Die preußische Polizei und das Versammlungsrecht.
Sonnabend, 22. Mai 1897.
wie vor die Wirkung, daß den Sozialdemokraten die Gelegenheit, Berlinischen Rathhauses, beschäftigt einem hiesigen Blatte zufolge sich zu versammeln, unmittelbar wenigstens theilweise und mittelbar von neuem die städtischen Kreise, nachdem eine ältere Offerte zum völlig abgeschnitten ist. Denn nichts als die Furcht, gemaßregelt zu werden, bestimmt in den meisten Fällen die Wirthe der Umgegend Berlins , der Arbeiterschaft ihre Räumlichkeiten zu verweigern.
ein
Kommunales.
Ankauf von Grundstücken erneut an die Stadtverordneten - Bersammlung und den Magistrat herangetreten ist. Es handelt sich um die Erwerbung der Grundstücke Stralauerstr. 48-57, Kleine Stralauerstraße 1-14, Erbauung eines städtischen Verwaltungsgebäudes, Verlängerung der Klosterstraße bis zur Spree, Beseitigung der Kleinen Stralauerstraße, Anlegung einer Uferstraße von der Waisenbrücke bis zum Mühlendamm in der Richtung der Poststraße. Der 13 694 Quadratmeter umfassende Grundstückstomgler soll netto 4 647 000. toften. Die Bau- und Anlagekosten kämen hinzu.
Lokales.
An alle Frauen und Mädchen Berlins ergeht hiermit die Mittheilung, daß am Dienstag, den 25. Mai, abends 8 Uhr, in der Brauerei von Lips( Friedrichshain ) eine Wolksversammlung stattfindet, in der gegen das Vereinstuebelgesez Protest erhoben werden soll. Das Referat hält Frau 3ettin Stuttgart . Die Vertrauensperson.
"
"
Wir
Die Rechtskundigkeit der Polizei- Organe wird durch folgenden Fall wieder einmal eigenthümlich beleuchtet. Im Saale der Schloß= brauerei in Schöneberg fand am 10. März 1896 eine Bolts. versammlung statt, die unser Parteigenosse Meiling einberufen hatte, damit zu den damals bevorstehenden Gemeindevertreter- Wahlen Der Siebenstundentag. Wie bekannt, beschäftigte sich eine geStellung genommen werden könne. Obwohl nun dem Pächter des mischte Deputation mit den Anstellungsverhältnissen der städtischen Restaurants die Polizeistunde auf 1 Uhr nachts festgefeht worden Beamten, wobei deren Beschäftigungszeit zur Sprache gebracht war, wurde die Versammlung vom Ueberwachenden um wurde. Dieselbe beträgt gegenwärtig fieben Stunden; in der ge10 Uhr aufgelöst, ohne daß irgend etwas Polizeiwidriges" nannten Deputation ist aber in Anregung gebracht worden, ob es vorgefallen wäre. Gegenüber der Beschwerde Meilings berief sich nicht angemessen sei, den Achtstundentag einzuführen und die Arbeitsdie Behörde auf die Verfügung des Amtsvorstehers vom zeit von 8 Uhr morgens bis nachmittags 4 Uhr zu bemessen. Der 7. März 1896, worin dem Lokalinhaber mitgetheilt worden ist, daß Magistrat ließ eingehende Ermittelungen nach dieser Richtung aner allerdings bis 1 Uhr Gäste bei sich dulden dürfe; öffentlich e stellen und nach gründlichen Berathungen tam er zu der Ueber: Versammlungen und Tanzluftbarkeiten seien aber durch den zeugung, daß dies unthunlich sei, und das Magistratskollegium hat zweiten Theil der Verfügung von dieser Vergünstigung aus daher heute beschlossen, es bei der bisherigen siebenstündigen Arbeitsgeschlossen. Hierfür soll die Polizeistunde im Winter um zeit zu belassen. Die städtischen Arbeiter wären vorab mit dem 10 Uhr, im Sommer um 11 Uhr beginnen. Landrath und Achtstundentag schon sehr zufrieden! Regierungspräsident erklärten dieses Verfahren für ge= Die von der städtischen Schuldeputation vorgeschlagene Die Frage der Sonntagsruhe im Droschkenfuhr- Gewerbe, rechtfertigt und wiesen die Beschwerde des Genossen