'NMHrt, der«wymmsall vetsseiem war, es sich nur mehr nicht etwa um die Freilassung des WelS, sondern nur um deren Zeitpunkt handelte. In der Tat waren Montap abend alle an den Verband- Im?gen Beteiligten, auch unsere Genossen in der Negierung. der Meinung, daß der Zwischenfall erledigt sei. Erst jetzt geben uns Eberl und sein« Freunde«in« neue Dar- stellunp. Sie erzählen, um 1 Uhr nachts von einemFtihm der Volksmarinedivision" die telephonische Meldung er» halten»u haben:Ich kann für das Leben von �WelS nicht wehr garantieren." Daraufhin hätten sie. um das bedrohte Leben von WelS zu retten, den Befehl zum militärischen Einschreiten gegeben. Da hätten wir also den U n b e k a n n t e n, der in allen Üblen Kriminalprozessen die große Rolle spielt. Warum wird der Name nicht genannt? Wer ist dieser ».Führer"? Ein Unbekannterl Und das genügt. Die tclephonisch« Mitteil, mg reicht auS, einen in seinen Folgen unübersehbaren Befehl zu geben. Ebert, Scheibemann und Landsbrrg jfhen ihre Vfljcht für er­füllt an und lassen dem Verhängnis seinen Lauf. Ein solches Borgehen wäre unter allen Umstanden ganz tlnveran tw o rt l ich gewesen. Ebert und die andern haben nicht einmal den Birüich gemacht, sich über die Wahrheit der Meldung Gewißheit zu schaffen. Sie Nehmen die telcphonische Meldung hin, ohne zu versuchen, selbst oder durch Vertrauenspersonen mit den Mvtrofen sich in Verbindung zu setzen, mit den Matrosen, die sich ja zur Freilassung vou Weis verpflichtet hatten. Sie halten ihre Autorität als Regierung für bedroht und lassen marschigen. Sin der ganzen Räubergeschickit« ist kein Wort wahr. Als die Führer der Matrosen ins Schloß ?unicffamen und das Resultat der Verhandlungen erfuhren, ürchteten sie. erregt und com Mißtrauen erfüllt, wie st« waren, daß die Zusagen wieder nicht gehailten würden, und wollten Wels nicht sofort freilassen. Da? wurde Wels vorgestellt und Wels selb st erklärt« sich damit einverstanden, die Nacht über im Schloß»u ver­bleiben. Früh sollte er freigelassen werden und wurde von den Matrofen selbst in Freiheit gesetzt. Nachts wurde er in«inem wohnlichen Zurnncr velassen, fein Leben war nicht bedroht. l Es wäre ein Leichte? gewesen, diesen Sachverhalt auf- tzuklären. Aber Ebert und feine Freunde hatten offenbar den Kopf völlig verloren und fahen in ihrem Autoritätsdünkef keinen aüderen Weg als den der Metvalt. Ihre Unüberlegtheit, ihr Mangel an Umficht. ihr Wahn, vor ollem die Autorität zu wahren, haben zu dem Blutbad geführt. Sie, die Sozialisten, handelten- in revo­lutionären Zeiten, wo jeder falsche Schritt verhängnisvoll chnrken muß, aus derselben outoritär-bureaukratischcn PsY' chologie heraus wie die fluchbeladenen Vertreter deL altest Oystems und mit demselben traurigen Erfolg. Gegenüber dieser unzweifelhaften Feststellung der Schuld treten alle anderen Momente in die zweite Reihe. fSie sind aber schwerwiegend genug, um diese Schuld noch zu vergrößern.'