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Nr. 16.

Erscheint täglich außer Montags. Abonnements- Preis für Berlin : Vierteljährlich 3,30 Mart, monat­lich 1,10 Mart, wöchentlich 28 Pfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit bem ,, Sonntags: Blatt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mart pre Quartal. Unter Kreuzband : Für Deutschland u.Desterreich- Ungarn 2 Mart, für das übrige Ausland 2 Mart pro Monat. Eingetragen in der Post- Beitungs- Preisliste für 1891 unter Nr. 6469.

Vorwärts

8. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Versammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochentagen bis 1 Uhr Mittags und von 8 bis 7 Uhr Nachmittags, an Sonn- und Festtagen bis 9 Uhr Vormittags geöffnet.

Fernsprecher: Amt 6, Nr. 4106.

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: Beuth- Straße 2.

Dienstag, den 20. Januar 1891.

Expedition: Beuth- Straße 3. Die Hille Revolution. Je höher entfaltet das Großgewerbe in einem Bezirk werbe, sieden Zucker, machen Stärke, brennen Schnaps, ist, desto stärker ist die Anwendung der treibenden Kraft betreiben fabrikmäßig Molkereien, Holz- Sägemühlen und Welche Fortschritte der Großbetrieb in Preußen ge- des Dampfes mittelst feststehender Kessel und Maschinen. was sonst die Rente steigert. macht hat, ergiebt sich aus den amtlichen Mittheilungen Das moderne Fabriksystem fordert gebieterisch die intensivste Die Flucht des ostdeutschen Landarbeiters vor der über die Dampfkessel und Dampfmaschinen Ausnüßung aller technischen Mittel, die dazu taugen, die patriarchalischen Ausbeutung, vor der schoflen Behandlung, in Preußen im Jahre 1890, die in der Zeitschrift des Großproduktion zur Alleinherrscherin auf dem Markte zu der kläglichen Lebenshaltung, den Hungerlöhnen, die königl. preußischen statistischen Bureaus" sich finden. machen. Die Industrie, die auf maschineller Arbeit be- Sachsengängerei ist eines der stärksten Reizmittel zur Ein­

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Die wirthschaftliche Entwickelung läßt sich nicht ruht, muß diesen Weg einschlagen. Und je rascher und führung des Maschinenwesens. Eins aber blos; denn es hemmen, und die Tendenz derselben geht darauf hin, aus umfassender dieser Prozeß vor sich geht, je größer die ist ein Zwang für die moderne Landwirthschaft, die auf Preußen einen Industriestaat par excellence zu machen. Dichtigkeit der Dampskessel- und Dampfmaschinen- Ver- großkapitalistischer Basis ruht, sich der großkapitalistischen Der Aufschwung" des verflossenen Jahres, wie er nicht wendung ist, um so sicherer wird die kapitalistische Waffen im Kampfe um den Weltmarkt zu bedienen. blos in den Dividendenstatistiken zum deutlichen Ausdruck Waarenerzeugung auf höherer und immer höherer Stufen- Unsere amtliche Quelle sagt: Während... das starke gelangte, führte naturgemäß zur Ausdehnung bereits be- leiter sich vollziehen. Welche Wirkungen diese Um- Anwachsen der gewerblichen Thätigkeit die Benutzung der stehender Betriebe, zur Einführung technischer Vergestaltung des wirthschaftlichen Lebens für die Arbeiter- Dampfkraft erheblich gesteigert hat, trug neuerdings auch besserungen, zur Errichtung neuer großer Unternehmungen. klasse hat, braucht hier nicht auseinandergesetzt zu werden. Die Landwirthschaft hierzu insofern bei, als letztere Der Dampf aber ist die gewaltige bewegende Kraft des Das wissen wir aber, daß der Triumph des Großkapitals sich mehr und mehr bestrebt, die theure gewerblichen Lebens. zugleich den Triumph der Arbeiterklasse vorbereitet. Die menschen= und Thierkraft durch die So ist es nicht zu verwundern, daß diese Kraft gerade Unhaltbarkeit der privatkapitaliſtiſchen Dekonomie tritt billigere Maschinenkraft zu ersehen, und erheblich mehr in Anspruch genommen worden ist, als immer schärfer hervor. Und während das Gewand der­zu einer immer ausgedehnteren Aufstellung von früher. Vergleicht man die Zahl der Dampffefsel und selben den Produktivkräften bereits zu enge wird und in Lokomobilen behufs Betriebes von Dresch und anderen Dampfmaschinen Preußens, mit Ausnahme der in der allen Nähten zu platzen beginnt, während die neue Hülle Maschinen schreitet. Hierauf beruht... die starke Zunahme Benutzung der Militärverwaltung und der kaiserlichen der Industriekartelle zurechtgeschneidert wird, um die ärgsten der beweglichen Dampskessel und Lokomobilen in den Kriegsmarine befindlichen sowie der Lokomotiven, zu An- Blößen der Produktionsanarchie unserer Tage zu decken, hauptsächlich dem Landbau obliegenden Bezirken." Die fang 1890 mit den entsprechenden Ergebnissen des Vor- wird das werkthätige Volk mehr und mehr eine ziel Einführung beweglicher Dampfmotoren in den industriellen jahres, so stellt sich heraus, daß in Preußen vorhanden bewußte Klasse, die mit voller Einsicht in ihre Lage Kleinbetrieb ist von solch minimaler Bedeutung, daß sie und in die Nothwendigkeit einer grundstürzenden Umwand- auf die reißend schnelle Zunahme der beweglichen Dampf­lung des Systems an der Befreiung der darbenden Mensch fessel einen beachtenswerthen Einfluß nicht geübt haben heit und damit an der Schaffung einer wirklichen Kultur- kann, und so ist der Groß- Grundbesitz der Hauptanwender menschheit unermüdlich und unentwegt arbeitet. der Maschinen. Warum derselbe die Dampfkraft ge­Jedoch nicht blos die Industrie weist die deutlichen braucht, sagt die von uns zitirte Stelle der Statist. Zeichen des sozialen Fortschritts auf, auch das platte Land, Korr." zur Genüge. dessen idyllische Herrlichkeit von den Kardorff, Schalscha, Einige Zahlen mögen den Gang der Dinge ver­Luz und Zorn von Bulach mit fanatischer Beredsamkeit anschaulichen. Es wurden bewegliche Dampfkessel und vertheidigt wird, auch das platte Land, sagen wir, wird Lokomobilen gezählt umgewälzt. Die stille, aber wirksame, unaushaltsame, für die Sache der arbeitenden Klasse am erfolgreichsten wir­fende Revolution stellt dort die Dinge auf den Kopf, stülpt mitleidslos die alten Zustände um und agitirt, agitirt, agitivt.

