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greiheit

Berliner   Organ

der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands  

Jahrgang 2

Freitag, den 17. Januar 1919

Nach dem Mord die Lügen.

Proteststreit gegen das Schredensregiment Revolution zu schüben.

Ernst der Stunde zu erkennen und, bereit zu jedem Kampfe, die Arbeiterrat Frankfurt   a. M.

Der Zentralrat billigt".

Der Zentralrat billigte ohne Ginschränkung die Saltung der Regierung, welche sofort gründliche Untersuchung angeord net und schärffte Bestrafung der etwaigen Schuldigen be­fohlen hat.

Die Arbeiter und Arbeiterinnen zahlreicher Betriebe legten gestern die Arbeit nieder, um gegen das von Ebert- Scheidemann­Noste geübte Schredensregiment Protest einzulegen. Auch viele Wolff verbreitet einen furzen Bericht über eine gemein­Arbeiter, die zu den Mehrheitssozalisten stehen, sind über die jebigen Zustände empört und schloffen sich ihren Kollegen an. Die fame Besprechung atoischen Regierung und Zentralrat über die Arbeiter und Angestellten der Deutschen   Waffen- und Munitions- durch den Tob Liebknechts und der Frau Rosa Luxemburg   ge­schaffene Lage." Darin heißt es: fabriten Borsigwalde( Kugellagerwerf) beschlossen einstimmig den fchärfften Proteft gegen die feigen Meuchelmörder, welche unsere Tangjährigen Vorfämpfer für Freiheit und Menschenrecht, Karl Liebknecht   und Rosa Luxemburg  , bewußt und mit völliger Ueber. legung gemorbet haben, und versprechen, nicht eher au ruhen und zu raften, bis die so schändlich Ermordeten gerächt und unsere zu rasten, bis die so schändlich Ermordeten gerächt und unfere Ideale verwirklicht worden sind. Als Zeichen der tiefsten Ent­beale verwirklicht worden sind. Als Zeichen der tiefften Ent- to rüftung und Empörung treten die gesamten Arbeiter und An gestellten ber genannten Werte in einen Proteststreit ein. Von einem Demonstrationszug nimmt die Arbeiterschaft jedoch Abftand.

Die Arbeiterschaft der Marimal- Apparate- Fabrit, Berlin   W. 61, Blücherstraße 12, nimmt mit Entrüstung von dem fluchwürdigen Meuchelmord, welcher an der Genoffin Frau Dr. Roja Luxemburg und dem Genoffen Herrn Dr. Sarl Biebknecht in der grausamsten Weise verübt worben ist, Kenntnis. Die Arbeiter und Arbeiterinnen geloben, daß der Heldenmut dieser unerfehlichen Vorkämpfer des Sozialismus ihnen stets ein Leuchtendes Borbild bleiben wird.

Diese Entschließung wurde mit Zustimmung der Mehrheits­sozialisten beschlossen und einstimmig wurde auch der Eintritt in den Proteststreit gutgeheißen.

Der Arbeiterrat Frankfurts   gegen die Regierung.

Aus Frankfurt   a. M. wird uns gemeldet: Die Erefutive des Arbeiterrates Frankfurt a. M., zu gleichen Teilen aus Mehrheitssozialisten und Unabhängigen zusammen­gefeßt, spricht in aller Offenheit und ernstester Stunde das fol gende aus:

Vor einem so offensichtlichen, scheußlichen Verbrechen reden biefe fischblütigen Menschen bon etmaigen" Schuldigen. Aber es liegt auf der Sand, weshalb se to zaghaft reben. Sie fühlen zu gut den Teil der Schulb, den sie selbst an diesem scheußlichen Verbrechen tragen. Sie, die diese entmenschte, unaufgeklärte und verftodte Soldatesta nady Berlin gerufen haben und ihr die Macht über Leben und Tod wehrloser Bürger in die Hände gaben.

Das Berhaftungsfieber.

Nummer 31

Berwischung der Spuren.

Wir wollen es gleich deutlich sagen: die Unter­suchung über die Ermordung Liebknechts und uremburg betrachten wir als eine freche Ver­Eine nichtswürdige Sumutung ist es, die höhnung. Untersuchung einem Striegsgericht zu übertragen, das natürlich nur die Wahrheit zu verhüllen und zu verwirren trachten wird. Aber auch zu irgend einem Gericht, das diese Regierung einsett, haben wir nicht das geringste Ver­trauen.

Diese Regierung ist willkürlicher, gefeßlofer als ie irgend eine Regierung in irgend einem Land zu irgend einer Zeit. Budem ist sie gegenüber den Offizieren und der übrigen Realtion, die sie bewaffnet hat, machtlos, auf deren Wohl meinung angewiesen. Wir sind überzeugt, daß die Chert, Scheidemann, Noske, Landsberg   aus persönlichem und Frat­tionsintereffe alles daranseben werden, um die Wahr­heit zu vertuschen. Wir kennen zu genau die Bru­talität und Skrupellosigkeit dieser Leute, die immer weiter sich von jedem sozialistischen, von, jedem menschlichen Empfinden entfernt haben.