__ i Vor allem, mit welchem Recht haben die drei Vertreter der Nechtssoziakisten in einer so schwerwiegenden sFrage allein, auf eigene Faust gehandelt, ohne die drei anderen Regierungsmitglieder zu verständigen? Daß sie Nicht mehr im Reichtkanzlergebäude waren, ist kein Grund. Erreichbar waren sie, wenn man nur wollte. Ist da der Werdacht nicht geradezu zwingend, daß Ebert nicht wollte? Daß er unsere Genossen vor die vollendete Tatsache stellen wollte? Hätte man mir den Sieg über die Matrosen, den Man für selbstverständlich hielt, erst in Händen gehabt, dann hätten die Unabhängigen wohl die Regierung verlassen. müssen, Ebert und seine Freunde aber wären dann die starke Regierung gewesen, die unter dem Jubel des Bürgertums bewiesen hätten, wie man mit Hilfe der Armee Ruhe und Ordnung herstellen können. Ihr Vorgehen gegen die anderen RegierungSmitglieder war im höchsten Maße U n l o y a l. Die Matrosen haben anders gehandelt. Sie haben in spater Nachtstunde Ledebour aus seiner Wohnung in Steglitz geholt, damit er als ihr Unterhändler den Nest von Schwie- rkgkeiten beseitig«. Sie haben anständig gehandelt und vernünftig gehandelt. Können das Ebert, Scheibemann und Landsberg von sich auch behaupten? Doch weiter. Nachdem Ebert und sein« Freunde den Befehl dem Generalkommando gegeben hatten, haben ste stch dann um die Ausführung gar nicht gekümmert? Ahnten sie nicht, wie solch« Befehle ausgeführt werden? Kannten st« da» Ultimatum, wußten sttz, daß dann das Artil- leriefeuer eröffnet würde? Entweder find st« wieder der gröbsten Fahrläffiakeit schuldig, oder aber, ste wußten, wa» kommen würde, haben es trotzdem nicht der- hindert und dann find sie diejenigen, auf denen die B lu t- > ch u I d lastet. So stehen die Ding«. Sie stnd klar und kein« Unter- suchnng wnd die Verantwortlichkeit verdunkeln. ES nützt nichts, daß die Ebert und Genossen in den Berswh zurück­fallen. ihre Schuld dem Spartakusbund in die Schuhe hu schieben. Dazu stehen sie eben auf ihrem Plasten, um auch In den schwierigen und kritischen Situationen, die die Red» lution, jede Revolution schafft, mit Umftcht und Besonnenheit zu handeln. Aber ihnen fehlt die G« s i n n» n g, in der r«vo- lutionär, Führer handeln mussxn. Ihr Bericht klingt aus in den Ruf: �Ibr müßt uns Macht schaffen!" Sicher, auch eine revolutionäre Regie- rung bedarf der Macht. Aber ste muß dies« Macht quch richtig anzuwenden verstehen. Ebert hatte ja am DießS- tag die Macht. Aber er machte von ihr eine Anwendung, daß ihm und seinen Freunden vor den Folgen zu grauen begann und sie nun gezwungen waren, den Weg zu be- treten, den st« me hätten verlosten dürfen, den Weg der V e r h a n d l u n.g e n. von Verhandlungen, die getragen sein müssen vom vertrauen in die revolutionäre Sache und ihre Träger. Dieses Vertrauen mangelt den Vertretern der Rechtssozialisten und der Regierung. G i e schielen immer nach der Gewalt, die ihnen die unbeauemen Dränger abhalten soll. Da? bestimmt ihre Politik der Rücksicht auf die bürgerlichen und namentlich auf die militärischen jtzreise, das macht ihnen die Erfüllung der Soldatenforderungen so antipathisch. und da» führt in kritischen Situationm zur Katastrophe. ES ist klar, daß diese Gesinnung, die nicht sozialistisch und nickt revolutionär ist, einen tiefen Gegensatz zu dem (Seist« bildet, in dem allein unsere Genossen in der Re- gierung ihre Arbeit leisten können. Di« Erklärung Eberts und seiner Freund« hat daher die Kabinett» k'rise akut gemacht. Di« weiter» Zusammenarbeit der beiden sozialistischen Parteien ist in Frage gestellt. Die letzte Entscheidung steht beim Zentralrat. Auf ihm lastet die große Verantwortung, zu verhüten, daß der Revolution Schade