merken, wie angstvoll sein Herz flatterte in diesem Augenblick.

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schon in der Hand. Ein rascher Zugriff, ächzend sank der Arzt auf den Teppich, den ein breiter Blutfleck rötete.

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Grouard beklagte sich, in dem geräuschvollen Saal, den er mit achtzehn singenden, schwagen­den und sich streitenden Gefangener teilte, das Schriftstück nicht abfassen zu können, und ließ mich durch Boitel, der mir wiederholt kleine Gefälligkeiten erwiesen hatte, bitten, den beiden

Arhus sagte nicht viel. Ich habe dich erwartet", meinte er ernst und nüchtern. An der Tür stand Gertrud sie hatte Und wirklich war schon alles zu der Ope- die Hände ausgebreitet, als wollte sie ihm ration vorbereitet. Gine knappe halbe den Durchgang wehren. Nein er wollte Stunde später lag Jagusch ausgestreckt und sie nicht berühren, sich nicht an ihr ver- für ihre Schreibarbeit die Benutzung meiner angeschnallt auf dem Tisch der Arzt und die Schwestern hantierten mit ruhigen, sachlichen Bewegungen zwischen all den blinkenden, blizenden Geräten, den Mes­sern und Pinzetten.

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Arhus legte ihm das chloroformgetränkte Tuch auf den Mund. Langsam zählen" befahl er. Maxim gehorchte, obgleich der sätzliche Geruch ihm Uebelkeit erregte. Aber als er bis fünf gekommen war, fiel sein Blick durch die halboffene Tür ins Neben­zimmer, ihm war's, als sehe er Gertrud.

"

Also doch", dachte er, und Wut und Trauer erfüllten ihn ganz. Hier ist sie- hier. Und nicht bei ihrer Mutter. Sie hat mich belogen, sie hat..." Es ist ein Kont­plott, man will mich töten!"

Er wollte schreien Silfe

ein Mensch wird ermordet! Silfe! Sil Aber er befam feine Silbe über die Lippen. Mit dem letzten Aufwand von Kraft warf er den Kopf zur Seite, die Maske fiel zu Boden. Wie durch ein Wunder befam er Arme und Beine von der Verschnürung frei. Es gelang ihm aufzustehen. Arhus bielt das Messer, das blihende, tödliche Messer

greifen.

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Da war das Fenster- ein Griff ein Sprung, und er war im Garten. Ge­rettet", wollte er jauchzen, gerettet!" Aber da kamen wieder die Schmerzen, diese grauen­haften Schmerzen. Er wollte lausen, um auf die Straße, um aus dem Bereich dieses Hauses zu kommen. Statt dessen mußte er sich zusammenducken, niederkauern- unter irgendeinem Busch.

Er fühlte, wie er ohnmächtig wurde. Lange mußte er bewußtlos so gelegen haben. Endlich öffnete er langsam die Augen.

Es riecht so süßlich", flüsterte er vor sich hin, immer noch an den Busch denkend. Suchte ihn mit den Blicken. Aber was er fah, war das Gesicht des Arztes, seines Freundes Arhus. das ruhig und aufmerk sam über ihn gebeugt war. ,, Ja

das ist nun mal so beim Chlo­roform", sagte er.

und neben ihm, neben seinem Bett, faß Gertrud. Sie hielt seine Hand in der ibrent, streichelte fie liebevoll und lächelte unter Tränen. Ihre schönen großen Augen waren sanft und zärtlich.

3m Gefängnis.

Im Zeitalter der französischen Nevo-| ben entscheidend werden sollte. Ich traf sie auf lution erlebt Vidocq, ein ehemaliger Ga- dent Ball de la Montagne, und wir schlossen, leerensträfling, seinen Aufstieg zum Polizei wie das unter solchen Umständen nicht selten chef von Paris, un bald darauf wieder in die Tiefe gestürzt zu werden. Zweifellos gehört Vidocq zu den interessantesten Ber­sönlichkeiten jener Zeit, darüber hinaus aber bilden seine Erinnerungen ein histo- Eines Tages überraschte ich sie und fiel, risch bedeutsames Dokument aus einer gro- von einer mir noch heute unerklärlichen Wut Ben Geschichtsepoche. Diese Lebenserinne gepackt, über das Bärchen her. Francine fonnte rangen werden unter dem Titel Bomt sich noch aus dem Staube machen, aber der Lieb­Galeerensträfling zum Bolizei- haber blieb, ziemlich übel zugerichtet, auf dem che f" demnächst in Buchform( Preis: Blaze. Ich wurde erwischt, verhaftet und ins SM. 4.80, für Mitglieder Sonderpreis) er- Gefängnis gebracht. scheinen. Wir veröffentlichen heute aus

geschieht, bald Freundschaft. Francine behauptete fogar, mir treu su sein, was sie aber nicht hin­derte, hie und da einem Genieoffizier ihre Gunst zu schenken.

dem genannten Wert mit Genehmigung der Bücherkreis G. m. b. H.( Berlin

SW 61) die folgende Erzählung:

