Die Freiheit

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der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Jahrgang 1

Berlin, den 15. November 1918

An die Partei!

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Mit Freude und Stolz spredjen wir zu Euch!

le Das scheinbar gegen alle Stürme sest verankerte Ge bäude des preußisch- deutschen Militarismus ist zusammen. ogebrochen.

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Die Kronen der deutschen Fürstenhäuser, die Krone des deutschen Kaisertums; sind wie Glas zerschellt. Berheißungsvoll tritt an die Stelle der Monarchie die fozialistische Republik.

Das revolutionäre Volk hat furzen Prozeß gemacht mit den Trägern der alten Regierungsgewalt, den Generalen und Bureaukraten. Es hat die Macht der Offi­ziere in der Armee, die Herrschaft der Junkerkafte in der Berwaltung, die Herrschaft des kapitalistischen Klüngels im öffentlichen Leben gebrochen und die Regierungsgewalt an fich geriffen.

Die Träger dieser Gewalt sind heute die Arbeiter- und

Coldatenräte.

In derselben Stunde, in der die Manern der alten Berwaltung zertrümmert sind, ist der Grund gelegt für den gewaltigen Bau der neuen sozialistischen Ordnung. Jett gilt es, mit dem Aufgebot aller schöpferischen Kräfte den Frieden zu sichern, die revolutionären Errungenschaften zu befestigen, um mit der politischen auch die ökonomische Be­freiung der Arbeiterklasse zu vollenden.

Nummer 1

Es lebe die Freiheit!

Mie ein felett, das nach langen Jahren der Ruhe aus der Gruft gehoben wird, ist das alte System zusammen­follte. Eine Regierung, die mit Nachdruck an die Verwirk- gebrochen. Es bedurfte faum eines Stoßes. Ein Lufthauch lichung der sozialistischen Grundsätze herantritt.

genügte.

Dafür war aber eine Gewähr nur gegeben, wenn Der stolzeste Militärstaat erlebte eine Ratastrophe, die in unsere Partei entscheidenden Einfluß auf die Regierung der Weltgeschichte beispiellos ist. Wo das rote Ban­bekam, deshalb verlangten wir, das neue politische Kabinett ner der Proletarier im Arbeiterkleid und im Soidatenrock müsse ein rein sozialistisches sein, in dem beide sozial. fich nur von weitem zeigte, ftreďten alle die Mächte be demokratischen Parteien zu gleichen Teilen mit gleichen dingungslos die Waffen, die sich rühmten, die festesten und bewährtesten Stüßen des Deutschen Reichs und seiner Bundesstaaten zu sein.

Rechten vertreten sind.

Boran der Militarismus. Die, die das Bestehende

Dicfe Regierung, konnte die Gewalt nur aus den Händen der Arbeiter und Soldatenräte empfangen. Die hüten und schützen sollten, die die ultima ratio, den letzten Regierung wurde deshalb auch erst in dem Augenblid und stärksten Beweisgrund für die Daseinsberechtigung des Fonstitutiert, als die erste Vollversammlung des Berliner Bobenzollernftaates bilden sollten, schlugen sich zu seinen Arbeiter. und Coldatenrats die Bildung eines provisori. Gegnern. Statt, wie es Wilhelm II. mit frevelndem fchen Kabinetts in dieser Zusammensetung billigte. Munde verlangt hatte, auf Bater und Mutter zu schießen, Durchdrungen von dem festen Glauben an die Durch. taten die Soldaten, was die fittliche Pflicht ihnen gebot: fie führbarkeit unseres Endziels, gehen wir an die schwere schatten sich um das Banner des Volfes. Arbeit der Beseitigung beisibel und des Ariend Gnaden, der allein Herr je.n wollte in feinem Lande, Denn die Monarchie felbft Der Bailey or atte elends, an den Wiederaufbau der zerstörten Volkswirtschaft, wandte sich mit den Seinen zu unrühmlicher Flucht, nach­an die durchgreisende Umgestaltung aller Gebiete unseres dem er das Sinnlose des Bersuchs erkannt hatte, das Seer öffentlichen Lebens, an die Ausmerzung aller Macht zu einem Schutzwall seiner geheiligten Person zu machen. positionen der bisher herrschenden, besitzenden Minderheit. Und nicht minder kapitulierten die Bureaukratie und