geschieht, daß eine Entwicklung ein- geleitet wird, die den K a m v f g e g en links bedeutet und den Anschluß der mehrheitssoziali st i- scheu Führer an die Bourgeoisie anbahnt. Wir haben kein Hehl daraus gemacht, daß uns sur Sicherung der Revolution und des Sozialismus die Mit- arbeit beider sozialistischen Parteien nötig erscheint, so lang« dort in sozialistischem Geist« gewirkt werden kann. Die Erklärung Eberts und seiner Freunde widerspricht diesem Geiste. Wir haben da? Bewußtsein, unbeirrt durch alle An- griffe von recht» und von links unsere Pflicht getan zu haben. Deckt der Zentralrat die Mitglieder der Regierung, deren Verhalten zu dem Blutbad geführt hat. deckt er eine Politik, die in ihren Konseguenzen der soziaftstischen Sache schädlich ist. so werden wir unsere Pflicht außerhalb der Regierung erfüllen. Rek und Ernst. Zu den Kämpfen um Schloß und Marstall sowie den Weihnachtsdemonstrationen gegen denVorwärts" kann noch folgendes nachgetragen werden: Eins Darstellung von Otto Wels . Der«wefen« Stadil«nmandant Otto Wels hat einem Vertreter der D. P. K. nach feiner Befreiung«u» dmn Marswll folgende Darstellung über vi« Lorgange gegeben« die zu tun Matrosenputsch führten: Alle Ausführungen, die über die Vorgänge mn US. und SS. gegeben worden find, find nur zum Teil richtig, besonders die, daß:ch um L Uhr nachmittag» abgelehnt habe, mit einer B«»» tretung der Matrosen zu verhandeln, und sofort alarmiert hätte. Sn Wahrheit war ich am 23. bt» nachmittag» 4 Uhr in einer onferenz»m GewerkschastShaus zur Vorbereitung de» Wahlen für die deutsche und preußische Nationalversammlung. Trst al» ich wieder länger, geit In der Kommandantur war« erhielt ich au» der Reichtkanzlri auf Umwegen dt« Mitteilung, daß die Regierung durch Matro'en vom Tclephonvrrkehr abge» schnitten sei und Porrenbach der dortigR, viatrosenwache den Befehl gegeben hatte, niemand ein oder au» zu lassen. Zu- gleich kam die Meldung, daß die Matrosen im Marstall marschbereit ständen. Ich setzte mich sofort persönlich mit drei in der Aäh« liegenden Kommandostellen in Verbindung, um Truppen zum Schutze der St» ich» kanzlet zu beordern. Al» ich in die Kommandantur zurückging, sah ich, daß di, Matrosen tn Richtung auf da» Brandenburger Tor vorüberzogen. Erst darauf gab ich den Befehl zum allgemeinen Alarm und verließ da» Hau », um zur Reuchsk-anzlei zu den dorthin bestellten Truppen zu fahren. Auf der Straße kam«ine Eruvpe Matrosen und fordert msch auf, zu verhandeln. Da mein Adjutant Aischcr mit zurief, er habe die Matrosen zu Verhandlungen bestellt, ging ich mit in die Kommandantur. Matrosen drängten hinterher. Aweest wurde über di« Tel dt rag« gesprochen, dann er» lolgt? di« Y e r h a f t u n g. fti gelang mir jedoch vorher noch die Mitteilung au» der Kommandantur zu geben, dgß»vir eingeschlossen waren und um ltzntsatz bäten. An der»ftion der Matrosen nahmen auch Sicherheit»- truppen de» Polizeiprästdium» teil. Die Truppen, die un» zu Hilf» kommen sollten, trafen zu spät ein. AI « ich am n ä ch st e n Tag« vormittag» au» der Hast entlassen wurde, gellte der Ruf durch den Marstall:.Alle» drauße» antreten, der Marstall wird geräumt, W e l» i st freizu» lassen!" Ebenso meldet« be? Parlamentär dem Komrnandeur bei Truppen in der Universität:Schloß und Macstall würden gv» räumt, die Waffen