Feierabend
Feierabe
Nr. 1.
Enterhaltungsbeilage.
3m legten Augenblick.
Zwei Nächte hindurch hatte Maxim Jagusch vergeblich versucht, ein paar Stun den Schlaf zu finden. Die furchtbaren Schmerzen hielten ihn wach, seine brennen den Augen bohrten sich fiebernd in die Dunkelheit, er hörte jeden Schlag der Tür, zählte jede Viertelstunde. Wie grauenhaft lang, wie ewigkeitslang doch die Nächte sind, wenn man nicht schlafen fann", grübelte er. Seine Stirn war naß vor Schweiß, zusam
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Bon Ernst Ludvig Anger.
1931.
sorgt und unruhig. Was ist dir bloß?" standen haben, die weniger fräftig waven fragte sie, den Arm um seinen Hals legend, als du es bist. Man muß nur glauben. ist dir nicht wohl? Du bist ganz grau und dein Herz ist gesund und start!" im Gesicht." „ Ich kann mich noch nicht entscheiden. Er zwang sich ein Lächeln ab. Ach Verzeih aber ich muß es mir überlegen." nichts", erwiderte er mit nachlässiger Hand- Nicht zu lange, mein Freund nicht bewegung eine leichte Unpäßlichkeit es zu lange. Es geht wirklich, es geht unis wird vorübergehen."
Aber er wußte; es geht nicht vorüber
von allein nicht." Und deshalb nahm er
Leben!"
er mußte sich am Geländer festhalten, um Jagusch taumelte die Treppe herab
mengefrümmt lag er unter der Decke und auch nicht den gewohnten Weg zu feiner nicht zu fallen. Ich werde noch einen
preßte frampfhaft eine Ecke des Kopfkissens in den Mund, nur damit Gertrud nicht sein leises Wimmern hören, ihn bemitleiden oder gar verachten könnte. Sicher würde
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Arbeit, sondern ging statt dessen zu seinem Freund, dem Doktor Arhus , der Arzt und Chirurg war. Arhus war noch vor weni
gen Tagen bei Jagusch gewesen. Um so
sie ihn verachten- sie war so jung, so überraschter war er, jeht seinen Freund vor gesund, sirotzte vor Kraft. Und er nun eigentlich war er ein alter Mann mit seinen sich zu sehen, mit schlaffen, hängenden fünfzig Jahren. Heute wurde es ihm be- Wangen und fiebrig glänzenden Augen. wußt. Heute war er überzeugt davon, daß man sich niemals seine Jugend zurücker obern kann. Auch dann nicht, wenn man ein so junges Weib heiratete, wie Gertrud war.
Er untersuchte Jagusch sehr genau, machte plötzlich ein überaus ernsthaftes, bedenkliches Gesicht.
anderen Arzt aufsuchen", dachte er.„ Er kann Arbus war immer ein sich irren Schwarzseher."
Der andere wollte ihn gleich da behal
ten, in seiner Privatklinik. Er war heftig, allzu energisch. ,, Mann", brüllte er beinahe ,, und Sie laufen noch auf der Straße herum?" Jagusch, diese Art nicht gewöhnt, war ganz Ablehnung. Was ist's?" fragte er kurz. Mit dem Magen, nicht wahr?" „ Das auch- ja. Da hat sich ein Geschwür gebildet, das jeden Augenblick Vergiftung der Blutbahn." Der Arzt überstürzte sich fast mit seinen Worten.
„ Ist es so schlimmt?" fragte Magim und fühlte, wie seine Hände kalt wurden. In diesen Nächten aber, in diesen zer- Dr. Arhus zuckte verlegen mit den quälten, schlaflosen, schlimmen Nächten, Schultern. Vielleicht komme ich am Nachmittag wurde plößlich alles illusorisch, alles frag- Was fehlt mir?" bohrte der Kranke wieder", stammelte Jagusch. Ich muß noch würdig, Sein ganzes Leben und seine weiter. Der Arzt stammelte einen lateini- eine wichtige Angelegenheit ordnen." Liebe. Warum hatte Gertrud ihn genom- schen Namen, den Jagusch nur halb ver- Er schleppte sich nach Hause. Er wollte men? Warum hatte sie, als er sie um ihre stand, mit dem er feine Vorstellung zu versehen, wie seine Frau die Sache aufnahm Hand bat, so rasch, so freudig beinahe Ja" binden vermochte. gefagt? Aus Liebe? Damals hatte er es ,, Operation?" geglaubt und war glücklich gewesen in diesem Glauben. Aber jetzt
„ Ich würde es empfehlen Kann ein es dringend empfehlen!"
Mädchen einen Mann lieben, der fast dreiBig Jahre älter ist? Der reif ist, gesetzt, nüchtern allzu reif, allzu gesetzt für ein so sprühendes Temperament! Es fiel ihm plötzlich schwer, daran zu glauben.
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Und wenn nicht wenn sie ihn nicht liebte? Warum hatte sie ihn dann geheiratet? Nur aus Berechnung? Nun er wollte diesen Gedanken nicht zu Ende denfent. Er wollte seine Frau nicht durch der= artige Vermutungen beleidigen, nicht antnehmen, daß sein ganzes Leben, dieses ganze sogenannte Glück des letzten halben Jahr zehnts, auf einer einzigen großen Lüge auf gebaut sei.
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ich würde
viel würde er daraus ersehen. Manches erfahren, von dem, was ihn in diesen lezten schlimmen Nächten gequält und be= schäftigt hatte.
Ich bin nicht feige, aber ich habe eine Aber Gertrud war nicht zu Hause Abneigung gegen operative Eingriffe, wenn die Nachbarin bestellte einen Gruß und„ fie sie nicht wenn sie nicht unbedingt erfor- fei zu ihrer Mutter gefahren die angerufen derlich sind." hat. Sie ist nicht ganz wohl. Sie würde. gegen sechs Uhr zu Hause sein."
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Marim laß mich offen sein. Es ist dringend erforderlich. Es gibt keine andere Rettung. Und jeder Tag ist fostbar jede Stunde beinahe!
Sich mich nicht an", ächste er ,,, sich. mich nicht an. Und verachte mich nicht. Du weißt.. wir haben bei Langemark zusammen gelegen und bei Arras und in den Argonnen . Du fennst mich... ich bin nicht feige sonst. Aber jekt. hier habe ich Angst, so schreckliche Angst. Ich werd's nicht überleben."
Jagusch topfnidte furz. Wie seltsam das alles zusammentraf. Würde er bis sechs Uhr warten fönnen? Die Schmerzen begannen sich wieder zu melden, es gab Augenblice, wo sie unerträglich wurden.
Er aß nichts es wäre ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. irgend etwas in sich aufzunehmen. Ging in fein Zimmer und setzte sich stöhnend ar seinen Tisch.
Um vier Uhr ging er weg. Vorher schrieb er ein paar erklärende Worte auf einen Zettel, den er auf den Tisch niederlegte. Er bemühte sich, die Sache als harm
Am Morgen nach dieser zweiten Nacht mußte er sich am Waschtisch festhalten, um nicht hinzuschlagen. So schwach war er geworden. Seine Frau beobachtete ihn be- 1 ,, Es ist eine Operation, die viele über- los darzustellen- seine Frau sollte nicht