waren

feststehende Dampftessel

Dampfmaschinen

bewegliche Dampfkessel u. Dampf­

maschinen

Schiffs- Dampffessel. Schiffs- Dampfmaschinen

1890

zu Anfang der Jahre

1889

47 151

48 538

45 192

46 554

12 177

12 822

1836

1 674

2 046 2008

Es hat sich also vermehrt die Zahl der feststehenden Dampffefsel um 2,9, diejenigen der feststehenden Dampf­maschinen von 3,0 pCt.; die beweglichen Dampffefsel und Lokomobilen nahmen um 5,3, die Schiffsfefsel aber um 11,4 und die Schiffs Dampfmaschinen sogar um 19,9 pŒt. zu.

A

Ehe wir auf die ökonomischen Zusammenhänge dieser Der Kreuzzug auf das flache Land, er ist ja schon Erscheinung näher eingehen, sei festgestellt, daß die Rhein­ provinz auf Grund ihrer hochentwickelten Industrie allen begonnen, nicht durch uns, sondern durch Seine Majestät übrigen Provinzen betreffs der fest stehenden Dampf- den König Dampf.

in den Regierungsbezirken Oppeln

1879

1890

194

596

Magdeburg

501

1121

Königsberg

79

402

Potsdam

339

689

98

220

178

486

Köslin

Pofen

"

Die Junker mögen sich noch so sehr sträuben, sie helfen uns nach Kräften, sie schaffen eine landwirthschaft­liche Reserve- Armee, sie ruiniren die Kleinbauern, sie ver­schlechtern die Lage der Landarbeiter.

tessel und Dampfmaschinen weit voraus ist; sie zählte in Der Groß Grundbesitz, dessen Obmacht so wie so 1890 nicht weniger als 11 571 Dampffefsel und 11 810 feststeht, führt nach und nach folgerichtig auch zum Groß­Dampfmaschinen dieser Art. Die Zahl der beweg betrieb. Die nothleidenden Landwirthe" in Ostelbien Wir aber wollen bei unserer Landagitation diese lichen Dampffefsel und Lokomobilen ist dagegen am wie in der Provinz Sachsen wirthschaften kapitalistisch höchsten in den Provinzen Sachsen und Schlesien . Es so gut wie irgend ein Baumwollen- Prinz oder Eisenlord. Thatsachen benutzen, wie es sich gebührt. leuchtet ein, daß die Provinz Schleswig- Holstein die meisten Sie führen deshalb die Maschinerie in die Landwirthschaft Schiffs- Dampffefsel und Maschinen besitzt. ein, sie pflegen die einträglichen landwirthschaftlichen Ge­

Feuilleton.

Nachdruck verboten.]

Bei Mama.

