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Cinzelpreis 15 Pfennig 2. Jahrgang Sonnabend, den 15. November 1919 Nr. 554/ 302 Morgen- Ausgabe
Die Freiheit erscheint morgens und nachmittags, an Senne und fefttagen nur morgens
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greiheit
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Die englische Regierung und die
ruffische Gegenrevolution.
London , 14. November.( Havas.) 21syb George wohnte gestern einer Sigung des Unter. Beuses bei. Eine große Anzahl von Anfragen über die Lage in Rußland wurde an ihn gestellt.
Der Premierminister bemerkte kategorijah, bas niema18 Irgend jemand ermächtigt sei, in seinem Auftrage an die Sowjet regierung heranzutreten, um gegebenenfalls Berhandlungen mit bieser zu eröffnen. Ueber die militärische Lage Ruß lands gab Lloyd George zu, daß die Rückschläge ziemlich be. beutend feien, die Admiral Koltschak erlitten habe, welcher übrigens
bie Stadt Omst nicht geräumt habe, beren Schidfal von den Rämpfen abhänge, bie sich in den nächsten Tagen abspielen wür. den. Troy der Erfolge seiner Armee sei es ihm nicht gelungen, bie Herrschaft über die den Bolschewisten abgenommenen Gebiete zu befestigen, und zwar infolge des Mangels an Willen bei der Bevölkerung, die bald auf die eine, balb auf die andere Seite neige. Der Premierminister fügte hinzu, bas bie rufssche Politik ber englischen Regierung dieselbe bleibe wie bisher.
dem Helbenmütigen Bolle in Oberschlesien , bas zum ersten mal sein Blut für die polnisde Sache geopfert habe. Ruma nien, unser Nachbar, sagte er, ist auch unser Bundesgenosse. Mit der Tschechisch Slowakischen Republi! wollen wir im Ginbernehmen und Freundschaft leben. Ueber die Defe gation der Slowalen, die mit einer Anflage gegen die Tschechen in Paris erschienen sei, jagte er, sie habe die polnischen Bässe, die weder von Paderewski , noch von dem stellvertretenden Minister des Aeußern unterzeichnet waren, von untergeordneten polnischen Bolizeiorganen erschlichen. Mit Säterußland fönne es vor fäufig einen Frieden geben; Bolen werde aber ein freies Rußland , bas teine Nation unterdrüdt und dem Bölterbunde beitrete, mit Freuden begrüßen.
Allgemeiner englischer Gewerkschaftstongreß. Verftaatlichung der englischen Bergwerke. Rußlandpolitik.
Die englische
H. N. 2onbon, 14, November. Der Kongreß der Gewerkschaften und der Vorstand des Bergarbeiterverbandes hielten gestern eine Besprechung zur Borbe. reitung eines allgemeinen Kongresses der Gewerkschaften aweds Berstaatlichung der Bergwerte ab. Es wurde befchloffen, zur Ausarbeitung einzelner Punkte und zur Bornahme vorbereitenber Propaganda- Maßnahmen in allen Induftrie- Sentren Kommiffionen zu ernennen. Der Kongreß findet am 9. und 10. Dezember statt. Der parlamentarische Ausschuß des Gewerkfchaftskongresses behandelte die britische Bolitik in Ru lan b sowie die Berlängerung der Dienstpflicht und beschloß im Bufammenhang mit der baran geknüpften Kritik eine Unterredung mit 21syb George herbeizuführen.
Ju seiner Nebe im Unterhaus fagte 21onb George weiter, bie ben Regierungen Rußlands geleistete Silfe belaufe fib auf über 100 Millionen Pfund. Aus menschlichen und wirt schaftlichen Gründen müßte der Bürgerkrieg in Rußland balb aufhören. Deshalb sei die englische Regierung noch immer be. reit, alle Bestrebungen aufzunehmen, die auf Wieberber. stellung des Friedens in Rußland gerichtet feien und dort eine Art tonftitutionelle Regierung errich ten wollten, welche die Zuftimmung der Mehrheit der Bevölkerung finde. Die Alliierten hätten diefe ihre Meinung in einem Briefe an Admiral Roltschak tundgetan, in bem gefagt werde, bak bie alliierten und assoziierten Mächte beabsichtigen,) eine internationale Konferenz einzuberufen, auf der die verfchie. benen russischen Regierungen vertreten sein, und auf der bie Probleme, deren Regelung auf der Friedenskonferenz nicht mög lich gewesen sei, mitgeprüft werden sollten. Wenn das Haus eine wisten Truppen zur Unterstübung Betljuras entfandt Erörterung dieser Frage wünschen sollte, bevor die erwähnte Kon- haben. ferenz zufammentrete, fei die Regierung bereit; fie werde alle notwendigen Aufschlüsse geben. Die Erörterung könne kommen. den Montag stattfinden.