Meiling zu anderweite Regelung der Besoldungen des Lehrpersonals an den die kürzlich eine Versammlung der in betracht kommenden Kutscher rück, der auf das entschiedenste gegen jene Beschränkung des Vereins- und hiesigen Gemeindeschulen nach Maßgabe des neuen Lehrerbesoldungsbeschäftigt hat, wird jezt auch in einigen bürgerlichen Blättern erVersammlungsrechtes protestirt hatte. Meiling ließ darauf durch den Gesezes hat der Magistrat bekanntlich einer Subkommission aus örtert. Die National Beitung" findet sich in dieser AnRechtsanwalt Dr. Herzfeld beim Ober Vewaltungs- feiner Mitte unter Vorsitz des Bürgermeisters Kirschner zur Vor- gelegenheit mit einer Gemeinheit ab, von der wir zur Ehre des gericht die Klage anbringen. Der beklagte Regierungsprüfung übertragen, welche in der gestrigen Sitzung Bericht erstattet Blattes annehmen, daß sie nur irrthümlich in seine Spalten gerathen präsident in Potsdam machte zu seiner Vertheidigung hat. Die Vorschläge der Schuldeputation gingen, wie bereits mit ist und ursprünglich für die von Großindustriellen unterhaltene geltend, daß nach der Ober- Präsidialverordnung vom 14. Juni getheilt, dahin, das Höchstgehalt der Rektoren, der Lehrer und Arbeiter Zeitung " des gleichen Verlags beſtimmt war. 1892 den Polizeibehörden das Recht zustände, ausnahmsweise Lehrerinnen um je 200 M. zu erhöhen. Die Mehrheit der Sub- hängen die Leistung, durch die der Referent der erwähnten Verfür einzelne Fälle und einzelne Lokale eine spätere fommission glaubte mit Rücksicht darauf, daß diese Regulirung einen fammlung, unser Genosse Liebknecht , beschimpft werden soll, als die gewöhnliche Polizeistunde zu gewähren. Der Schöne Mehraufwand von 100 000-120 000 Mart jährlich erfordern hiermit tiefer: Er( Liebknecht) hat sich seine Kenntnisse auf diesent berger Amtsvorsteher habe nur von diesem Rechte Gebrauch würde, den Vorschlägen nicht zustimmen zu können, wenn Gebiete zweifellos bei den Droschkenfahrten angeeignet, die zu machen gemacht, wenn er die Vergünstigung nicht auf öffentliche Vergleich Theil dieses Mehraufwandes dadurch wieder ihm die hohen Bezüge gestatteten, ohne welche er, seiner Erklärung fammlungen ausdehnte. In der gestrigen mündlichen Ver- eingebracht werden sollte, daß die noch nicht vier auf den Arbeiter- Kongressen nach, nicht auszufommen vermag." handlung vor dem ersten Senat des Gerichts führte Rechtsanwalt Jahre im Amte befindlichen Lehrer den Bestimmungen des Gesetzes Rücksichten auf den öffentlichen Anstand verbieten es, auf diese Herzfeld unter anderem aus: Die fragliche Beschränkung des Ver entsprechend einen Abzug von dem normalmäßigen Gehalte erleiden Erbärmlichkeit nach Gebühr zu antworten; sie richtet sich selbst, sammlungsrechts sei total verfehlt, sie werde durch nichts gerecht sollten. Der Magistrat hat in seiner geftrigen Sitzung die Beindem wir sie der Berachtung aller gesitteten Menschen preisgeben. fertigt. Das Recht, sich zu versammeln, werde den Bürgern durch schlüsse seiner Subkommission sich zu eigen gemacht derart, daß die Ein anderes, gleichfalls durchaus sozialistenfeindliches Blatt, die den Artikel 29 der Verfassung gewährleistet. Und der Artikel 30 hiesigen Gehaltsverhältnisse in die Bestimmungen des neuen Lehrer= Berliner Zeitung ", hat wesentlich andere Ansichten von laffe nur eine Beschränkung durch Geseze welche die Ausübung des besoldungs - Gesezes lediglich eingepaßt werden sollen. Es muß Austand und meint in einer sachlichen Betrachtung troß seiner