Der Sieg ist teuer erkauft durch die gewaltigen Blut­opfer, die mehr als vier Jahre lang dem greulichen Gözen des Imperialismus dargebracht werden mußten. Aber zum Schluß war er leicht. Die vier Jahre, die dem alten Deutsch. land zum höchsten Triumph verhelfen sollten, hatten aufs wirksamste seinen Zusammenbruch vorbereitet.

Wirksam kann dieses nur geschehen, wenn die Arbeiter alle die anderen Träger des Systems, das den entsegens­in Massen zu uns stehen und unsere Arbeit fördern. vollen Krieg beraufbeschworen hat. Sie bernahmen den Die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutsch­Sobald die Parteigenossen von den revolutionären Tritt der Arbeiterbataillone, und alsbald hißten sie die lands hat vom ersten Tage ihres Bestehens an das bevor. Posten, auf denen sie jetzt Wade halten, sich entfernen weiße Flagge. stehende Ende des Militarismus und des Imperialismus fönnen, werden wir einen Parteitag einberufen. berkündet und alles getan, um die revolutionären Kräfte Dort sollen unsere Genossen entscheiden über die Schritte, der Arbeiterklasse zu entfesseln. Heftig bekämpft von der die wir unternommen haben. Sozialdemokratischen Partei, die noch beim Ausbruch der Revolution verständnislos diesen Ereignissen gegenüber. stand und die Vorkämpfer der Revolution schmähte. Die Not der Stunde verlangte gebieterisch die Ser. Fiellung einer Regierung, die dem blutigen Gemetel ein Es lebe die grundfastreue, revolutionäre Sozialdemo. Ende machen, die begonnenen Waffenstillstandsverhand. fratie: die Unabhängige Sozialdemokratische Partei ! lungen zum Abschluß bringen und den Frieden sicherstellen Es lebe die sozialistische Internationale!

Und nun auf zu rastloser Arbeit! Sammelt das Proletariat unter dem Banner der Partei, die kühn und flar sehend die Massen zu dem revolutionären Ziel geführt hat, das nun erreicht ist.

An die Internationale!

Arbeiter!

Parteigenossen!

Die große, desdichtliche Tat ist vollbracht, die deutsche Revolution ist nicht mehr bloß ein Gegenstand der Sehn­sucht, sie ist lebendige Wirklichkeit geworden.

In wenigen Tagen erhob sich im ganzen Reich die Nr. beiterschaft in einmütigem Zusammenwirken mit Soldaten und Matrosen, fest entschlossen, koste es, was es wolle, die brückende Gewaltherrschaft abzuwerfen. In kühnem Sturm­lauf, die prächtigen Mannschaften der Marine voran, be­mächtigte sich das arbeitende Volk Deutschlands der Ne­gierungsgewalt

Siderung des Friedens, Wiederaufrichtung der zer. ftörten Volkswirtschaft, Aufbau der sozialistischen Gesellschaft, das sind jeht unsere großen Aufgaben. Unser Volk blutet us unzähligen Wunden, die die verbrecherische Politik der efitenden Klassen und ihrer Regierungsmänner geschlagen ben. Nur durch Zusammenfassung aller Sträfte faur ce lingen, auf den Trümmern eine neue Welt, eine Welt der eiheit und Brüderlichkeit entstehen zu lassen.

Das von Marr geprägte und von Lensch und seinen Freunden so grenlich mißbrauchte und mißdeutete Wort daß Kriege die Lokomotiven der Revolution sind, hat sich be­währt. Selbst auf dem Boden, der gegen den Umsturz am nteisten gefeit schien.