La Presse de Paris" hebt die Bedeutung der Besprechungen herbor, die Bichon in London mit den englischen Regierung3mitgliedern hatte. Das Blatt fügt hinzu, daß die wichtigsten Fragen der Beratung folgende sind:
1. Die Ratifizierung des Friedensvertrages im amerikanifchen Senat, die man als nicht zweifelhaft betrachte.
2. Die Politik der Alliierten in Rußland , weder Frank reich noch England werden neue Opfer bringen, um die übrigens noch für mehrere Monate versehenen Regierungen, welche gegen die Bolschewisten kämpfen, zu versorgen, daher wer ben diese bei den Mächten feine Schritte unternehmen oder Unternehmungen einleiten, die geeignet wären, den Bolschewis
mus zu stärken.
Bolschewiffische Unterstüßung der Utraine gegen Denitin.
Ein Jahr„ Freiheit".
Heute vor einem Jahr ist die erste Nummer der Freiheit" erschienen. Wenige Tage nach der siegreichen Revo Iution genügten, um die durch den Raub des Vorwärts" im Oftober 1916 entstandene Lücke auszufüllen und für die Berliner Arbeiterschaft ein Organ zu schaffen, das ihren revolutionären Anschauungen entspricht. In den allerersten Tagen nach dem 9. November war freilich nicht daran zu denken, sich um die Schaffung eines eigenen Organs zu fümmern. Zu start war die Inanspruchnahme aller Barteigenossen durch die revolutionären Borgänge und die ununterbrochene angestrengte Arbeit in den verschiedenen Institutionen der Arbeiter- und Soldatenräte und der Partei. Die eigentlichen Vorarbeiten für die Herausgabe eines eigenen Organs wurden erst am 13. November be◄ gonnen, und schon zwei Tage darauf konnte die erste Num mer der„ Freiheit" in die Welt hinausgeschickt werden. Wor die Tatsache berücksichtigt, daß die Genossen fast ohne Mittel, ohne technischen Apparat, ohne eigene Druckerei
ans Wert gehen mußten, wird die ungeheure Arbeitsleistung ermessen, die im Verlauf weniger Tage bewältigt wurde. Dank der Opferwilligkeit und dem unermüdlichen Eifer der mit den Vorarbeiten betrauten Genossen, gelang es, aller Schwierigkeiten Henr zu werden und die erste Nummer der Freiheit" schon am 15. November herauszugeben.
Die eigentliche Arbeit an dem Aufbau des Unter nehmens fette allerdings erst nach dem Erscheinen der ersten Nummern ein. Der ganze Apparat, den eine große, modern eingerichtete und zweimal täglich erscheinende Zei tung erfordert, mußte vollständig neu geschaffen werden, und zwar ohne Zuhilfenahme nennenswerter Rapitalien, lediglich gestützt auf die Opferfreudigkeit und eifrige Mitarbeit der Genossen und Genoffinnen Groß- Berlins .
Schon in den ersten Wochen des Bestehens der Frei heit" feßte eine so intensive Aufwärtsbewegung der Abonnentenzahl und des Straßenverkaufs des Blattes ein, wie sie ähnlich in der Geschichte der Berliner Bresse wohl faum zu verzeichnen ist. Am Ende des November 1918 war bereits eine Auflagezahl von 65 000 erreicht. Es genügt darauf hinzuweisen, daß sich die Auflage der Freiheit" gegenüber dem November und Dezember v.., trog einiger Schwankungen, um das Dreifache ge Das britische Kriegsamt gibt bekannt, daß bie Bolfcesteigert hat, und dies trop der ständigen Papierschwierig feiten, der mehrfachen Verbote und der durch die fortgefette Steigerung der Gestehungsfoften notwendig ge wordenen Erhöhungen des Abonnementspreises.
Amfterdam, 14. November.
Das rapide Wachstum der Auflageziffern machte fei nerfeits wieder eine zunehmende Erweiterung des Betriebes und des gesamten Apparabes zur Verbreitung erforderlich, Der Oberbefehlshaber bes bayerischen Reichswehrgruppen so daß im Grunde genommen ununterbrochen an dem AusTommandos Nr. 4, Generalmajor von Mo e h1, hat das Erscheinen bau und der Ausgestaltung des Betriebes gearbeitet wer ber unabhängigen Beitung Der Kampf wegen Berden mußte. Bon allen Kommissionen und Ausschüssen der leumbung der Einwohnerwehren gegenüber dem Feind auf vier Berliner Organisation hat wohl kaum eine so intensiv orbeiten müssen, wie die Pressekommission bzw. der Aufsichtsrat, dem die Leitung des Zeitungsunternehmens übertragen ist.
