sucht mich, ich muß in die Schweiz ; ich bin un­schuldig, ich schwöre es Ihnen, ich bitte, ver­stecken Sie mich!" stieß er feuchend hervor und erhob flehend die Hände.

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Der Menschheit ganzer Jammer faßte mich an. Was wußte ich von Rußland ? Wutfi, Knute, Sibirien . Ich hatte Turgenjew gelesen, Dosto­jewffi, Tolstoi, in deren Schriften die russische Voltsseele schluchzte, und Kenans Buch uer durch Sibirien ", dessen Enthüllungen in Europa mit einem Schrei des Entstyens aufgenommen wurden. In meiner Erinnerung raffelten die Ketten der Deportierten , die im endlosen Schnee wie eine Vichherde, gepeitscht von entmensch ten Kosaken, dahinwankten- den Bleiberg werfen entgegen und dem Tode. Schuldige und schuldlos Tenunzierte aneinander geschmiedet, verurteilt von betrunkenen Richtern und, wenn die unterirdischen Kerker der St. Paul- Festung im heiligen Petersburg überquollen von gemar terten Menschenleibern, um Platz zu schaffen für neue Opfer, begnadigt zum weißen Tode, der Deportation nach Sibirien . Schneller als ich es niederschreibe, zogen diese Bilder an mir vor über und vor mir jaß mit geſentiem Haupte, die Augen flehend auf mich gerichtet, die Hände gefaltet wie zum Gebet, mein Schutzbefohlener. Bei mir konnte er nicht bleiben, aber dem Mann muß geholfen werden. Ich griff zum Te­lephon: Fräulein Mina, bitte, können Sie einen schwer Nervenkranken für einige Tage in ihrem Hotel unterbringen, ohne ihn zu melden und ab geschlossen von den übrigen Gästen?"

Einen Irrsinnigen?" kam die Gegenfrage. Nein, ich übernehme jede Verantwortung." Bitte, schiden Sie ihn." Aufatmend strich ich mir über die Stirne.

,, Auf meine Verantwortung", fiel mir ein, aber ich war jung. Ach was, meinetwegen

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wird Rußland keinen Krieg führen gegen Oester, verleiten könne. Die Vorteile und Nachteile reich." Kommen Sie, Herr...?" Davidoff", der einzelnen Einrichingen und Verfahren, sagte er schnell. Also sehen Sie", ich führte ihn der Geräte, des Materials, der Behälter, der zur Straße und zeigte ihm die Richtung seines Saatkästen werden eingehend erörtert. Wir er­Zufluchtsortes, mit dem Versprechen, alles zu fahren, wie die Ratteen am günstigsten aufzu ordnen. Zurüäkehrend drehte ich mich um und stellen sind, wieviel Feuchtigkeit und Hize die sah noch, wie eine Frau in grauem Pelze. die einzelnen Kakteen brauchen, wie die Erde zu­augenscheinlich Davidoff erwartet hatte, seinen sammen gesetzt sein muß, damit sie am besten Arm nahm und wie beide die von mir angege- gedeihen. Wir werden genau über die Einzel­bene Richtung verfolgten. Sollte das Ganze ein heiten in der Sämlingszucht unterrichtet, wiffen, Bluff gewesen sein? Wie kommt der Flüchtling wann und wie wir zu pfropfen haben, lernen zu dieser Begleitung?" fragte ich mich. Ich die Besonderheiten der Importafteen fennen mußte mir Gewißheit verschaffen. und vieles andere mehr. Jeder Liebhaber kann Eine Stunde später stand ich vor seiner sich nun je nach Neigung und Geschmack eine Türe, die ich, ohne Antwort auf mein schnelles den örtlichen und klimatischen Verhältnissen Klopfen abzuwarten, rasch öffnete. In einem angepaßte Katteensammlung einrichten, heran­Winkel des schon dunkelnden Zimmers standen ziehen und ausbauen; die Anleitungen von eng aneinandergepreßt, die Augen mit tödlicher Roeder werden ihm Erfolg und Freude brin Angst auf die Türe gerichtet Mann und gen. Zahlreiche, zum Teil ganzseitige Abbildun= Frau, ihre Verfolger erwartend. Nein, diese gen ergänzen den Text. Todesangst war keine Mache. Ich wollte nur sehen, ob Sie gui untergebracht sind." entschul­digie ich mich, und Sie fragen, ob Sie irgendwas der Bankbeamte erzählte. welche Legitimationspapiere haben, um Ihnen Jeden Mittag traf ich ihn in der Pension weiterzuhelfen. keine Papiere, fein Gepäck. bei Tisch. Er war ein schweigsamer, in sich ver­tein Geld!" schloffener Mensch. Erst nachdem wir drei Monate nebeneinander gesessen hatten und uns sehen kannten, taute er endlich auf. Bei ciner nur durch ein Guten Tag" oder Auf Wieder­Bigarre und bei einer Taffe Kaffee, die wir in der nahen Konditorei genossen, löste sich seine Zunge. Bisher hatte er wohl durch erzwungenes Schweigen zuviel in sich aufgespeichert. Nun kam das alles wie ein Wasserfall heraus.

