Re­eine rotangestrichene Front, auch Vorhänge willig hin- und hertanzten. gierung für die wenigen Ueberlebenden ein von der gleichen Farbe. Ein Fenster war mit Die beiden sind schon überall in der Schutzgebiet im Wainwright Park eingerichtet, panierten Koteletts, faltem Geflügel und Wel; herumgekommen," flärte der Pescadero und dort vermehren sich diese Tiere, die einſt Effiggurken dekoriert. Drinnen ſtanden vor seinen Freund auf. Wie er mir erzählte, hat ein Wahrzeichen der Neuen Welt bildeten, in einem mit Flaschen und Fäßchen beladenen er in Afrita Bergbau betrieben, auf den Südsteigendem Umfang, und die zunächst fleine Schanktisch aus Zink   runde Tische und höl- seeinseln Plantagen bearbeitet und in Ame- Herde ist jetzt bereits wieder auf 8000 Stüd zerne Schemel. An den Wänden hingen zahl- rika wilde Pferde mit dem Lasso eingefangen. angewachsen. Ein noch prachtvolleres Tier, der 1