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Sonntag, den 20. Juni 1920

Nummer 236 Sonntags- Ausgabe

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greibeir

Berliner Organ

der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands

Hoch die sozialistische Gemeinde!

Nun heraus! Wähler und Wählerinnen des werkfäfigen Volkes und erobert Euch heute Groß- Berlin. Tut alle Eure Pflicht, stimmt Mann für Mann und Frau für Frau für die Unabhängige Sozialdemokratie, und Berlin , die neue Einheitsgemeinde wird die größte sozialistische Gemeindeverwaltung sein. 3hr habt es in der Hand, Berlin heute zur Hauptstadt des Sozialismus

zu machen.

Gewaltig ist der Austurm der Gegner. Die bürger­lichen Parteien wissen, daß es aufs Ganze geht. Reger und eifriger als sonst sind ihre Wahlvorbereitungen. Sie freibt der Haß gegen den Sozialismus, fie treibt die Furcht vor dem Verluft einer wichtigen Machtstellung. 3hr Hochmut kann es nicht vertragen, daß Arbeiter, Angestellte und Beamte die Herrschaft in der Gemeinde ausüben und die Träger ihrer Verwaltung werden sollen. Zu bitter wird es ihnen, nicht mehr nach altgewohnter Art über die Arbeitenden, Schaffenden gebieten zu können. Von Wahlmüdigkeit ist bei ihnen nichts zu spüren. Deshalb laßt Euch, Männer und Frauen des werktäfigen Volkes, nicht überraschen, laßt Euch nicht überrumpeln. Jede Stimme ist wichtig. Erfüllt Ihr Eure Wahl­pflicht, dann kann die Gemeinde zu einer Keimzelle des Sozialismus werden. Ihre Berwaltung kann der Hebung der Lebens­haltung der arbeitenden Massen dienen. Die Kommuna­lisierung kann dafür sorgen, daß wichtige Produktionsgebiete in die Gemeinwirtschaft überführt werden. Deshalb darf bei diesen Wahlen niemand fehlen, denn jede fehlende Stimme bedentet Stärkung der Reaktion, bedeutet ein Hindernis für den Sozialismus.

Kämpfen die bürgerlichen Parteien diesmal mit ungewohnter Energie, so bleiben auch die Rechtssozialisten nicht müßig. Sie wollen die Niederlage vom 6. Juni answetzen. Deshalb haben sie die Lüge erfunden, daß die Unabhängige Sozialdemokratie sich der Berantwortung entziehen wolle. Das Gegenteil ist wahr. Wir übernehmen jede Verantwortung, wenn unsere Wähler ums start genug machen, sie zu tragen.

Wir übernehmen alle Pflichten, wenn wir sie im Sinne des Sozialismus erfüllen können. Das ist in Berlin der Fall, wo die überwältigende Mehrheit des werktätigenden Volkes hinter uns steht. An Euch ist es, Wähler und Wählerinnen, uns diese Kraft zu geben, indem Ihr heute geschloffen für die Liften der Unabhängigen Sozial­demokratie ffimmt.

Groß und schwer sind die Aufgaben, die vor uns liegen. Fürchterlich sind die Folgen der Zerstörung des Krieges auch für Berlin . Sie sind gesteigert worden durch die unentschlossene und unfruchtbare Wirtschafts- und Steuerpolitik der rechtssozialistischen Jhnen ist mit den alten kapitalistischen Roalitionsregierung. Methoden der Gemeindeverwaltung allein nicht zu steuern. Wie auf allen andern Gebieten ist auch hier zielbewußte, aufbauende, Die Rechts­Jozialistische Politik das, was uns not fut. sozialisten haben dafür nie die notwendige Entschlossenheit aufgebracht. Allzu sehr sind sie in bürgerliche Anschauungen verstrikt.

Deshalb keine Stimme den bürgerlichen Parteien! Keine Stimme den Rechtssozialisten! Geht heute, Wähler und Wählerinnen, alle zur Wahl, stimmt für das sozialistische Groß- Berlin,

stimmt für die Listen der' U. S. P. D.

Die wohlwollend geduldete Reaktion.