Zage verboten.
Nur so Iuftig weiter. Besser kann man dem deutschen Volfe die vollendete Demokratie" nicht demonstrieren als durch diese plumpe Unterdrückung der revolutionären so zialistischen Presse.
Die neue Juffizlomödie.
Der Prozeß gegen den 32fachen Matrosenmörder Oberleutnant ma r I oh beginnt am 3. Dezember vor dem Kriegsgericht der Reichswehrbrigade 3 im neuen Kriminalgericht, Zimmer 664. Gerichtsherr ist in Vertretung Oberst ansen und Kriegsgerichtsrat Dr. Meyer.
Bur Illustration dieser Arbeit feien nachstehend einige Daten angeführt. Im Januar d. J. wurde die Verlagsgenossenschaft Freiheit" gegründet, die am 1. März in den Besitz des gesamten Unternehmens trat. Durch die Form einer eingetragenen Genossenschaft sind die Berliner Ge noffen vor dem Mißbrauch des Unternehmens geschützt, und ihr Mitbestimmungsrecht nach jeder Richtung hin gewahrt. Am 15. April wurde eine Berlagsabteilung und eine Buch3. Die Saltung der Miterten gegenüber der Türtel Die handlung eröffnet und mit der Herausgabe eigener Schriften begonnen. Bisher sind bereits 23 verschiedene gemeinsame Politik Frankreichs und Englands geht dahin, alle Daß die Anklage nur auf Totschlag, nicht auf erschienen. Am 1. Mai erschien die erste Nummer der Schriften in einer Gesamtauflage bon 541 000 Exemplaren nichttürkischen Gegenden von der türkischen Herrschaft befreien. Die gegenwärtige Zendeng ist, den jebigen Sultan in Mord lautet, erklärt sich daraus, daß Marloh , auf Befehl Freien Welt", die von der Verlagsgenossenschaft„ Freiheit" Konstantinopel zu belaffen, wobei die osmanische Regierung einer oder wenigstens in Uebereinstimmung mit fei- ale illustrierte Wochenschrift der U. S. P. herausgegeben wirksamen und sorgfältigen Kontrolle unterstellt wird, um eine nen Vorgesetten, die nicht auf der Anklagebant fiben, wird. Am 1. Juli wurde mit der Herausgabe der Freien lebensfähige Macht herzustellen, die jedoch außerstande ist, ihre gehandelt haben soll. Uebrigens find Ebert und Noste Jugend", des Organs der unabhängigen Jugendbewegung Nachbarn oder christlichen Untertanen zu schädigen. Bei allen von der Erhebung der Anklage auf Totschlag vorher ver- begonnen, das allerdings nach der vierten Nummer durch Broblemen, die besprochen wurden, wurde vollständige UeberNoske verboten wurde. Seit dem 1. Oktober erscheint die einstimmung zwischen den beiden Regierungen festgestellt. ständigt worden. Sozialistische Gemeinde", die Kommunalpolitische Monatsschrift der U. S. p.
Paderewsti über die polnische Polifit.
Die Angst der Dollarfönige.
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Neben all diesen Unternehmungen, die dem Zeitungs betrieb der Freiheit" angegliedert sind, ging der ständige Ausbau des gesamten technischen und geschäftlichen Appa rats. Zur Beit unterhält die Freiheit" 96 eigene Filialen in Berlin und den Vororten. Die Vorbereitungen für die
AmRerbam, 14. November. New York Times " meldet, baß dem Kongreß 52 Gefet Nach hier borliegenden Meldungen aus Warschau fagte entwürfe eingebracht wurden, in denen die Regierung erMinisterpräsident Paderewski in ber geftrigen Bandtags- mächtigt wird, gegen die Boliche wijten, Anarchisten und figung, die cftgaliaische Frage fei noch nicht entschieden. die anderen ameritafeindlichen Organisationen Einrichtung einer eigenen Druckerei find fast vollendet und Die polnische Delegation werde alles baransehen, um Oft vorzugehen. Bon diesen werden augenblidlic 22 Beitungen und in Kürze dürfte wohl die Berliner Arbeiterschaft ihr Organ galizien samt der polnischen Stadt Lemberg dem Lande Beitschriften herausgegeben, in denen für die Beschlagnahme in einem eigenen Seim begrüßen, das, wie geplant wird, su erhalten. Die Gewährung einer weitgehenden Autonomie des Privatbefizes und die Errichtung ber bolichemistischen fämtliche Institutionen der U. S. P. von Groß- Berlin mi in Oftaaliaien fei bereits beschlossen, Baderepfti sprach auch pon Megierungsform eingetreten wirb einichließen foll