seien bereit» niedergelegt, di« Matrofen von außerhalb seien zur Abreise bereit. Welz sei entlassen und die Matrosen erwarteten Straffreiheit. Darauf wurden Truppen nach d«n Marstall kommandiert, um die Waffen tn Empfang zu nehmen. Tort hatte man sich aber die Sache wiedes überlegt und verweigerte nun die W a f f e n st r eck u n g. Dia Räumung de» Schlosse» hatte ich zu fordern: 1. Auf Grund«ine» Beschlüsse» de» gesamten preußischen Staat» Ministerium» vom 18. Dezember. Ein« Denkschrift de» ßinunzminifterlum» über di« bi« in di« allerletzte« Tage erfolgten Plünderringen im Schloß war beigesügt und von den Minister» persönlich unterzeichnet. t. Auf Grund eine« Beschlüsse» de» Rat» her volk»beaustrag» ten unterzeichnet von allen 6 Mitgliedern, erst nach Räu- «mm st de« Schlosse« und Ueberyabe de» Schlüssel« an di« Kommandantur 80 000 Mark an die Bolksmarinedidisto?» »u zahlen Die» sind zwei offen« klare vefthle. zu deren Durchführung ich verpflichtet war, und für die ich mich mit aller Kraft einsetzte. Nur um die Machtmittel der Regierung und der Kommandantur zu stärten, habe ich gewn, wc» notwendig war gegen offene und noch schlimm«« versteckte Gegner. Wr!« glaubt am Schlüsse noch kefftstellen zu müssen, daß Ihn« ein Beschluß der Regierung, wonach er seine» Amte» enthoben sei, nicht zugegangen wäre. Au» den Vereinbarungen, di» mit den Matrosen getrofsen wurden, geht aber klar und deutlich hervor, daß Wel» sich nicht mehr al» Stadtkommandant zu b«» trachten hat, und da» dürft« einstweilen genügen. ssm übrigen erbringt di« Darstellung von Wel» nlcht» Er- heblich«», um da» Bild der Vorgange, wie man es bisher ge« Wonnen hatte, abzuändern. Da» Tageblatt rückt von Wel» ab. Da».Berliner Tageblatt", da» in den letzten Wochen wahrlich genug und übergenug bewiesen bat, daß«» mit seinen Sympathien ganz w» ander» steht al» auf d« Seite du entschlossenen Revolutionär«, schreibt zu den von un» in t>V Morgen nammer Wied ergegebenen Darlegungen von Tost vni Spiero An jedem Fall« ist e» unverständlich und sehr bebaue« lich, daß um einer solchen gleichgültigen Formalität will«: «in schwerer Konflikt heraufbeschworen werden konnte. Wen« sich die Garvetruppcn zu einem großen Teil, ohne da» Vor« gehen der Matrosen zu billigen, doch auf ihre Seite gestellt haben, so ist da» aus diesen Ursprung der Affäre zurück- zuführen, der ihnen bekannt war und der erst seither der Oeffentlichkeit bekannt geworden.ist. Da» Austreten der Matrosen, besonder vor und in der Reichekanzlei, ble'bt un­entschuldbar, aber Herr Wel» schiint doch auch B««m ich au» Seiilschlms g.nz. f Von Georg Friedrich Nicolai . Der wegen seiner Kriegeeegnerschaft von den deutschen Militärbehörden verfolgte Professor der Physiologie an der Berliner Unwerliiat, dessen Werk über die Biologie de» Kriege» hier kürzlich ausführlich behandelt worden ist, floh im Sommer diese» Jahre» im Aingzeug nach Dünemark. Wir beginnen nachstehend mit dem Abdruck einer kurz daraus gedruckten Bekenntnieschrift Jiieo. lai», di» vor der Revolution in Deutschland nicht verösfenilicht werden konn!», aber auch heute noch' von außerordentlichem Interesse ist. I. Einst kommt vielleicht der Tag, wo ein Volk, eine Sprache und eine Sitte die Erde beherrscht; aber noch ist e» nicht so weit noch längst nicht so weit, und auch der