Einzelpreis 20 Pfennig 3. Jahrgang

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Dienstag, den 8. Juni 1920

Nummer 215 Abend- Ausgabe

Die achtgespaltene Nonpareillegeile oder deren Raum foftet 5.- mr. einschließlich Ceueru gsz fchlag. Kleine Unze gen: Das festgedruckte Wort 2- t, jedes weitere Wort 1.50 mt., einschließlich Te erungszusch ag. Laufende Anzeigen laut Tarif. Familien Anzeigen und Stellengefache 3.20 mi. netto pro eile. Stellengesuche in Wortanzeigen: das fettgedruifte Wort 1.50 mt., jedes weitere Wort 1.- mt. Injeraten Abteilung: Berlin NW. 6. Schiffbanerdamm 19 Fernsprecher: Amt Norden 833-36, Buchhandlung Zentrum 2645 Zentrum 2030.

greihei

Berliner Organ

der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands

Bis jetzt 4 Millionen unabhängige Stimmen.

auf die

Nach den bisherigen Meldungen sind im ganzen Reich schon jetzt 77 Abgeordnetenfiße sicher, deren Zahl sich wahrschein­bisher 4 640 501 Stimmen für die U. S. P. D. abgegeben lich nach Eingang der endgültigen Resultate aus allen Streisen worden. Da in dieser Ziffer noch sehr viel ausstehende Teil. um 3 bis 4 erhöhen wird. Nachstehend die Namen der schon jetzt resultate, vor allem aus ländlichen Bezirken, nicht enthalten gewählten Reichstagsabgeordneten unserer Partei: find, dürfte sich die Gesamtsumme noch wesentlich erhöhen. Aderholt, Lore Agnes , Albrecht, Beckmann, Berthelé, Bock, Von den bisher gezählten 21 584 000 Stimuren entfallen Brandes, Praß, Breitscheid , Breunig, Brühl . Bruschardt, Crispien, Däumig, Dißmann, Dittmann, Bernhard Düwell, Eckardt, Eich­horn, Enst, Fleißner, Adolf God, Friedrich Geyer , Dr. Kurt Geher, Gruschwitz, Henke, Dr. Paul Herb, Dr. Herzfeld, Adolf Hoffmann , Höllein, Horn, Jäckel, Karsten, Koenen, Kotte, Kuhnt, Kunert, Ledebour , Lipinski, Löwenstein, Ludwig, Malzahn, Mehr hoff, Merkel, Mittwoch, Dr. Moses, Anna Nehmit, Oettinghaus, Pieper, Plettner, Puchta, Naute, Reich, Remmelle, Rosemann, Dr. Kurt Rosenfeld, Ryff. I, Gauerbrey, Eeeger, Seidel, Toni Sender, Simon, Schirmer, Schwarz, Saab , Stöder, Teuber, Thomas, Unterleitner, Vogtherr, Marie Wadwitz, Frieda Wulf, Mathilde Wurm, Louise Biek, Zubeil.

1. S. V. D.. Rechtssozialisten

Deutsche Volkspartei

Zentrum.

4

•

4 640 501

. 4 721 000 3178.000

2 720 000

Deutschhnationale Volkspartci. 2673 000

1996 000 794 287

Demokraten

Bayerische Volkspartei Kommunisten

4

398 272

•

Da G. noffe Crispien und Genossin Nehmus doppelt gewählt

Der lebende Leichnam.

E. P. Vom Standpunkt des proletarischen Klassenkampfes aus ist es durchaus zu begrüßen, daß das Wahlergebnis ge­zeigt hat, wie weit die Klassenscheidung gedichen ist. Der Vormarsch des Proletariats bis zur Erreichung seines Bieles kann nicht mehr aufgehalten werden. Der endgül tige Sieg ist dem Proletariat sicher, wenn es den Willen dazu hat. Und daß der Wille dazu immer stärker wird, das ist das eine erfreuliche Ergebnis des Wahlkampfes.

Darüber hinaus zeigt sich wieder einmal mit erschrecken. der Dentlichkeit, wie faul und verlottert die deutsche Bourgeoisie ist. Die kapitalistische Wirt. schaft ist durch die geschichtliche Notwendigkeit zum Unter­gange verurteilt, sie muß abgelöst werden durch eine höhere Ordnung, durch die sozialistische. An die Stelle der Klaj­fenherrschaft der Bourgeoisie muß die klassenlose Gesell­ichaft treten, die das Proletariat aufzurichten hat. Man fann in Schönheit sterben, mit Weinlaub im Haar", wie der Dichter sagt. Die deutsche Bourgeoisie versinkt in einem Pfuhl von Unrat; noch bevor ihr Radaver in Verwesung übergeht, berpestet er mit widerwärtigem Gestank die Luft. Man fragt sich nicht nur in den Kreisen flardenkender deutscher Politiker, wie es möglich sein kann, daß zwei Par­

Bisher 77 Unabhängige Sozialdemokraten. wurden Genoffe Crispien in Berlin und Württemberg , Ge- teien von der Art der Deutschnationalen und der

Nachdem jetzt die Resultate der Reidslagswahl bis auf zwei Streise im wesentlichen feststehen, läßt sich ein Ueberblick über die Bahl der gewählten Unabhängigen Sozialdemokraten gewinnen. In den Wahlkreisen selbst wurden auf den ersten Hieb erobert 62 Mandate, burch die Listenverbindung in den Wahlkreis­verbänden kommen weitere 8 Sise hinzu, während auf der Reichsliste noch so viel Stimmen gesammelt werden, daß weitere 7 Mandate darauf entfallen. Insgesamt sind daher der U. S. P. D.