In der Wohnung des Genoffen Dr. Hersfeld erschienen Die Berdrehnug und Vertuschung ist ja schon in vollem gestern nachmittag ein Leutnant, ein Unteroffigier und sieben be­waffnete Soldaten und durchsuchten die Wohnung, ebenso Steller Gange. Wir erklären, wir halten die amtliche Dar. und Boden. Gefunden wurde nichts. Als die Durchsuchung fast stellung für vollkommen erlogen, mit Ab­beendet war, erschien Dr. Hersfeld selbst. Ihm erklärte ter Beuticht und wider besseres Wissen erlogen. nant, er habe Auftrag, ihn zu verhaften, konnte aber keinen Ver- Nur ein paar Punkte: Liebknecht wurde bekanntlich) un­haftbefehl vorweisen. Das Telephon wurde abgesperrt. Herzfelb wurde zu der Mache im Eden- Hotel geführt und von dort nach mittelbar nach der Verhaftung im Auto schwer ber­ber Wache am Zoologischen Garten gebracht, erhielt dort aber von legt. Es ist fast sicher, daß dies durch einen Kolbenschlag dem Offizier, einem Leutnant bon Bribelwit von der geschehen ist, das heißt durch einen Regierungssoldaten. Er Garde- Kavallerie- Division, die Mitteilung, er fei entlaffen. Ge- war idyver verlegt. Dann fubr das Auto in den Tiergarten noffe Herzfeld bestand mit aller Entschiedenheit darauf, den und da gab es an einer an diesem Tage sehr wenig frequen­Namen desjenigen zu erfahren, der den Auftrag zur Durchsuchung tierten Stelle eine Banne. Angeblich sollte die Reparatur und Verhaftung gegeben habe und den Grund der Verhaftung. längere Zeit in Anspruch nehmen. Das Selbstverständliche Nach einigem Zögern erklärte der Offisier, es sei der Division gemeldet worden, Hersfeld   habe mit Liebknecht telephoniert. Die wäre, falls die Angabe wahr sein follte, gewesen, einen Be Berhaftung und Durchsuchung feien auf Anordnung des aleitmann um ein Auto au schicken. Das Selbstverständliche Oberbefehlshabers Noste erfolgt. Als Serafeld dies geschah nicht. Der Schwerverlette sollte zu Fuß für unglaublich hielt, meinte er, es feien so viele Stellen, man weitergehen. Es ist klar, daß das sehr unpraktisch war, ab­tönne im einzelnen nicht wissen, wer den Befehl gegeben habe. gesehen von der Grausamkeit. Denn er war ia dann sicher Man ersieht aus dieser Schilderung, welche Willtür gegen schwerer zu bewachen( das beweist auch der angebliche wärtig herrscht. Fluchtversuch) und der Zug konnte größtes Aufsehen erregen, Auch Beerfelde   ist verhaftet. Am Montag wurde er bereits was doch zu vermeiden war. Deshalb alauben wir vorübergehend inhaftiert, aber wieber freigelassen. Am Diens von der ganzen Erzählung von dem Flucht­tag verhaftete man ihn aufs neue. Mit ihm seine Frau. berfuch kein Wort. Doß sie nicht wahr ist, beweist auch die Tatseche, daß Liebknecht von born er chossen worden ist. Wir fordern, daß die gerichtliche Obduktion durch einen hervorragenden und anständigen Sachy berständigen vorgenommen werde und daß bereits zu dieser Sektion sachverständige Aerzte, die die unabhängige und kom munistische Partei nominiert, zugezogen werden.

Als Grund wurde angegeben: Er solle in Verbindung mit Rade! gestanden haben.

22

Bald wird jeder, der an der Revolution irgendwie tätigen Anteil genommen hat,' in den Gefängnissen der sozialistischen" Regierung Ebert- Scheidemann die Errungenschaften der Rebo­lution" genießen können.

Generalstreit in Curhaven?