begeisterst« An- Hänger einer interimtionalen politischen Verbrüderung wird dank» bar anerkennen, wie fest seine Kultur in heimatlicher Sprache und in klimatischen Gewohnheiten wurzelt. Rur im Mutter- lande findet er vielleicht seltene» aber doch tiefste« ver­stehen, nur dort hat er die Möglichkeit unmittelbarer Wirkung! i Je mehr aber«inem Menschen die Kultur Leben'öedürfni» ist, desto stärker wird er die Heimat vermissen: Ter Proletarier taucht leicht in dem gleichartigen Niveau des Rachbarlandek- unter, der geistig Arbeitende aber vermag nur schwer jene» sichere, selbstverständliche Mitdenken zu entbehren, da» ihm nur der gleichartig Sprechende und gleichartig Erzogen« entgegen- bvingen kann. ' Ich sehne mich nach meinem größeren Vaterland Europa , aber ich weiß, ich lönnte Deutschland , mein Mutterland, niemals vergessen; und, al« ich seine Grenze überschritt, da wollte ich mich auch nicht von ihm trennen, denn ich fühle ja nur zu gut, daß ich jene unverlierbaren Zusammenhänge gar nicht aufgeben kann, die mich durch Sprache, Kultur, Freundschaft, Blut- und Wahlverwandtschaft mit denen verknüpfen, die seit Tausenden von Jahren im Herzen Europa » al» Deuische gemeinschaftlich leben und arbeiten. Ich tat e» im Gegenteil, um mir den Kampf. platz zu wählen, wo ich mich in freier Seldstverantworilichkeit dafür bemühen kann, daß Deutschland » Größe(so wie ich sie verstehe) in alter Herrlichkeit sich erneuere und,«ingeordnet der entstehenden, allgemeinen Kulturorganisation, ein nützliche» .Glied der großen Europäischen Brudersamili« werde. Gerade weil ich ein Deutscher hin, weil ich mich al» geistiger Nachkomm« unserer großen Humanisten fühle, glaube ich ver- pflichtet zu sein, den un» gebührenden besonderen Platz im Rate der Völker zurück zu erobern, ihn zu verteidigen gegen die ongen» blicklichen Gewalthaber, die mit machtlüsterner Hand da» Wert- vollste de» deutschen Geiste» anzutasten gewagt, und die Enkel eine» Goethe und Kant zu unheiliger Tartaren-Politt! verführt haben. Ich glaube wirweltseitigen" Deutschen , die wir heute unter dem Lärm der Waffen noch viel vereinzelter scheinen, alt wir vielleicht in Wirllichkeit sind, verkörpern Deutschland besser, al» irgend ein Ludendorff, oder«ver sonst offen oder heimlich die Zügel führt. Dies« meine innerste Ueberzeugung, die kch nach reiflicher tleberlegung al» rein und makello» erkannt habe, gibt mir da» subjektive Recht zu dem schweren Schritt, Heimat und Freunde, WirlungSlrei» und Berufsarbeit, Familie und Stellung gegen da» Ungewisse Lo» de» Landflüchtigen einzutauschen. Aber habt ich auch objektiv da» Recht, gegen diejenigen aufzustehen, die zur Stunde noch Deutschland » Macht repräsentieren? Zwar weist ich, daß Tausende, ja Millionen der Besten unter meinem Volke heimlich gleich mir empfinden, daß sie nicht» in der Welt so sehnlich wünschen, al» daß diejenigen, die heule Deutschland » Geschick bestimmen, keine dauernde Gewalt erlangen, und)> die Militärpartei weder nach innen noch nach außen den verderbenbringenden Sieg gewinn«. Aber in einem Necht»staat sind die Wege vorgezeichnet, auf denen der einzelne seinen Willen zum Au»druck bringt. Und mein Weg ist ein ander« gewesen l ®» fragt sich also: Ist Deutschland ein Rechtlstaatk Da» ist nun im Lugenblick ganz offenbar nicht der Fall: Verfassung' und