Bersammlungsrechts regeln, zu. Eine Verordnung, die die daher fortan eine Dreitheilung der Gehaltsbezüge erfolgen und Gegnerschaft gegen die wohl unerläßlichen Zwangsmaßregeln": Polizeistunde regele, könne also gar nicht für die Beschränkung zwar a) in Grundgehalt, b) in Alterszulage, c) in Mieths- Die Kutscher sind im großen und ganzen mit der Idee einer benutzt werden und ihre Anwendung zu diesem Zwecke sei ver- entschädigung, und hat man für die Lehrer 1000 m. als Grund- Sonntagsruhe an zwei Tagen im Monat wohl einverstanden. Wie faffungswidrig. Aber auch wenn die Verfügung des Amtsvorstehers gehalt, 600 m. als Miethsentschädigung, und für die Rektoren 2000 m. wir erfuhren, verzichtet man gerne auf den petuniären Vortheil und vom 7. März 1896 zuläffig wäre was bestritten werde, felbft als Grundgehalt und 800 M. als Miethsentschädigung festgesetzt. Den nimmt lieber dafür die freien Stunden, an denen man auch mal dann hätte die Versammlung nicht aufgelöst werden dürfen; Rektoren soll nach den jezigen Bestimmungen eine Alterszulage mit Muttern und den Kindern ins Grüne fahren kann, frei von höchstens hätte die Einstellung des Schantbetriebes erzwungen nicht wie bisher von ihrer Anciennetät als Rektoren, sondern von Sorge und Arbeit." werden können. Das verfassungsmäßig gewährleistete Versammlungs- der Anstellung als Lehrer bewilligt werden. Es ist daher die Er- Sachliche Erörterungen der angeregten Frage dürften wohl recht stehe viel höher, wie eine die Polizeistunde betreffende Be- höhung der Gehälter für Rektoren im Höchstbetrage von 5000 m. schließlich zu einer Klärung und zu einer Regelung führen, bei der stimmung. Im übrigen müsse jene Ausnahme, soweit sie die öffent auf 5200 m. ebenso wie bei den Lehrern von 3800 m. auf 4000. weder Kutscher noch Publikum wesentlich zu kurz kommen. lichen Versammlungen angebe, als willtürlich angesehen werden, abgelehnt worden. Dagegen soll entgegen den Vorschlägen der denn es liege nicht einmal der Schein eines rechtlichen Grundes für Schuldeputation den Rektoren auch fernerhin der Bezug von Brenn Die berühmte Kirche mit der weggemeißelten KameelZur Ausschmückung der fie vor. Für den Amtsvorsteher habe es sich augen material oder eine Baarentschädigung von 90 M. gewährt werden, inschrift ist noch lange nicht fertig. fcheinlich lediglich um eine Beschneidung des Ber- und denjenigen, welche nach der bisherigen Gehaltsordnung bereits Wände 2c. soll noch die Kleinigkeit von anderthalb Mil. sammlungsrechtes gehandelt! höhere Bezüge erhalten, auch im Falle einer Option für die neue lionen Mart aufzubringen sein. Ein derartiger Luxus erscheint Der Senat hielt die Klage für begründet und Gehaltsordnung dieselben belassen werden. Den Lehrerinnen wird selbst der Prot. Vereins- Korrespondenz" anstößig. Das Blatt wagt hob die Bescheide der Verwaltungsorgane und dagegen auf einstimmigen Beschluß der Subkommission das Meist die um den Hofmann von Mirbach gruppirten Herrschaften daran die darin aufrechterhaltene Auflösungs- Ver- gehalt von 2200 W. auf 2400 W. erhöht, das einen Baaraufwand zu erinnern, daß u. a. auf sozialem Gebiet in Hebung der fügung auf. Präsident Persius führte aus: Die in der Ver- von zirka 25 000 M. erfordert. Massenarmuth noch mancherlei zu leisten sei und meint dann: Anfügung vom 7. März 1896 enthaltene einseitige Beschränkung der Polizeistunde für öffentliche Versammlungen sei verordneten- Versammlung einstimmig beschlossen, dem Stadt- Baurath Streise, die überhaupt