Der Jubel und der Stolz der arbeitenden Massen ist berechtigt. Aber sie müssen sich hüten, in dem Freuden. rausch dieser ersten Tage zu vergessen, wie unendlich viel noch zu tun bleibt!

Wir haben die Freiheit verhältnismäßig leicht errungen. Sehr viel schwerer wird es sein, das erworbene Gut zu be feftigen und zu behaupten.

Das muß immer und immer wieder gepredigt werden damit das Mißtrauen des Proletariats wachh bleibe.

Unsere Gegner haben sich feige verfrochen. Aber sie sind deshalb nicht tot. Sie janinieln neue Kräfte. Sie warten auf den Augenblid, wo sie zum Schlage gegen uns ausholen können.

Friedensvertrag, ebenso wie den von Bukarest , bekämpft. Blutenden Herzens empfanden wir damals, daß wir noch nicht stark genug waren, diese Gewaltakte zu verhindern. Aber das Verlangen, das Unrecht wieder gut zu machen, stärkte unsere Kraft bis zur höchsten, revolutionären Energie. Jetzt, wo die Welt vom Albdruck des preußisch­Einstweilen kommen sie nur aus ihrem Versteck hervor, deutschen Militarismus befreit ist, ist es an Euch, den Kampf zu führen gegen die Gewaltpolitik in Euren Ländern, um uns ihrer Ergebenheit zu versichern. Wir staunen über zu verhindern, unsere Revolution zu ersticken, den Keim für die große Zahl von Anhängern, die die sozialistische Ne­neue Kriege zu legen. Wir beugen uns heute der Not der publik allenthalben besitzt. Die Intellektuellen erklären sich Stunde, wenn wir auch die drückendsten Bedingungen, die in großen Scharen zu positiver Mitarbeit bereit. Bahlreiche Akademiker wollen von jeher Anhänger des Volksstaates ge­uns auferlegt werden, annehmen. wesen sein. Beamte stellen sich begeistert auf den Boden der neuen Verhältnisse. Finanzleute und Großgrundbesitzer er weisen dem neuen Deutschland ihre Reverenz.

Wir appellieren aber an Gure Klassenfolidarität, an Euer Gerechtigkeitsgefühl, an Eure sozialistische Gesinnung. Und wir sind gewiß. Ihr werdet Eure Macht so stärken, daß eine Vergewaltigung von Brüdern nicht mehr stattfinden fann.. Folgt Ihr uns, dann hat die Stunde des Kapitalis. mus in der ganzen Welt geschlagen.

Der harte Waffenstillstandsvertrag erschwert dieses Werk emein. Die deutschen Politiker, die dem schmachvollen den von Brest - Litewsk zustimmten, haben fein Recht, Die zu beflagen, daß die Entente sie in gleicher Weise be elt. Wir aber haben mit der ganzen Wucht, die uns e internationale sozialistische Gesinnung verleiht, diesen

Es lebe der internationale Sozialismus! Die Solidarität aller Wölfer!

Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands . Ernst Täumig. Wilhelm Dittmann . Hugo Haase . Adolf Hofer . Gustav Laufant. Georg Ledebour . Robert Wengels. Luise Zich.

Mißtraut ihnen, Freunde!

Die meisten von ihnen sind Mantelträger und Geschäfts. iozialisten, die die Konjunktur ausnuten wollen. Sie wer den sich in erbitterte und gehässige Gegner zurückverwandeln, wenn der Wind umschlagen und sie glauben sollten, daß sich anderswo beffere Geschäfte machen lassen.

Die erste und vornehmste Aufgabe der sozialdemokrati­sicherzustellen, und nichts wäre verfehlter, als auf jene so ichen Republik besteht also darin, das Erbe des Proletariats schnell erworbenen Anhänger und Mitläufer Rücksicht zu nehmen. Die Stunde des Proletariats ist ge­tommen. Sie muß genugt werden!