Feierabe

Feverbly

街

Nr. 27

Unterhaltungsbeilage.

Wo ist Monte Chrifto?

Es war auf der Ueberfahrt von Barce­Iona nach Marseille , als Miß Eleanor Stone aus Nashville in Nordamerika die Frage nach der Insel Monte Christo tat. Wir alle, die wir da auf sternförmig geordneten Deditüh­len das kleine Tischchen umfaßten, auf dem der Schiffskoch in eigner Person foeben das spanische Frühstück, mit Zimt vermischte Schokolade und frischgebackene Calentitos, serviert hatte, fannien Miz Eleanor seit ge­messenen vier Tagen als Frageautomaten und nahmen es ihr, die herübergekommen war, um die Wunder der Alten Welt zu feben, weiter nicht übel.

Wir waren unser fünf. Was der eine nicht wußte, wußte ein andrer. So waren wir auf dem trägen Kauffahrer, der einen Duftschweif von Südfrüchten hinter sich ließ, von Malaga glüdlich nach dem Golf du Lyon gefommen. Da sollten wir wieder einmal Belehrt werden, daß wir nicht immer nach unserem Willen, sondern manchmal auch nach jenem Stompaß navieren, der schon weiland Odysseus in die Irre führte.

Miz Eleanors Fragen famen stets wie aus der Kanone geschossen.( Ein dickes Merk­beft enthielt die Munition.) Sie verfolgten uns wie das böse Gewissen, quälten uns wie

Stechmücken in der Au, gingen auf uns nie­der wie ein Playregen, der jedes Schirmes spottet. Ihnen standzuhalten war ein einjei tiges Duell, amerikanisch- über das Ta­schentuch. Stneifen ausgeschlossen. Zudem war Miß Eleanor ein sehr gescheites, außerordent

lich hübsches Mädchen.

Und sie fragte nach der Insel Monte Chrifto.

Der dicke Landrat aus Angermünde blidte mit wahren Unschuldsaugen nach mir, wie ich bekennen muß, leider vergeblich. Sen­

Bon Austin Speer.

1928.

Miz Eleanor recte ihren schlanken Kna- 1 Der Landrat duckte sich. Sennor Este­benkörper herausfordernd und bot ihr asch-| bans Blid ruhte gebannt auf dem schönen blondes Haar dem Seewind zum Spiel. Ihr Mädchen. Mummchen Seleste zog seinen Ta­Blick sprühte ein Feuerwerk von Berachtung schenspiegel hervor und besah sich darin. und Hohn über uns. Ihre schöne Hand schloß sich fester um den Griff des riesigen Kodaks, den sie überall mit herumschleppte wie eine abwehrbereite Waffe. Ihr Europäer fennt euer eigenes Haus nicht!" rief sie empört, stand auf und ging fodafschwingend das Deck hinunter.

Was tun wir jeti?" fragte der Landrat aus Angernründe.

,, Auf ihre nächste Frage warten!" ent­schied Herr Stoppelmann."

,, Sie ist entzückend!" murmelte Sennor Esteban und stierte düster in seine leere Taffe.

Spaß beiseite!" meinte Mummchen Kleste. Weiß feiner, wo diese verdammte Insel ist? Es ist eine Schande!"

Ist eine Schande!" echoie der Landrat. „ Eine Schande!" sagte ich.

Schande!" wiederholte Sennor Esteban und blidte scheu nach den Drangentiſten hin, hinter denen Miß Eleanor verschwunden war.

Nur Herr Stoppelmann sagte nichts; es war ihm gleichgültig.

Ich werde Ihnen mal was jagen, ver­ehrte Miß," sagte der Landrat, diese Insel gibt es gar nicht. Sie ist ein dichterisches Phantom... verstehen Sie... So ein er fundenes Zeug!"

Oho!" rief Mummchen.

Miß Eleanor sah lauernd von einem zum andern.„ Nun?"