reichlicher zu geben vermögen, für ein einziges mit In ihrer geheimen Sitzung am Donnerstag hat die Stadt gesichts dieser nothwendigsten Aufgaben ist es ein offenbares Unrecht an der evangelischen Kirche, die Wohlthätigkeit der gefeylich unzulässig. Sie stehe in Widerspruch a. D. Geh. Baurath Dr. Hobrecht mit Rücksicht auf seine großen übertriebenem, ja unevangelischem und unprotestantischem Luxus damit, daß die Polizei nur dann gegen Versammlungen ein Verdienste um die Stadtgemeinde das Prädikat Stadtältester" zu schreiten dürfe, wenn durch diese Intereffen gefährdet würden, verleihen und den Magistrat zu ersuchen, diesem Beschlusse bei aufgeführtes Gotteshaus völlig in Anspruch zu nehmen. die auf dem Gebiete des Bersammlungsrecht 3 dem zutreten. Ferner genehmigte die Versammlung, daß dem Markt- Existenz dieser Gedächtnißkirche auch in der kostbarsten Form wird Schuße der Polizei anvertraut seien. Im allgemeinen feien ballen Direktor Sautwit die Pensionsberechtigung verliehen werde. darüber kann wohl kein Zweifel fein sicherlich feine ErBersammlungen nur nach Maßgabe des Vereinsgesetzes von 1850 Schließlich wählte die Versammlung den Ober- Turnwart Dr. Ludlow neuerung evangelisch- protestantischen Lebens und überhaupt religiöfer zu behandeln. In diesem Gesez finde aber jene Beschränkung zum Bürgerdeputirten in die Deputation für das städtische Turn- Besinnung heraufführen, wohl aber kann sie, wenn so mit den feine Stüße. Indeffen könnten die Theilnehmer einer öffentlichen und Badewesen. Gelde weitergewirthschaftet wird, vielen ein Stein des An Bersammlung aus dem Versammlungslotal polizeilich entfernt werden, stoßes werden und an ihrem Theile zur weiteren Entfrem. wenn die für dies Lokal festgesezte Polizeistunde eintrete; sie seien nächsten Montag die Subkommission der städtischen Straßen- uns die Mahnung des Blattes an die Patentfrommen, sich von einem Auf Beschluß des Magistratskollegiums begiebt sich vom dung vom firchlichen Leben beitragen. Ziemlich vergeblich erscheint dann wie jeder andere Gast zu behandeln. Andererseits ergebe sich reinigungs- Deputation, die Stadträthe Bohm, Mielenz, Wege abzuwenden, der sie auch der letzten Spur von Fühlung mit hieraus, daß öffentliche Versammlungen als solche die Stadtverordneten Häsecke, Schan, Frick, sowie der Direttor der weiteren Volksschichten entfremden müßte, wenn solche Spur über einer bestimmten Polizeistunde nicht unterworfen werden dürfen. städtischen Straßenreinigung, Schlosky, und Baumeister Grohn nach haupt noch vorhanden wäre. Wir sehen gelaffen den Schauspiel Anders verhalte es sich natürlich mit Tanzluftbarkeiten. Thatsächlich ist durch dies Urtheil wohl nicht allzuviel gebessert. Budapest , um das daselbst von dem Unternehmer Gféry eingeführte Ver- zu, daß die Orthodoxie über den Stein des Aufstoßes stolpert, vor Die Kämpfer gegen die Mächte des Umsturzes brauchen fort- fahren der Müllbeseitigung zu besichtigen. Das Verfahren soll eine dem die Wortführerin der angeblich freieren Richtung warnt. an den Wirthen, die es wagen, ihr Lokal zu sozial beffere und lohnende Ausnutzung des Mülles gestatten. Der edle Stöcker war auf der gestrigen Kreissynode Berlindemokratischen Versammlungen herzugeben, nur die Polizei Kölln- Stadt leider in der peinlichen Lage, sich durch Anwendung stunde im allgemeinen zu beschränken. Dies hat dann nach seiner ganzen dialektischen Knifflichkeit aus der Affäre ziehen zn
-
„ Patriotische Poelie".
( Aus der„ Hessischen Landeszeitung".)
