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und der Pudel allein fann als Sinnbild for chen, wobei er am Huhn das Gerippe und anivandelbarer Standhaftigkeit gelten. Ja, der beim Hafen den Kopf vorzog. Aber obwohl in Frage Stehende ist eine anhängliche, auf ihn auch der Nachtisch schmedte, hätte er doch richtige und gerade Natur. Er würde unter für ein Stück Zuder feine Tollheiten began Lebensgefahr auf einen zehnmal stärkeren Feind gen; höchstens nahm er eines zu feinem Ramil­losgehen, wenn dieser das Biebste, was er hat, lentee. Und es war selten, daß er Luftsprünge bebrohte. Er raucht nicht, trinkt nur Waffer, vollführte... Von diesen Einzelheiten abge­befibt jedoch einen erstaunlichen Appetit. So sehen, war alles genau, und Frau von Chal­bereitet es ihm geradezu ein wollüftiges Ber- bäa entpuppte fich wirklich als eine hervor gnügen, einen Anochen abzunagen. Auf Zuder ragende Seherin. ist er ganz bersessen. Für ein fleines Stüdchen Randis wäre er imstande, jedwede Tollheit zu begehen. In seinem Wesen stets gleich blei bend, ist er doch immer zu Scherzen aufgelegt und äußert seine Freude durch Schreie und Luftsprünge. Alles in allem fann man unbe­grenztes Bertrauen zu ihm haben."

Entzüdt erkannte Frau Spiesam, daß viel Wahrheit in dieser Schilderung war. Ihr Mann trant nur Wasser mit einem Schuß Wein brin und rauchte nicht. Er liebte einen guten Tisch und Knabberte gern an den Kno­

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Aber die beiden Frauen hätten die telepa­thische Begabung der Frau von Chaldäa noch viel mehr bewundert, hätten sie die Wahrheit gekannt.

Zerstreut, wie sic war, hatte Eulalia unter­wegs die Haarsträhne verloren. Aber sie hatte jich zu helfen gewußt. Da sie gerade Babylas, den schwarzen Pudel ihrer Herrin, mit sich führte, hatte sie diesem kurzerhand ein Büschel Saare von der Stirn abgeschnitten, diese der Seherin überreicht und so das verblüffende Orakel der Sybille heraufbeschworen.

Ein Mädel aus Tromsö  .

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Von Dr. Jörgen Hansen.

Nordlandfahrt Wikingfahrt nach Thule Jugendtraum!- Das Land der hellen Nächte und der Mitternachtssonne, das Land der Fjorde und Fjelde: Nor­ wegen  ! Ueber dieses Land hat Dr. Jör­gen Hansen, Profeſſor an der Pädagogi­schen Akademie in Kiel  , ein Buch Ju Banne der hellen Nächte"( Band 47 der Sammlung Reiſen und Abenteuer) Je­schrieben, das den vielen Besuchern der Fjorde und Fjelde eine tiefere Auffassung der Wesenheit fremder Landschaften und eine mehr fünstlerische Betrachtung der Gesamtheit aller Erscheinungen eines frem­den Landes vermitteln will. Wir entnehmen dem anschaulich geschriebenen Büchlein mit Genehmigung des Berlags F. A. Brodhaus in Leipzig   einen Abschnitt.

