Einzelpreis 20 Pfennig 3. Jahrgang

Die freiheit" ericheint morgens und nachmittags, an Sonn- und festtagen nur morgens Der Bezugspreis beträgt bei freier Zustellung ins Haus für Groß- Berlin 8.50 m. im Doraus zahlbar, von der Spedition felbft abgeholt 7. m. für Poftbezug nehmen fämtliche Postanstalten Bestellungen entgegen. Unter Streifban bezogen für Deutsche  land und Oefterreich 12.50 m, rür das übrige Ausland 16.- m. zuzüglich Dalutas aufschlag, per Blief für Deutschland   und Oesterreich 20.50 ml. Redaktion und Gepedition: Berlin   NW.   6. Shiffbauerdamm 19 III. Fernsprecher: Amt Norden 833-36 und 9768.

Donnerstag, den 20. Mai 1920

Nummer 184 Morgen- Ausgabe

Die achtgespaltene Nonpareillezeile oder deren Raum foftet 5.- mt. einschließlich Teuerungszuschlag. Kleine Anzeigen: Das feitgedruckte Wort 2- mt, jedes weitere Wort 1.50 mt., einschließlich Teuerungszuschlag. Laufende Anzeigen laut Tarif. Familien Unzeigen und Stellengesuche 3.20 mt. netto pro Zeile. Stellengesuche

in Wortanzeigen: das fettgedruckte Wort 1.50 mt., jedes weitere Wort 1.- mt. Inseraten- Abteilung Berlin   W. 6. Schiffbanerdamm 19 Fernsprecher: Ami Norben 888-36, Buchhandlung Zentrum 2645 Freiheit"-Buchdruderei Zenicum 2030.

greiheit

Berliner   Organ

der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands  

Die Beseitigung einer Kulturschmach. Die Aufhebung der Adels­

Cin Erfolg unserer Kritit.

-

vorrechte in Preußen.