In der letzten Nummer unseres Boten aus Oberhessen " veröffentlichten wir die folgende Adresse aus der Zeit, als Napoleon Breußen unterworfen hatte und als dessen Bruder Jérôme zum König von Westfalen gemacht worden war( 1808):
Frohe Empfindungen ben
der beglückenden Ankunft Ihrer Königlichen Majestät Friderica Catharina Sophia Dorothea Regierenden Königin von Weftphalen, Geborenen Königlichen Prinzessin von Württemberg , in
tiefster Unterthänigkeit gewidmet
von
einigen Bürgerstöchtern Marburgs . Marburg .
Sey uns gegrüßt, o KÖNIGIN ! nimm Liebe, Nimm Huldigung von Marburgs Töchtern hin Nimm unseren Gruß, ihn beut ein treuer Sinn, Fürs Vaterland befeelet ihn die Liebe. Wer wär' es auch, der hier zurück wohl bliebe, Verschmähend dieses heil'gen Tags Gewinn, Wo Dich zu sehn, erbab'ne KÖNIGIN, Ein jedes Herz erfüllt mit heißem Triebe? Von allen Jungfrau'n sind wir heut beneidet, Die von dem Feste die Entfernung scheidet. Wie Kinder oft nach ihrer Mutter fragen,
-
So zogen wir nach DIR Erkund'gung ein Wie oft nicht täuschet der Gerüchte Schein, Wenn sie des Herzens heißem Wunsch behagen? Fast möchten, Lang Ersehnte! wir es wagen Von unsrer Ungeduld die lange Pein,- Wie lang schon unf're Sehnsucht harret Dein- Zu Deinen Füßen, KÖNIGIN! zu flagen, Wenn dieser Tag, so reich an Lust und Freuden, Uns noch gedenten ließ vergang'ner Leiden.
D Baterland! erhört ist nun dein Flehen, Dein König tritt in seine Herrschaft ein; Uns allen ist dein Jubel heut gemein;
Da wir die KÖNIGIN in uns'rer Mitte sehen. Wir dürfen uns're Liebe ihr gestehen.
Und wünschen was der Himmel tann verleih'n
Für ihres Stammes Segen und Gedeih'n,
Des Königlichen Hauses Wohlergehen!
Es blühe lang! o Zukunft voll Entzücken!
Es blühe ewig, glücklich im Beglücken!
Ein großes Rathhausbau- Projekt, verbunden mit dem Plane großer Umgestaltungen und Freilegungen in der Nachbarschaft des
"
Die
Es ist natürlich, daß solche historischen Erinnerungen heute recht und geruhen dieselben dieses( Ueberreichung) als ein Erinnerungsunangenehm wirken, aber sie sind aus erzieherischen Gründen gar zeichen an den heutigen Tag huldvoll anzunehmen." nothwendig. Niemals hat sich ein ekelhafter, henchlerischer Byzantie Tas von Fräulein Brög überreichte Gedicht aber liegt uns in nismus so breit gemacht, wie gerade in unseren Tagen, und da lohnt einem bei Joh. Aug. Koch gedruckten Festblatt vor und hat folgenden es sich wohl, unsere Nationalen" zu erinnern, wie sie einst einen Wortlaut: wälschen Usurpator, einen gekrönten Narren und fiechen Schwächling
"
in ersterbender Huldigung patriotisch gefeiert haben.
Aber jene Adresse hat nicht nur einen sittengeschichtlichen Werth, ist nicht nur ein belehrsamer Beitrag zur Naturgeschichte des Patriotismus", sondern sie hat auch eine höchft merkwürdige, bisher unbekannt gebliebene Geschichte, die hier zum ersten Mal aktenmäßig dargestellt werden foll.
Einem Leser unseres Blattes kam die mitgetheilte Adresse außerordentlich bekannt vor. Er tramte in seinen Papieren und fandte uns das Dokument, das wir vor uns halten, indem wir diese Zeilen schreiben. Es war im Jahre 1867. Die Franzosenzeit war längst vergessen. Kurhessen war wieder seinem angeftammten Fürstenhaus zurückgegeben worden, und dann Am preußisch geworden. 15. August 1867 hielt der neue Landesherr seinen Einzug in Marburg , und wieder wallte in Vers und Prosa die patriotische Begeisterung hoch auf.