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Der liebe Gott und Hofrat Kuranda, Gene­raldirektor der Adria- Schiffahrts- Gesellschaft, der wegen seines goldenen Herzens und ſeiner schlech ten wie weit und breit berühmt war, haben weitergeholfen. Ueber Venedig ging die Flucht der beiden in die freie Schweiz.­ist nun bald ein Lebensalter seither verflossen. Wer weiß, ob unter den Machthabern des hen­tigen Rußlands nicht auch Herr Davidoff ist, der Abazzia, seine Todesangst und alles, was er selbst gelitten, vergessen hat und eine Welt zertrümmert, um eine neue zu schaffen.

Bis jetzt sieht man nur die Trümmer.

Wörishöffer, der Reise- und eine abenteuerliche Rekje in der indischen Welt Abenteuer- Erzähler. ohnegleichen. Die andere dieser spannenden Erzählungen führt den Leser zur Zeit der vier Jeder tüchtige, gesunde Junge will Nahziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in das mutz für seine Phantasie und muß, sei es auch Goldland Kalifornien. Der Ruf von den rei­nur durch Mit- und Nachempfinden beim Lesen chen Goldfunden in diesem Lande begann in bewegten, interessanter Lebensschicksale sich so- alle Welt zu dringen und Millionen von Men zusagen die Hörner ablaufen". Diesem Bedürfschen zogen aus, un hier Gold und Glück zu nis kommen die im Verlage A. Anton suchen, das ganz einfach auf der Straße legt". u. Co., Leipzig, erschienenen Reise- und Damals aber verteidigten die Ureinwohner." die Abenteuer- Erzählungen von S. Wörishöf- Indianer, noch ihr Land gegen die fremden fer entgegen. Es ist dies eine Serie von 10 Eindringlinge und so gab es harie Kämpfe. Bänden, jeder Band einzeln käuflich, in gutem Wörishoffer erzählt in dem Buche die Erlebnisse Druck auf seinem, leichtem und doch festem Pa- einiger jungor Auswanderer und wir möchten pier, in Leinwand gut gebunden und mit je den jugendlichen Leser fehen, der die Geschichte fünf meiſterhaft gezeichneten, farbenprächtigen dieser Abenteuer nicht mit heißem Kopfe laje. -Was Wörishöffers Bücher lesenswert macht, Bildern geschuräckt. Dennoch ist der Preis des Bandes nur mit Mt. 3.50 angesezt. Zwei die das ist nicht nur die fefſclude Schilderung der fer Bände liegen uns vor: Kreuz und quer Vorgänge, sondern auch die Kenntnisse von durch Indien, Irrfahrten zweier junger dent­fremden Menschen und fernen Ländern, die dem scher Leichtmatrosen in der indischen Wunder- Leser durch sie vermittelt werden. welt und Im Goldlande Kalifornien". Die erste dieser Erzählungen beginnt in Bombay im Jahre 1839. Dort liegt die Hamburger Brig Hansa" im Hafen. Unter der Mannschaft iſt Richard Wittenberg. ein frischer sechzehnjähriger Tedsjunge, der beim Herumstreichen im Hafen wahrgenommen hat, daß auf einer ter vielen dori anfernden chinesischen Dichonken jemand mißhandelt wird. Er hat deutlich eine klagende Menschenstimme gehört und noch dazu waren Fragen aller Art, die für den Züchter es deutsche Worte, die er vernommen hat und wichtig sind, finden in diesem Buche eine gründ nun beschäftigt ihn der Gebanke, wie er dem fiche Beantwortung. Roeder erzählt von den unglücklichen Menschenskind Reinung bringen heimatlichen, örtlichen und flimatischen Verhält fönnte. Auf dem Kahn eines Hindus schleicht nissen der Rafteen und leitet daraus ihre Le­er an die Dichonte heran. jicht dort eine Gebensbedingungen ab. Er gibt wertvolle Rat­stal: an den Mast gefesselt, flettert an Bord schläge und Fingerzeige, führt Vorsichtsmaß und befreit den Gefesselten gleichfalls ein regeln au zur Verhütung von Fehlern und Hamburger Junge, der Oskar Winter heißzt. warnt vor unnötigen Spielereien und Mätzchen, Beid: müssen füchten und nun beginnt für sie zu welchen ein gewisser Uebereifer am Anfang