[ 16

Und wie hübsch er gekleidet ging! Eine kleine, niedliche, Lea. Ach, wer einmal solche Haare hätte! Dieses dumme, blaue Kravatte trug er, der nicht zu wiederstehen war. Ge- lichte Gefräusel, welches über der Stirn wie ein hoher wiß war er auch sehr lieb; er glich den Indianern" gar Hügel emporstand, und bei welchem kein Kamm half, nicht. Fanny begann ihren Briefwechsel zu vernachlässigen. sie würde niemals anständig aussehen mit diesem da. Sie war verliebt und befand sich den ganzen Tag auf Aus- Nicht umsonst hatte Alt Kari sie Struwelpeter genannt. guck nach William. Gottlob, im Nacken fing sich's zu glätten an; ihre Flechte Roman von Arne Garborg . Sie hatte viel freie Zeit. Mama bekam plöglich einen war schon ziemlich lang; vielleicht fam alles in Ordnung, Anfall von ihrer alten Krankheit und mußte sich ins Spital bis sie so alt war, wie Lea. Vielleicht erhielt sie auch Im Uebrigen dünkte es Fanny dort, wo sie nun legen; daher blieb Fanny volle drei Wochen so gut Lea's Gestalt. Es war angenehm, eine so hübsche Schwester wohnten, nicht sehr fein. Das Haus lag einsam und wie allein. Eine alte halbtaube Frau, die auf der anderen zu haben; man wußte dann, daß man auch hübsch würde. traurig in einer neuregulirten Gasse, die noch nicht ein- Seite des Thorweges wohnte, sorgte für ihr Essen; sie Uebrigens war Lea langweilig. Es war keine Spur mal gepflastert war; es fand sich viel Koth da und die hatte nichts anderes zu thun, als die Mahlzeiten innezu- von Jug mit ihr; sie war so erwachsen und still und ver­Straßenreinigung ließ zu wünschen übrig. Sie hatten ein zuhalten. nünftig, daß sie kaum den Mund zu einem Lächeln verzog.

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Bimmer mit Küche; alles war dunkel und eng. Und dann In jenen Tagen machte sie die Bekanntschaft einiger Aber Du", sagte sie nur, wenn Fanny mit ihr sprach; sie herrschte drin ein so eigener Geruch, alter Küchengeruch, Mädchen aus dem dritten Stock, die auch gern draußen fand sich natürlich zu gut, um nunmehr mit einem Schul­sagte Mama; Fanny glaubte nicht, daß sie jemals sich an waren, wenn William kam; sie hießen Ingeborg nnd Anna, mädchen zu reden. Möchte nur wissen, ob Lea auch denselben gewöhnen werde. Allein sie mußten dennoch sich Es waren zwei liebe Mädchen, und außerdem kannten sie je.... so einen Henboden gehabt? Ach, keine Idee; an ihn gewöhnen, weil es hier billig war. Und dann hatten William. Bald kannte ihn auch Fanny. William und die sie war gewiß nie anders als brav gewesen. Die fie es hier ungenirt und angenehm, hatten einen besonderen drei Kleinen wurden Spielkameraden und Fanny hörte ganz ganze Zeit über saß sie und sprach verständig über Eingang vom Thorweg aus. auf nach Kristiansborg zu schreiben.-- ernste Dinge mit Mama; sie sollte bei einer Familie in Die Anderen, die im Hause wohnten, waren einfache Diesen Herbst wurde Lea konfirmirt; nach der Kon- Drammen einen Platz bekommen, sagte sie, und aus diesem Leute, um die man sich nicht zu scheeren brauchte. Jedoch firmation besuchte sie Mama. Das war fürchterlich luftig; Anlaß ließ sie sich von Mama eine Menge erklären. Und im zweiten Stockwert) wohnte eine Frau Holter, welche denkt Euch, Lea war erwachsen und fast heirathsfähig. dann erzählte sie von Papa. Er befand sich nicht wohl, der besseren Gesellschaft angehörte; sie war übrigens Sie hatte Mamas Größe und begann schon Gestalt zu besagte sie, und war nicht immer vernünftig; allein sie wollte Lehrerin an einer städtischen Volksschule. Aber man sah kommen, und hübsch, wie sie war, würden sich gewiß bald ihn die ganze Zeit über entschuldigen. Im Grunde war er sie fast nie. Freier melden. Ein so schönes Mädchen hatte Fanny noch ja doch gut. Zur Konfirmation hatte er ihr ein hübsches Dagegegen fiel ihr Sohn Fonny auf; es war das ein niemals gesehen. Sie glich der italienischen Hirtin, welche Goldkreuz geschenkt, und ein solches sollte auch Fanny kriegen, zwölf bis dreizehnjähriger Knabe, welcher William hieß. beim Rechtsanwalt Lehmann daheim an der Wand hing, hatte er gesagt, Er war ungemein hübsch. So ein bleiches, feines Gesicht genau dieselbe blasse autfarbe und genau die gleichen, herzigen, Auch Tom hatte von Papa viele schöne Sachen be­braunen Augen. Auch das Haar war ähnlich, gelockt, dicht kommen, und er hatte denselben außerordentlich gerne; aber *) Das zweite Stockwerk ist die bel- étage von Kristiania und schwarz. Fanny hatte in der letzten Zeit sich selbst Tom setzte sich in den Kopf, daß er zur See wolle und das und nach unserem Sprachgebrauch das erste. hübsch zu finden begonnen; allein sie war garnichts gegen war Papa nicht recht. Ein einziges Mal hörte Fanny ihre

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