-
In der Oberhessischen Zeitung"- damals in Dstar Ehrhardt's Verlag erscheinend wurde in der Nummer vom 16. Auguft die Feierlichkeit wie folgt geschildert:
Seiner Majestät Inferem Allergnädigsten König am 15. August 1867
von
in allertieffter Ehrfurcht überreicht. Sei uns gegrüßt, o KÖNIG ! nimm die Liebe, Nimm Huldigung von Marburgs Töchtern hin, Nimm unsern Gruß, ihn beut ein treuer Sinn, Fürs Baterland beseelet ihn die Liebe. Wer wär' es auch, der hier zurück wohl bliebe, Wer wollte dieses Tages Glück verschmäh'n: Erhabner KÖNIG WILHELM, Dich zu seh'n- Was jedes Herz erfüllt mit heißem Triebe? Von allen Jungfrau'n sind wir heut beneidet, Die von dem Feste die Entfernung scheidet. Wie Kinder oft nach ihrem Vater fragen,
So zogen wir nach Dir Erkund'gung ein, Wie oft nicht täuschet der Gerüchte Schein, Wenn sie des Herzens heißem Wunsch behagen! Fast möchten, lang Erfehnter! wir es wagen Von unsrer Ungeduld die lange Bein, Wie lang schon uns're Sehnsucht harret Dein Zu Deinen Füßen, hoher Fürst, au flagen, Wenn dieser Tag, so reich an Lust und Freuden, Uns noch gedenken ließ vergang'ner Leiden. D Baterstadt! erhört ist nun dein Flehen, Dein König tritt in deine Nähe ein; Uns allen großer Jubel ist gemein; Da wir, o KUNIG, Dich in uns'rer Mitte sehen. Wir dürfen uns're Liebe Dir gestehen.
-
Heute Nachmittag turz nach 2 Uhr trafen Se. Majestät der König mit einem festlich geschmückten Bahnzuge, deffen Salonwagen eine große Blumentrone trug, am Bahnhofe ein, woselbst ihn eine ungemein große, dichtgedrängte, auf dem Perron, auf Waggons, ja auf dem Dache des Bahnhofsgebäudes vertheilte Menschenmenge erwartete und mit lebhaften Hochs begrüßte. Die Behörden der Stadt und eine Anzahl weißgekleideter Jungfrauen waren zum Empfange Sr. Majestät versammelt. Nachdem der König aus gestiegen war, begrüßte ihn Fräulein Auguste Fald mit einer Anrede und übergab auf weißseidenem Kiffen ein Gedicht, welches Se. Majestät dem Generaladjutanten übergab. Frl. Brög einen Lorbeerkranz. Hiernach fand die Vorstellung der Mitglieder der Universität, denen die Versicherung ertheilt wurde, daß die Hebung der Universität ernstlich beabsichtigt werde, der Regierung, der Geistlichkeit( welcher die Bewahrung der Eigenthümlichkeiten der hessischen Kirche zugesichert wurde) und der Stadtbehörde statt 11. f. w. Der Zeitungsbericht ist, wie wir handschriftlichen Aufzeichnungen entnehmen, nicht forrett. Es war Frl. Auguste Falck, die einen filbernen Lorbeerkranz auf weißem Sammettiffen mit schwarzen Punkten überreichte, während Fräulein Elise Brög das Gedicht auf weißem Atlas gedruckt überreichte. Die Mit wachsender Verblüffung wird man dieses Huldigungsgedicht Ansprache von Fräulein Fald ift handschriftlich aufbewahrt lesen ist es doch nichts als die Abschrift jenes Boems, das einst und lautet kurz: Majestät, es ist uns der ehrenvolle Auftrag ge- Marburgs Jungfrauen in treuem Sinn" der Gattin des wälschen worden, ein herzliches Willkommen Eurer Majestät zurufen zu Königs Lustik widmeten. Dieselben Hochgefühle beseelten die dürfen. Bleiben Ew. Majestät uns in Huld und Gnade gewogen Enkelinnen dem Könige Wilhelm gegenüber, die ihre Großmätter an
-
Und wünschen was der Himmel kann verleih'n Für Deines Stammes Segen und Gedeih'n, Des föniglichen Hauses Wohlergehen! Es blühe lang Es blühe ewig, glüdlich im Beglücken! o Zukunft voll Entzücken!
"