-

wie

präsidenten ausgefeßt und die Nachprüfung dieser Fälle im Die preußische Regierung hat der Landesversammlung Wege eines geregelten Gerichtsverfahrens angeordnet worden. furz vor der Bertagung noch einen Gesegentwurf über die Die Regierung bestätigt durch diesen Erlaß, daß die Aufhebung der Stande soorrechte des Adela Unsere fortgejezten Anklagen gegen die Schreckens- Kriegsgerichte im Ruhrgebiet   nicht Recht gesprochen, und die Auflösung der Hausvermögen vor arbeit der Außerordentlichen Striegsgerichte im Stuhr   sondern die Geseke   in gröblichster Beile ber- gelegt. Sie hat damit nur den Vorschriften des Artikels gebiet haben die Regierung endlich, und leider viel zu let haben. Sie verfügt die Aufhebung der vom Selassen- 109 der Reichsverfassung entsprochen und es ist noch sehr die [ vät, zum Einschreiten veranlaßt. Sie konnte sich im Hin- bak biftierten Urteile, und wir buchen diese Maßnahme als Frage, ob sie es getan hätte, wenn nicht das agitatorische blick auf die Wahlen der Verantwortung nicht mehr ent­Bedürfnis der Roalitionsparteien hinzugetreten wäre, noch ziehen, daß unter ihren Augen im Ruhrgebiet   ein Rta che einen Erfolg unserer fortgesetten objektiven Kritik. Die rasch vor den Wahlen die Unfruchtbarkeit der Blockpolitik in werf an jenen Männern vollzogen wurde, die durch ihr tur. Wir vernehmen mit Schaubern, in welch entseglicher Die foalierten Parteien hatten es mit einem Male so eilig. Maßnahmen der Regierung sind freilich nur halber Na- Preußen hinter einigen dekorativen Kulissen zu berbergen. entschlossenes Auftreten den Kapp- Butsch bereitelten und damit der jetzigen Regierung die Möglichkeit gaben, sich Weise die Militärjustiz im Ruhrgebiet   gehauft hat. Bon daß sie das Gefeß am liebsten ohne große Debatte und ohne wieder in den Seseln niederzulassen, die ein paar Ver- den Standgerichten sind allein 154 Todesurteile ge- Ausschußberatung in der letzten Sizung vor der Wahlpause brecher für sich in Anspruch nehmen wollten. Die Regie- sprochen worden, deren Nachprüfung die Regierung zusagt. in allen drei Lesungen durchs Plenum gejagt hätten. Dieses rung hat eine Untersuchungskommission in das Ruhrgebiet   Wieviel Todesurteile die außerordentlichen Kriegsgerichte Borhaben scheiterte jedoch an dem Widerspruch der äußersten geschickt; diese muß schauderhafte 3ust än de fest- verhängt haben, das wird von der Regierung verschwiegen. Rechten, die damit für den Weitergnuß ihrer Brivilegien gestellt haben, denn die Regierung sieht sich gezwungen, Wir wissen nur, daß Herr Ebert bereits drei dieser Todes- eine Galgenfrist von sechs bis acht Wochen erreichte. Surch folgenden Erlaß die rechtswidrigen Urteile der Kriegs- stredt worden sind. Die jedem Recht hohnsprechende Tätig durchaus einverstanden gevesen. Schon im März vorigen urteile bestätigt hat und daß diese Urteile schon voll- Unsere Fraktion wäre mit einer raschen Erledigung gerichte außer Kraft zu setzen: Die Tätigkeit und die Rechtsprechung der im Ruhrgebiet   feit der Stand- und Kriegsgerichte müßte die Regierung Jahres, qnläßlich der Besprechung des Regierungspro­eingesetzten außerordentlichen Kriegsgerichte hat in letzter Beit beranlassen, diese mittelalterlichen Institutionen überhaupt gramms, hat unser Redner, Genoffe Rosenfeld  , ein einen Umfang und einen Charakter angenommen, der den für zu beseitigen. Sie haben jede Existenzberechtigung ver- solches Gesetz gefordert.( Seine batte dafür nur ihre Einseyung maßgebenden Gründen und der Rechtsauffassung wirkt, sie sind ein Schandfleck für jede geordnete Rechts- inter, wenn es sich um proletarische Forderungen handelte der Reichsregierung nicht mehr in vollem Umfange entspricht. pflege. Es ist deshalb nur eine halbe Maßnahme, wenn die eine höhnische und perfide Antwort, was ihm jedoch das Die Reichsregierung hat daher zur Prüfung der Sachlage be- Regierung verspricht, die Kriegsgerichte abzubauen". Wir Vertrauen, welches ihm seine Partei entgegenbrachte, in sondere Kommissare des Reichsministers des Innern, des Reichs- fordern ihre fofortige Beseitigung, damit ihnen nicht die feiner Weise schmälerte.) Wir hätten also einer beschleu­nigten Verabschiedung der Vorlage nicht hindernd im Wege justizministers und der beteiligten Ministerien ins Ruhrrevier Möglichkeit zu weiteren Rechtsverlegungen gegeben wird. entsandt und auf Grund des Ergebnisses dieser örtlichen Er- Die nationalistische Presse, in deren Partei- gestanden. Das würde uns natürlich nicht von einer gründ­hebungen