öfters Besuch von meinen ehemaligen Freun Während der Voruntersuchung bekam ich binnen. Francine, die davon hörte, wurde eifer­süchtig, gab ihrem Offizier den Laufpaß, zog In Lille machte ich die Bekanntschaft eines ihre Klage zurück und beschwor mich, sie zu alten Zigeuners, namens Christian, der auf die empfangen. Ich war schwach genug, nicht nein Dörfer zog, das Bich furierte, den bösen zu sagen. Die Richter schlossen daraus, daß ich, Blick" abwandte, Liebestropfen verkaufte und im Einverständnis mit Francine, den Offizier stahl, wo sich eine Gelegenheit dazu bot. Ein in einen Hinterhalt gelodt hatte, und die Folge paar Tage leistete ich ihm Gesellschaft auf seiner war, daß ich zu drei Monaten Gefängnis ver­Wanderung von Ort zu Ort, verbrachte auch urteilt wurde. einen Abend im Kreise der Zigeunerhorde, deren Man brachte mich in den Petersturm, wo Anführer er war, aber auf die Dauer konnte man mir eine Einzelzelle, genannt Ochsenauge, mir ein solches Gewerbe, das gefährlich und, anwies. Francine leistete mir Gesellschaft, soost wenigstens fit mich, der ich ja nur Helfers- sie konnte, und den Rest der Zeit verbrachte ich dienste zu leisten hatte, wenig einträglich war, mit den anderen Gefangenen. Unter ihnen be­nicht gefallen. Ich ließ also Christian allein fanden sich zwei ehemalige Feldwebel, Grouard ziehen und suchte in Lille andere Möglichkeiten, mein Leben zu fristen. Bei einer Fechikonkur­renz gewann ich den ersten Preis, etwa drei hundert Franken, eine Summe, mit der ich mich eine Zeitlang über Wasser halten fonnte.

Aber das Bewußtsein, wieder über einige Mittel zu verfügen, machte mich so übermütig, daß ich, statt mich der gebotenen Sparsamkeit zu befleißigen, die öffentlichen Bälle zu besuchen begann. Bei der Gelegenheit machte ich Fran­eines Bekanntschaft, die für mein ganzes Le­

und Herbaux, beide wegen Fälschung verurteilt, und ein Gärtner, namens Boitel, der wegen Korndiebstahl sechs Jahre zu verbüßen hatte. Boitel war der Gegenstand allgemeinen Mit­leids. Er verstand es, alle Gemüter mit seinem unablässigen Jammern zu rühren und beson ders die Not der ihres Ernährers beraubten Kinder so herzzerreißend zu schildern, daß Gouard und Herbaux sich bereit fanden, gemein­sam ein Gnadengesuch für ihn aufzusehen. Wenigstens waren das ihre Worte.

Zelle zu gestatten. Das tat ich, wenn auch widerstrebend. Am nächsten Tage richteten sie sich häuslich bei mir ein, und auch der Kerter­meister erschien zuweilen, um an ihren heim­lichen Beratungen teilzunehmen. Ich saß indessen, nichts Böses denkend, in der Kantine und plauderte mit den Besuchern und Be­sucherinnen, die täglich nach mir fragten.

Nach acht Tagen hieß es, das Schriftstück sei fertig und abgesandt, und man habe Hoff­nung, daß die Gnade bewilligt werden würde. Achtundvierzig Stunden nach seiner angeblichen Absendung erschienen zwei Brüder von Boitel und speisten mit ihm ami Tisch des Nerker­meisters. Kaum waren sie fertig, überbrachte ein Bote einen dicken Brief, den er dem Kerker­meister gab. Dieser öffnete ihn, warf einen Blick darauf und schrie in höchster Erregung: ,, Eine gute Nachricht! Boitel ist frei!"

Alle Anwesenden wollten das Defret lejen und Boitel beglückwünschen. Aber er bestand darauf, das Gefängnis sofort zu verlassen. Seine Sachen hatte er schon am Tage vorher wegbringen laffen.

Am nächsten Vormittag fam der Gefäng nisinspektor zur Kontrolle. Der Kerfermeister zeigte ihm Boitels Entlassungsschein. Der Inspektor hielt ihn für gefälscht und gab Be­fehl, Boitel bis nach erfolgter Prüfung in Haft zu lassen. Zu seinem Erstaunen war aber der Vogel schon ausgeflogen. Daraufhin wurde der Rerfermeister zunächst seines Amtes enthoben.

Mir wurde, als ich das alles hörte, schwül zu Mute, denn ich ahnie, daß ich irgend wie in die Sache verwickelt werden würde. Deshalb bat ich Grouard und Herbaug, mir die reine Wahrheit zu sagen. Sie schworen mir bei ellen Heiligen, daß sie nur das Gnadengesuch geschrie­ben hätten und über seinen schnellen Erfolg selbst überrascht seien. Ich glaubte ihnen zwar ein Wort, konnte aber, da ich keine Beweise hatte, nichts tun als abwarten.

Am nächsten Tage wurde ich in die Kanzlei gerufen, wo ich, der Wahrheit gemäß, aussagte, daß ich mit der Sache nichts zu tun enger tonte, und den beiden, wie auch der Sterkermeister be­nur meine Zelle überlassen hätte, weil sie im Saal nicht genug Ruhe zur Abfassung des Gnadengefuchs gefunden

hätten.

Die Wahrheit wurde nicht geglaubt. Boitel, der, bald darauf, in seinem Heimatsorte fest­genommen wurde, erklärte vor Gericht, daß Grouard, Herbaug und Vidocq ihm zur Freiheit verholfen hätten. Nach diesem Geständnis wur

den wir erneut vernommen. Ich blieb bei meiner ersten Aussage, aber ich konnte nicht verhindern, daß ich nach Ablauf meiner drei Monate nicht entlassen, sondern wegen Mit­hilfe bei der Fälschung einer öffentlichen Ur­hilfe bei der Fälschung einer öffentlichen Ur­tunde unter Anklage gestellt wurde.

Biel zu teuer.

Wir bedauern", beginnt das gedruckte Kärtchen, das uns eine junge Kabarettkünst lerin übermittelt ,, wir bedauern, von Ihrem Offerte keinen Gebrauch machen zu können, da dieselbe für unser einfaches Volks­kabarett viel zu teuer ist. Wir überlassen es Ihnen, uns neue, billigere Offerte zu machen. Hochachtungsvoll die Direktion Kasinotheater, Freiburg im Breisgau."