Tromsö   ist von einem gewaltigen Gebirgs­panorama umgeben. Von der Hauptstraße aus, die nach dem Süden verläuft, schaut man nach beiden Seiten auf riesige Gebirgsketten, die mit Schnee bededt sind. Ganz in der Nähe von meinem Gasthaus lag ein Café; dort trant ich morgens meinen Kaffee. Auch in Tromsö   gab es feinen Alkohol. Die Menschen, die dort zum Frühstüc tamen, tranten Kaffee und aßen dazu einige belegte Butterbrote, die, wie überall in Norwegen  , auf dem Büfett be­zeitstanden. Ich habe den Eindruck gehabt, daß die Bewohner von Tromsö   es verstehen, das Reben von der freundlichen Seite zu nehmen. Die Straßen waren immer sehr belebt, beson­ders die Hauptstraße. Dieser Verkehr nahm am Abend beträchtlich zu. Der Verkehr hörte in der Nacht kaum auf. Es wollte überhaupt nicht Nacht werden. Wenn ich gegen 2 Uhr zu Bett ging, war es noch so hell, daß man meinen tönnte, es wäre erst der Anfang des Abends. Erst gegen Morgen hörte das lebhafte Hin und Her auf der Straße allmählich auf. Die Tromsöer nennen ihre kleine Stadt das nordische Paradies". Ein leines Körnchen Be­rechtigung stedt sicher darin. Sie sind in der Tat für Norweger auffallend lebendig und frobgemut, wenn auch sonst in ihrem ganzen Wesen eine gewisse Melancholie das Chara!- teristische bleibt. Auf meinen Wanderungen hatte ich auch meine Reisegefähriin, die aus

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sie berichten von den Wikingern und von ihren roten Drachenschiffen und ihren abenteuer­lichen Fahrten. Manchmal flingt in uns cin heller Klang mit, und wir merfen, wie unsere Herzen schneller schlagen und unsere junge Bruft sich in Sehnsucht weitet. Drei lange, endlos lange Monate eine düstere vom Tob umflüsterte Zeit. Alles ist so fahl und so falt, alles ist gestorben, mit Schnee bedeckt, und dar­über braust der eisige Nordwind." Sie hielt einen Augenblid inne, und ihr Blid schaute verloren in die Ferne. Da haben Sie es schon schöner unten im fernen Süden, wo Sie die Sonne nicht verläßt. Aber auch diese Zeit hat ein Ende, und dann erleben wir den neuen Tag. wenn die Sonne wieder kommt, mit einer ganz andern inneren Freude, als Sie es ergründen fönnen. Denken Sie, auf einmal er wache ich am Morgen, und mein ganzes Zian­mer glüht in einem goldenen Licht. Ueber meinen Fenstern weitet sich ein klarer blauer Frühlingshimmel. Sie können sich denken, wie unjer Herz dann jubelt; sie ist wieder da, un­fere Sonne. Es ist ein ganz unnennbares Ge­fühl, wieder ihre warmen Strahlen zu emp finden. Nie war sie so flar, so wohlig warm, unendlich beglüdend in ihrem so goldenen

Schimmer; nie sah ich den Himmel so heil und die wandernden Wolken so weiß; nie sah ich den Fjord so heiter und die Kiefer so lebensfroh. Und nun fommen sie, die hellen, herrlichen Sonnentage mit ihrem weiten, wolfenfernen Himmel. Bald kommt auch der Frühlingswind und rüttelt gelinde an den Bäumen, und sie erwachen zu neuem fnospenden Leben. Es ist ein Treiben und Drängen unter Menschen und Tieren, ein unendliches Frohlocken in der Na tur. Die Nacht ist vorbei, die Pein ist dahin. Wir schauen nur nach dem Süden in die Ferne, als erwarteten wir von dort das Glück. Ez ut nichts anderes, als wenn ein lieber, guter Freund von uns gegangen ist, der nach lan­uns zurüd­gen, langen Jahren wieder zu fommt und nun von uns, die wir mit Sehn­