Anweisungen erlossen, die die Tätigkeit der intereffe die Schreckensurteile der außerordentlichen Kriegs- lichen Stritit abgehalten haben, denn diese fordert der Ent­direkt heraus. Anklagevertreter bei diesen Gerichten neu regeln, die Frei gericyte liegen, tobt wie besessen über den Erlaß der Regie­laffung der zahlreichen, ohne hinreichenden Grund oder wegen rung. Die Deutsche Tageszeitung" erblidt in ihm eine tigen Tage noch bestehen, enthüllt der Gefeßentwurf nur in In welchem Umfange die Adelsvorrechte bis zum heu geringfügiger Bergehen verhafteten Personen verfügen und die Kapitulation vor der Straße", sie sieht das Ende des ganz unzulänglicher Weise. Auch die Begründung schweigt Tätigkeit der außerordentlichen Kriegsgerichte wesentlich ein Rechtsstaates" drohend heraufsteigen, und mehr noch: der sich darüber völlig aus. Und doch wäre es für die Allge schränken. Insbesondere ist bestimmt worden, daß alle noch in bloße Versuch der Regierung, die Rechtsocrhältnisse in meinheit ganz interessant, dies zu erfahren. Haft befindlichen Personen, welche vor dem 2. April 1920 Ruhrrevier zu ordnen, ist für das Hauptorgan der Kapp­in Abwehr des rechtswidrigen Angriffs der Kapp- Leute auf die verbrecher, ein Dokument der Kulturschande", is innert, daß der Artikel 4 der früheren preußischen Ber­Bunächst werden wir an die uns geläufige Tatsache er. Verfassung an sich strafbare Handlungen begangen haben, man- Iafieniu stia" allerschlimmster Art. Dabei entschüpft faffung genau solch aufgelegter Schwindel war, wie vielle gels Bewußtseins der Rechtswidrigkeit sofort aus der Haft dem agrarischen Organ das Geständnis, daß die Regierung anderen Verfassungsbestimmungen auch. Dort stand: entlassen werden. Aufrührer und Schelme der gerechten Strafe ent­Zur Beschleunigung der Durchführung werden sofort berinnen läßt und sie dem Arm der Alle Preußen find vor dem Gesetz gleich. Gerechtigkeit Standesvorrechte finden nicht statt. sondere Beamte der Justizverwaltung entfandt werden, entzieht". Ganz richtig! Nur sind diese Aufrührer und um an Ort und Stelle über die fofortige Freilaffung Entschei- Schelme nicht die Arbeiter des Ruhrgebiets, sondern es find Wie wenig das der Wahrheit entsprach, jagt der§ 1 dungen zu treffen. Als Borgesetter sämtlicher Anklagevertreter die Schüßlinge der Deutschen Tageszeitung", es sind die des in Rede stehenden Gesezentourfs. Er lautet: ist ein besonderer Generalstaatsanwalt eingesetzt worden, üttwiter, die Ludendorffs, die Bauer, I. Die auf dem öffentlichen Recht Preußens beruhenden Vor­dessen Anweisungen die Anklagevertreter bei den außerordentlichen Ehrhardt und Bischoffs, die in Deutschland   frei rechte des bisherigen Adelsstandes einschließlich der Vorrechte der Kriegsgerichten in allen Angelegenheiten Folge zu leiſten haben. herumlaufen und neue Pläne gegen die Republik   schmieden, in Artikel 57, 58 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch  Die außerordentlichen Kriegsgerichte sollen baldmöglichst abgebaut ohne daß ihnen von der Regierung bisher das Handwerk genannten Familien sowie des Herzoglich Holsteinischen Fürsten Bunächst wird ihre gegenwärtige Zuständigkeit erheblich ver- gelegt wurde. Diese Verbrecher zu schüßen und die Arbeiter bauses und der Mitglieder dieser Familien werden aufgehoben. II. Aufgehoben werden insbesondere, fotveit fie nicht bereits ringert und auf schwere, gemeingefährliche Delikte eingeschränkt. zu bestrafen, die sich ihnen widersetten, das ist nach Ansicht Bezüglich der ergangenen Urteile der außerordentlichen Kriegs- der Deutschen Tageszeitung" Aufgabe einer geordneten beseitigt find: gerichte, die der vorerwähnten Auffassung der Reichsregierung Rechtspflege". über die Straflosigkeit einzelner Handlungen nicht entsprechen, Gut, daß das alldeutsche Organ furz vor den Wahlen ist eine sofortige und beschleunigte Nachprüfung diefes offene Bekenntnis ablegt! Das Ideal einer geord­eingeleitet worden, um im Gnadenwege die verhängten Strafen neten Rechtspflege" ist für die nationalistischen Parteien die aufzuheben und in allen geeigneten Fällen die einstweilige orthy- Justiz in Ungarn  , in deren Fußtapfen die Aussetung der Strafboll stredung au veranlassen. Außerordentlichen Kriegsgerichte im Ruhrgebiet   sich be­Die Vollstreckung von insgesamt 154 standgerichtlichen Tobes- wegten. Daß diese Horthy  - Justiz in Deutschland   nicht ein­urteilen ist bereits durch frühere Verfügung des Herrn Reichs- kehre, dafür müssen am 6. Juni die deutschen   Wähler sorgen!

