Ein kleiner Vornan.
Er hieß Klim und war Bauchredner im KabarettNachtlicht". Sie nannte fick Bim  , sang oberbayerifihe Gebirgsarien und hatte rin Programm ihr« Nummer nach Klim. Durch eine gemeinsame Puderquaste lernten sie sich naher kennen. Er lieh Ihr Abschminkpapier und fie ließ für ihn den Vorhang fallen. I» der Bierstube des Restaurant- feierte» fie Verlobung. Da» Grammophon   spielteSta# Aufziehen der Wachtparaoe". Er zeigte ihr ferne Schul» »eugniffe und sie zog ihm hinter den Ohre« die ersten weißen Haare aus. ES regnete graue Schleier und war Freitag, al- fie Hochzeit machten. Au- der Küche von Bim- Hausfrau roch«- nach Margarine da Kinn mit den Dagen an­kam. Im Tana stand eine blecherne Sitz­badewanne. Kinder spielten um fie herum mit einer Klystiersprihe»Feuerwehr  ". Am Dagenfenster grünten Myrthenzweige. Dom Kock de- Kutscher- blitzten zwei talevgrvhe Silberknöpfe herein. Klim fuhr mit seiner Schuhspitze da- gewebt« Muster der Fuß­decke au- und dachte an den blauen Gummi­stempel auf seinem Heiratsschein. Bim- ließ sich ganz in da- Schaukeln der Kutsche aus­nehmen. Dabei erinnerte sie sich an den plüschenen Treppenaufgan geine- Schlosse-, das in einem Hintertreppenroman vorkam.. Im Stande-amt hantierte ein asthma­tischer Bürodiener mit einem Inhalations­apparat. Ucber der Dampfheizung war rin Schnupftuch zum Trocknen aufgehängt. Sir strich seinen Scheitel zurecht. Er fuhr mit der Hand am Rand seines Zylin­ders herum. Die zwei Beiständer tauicn augeschnauft. Der Ansager vomNachtlicht" und der Hotelportier. Sie fühlte» sich sogleich verpflichtet, Ztimrmurg zu machen und trugen neue Witze auf. Der Bürodiencr pustete vor Lachreiz in hre Hochzeitspapiere hinein... Da trat der Standesbeamte durch die Mitte auf. Schlecht rasiert. Auf einer Kra- vatte lagen Brotkrümchcn. Klim sehnte sich Vögel herbei, die sie aufpicken möchten. Er band die Aktenschnur auf, als hätte er ein unfrankiertes Postpaket vor sich lie­fen. Die Nasenfalte bog sich zu einer ge­nickten Dachrinne um Und alle bekamen
Bom Gruft Hoferß-Hter. Plötzlich das Gefühl verurteilt zu werden ...Atmeten befreit auf, al» fie seinen amt­lichen Händedruck in sich wie eine Verzei­hung verspürten. Der Ansager hielt es für geboten, eine abschließende Ansprache zu halten. Aber Klim trat ihm beruhigend auf seme Lack­schuhe. Bim küßt« jetzt auf jedem Treppenab­satz ihren Gemahl in- blinzelnd« Gesicht. Und immer mit mehr Nachdruck. Sie hatte di« weiche Vorstellung, für ewig mit einer schützenden Decke umwickelt zu sein. Tiefer« seelische Regungen kamen vor so vielem Zeremoniell gar nicht auf. Klim dachte an dtt verschiedenen Höhen der Trink­gelder. Bim dachtt zu sehr auf ihr ondu­lierte- Haar. Und so ging der ganze Tag hin. Di« Leiden Beiständer aßen um di« Wett« di« SpeisÄarte auf und ab. Und al- da- Licht in den«lettischen Birnen mrück­schlüpft«, begann ein weiße», stille» Fest. Ihre Seelen klangen als gefüllte Glä­ser zusammen: ,Mim-Bim....!" Und di« folgenden Tag« kamen schwingende Eimer zu ihnen. Bor dem Gasherd probierten sie an den Vormittagen ihre Szenen aus, mit denen sie am Abend zusammen vor die Rampe traten. Da»«in« erhöhte und vervollkommnete sich am andern. Der Zweiklong Klirn-Bim wurde so allmählich zu einem einzigen Ton, der leicht und frei hmschwebte durch Duett«, Szenen und Sketch» hindurch. Au» dem Publikum des Parketts stieg eine Ueberschwemmuug von Beifall an ihr Podium herauf. Bon der Galerie plätscherte ein Wolkenbruch her­nieder. Da mietete sich eines Tages ein Post­sekretär in ihreni Wohnungsgang ein. Bim  traf jeden Morgen beim Wasserholen am Ausguß mit ihm zusammen. Er zeigte ihr keine Briefmarkensammlung. Und dies und das. Spät am Abend noch spielte er auf einer Mundharmonika. Klim stellte den ganzen Tag über neue Couplet» zusammen, reimte und ersann schmissige Refrains. Alles wollte er zur Er­haltung ihrer artistischen Einheit vollbrin­gen. Ader so, daß er darüber ihre Seele, di« er zum Klingen brachte, als nun inimerdar ihm zur Seite schwingend, annahm
Er hielt fie so ihm verbunden, daß er ihre Pflege ganz vergaß. Indes der Post» sekretar jede Nacht seine Mundharmonika­klänge durch die Tapet« schickte. Und Seelen haben etwas vom Wind. So etwas Unbegreifliches, Unbegreifliches! Daß bald PimS Innerste» mit ledern Tag erwartender nach der Wand horchte und ihr Herze hin und her schlug wie ein Kamin­feuer, da» der Föhn verweht. Klim merkte es erst an den leisen Vi­brieren ihrer Sttmme, die ihm bald manche Nummer gefährden mußte. Da» Zusammen­spiel bekam Riffe und Löcher. Bald trugen Klim und Bnu ihre Num­mern wieder gesondert.vor. Jedes für fick. Und sie folgte im Programm wieder nach ihm. Bis sie endlich gänzlich aneinander vor- beispielten, lebten und liebten. Zwar hatten fie noch immer die ge- meinsame Puderquaste, er gab ihr Ab­schminkpapier und fie ließ für ihn den Vor­hang fallen. Zwischen Klim und Bim   war des Postsekretärs Mundharmonikm'piel mit sei­ner Kleinkinderscele mit solcher Macht ze­tteten, daß bald unter ihnen kein Wort mehr war. In BimS   Seele blühte die Kleinwelt­sehnsucht, die durch Schminke, Vorhang und Applaus verschüttet lag, wie ein junger pfingstlicher Garten auf. Klim war wie vor eine hohe Mauer gsstellt. Er hatte immer gedacht, daß auch ihr wie ihm der Abend mit Gardine, Schminke und Applaus das Höchste sei, das sie beide aus immer gleich stark zusammenbinden könnte. Auch er sah rin. daß die Seele etwas Wunderbares ist als ein Spekulationsobjekt. lind er wollte ihr das Leben ihrer letz­ten Kindersehnsucht erfüllen die stille Welt, das kleine Glück. So trat er vor Binr hin und sie sagten einander alle Angst. Versprachen sich alles und tanzten eines Tages nm den Postsekretär Ringelreihen...! Daß der nicht wußte wo aus noch ein.Es sind halt Theaterlertt", sagte er vor sich hin und klebte eine neue Briefmarke in sein Album ein. Aber Klim und Bim  «raren bald nie- mehr auf einem Podium zu sehen. Er fand eine Stellung als Buchhalter in einem