Der Rücktritt der Regierung.

Wie mitgeteilt wird, wird die Regierung in aller­nächster Zeit zurüdtreten. Sie wird damit ihr Ver­Sprechen erfüllen, fofort nach den Wahlen aus dem Amt zú scheiden. Der Reichspräsident wird voraussichtlich die bis herigen Kabinettsmitglieder mit der Weiterführung der Ge­schäfte betrauen, gleichzeitig aber mit den Parteien in Ver­handlung treten, fobald das Wahlergebnis und die Lage fich einigermaßen übersehen laffen.

Die Bürgerschaftswahlen in Bremen . Sieg der U. S. P. D.

Gigener Drahtbericht der Freiheit". Bremen , 8. Juni.

In Bremen fanden zusammen mi ben Reichstagswahlen bie Wahlen für die Bremer Bürgerschaft statt. Es wurden ins gesamt 86 200 sozialistische und 72 600 bürgerliche Stimmen ab­Von den sozial ftischen Parteien erhalten die Unab­g- geben. hängigen 37 Site, die Rechtssozialisten 22, die Kommunisten 5 Size. Aommunisten und Rechtssozial sten haben einen farten Stimmenverluft zu beklagen. Die 11. S. P. D. hat mit 49 774 Stimmen die Rech sozialisten, die 29 181 Stimmen er hieften, um rund 20 000 Stimmen überflügelt.

Die bayerischen Landtagswahlen.

2. 11. München , 8. Juni.

Das vorläufige Endergebnis der bayerischen Landtagswahlen wird im Laufe des heutigen Tages erwartet. Nach den letten Stimmenzählungen stehen 1356 184 Stimmen der bürgerlichen Parteien gegen 587 641 timmen der drei sozialisti schen Parteien. Die bayerische Volkspartei steht weitaus an der Spike mit bisher 839 962 Stimmen.

Die Polypenarme des Stinnes- Konzerns.

rossin Nchmitz in Potsdam II und Mittelschlesien hängt es von ihrer Entscheidung ab, welche beiden Ersatmänner für sie noch in die Fr. ition eintreten.

Unter den Gewählten befinden sich 7 Frauen: die Ge­nofsinnen Acnes, Nehmitz, Sender, Wulff, Wadw's, Wurm und 3i. Die Mitglieder der Nationalversammlungsfraktion der 1. S. P. D. gehören bis auf zwei Lautant und Hübler der Reichstagsfraktion an.

-

Deutschen Volkspartei fo große Stimmenzahlen bei der Wahi au: sich bereinigen fönnen. Noch viel mehr schütte man im bürgerlich- demokratischen Austande den Kopf darüber. Man erinnere sich: die Deutschnationalen und die Deutschen Volksparteiler sind genau dieselben Leute, die bis zum November 1918 das deutsche Volk beherrscht haben, die alle leitenden Stellen in der Regierung inne. hatten oder kontrollierten, die die Träger des Militaris. mus, der Bureaukratie, des Junkertums waren, also aller jener verruchten Einrichtungen, mit denen Deutschland jahrhundertelang gepeinigt worden ist. Dieselben Leute also, die die Hauptschuld am Kriege tragen und den politi­

nügen gewandte Schreiberseelen, die die empfangenen Tips geschen, militärischen und wirtschaftlichen Zusammenbruch ver schickt und demagogisch ausschlachten können.

Berlust und Gewinn in Sachsen .

In Sachsen verloren die Rechtssozialisten bei den Wahlen 600 000 Slimmen, die Demokraten 300 000, die Deutsche Volfs pa tei gewann 300 000 Etimmen, die Unabhängigen 170 000, die Kommunisten 100 000 und die Deutschnationale Volks­ partei 10 000 .

Die Berhandlungen mit Krassin .

Amsterdam , 8. Juni. Wie aus London gemeldet wird, haben Lord Gurzon, Bonar Law und andere Mitglieder der Regierung Kraisin zum zweiten Male empfangen. Krassin gab auf Anfrage der englischen Minister bezüglich der Kriegsgefangenn und ber bolfchewiſtiſchen Propaganda Aufschluß. Wahrscheinlich wird eine neue Zusammenkunft veranstaltet werden.

London , 7. Juni.

ursacht haben, unter deren Folgen das deutsche Volk ickt au leiden hat.