werden.

Umerila gibt teine Kredite mehr.

von Krediten demnächst zu arbeiten aufhören wird, was auf die Umwahrscheinlichkeit hinweist, daß Amerika   offiziell die Schuld der Aliierten finansieren will.

Ein Armeebefehl Troplis. Barmherzigkeit gegen alle Gefangenen.

In einem Tagesbefehl, den Tropki am 13. Mai an alle Truppen der West- und Südwestfront ge­richtet hat, heißt es:

Unter allen Umständen sind Gefangene und Verwundete als Gegner, die Anspruch auf Schuh haben, zu behandeln.

H. N. New York  , 19. Mai. Das auf der Konferens in the vorgeschlagene System, daß die Alliierten die durch Deutschland   zu bezahlende Entschädigung an Amerika   zu diskontieren hätten, wird in amerikanischen   Bankfreisen sehr steptisch aufgenommen. Man glaubt, daß die Amerikaner auch nicht geneigt sein würden, die neuen Schwierigkeiten auf sich zu nehmen, die mit dem Hereinbringen der deutschen   Entschädigung zufammenhängen, und daß man Garantien verlangen werde, daß jeder eventuelle Kredit nur für den Wiederaufbau und nicht für politische Zwecke verwendet werde. Man glaubt, daß die Banken nicht geneigt sein würden, deutsche Obligationen für die Bezahlung Wenn die polnischen Weißen Garden Massaker verüben und von alliierten Schulden in Amerika   in Zahlung zu nehmen, ohne nicht nur kommunisten, sondern jeden Russen erschießen, der bas gleichzeitig die Alliierten ihre Schulden indossieren. Da die amerikanischen   Forderungen an Deutschland   reichlich in ihre Hand fällt, so wird Sowjet- Rußland die herrschenden durch die Beschlagnahme ausländischen Besiges garantiert find, Klaffen und nicht die polnischen Arbeiter dafür verantwortlich haben die Amerikaner fein Interesse mehr an der Jene polnischen Berbrechen verdienen nur eine Antwort: eutschen Entschädigung. Auch offiziell wird darauf singewiesen, daß Amerika   seine Forderungen gegenüber denen von Kräftigen Angriff gegen die polnischen Weißen Garden­gland und Frankreich   zurüdzusehen beabsichtigt. Inzwischen Rußland   fühlt sich stark genug, die Verbrechen von baran erinnert, daß die Kriegs- Finanz- Corporation, das Abenteurern nicht an irregeleiteten polnischen Arbeitern zu 1.iaite amerikanische   Regierungsorgan für die Bewilligung bergelten

machen.

-

1. das Recht eigener Gefeßgebung( Autonomie) und Gerichts­barkeit;

2. das Recht, durch besondere Behörden oder Beamte öffent­lich rechtliche Befugnisse auszuüben oder Staatsbeamte mit der Wahrnehmung Hausrechtlicher Aufgaben zu beauf­tragen;

3. das Recht auf die Prädikate Mönigliche Hoheit, Hoheit, Durchlaucht und dergleichen und auf besondere Ehrungen ( Bandestrauer, Ehrenwachen  , Kanzleizeremoniell und der­gleichen);

4. das Recht, Titel oder Auszeichnungen git verleihen, die den Anschein staatlicher Titel oder Auszeichnungen zu erwecken geeignet sind;

5. das Recht, besondere Vertretung in Körperschaften des öffentlichen Rechts;

6. die Befreiung von öffentlich- rechtlichen Pflichten, Basten und Abgaben;

7. das Recht besonderen Strafschutes und des besonderen Gerichtsstandes vor staatlichen Behörden;

8. die Befreiung von Arrest, Verhaftung und sonstigen Be­schränkungen der persönlichen Freiheit;

9. das Recht der gesehlichen Vertretung in Rechtsstreitigkeiten und bei der Ableistung von Eiden;

10. das auf Grund Haus- oder Landesrecht in den Häusern der vormaligen Landes- und Standesherren etwa noch bestehende besondere Ehescheidungs-, Entmündigungs- und Vormundschaftsrecht sowie das besondere Recht der Che­schließung, namentlich auch soweit es Nachteile an eine den Ebenbürtigkeitsbegriffen des Hausrechts nicht ent­sprechende Eheschließung knüpft.

Damit sind aber die bestehenden Privilegien feinesweg erfchöpft. Gerade die wichtigsten fehlen in dieser Aufzäh­lung. Es ist gewissermaßen nur der äußere Flitter, der da­mit beseiibgt wird, der juristische und politische Ueberbau, der sich über den realen Machtverhältniffen erhebt. Die