Recht sind überall durch Willkür ersetzt Trotz der klaren Bestimmungen, die die verhängung de» Be- lagerung»zustande» nur in den vom Feinde unmittelbar b« drohten Landesteilen erlauben, herrscht dieser Ausnahmezustand seit vier Jahren überall in dem von Feinden so gut wie nirgend» unmittelbar bedrohten Deutschen Reiche Jjie sogenannte Schutz­haft bedeutet die Rückkehr zu den illegitimen.lettre»<j« cectiet", die ja schon einmal manchen rechtlich denkenden Mann zum Re- volutionär gemacht haben der ungeheure Druck einer skruvel- losen und dabei törichten Zensur auf Schrift, Rede und Ver- sammlung wird durch keinen Gesetzesparagraphen entschuldigt (unterliegen doch sogar, entgegen den ausdrücklichen Worten der Verfassung die Stenogramme de» Deutschen Reichklage» her will- kürlichen Verstümmelung) selbst da» Kronjuwel der preußi- schen Verfassung(man könnte fast sagen ihr Solitär) jener be- rühmte j 20, der die Wissenschaft und ihre Lehre für frei erklärt, wurde heute aufgehobenl Vor allem aber hat, ganz im allge- meinen, die verfassungsmäßige, gesetzliche Regierung de» Reiche» nichts mehr zu sagen, fondern einzig herrscht der Säbel in ge-. panzerte Faust, von dem niemand recht weiß, wer Ihn eigent» lich führt I Sicherlich nicht der Deutsche Reichklanzler, der verfassungsgemätz verantwortlich ist, und sicherlich auch nicht der Deutsche Kaiser, dem doch formell der Ode » beseht im Kriege übertragen ist; denn seine Reden unterliege» ja einer mindesten» ebenso strengen Zensur, wie die irgend eine» anderen obskuren Demagogen. Man kann also nicht einmal sagen, der heutige Znstand sei eine Konsequenz der kriegerischen Lage; denn gerade diejenigen Bestimmungen sind verletzt, die verfassungigemäß dazu dienen sollten, Deutschkand dem Kriegszustände anzupassen. Herrscht aber in einem Land solch nirgend» faßbarer und doch allgegenwärtiger knonvmu» nicht krast Irgend eine» Ge» ' setze», sondern einfach kraft der Gewalt, die sich der Bewehrte über den Unbewchrten anmaßt, so ist e» da» Gegenteil von dem» wa» wir Rechttsioat nennen. Deutschland ist also äe fecto kein Rechtsstaat mehr; da e» aber t!e jure einer fern sollte, so folgt daran» da» unzweifelbar« Recht, sich gegen diesen Zustand mit allen Kräften zu erheben. In erster Reihe kommt allerding« diese» Recht und dies« Pflicht den erwählten vertreiern de» Volke» zu. Sie aber, di« natürlichen Schirmherren der Verfassung, haben ans d ese» Rechl verzichtet, ohne in genügender Weise zu bedenken, daß sie damit auch eine Pflicht vernachlässigten. Ich will die Grünte dies«» j Verhalten» nicht prüfen, bei vielen mögen sie tn einer falschen Jdeologie begründet sein, bei vielen aber auch sicherlich in Be« qu?inlichkeit und FelKeit. J-denfall» weih ich, daß zahlreiche v ol?» Vertreter diesen verfassungklosen Zustand privatim für ein« unheilvolle Ungeheuerlichkeit halten, osfentl-ch aber di« Kredit« für die Fortdauer diese» Zustande» bewilligen. De Militärregierung hat eben leider zur Zeit ungeheure<ste- wakt über die Geister. Sie kann kraft ihrer katsächlichn Mach!- Heftignisse jeden einzelnen fast vollkommen willkürlich in den Tod kc» Sckützr.ngraben» schicken, oder ihm aus sicherem Pollen ein bequemeres Dasein gewähren; sie kann seine wirisckaftlich« > ist eng vi alt vernickten, odcr itm lukrative LebenkbcdingungeN