Rönnte man es sich vorstellen, daß in England oder in Frankreich das Bürgertum, von den Arbeitern ganz zu schweigen, dieselben Parteien wieder mit seinem Ber­trauen bedenken würde, die es in den Krieg geführt, den zusammenbruch verschuldet, kurzum die ganze Schande einer fluchwürdigen Vergangenheit auf sich geladen haben?

Was man sich in anderen Ländern nicht vorstellen kann, das ist in Deutschland am 6. Juni zur Tatsache geworden. Die Angst vor dem Aufstieg und vor dem un­ausbleiblichen Siege der Arbeiterschaft war stärker als jede politische Einsicht. Das deutsche Bürgertum, statt sich mit der naturgemäßen und neichichtlichen Entwicklung in Würde abzufinden, zieht es vor, feige und verächtlich zugleich Selbstmord zu üben, in­dem es sich der schwörzesten Reaktion in die Arme wirft.

allein dem unstande geschuldet, daß sie sehr viele Wähler

Die Niederlage der Demofraten ist nicht an die Rechtsparteien abgeben mußten. Es steht vielmehr fest, daß große Teile des liberalen Bürgertums überhaupt Unterhaus. In einer Besprechung über die Verhand nicht zur Wahl gegangen sind und damit ihre Partei ihrem fungen mit dem russischen Vertreter gab Lloyd Schicksale überlassen haben Tiefere Einsicht in den Gang George auf die an dem Vorgehen der Regierung geübte Kritik der Ereignisie hat der Spießbürger überhaupt nicht; der eine energische Antwort. Er betonte, die gegenwärtigen deutsche Spießbürger, besonders wenn er sich liberal nennt, Verhandlungen seien das Ergebnis einer Anzahl von Beschlüffen ist ein Bradhteremplar von bornierter Unfähigkeit und der Alliierten, an denen sowohl Clemenceau wie Mille. Kurzsichtigkeit.

Lloyd George verlas ein Telegramm aus Polen , in dem mitgeteilt wird, baß allein in der Ukraine eine beträchtliche Menge Weizen zur Ausfuhr. vorhanden sei.

Die Stellung Ameritas.

c

wie

rand beteiligt waren. In San Remo feien die Alliierten ein- Die Nachrichten über die Käuflichkeit rechtsstehender stimmig zu dem Beschluß gelangt, daß es im Intereffe der Politifer sind auch in das Bürgertum gedrungen; die Mit­Welt von Wichtigkeit sei, daß die Handelsbeziehungen teilungen darüber, daß dieselben deutschnationalen Kreise, mit Rußland wieder aufgenommen würden. Er die über Schiebungen der Juden und Judengenossen zetern, übernehme die volle Verantwortung für das eingeschlagene Ver- selbst in ungeheuerlichem Ausmaße Kapitalsverschiebun­fahren. Die Regierung habe Beweise dafür, daß in Rußland Ge gen nach dem Auslande betrieben haben, war treide vorrätig sei. auch dem demokratischen Bürgertum bekannt; es ja unzählige Male auch von der bürgerlichen Bresse festgestellt worden ist, daß die Deutsche Volkspartei nichts anderes als eine von der Großindustrie bezahlte Par­teimaschine darstellt, ebenso wie die Deutschnationalen IeSialich eine Filiale der Junter und ähnlicher Menschen­gattunger. find. Das tat alles nichts zur Sache: Der deutsche Bourgeois ist, auf seinen fetten Kriegs- und Revolutions­gewinnen fikend, überhaupt nicht zur Wahl gegangen oder er hat die deutschnationalen Reaktionäre oder die Männer vom Stinneskonzern gewählt. Man vergleiche das deutsche etwa mit dem eng­lischen Bürgertum. Die englische Bourgeoisie. die den stärksten Kapitalismus der Welt derstellt, we B. deß ihre Tage gezählt sind und daß sie sich nicht mit Bühnen und Alauen an die Vergangenheit antlammern darf. Slüper als

T. U. München , 8. Juni. Die Münch. N. N." bringen heute folgende Notiz: Da New York , 8. Juni. infolge entscheidender Aenderungen in dem Anteil- In amerikanischen Ameisen verfolgt man die Verhandlungen besitz der Firma„ Münchener Neueste Nachrichten" ein Wande! Krassins mit der englischen Regierung mit dem größten in der politischen Haltung des Blattes bevorsteht, haben der bis- Interesse und hofft, daß sie zu einem Ergebnis führen wer herige Hauptschriftleiter und sein Stellvertreter, der Schriftleiter Gen, besonders mit Bezug cuf die Weizenlage, die infolge für die deutsche Politif bis zur endgültigen Regelung der fünfs des dauernden Steigens des Verbrauchs eine äußer fri. tigen Besitzverhältnisse einen Urlaub angetreten. tische ist. Wenn es gelingen sollte, durch ein günstiges Er­Dieser Urlaub fann, wenn die Herren Charakter zeigen, nur gebnis der Verhandlung n den russischen Weizen wieder auf den ein dauernder sein. Der Stinnestonzern fann selbst. Weltmarkt zu bringen, so würde die Lage außerordentlich ge­beritanbligh feine caratterbollen Männer beschäftigen. Da gee heffert tecken.