Es ist unsere Ansicht, daß die Reichs regierung es bis heute unterlassen hat, diejenigen Aktionen entschlossen borzu­nehmen, die vor der Einberufung der Nationalversammlung  hätten geschehen müssen, um die Mevolution zu sichern. Es war nötig, die Tätigkeit der Arbeiter und Soldatenräte durchgreifend zu schützen, den reaktionären Geist in allen Verwaltungszweigen zu beseitigen, die Beschlüsse der Rätekonferens fofort auszu führen, mindestens die Verstaatlichung des Bergbaus einzuleiten, die Familienfideikommisse zu beseitigen, die Krongüter ein­augieben, ein Enteignungsrecht des Staates des Groß­grundbesites gegenüber festzulegen, die sozialen Grundrechte in Samburg, 16. Januar. Aus Euthaben wird berichtet, daß der künftigen Verfassung als Grundgesetz zu proklamieren und die Mehrheits sosialisten am Montag dem A.- und den Staatsgerichtshof für die Kriegsverbrecher zu errichten. S.- Rat folgende Forberungen unterbreitet haben: 1. Gicherung Wir glauben, daß diese Unterlassungen der Reichsregierung der Wahl zur Nationalversammlung, 2. Aufhebung des Be­bazu mitgewirkt haben, daß die blutigen Vorgänge in schlusses des A.- und S.- Rates betreffend die Republik   Gughaben, Berlin   möglich geworden sind. Diese Unterlassungen werden 3. Neuwahl bes Arbeiter- und Golbatenrates. es auch bewirken, daß, aller Voraussicht nach, wenn nicht mit aller Energie Einhalt geboten wird, das Schidial der Revo Iution indre ände einer bürgerlichen Mehrheit in der Nationalversammlung   gelegt sein wird. Die Räteregierung hat sich der Nationalversammlung   gegenüber das Recht der Auflösung und des noch ma l'igen Appells andas deutsche   Volt zu wahren, wenn die Nationalversamm Iung die Ergebnisse der Revolution durch reaktionäre Beschlüsse Bu beseitigen suchen sollte.

Der telephonische und telegraphische Verkehr mit Curhaven ist unterbrochen. Danach scheint der angekündigte allgemeine Aus stand durchgeführt worden zu sein."

Der A.- und S.- Rat des Kreises Jort teilt mit, daß ein Anschluß an die Republik   Curhaben weder erfolgt noch geplant ift.

Ein Fehen Papier  .

Wolff verbreitet um das böllig unberechtigte Mißtrauen gegen die im Gange befindlichen militärischen Maßnahmen end­Wir halten die jetzige Reichsregierung nicht mehr für fähig, gültig aus der Welt zu schaffen" den Wortlaut der den Regie­ihre durch die Revolution gestellte Aufgabe zu erfüllen. Wir rungstruppen abgenommenen Verplichtung". Sie lautet: Ich verpflichte mich, der deutschen   sozialistischen   demokrati fordern ihren Rücktritt. Wir wollen eine Regierung, die im Geiste der Einigkeit zusammengefekt ist aus Bertretern aller then Republit mit allen Kräften und nach bestem Wissen als Soldat zu dienen fozialistischen Gruppen, die auf dem Boden einer ge­Die jetzige provisorische Regierung werde ich unbedingt meinsamen planvollen Aktion steht. Von dieser neuen Regierung schüßen und sie unterstützen in der Aufrechterhaltung der Ruhe erwarten wir die sofortige Verwirklichung der ausge- und Ordnung im Innern und an den Grenzen des Reiches. sprochenen Mind'e it forderungen. An alle Arbeiter. Ich trete ein für ungestörte Nationalwahlen, den Schuh der und Soldatenräte Deutschlands   ergeht der Ruf, den furchtbaren Nationalversammlung und der von dieser beschloffenen Gefebe."

Ebenso erlogen ist die amtliche Darstellung über die Er­mordung Rosa Luxemburgs. Es ist ganz lächerlich, daß die Soldaten nicht imitande gemesen sein sollten, sie zu schüßen, eine dumme Ausrede ist die Erzählung von der angeblichen Kriegslist, von dem Mann, der mit der Pistole auf das Auto gesprungen sei und die Bewußtlofe niederschoß, wobei noch zu bemerken wäre, daß ia iezt nur Regierungsmänner auf der Straße mit Waffe sich blicken lassen können, der Mörder also zu den Sicherheitsleuten des Noske gehören müßte. Voll­fommen unglaubwürdig ist vor allem die Behauptung, daß die Leiche von einer Volksmenge verschleppt und seitdem un­auffindbar sei. Einmal handelt eine Volksmenge nicht so. Sie schändet die Leiche, trampelt vielleicht auf ihr herum, läßt fie aber liegen. Hätte sie sie aber weggeschleppt, fo mußten doch Leute der Begleitmannichaft da binterber laufen, also wissen, was mit der Leiche geschah.

Die ganze Erzählung ist eben ein Märchen. Die Leiche ist verschleppt worden von denen, die ein Intereife hatten, die Spuren ihrer Tat zu verwischen, von den wirt. lichen Mördern. Und die sind aller Wahrscheinlichkeit neben der Bewußtlosen im Auto neieffen.

Und nun ein neues Beweisstück, das wir erhielten, nach­dem das Obige geichrieben war. Ein Augenzeuge, ein Gast des Hotels, der nicht zur Partei gehört, schreibt uns aus dem Eden- Sotela

Ebert Suftur