Tromsö ſtammte, wieder getroffen, und sie wurde nun meine Führerin, die mich mit der Stadt und dem eigentümlichen Leben derselben bekannt machte. Sonderbar diese nordischen Mädchen mit ihrem schwermütigen Blid und ihrem ernſten Sinnen, sonderbar auch ihre Gedankenwelt und fremdartig ihre Sprache und ihr Wesen- fast unergründlich. An einem märchenhaft hellen Abend führte sie mich aus der Stadt hinaus auf die Höhe, die sich nach dem Osten erstrect. Durch die üppigen Gärten wanderten wir an den vielen Villen vorbei bis zu dem Kirchhof hinauf. Es war schon empfindlich talt geworden. Der Mond stand hoch am Himmel, und die Sterne leuchteten hell am Firmament- eine eigentümlich flare und eisige Luft. Ja", sagte sie, es wird bald Winter. Wiſſen Sie, der Sommer ist vorbei, der Tag ist vergangen, jetzt kommt für uns die lange, lange Nacht." Sie sagte es in einer solch schwermütigen Art, daß ich sie bat, mir zu erzählen, mit welchen Empfindungen sie eigentlich diese lange Winterzeit ertrügen. Diese Zeit, in der die Sonne nicht mehr scheint, da es feinen Tag und feine Nacht gibt, ist für uns schwer verständlich. Derjenige, der es nicht erlebt hat, vermag es faum zu fassen. Diese ewig dämmerigen Tage und diese langen dunklen Nächte. Sie hatte mich inzwischen auf den Kirchhof geführt, und schließlich stan­den wir vor einem einsamen Grabe, auf dem eine Bant stand. Hier liegt meine Mutter be­graben", sagte sie leise, und es flang wie ein unterdrücktes Sehnen. Wir setzten uns auf die Bank, und sie erzählte mir von ihren Leben hier oben im Norden." Ja", so begann fie, jekt Mitte Dezember geht die Sonne von uns, und dann wird es Nacht. Richtig hell wird es nicht mehr. Nur um die Mittagszeit ist es vielleicht drei Stunden so hell, daß man am Fenster die Zeitung lesen fann. Der Ver­fehr geht trotzdem ruhig seinen Weg, immer brennen die Lampen. Wir ſizen des Abends Wir haben noch lange gesessen, über dieses an unserem Kamin und sprechen von alten und jenes gesprochen, und es wollte nicht Nacht Zeiten. Wenn dann vom Norden her der werden, trotzdem Mitternacht vorbei war. Dieje Sturmwind über uns braust und wie ein har- seltsame Stimmung, die uns umfing, hatte ter und heiserer Laut aus der Ferne flingt, wohl nicht zuletzt ihren Grund in dem eigen rüden wir enger um das tnisternde Feuer zu- tümlichen Zauber dieser hellen sammen. Dann denken wir, während draußen war, als wenn dieses dämmerige Licht ans in über Gärten und Gassen allmählich die kalte seinen Bann zöge, uns all das Srdische ver­Nacht ihren düsteren Mantel ausbreitet, an gessen ließe, um die Gedanken hinzufenden in seltsame Geschichten, die wir noch aus unserer weite erdferne Gefilde, in jene Sphären, wo Kinderzeit kennen. Sie erzählen von unseren nur Gedanken wohnen, wo die Erinnerungen Urbätern. Sie kommen aus fernen Ländern; chlummern und die Hoffnungen wachen.

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ſucht seiner immer gedacht haben, mit glühen­dem Herzen umarmt wird. Ja, dann find wir wieder froh. Unsere Brust dehnt sich wieder, und unsere Augen werden blant. Wir eilen hinaus auf unsere Berge, als müßten wir alles, was wir um uns herum sehen, von neuem grüßen, den Fjord und die Bäume und die weißen Fjelde, und unser Herz erbebt und erzittert im Gefühle der Heimatliebe.- Tiefe Liebe zu unserer bleichen" und schwermütigen nordischen Heimat. Es fann schon sein, daß uns die Tränen unbewußt fommen. Erschüttert und innerlich aufs tiefste erregt, fönnen wir faum ein Schluchzen unterdrüden, während in un­serer Brust die Freude flammend loht. Wir weiten unjeren Blick und breiten unsere Arme aus und grüßen sie wieder, unsere unvergeß liche, wieder auferstandene Heimat." Sie hatte ihre Worte so seltsam feierlich geformt, daß ich sie immer anschauen mußte, und als sie von ihrer Heimat sprach, da brach ein solch verflär­tes Leuchten aus ihren Augen, daß ich fast er. schüttert war. Jest verstand ich, daß sie, wie jie mir oft erzählt hatte, ihre Heimat nie wer­gessen könnte, nie vergessen würde.

Nächte. Es