Die Insel Monte Chrifto existiert!" fagte Herr Stoppelmann unerwartet. Jh war einmal dori, um für eine Dumas- Bio graphie Aufnahmen zu machen."

Sooo?" stöhnte der Landrat verlegen. Natürlich, ich habe es ja gejagt!" prahlte Mummchen Seleste.

Sennor Esteban blickte nach Herrn Stops pelmann, als wenn er ihn vor Dankbarkeit umarmen wollte.

Wie ist es dort?" forschte Miß Eleanor. „ Einsam und romantisch.

Die Amerikanerin glühte. Wie kommt, man bin?"

So einfach nicht. Es besteht keine regel­Miz Eleanor stand weit weg von uns, mäßige Schiffsverbindung. Man muß auf hinter den Drangenkiſten, und blickte über Elba oder in Porto San Stefano eine Barke das Meer hin nach jenem imaginären Punti, mieten. den Herr Stoppelmann bezeichnet hatte. meter von der tostanischen Küste entfernt und bas Meer hin nach jenem imaginären Punft, mieten. Monte Christo liegt sechzig Kilo­Iphigenie aus der Neuen Welt die Fremde ist von aller Welt abgeschlossen. Eine Reise mit der Seele juchend! Dann kam sie wieder dahin ist heute noch ein Abenteuer." beran, schlank, lauernd und fragefreudig: ,, Nun, sind Sie schon daraufgekommen?"

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daraufgekommen, daß Sie gar nicht Monte " Jawohl!" rief der Landrat. Wir find man Roulette spielt.. Chriſto meinen, sondern Monte Carlo, wo

Das Merkbuch wurde zu Rate gezogen. nor Esteban Salcedo, der von seinem Vater" Nein, Monte Chriſto!" beharrte sie, die außer Landes geschickt worden war, weil er Insel im Mittelmeer , auf der Alexander in einem Madrider Kaffeehaus treffende Be Dantes den fabelhaften Schatz des Kardinals Dumas den jungen Marseiller Edmonde merfungen zur Zeitgeschichte Spaniens ge­macht hatte, lächelte verlegen, Herr Stoppel- Cafar Spada auffinden läßt. Der Graf von mann, der Reisephotograph, wies mit ſeinem mann, der Reiſephotograph, wies mit seinem Monte Chriſto war der Held meiner Jugend dürren Zeigefinger auf einen imaginären träume. Nun, da ich in Europa bin, will ich Punft am Horizont und versant dann wie feine Insel besuchen." der in Betrachtung seiner Schuhspitzen. Nur Mummchen Kleste, der Jurist aus Leipzig , sagte schandenhalber: Ja, ja... Monte Christo.. weiß schon!" Aber er wußte es auch nicht.

Diese Eröffnungen rüdten Herrn Stops Seite und verschwand mit ihm hinter den famkeit. Sennor Esteban zog ihn auf die pelmann in den Mittelpunkt der Aufmerk Orangenfisten.„ Er will mit ihr nach Monte Christo durchbrennen und wollte mich als Reiseführer gewinnen", flüsterte mir der Reisephotograph später zu.„ Ich habe natür­fich abgelehnt."

mit Serrn Stoppelmann hinter den Oran Bald darauf verschwand der Landrat genfisten. Und dann Mummchen Kleſte. Herr Stoppelmann kam hinter den Orangenkisten überhaupt nicht mehr hervor. Die Flammen der Eifersucht schlugen plöblich auf wie ein Brand, der lange im verborgenen gewütet hat. Miz Eleanor sah es und sonnte sich Photographieren!" Ein furchtbarer darin. Sie lud uns allesamt ein, sie nach Lufthieb mit dem Kodat setzte ein Rufzeichen Monte Christo zu begleiten. Herr Stoppel dahinter. mann war bereits als Reiseführer gewonnen,

Was wollen Sie dort tun?" fragte Herr Stoppelmann.