Bist Du Kakteenzüchter?

Fehlerbuch des Kalteenzüchters." Tages­fragen und Ziele neuzeitlicher Stakicen- und Suffulentenpflege. Von Diplomlandwirt Dr. W. von Roeser. Mit 88 zum Teil ganzseitigen Abbildungen. Franch'sche Verlagshandlung, Stuttgart.) Preis steif fart. RM 3.50.

Er war Prokurist in einer kleinen Bank. Vierzig Jahre hatte er nun gelebt und zweiund, zwanzig davon dauernd in dieser selber Bank. Langsam, sehr langsam war er in schwerer Arbeit emporgeklettert, bis man ihn schließlich wegen feines Bienenfleißes, seiner peinlichen Genauigkeit und seiner gründlichen Kenntnisse zum Prokuristen machte. Das lag nun schon einige Jahre zurück, aber sein Gehalt war seit­her nicht um einen Pfennig erhöht worden. Mündliche und schriftliche Bitten halfen nicht. So ging er, einem besseren Angebot folgend, zur Konkurrenz. Der Herr Chef war darüber ganz entsegt und sagte ihm:

Aber Sie haben doch wirklich feinen Grund, uns zu verlassen. Ich werde natürlich gern Ihr Gehalt erhöhen.

Doch es half nichts mehr. Ich hatte genug, so fuhr mit sichtlicher Befriedigung der kleine Prokurist fort. Ich erwiderte meinem Chef ganz kurz: Bleiben? Nein! Sie würden Ihr Wort vielleicht nicht ernst nehmen. Ich aber muß gehen, denn ich muß mein gegebenes Wort halten."

Und als wir unsere Mäntel auzogen, schaute er mich plößlich durchdringend an und jagte: Ich bin fein Politiker. Dazu hatte ich feine Zeit. Aber wenn man schon ganze Wirt­schaftszweige verstaatlichen will, dann soll man unbedingt bei den Banken anfangen. Mit Licht­reflame und ellenlangen Spaltenannoncen rufen sie dem Volk dauernd zu: Sparet, ſparet, sparet!" und das Volf gehorcht. Es bringt seinen mühsam erworbenen Verdienst den Banken, die dafür niedrige Zinsen geben, während sie selbst für gelichenes Geld enorm hohe Prozentjäge verlangen, um ihren Herren Direktoren, Auf­fichtsratsmitgliedern und Aktionären große, leicht verdiente Summen in den Schoß zu were fen. Glauben Sie mir, mein Freund, diese Leute sind, troy all ihrer Schlauheit und Tüch­tigkeit, die Drohnen im Bienenkorb. Sie fangen den Honig der schwer schaffenden Arbeits­bienen.

-ye.