Nach unsäglichen Geburtswehen scheint das Kind nun endlich zur Welt fommen zu wollen: alle Anzeichen' prechen dafür, daß wir binnen furzem eine neue Regie rung haben werden. Und awar eine Regierung, gebildet aus Demokraten, 8entrum und Deutscher

man sich durch die Annäherung an die Demokraten zu weil von den Deutschnationalen entferne, und hüben warnen die sogenannten Jungdemokraten durch den Mund der Berliner Volkszeitung" vor einer auch nur wilden Ehe mit der Stresemann- und Stinnespartei. Indeffen das wird sich fchon geben. Man wird sich im vaterländischen Interesse löblich unterwerfen und versuchen, mit vereinten Kräften

die verschämten Monarchisten feine allzu große Leistung ist auch den Boden der Weimarer Verfaffung zu betreten. Sie werden auf ihm verharren, bis ihnen ein anderer sicherer und zuverlässiger vorkommt. Das Ganze ist ein findisches Spiel mit Worten, und die Verträge, die die zur gemein­famen Rettung des Vaterlandes Verbündeten abschließen, find wirklich nicht mehr als ein paar Feßen Papier . Mit Shakespeare können die nun vereinigten Parteien die Karre in Bewegung zu bringen. fefistellen, daß die Not einem zu sonderbaren Schlaffame- Troßdem hat die Sache noch ihren Haken: der Mittel raden berhilft. Da figen jetzt auf einer Bant die anti- blod verfügt über feine Mehrheit im semitischen Volksparteiler und die von ihnen so heftig an- te ich stag. Jedoch auch diese Schwierigkeit wird über Bolfspartei. gefeindeten Vertreter des jüdischen Kapitals. Da reicht, wunden werden, denn die Rechtssozialisten geben Die letten Schwierigkeiten, die sich der Bildung dieses was fast noch amüsanter ist, der Volksparteiler tippler, deutlich genug zu verstehen, daß sie der neuen Regie­Blods entgegenstellten, waren dadurch gegeben, daß die der als Leiter der Täglichen Rundschau" zusammen mit rung gegenüber einstweilen wohlwollende Demokraten ihr republikanisches Gesicht wahren wollten. Sie seinem damaligen Freunde, dem Grafen Hoensbroech , Duldung zu üben gedenken. Dahin find fie alfa forderten von der Partei Stinnes- Stresemann ein rüdhalt- eine deutsche Los von Rom "- Bewegung zu entfechen fuchte nach io bielen stolzen Versicherungen gelangt. Sie lofes Bekenntnis zur Republik . Aber da diese fchiver- und niemanden inbrünstiger baßte als das Zentrum, den gehen nicht in ein Kabinett, in dem Mitglieder industrielle Gruppe auf ihre monarchistische Weltanschau- tömlingen" freundschaftlich die Hand. Aber du lieber der Deutschen Volkspartei figen, aber fie find ent ung", mit der sie den Wahlkampf geführt hatte, nicht ver Simmel! Die Parole Los von Rom !" ist nicht start genug, schloffen, ihnen gegenüber eine freundliche New sichten wollte, waren schließlich die Demokraten geneigt, mit um den Nuf Los vom Sozialismus!" zu übertönen, und tralität zu beobachten. Sie lebnen es ab, mit der fich handeln zu lassen, und so gingen fie von ihrer ersten wenn es um die Verteidigung der Profitintereffen geht, scharfmacherischen Schwerindustrie eine Regierung Fordernist ab und verlangten jetzt nur noch, daß die dann schließen sich die teutschesten Männer auch mit den zu bilden, aber sie ermöglichen das 8ustande. Deutsche solkspartei sich auf den Boden der ei- Juden zusammen, und die jüdischen Kapitalisten werden sich kommen und die Gristenz einer Regierung, marer Berfaffung stelle und sich bereit erkläre, auf den Standpunkt ihres Wiener Glaubensgenossen stellen, in der die Partei der Schwerindustrie eine diese Berfoffung zu verteidigen. der seine Stimmabgabe für die Christlich- Sozialen recht- einflußreiche Rolle spielt. Sie grüßen Herrn Das Wort Stepublik wird in dieser Fassung sorgfältig fertigte: Rieber ein kleiner Pogrom, als eine große Ver- Stinnes nicht unter den Linden, aber sie unternehmen auch nichts gegen ihn. Sie werden dafür sorgen, daß das bermieden, und, wie es heißt, sind nun die Volksparteiler, mögensabgabe." entschlossen, eine entsprechende Bersicherung abzugeben. Die Einstweilen gibt es freilich auf den äußersten rechten neue Ministerium bei der ersten entscheidenden Abstim­Bürgerlichen rechts und links haben sich seit dem November und dem äußersten linken Flügel des neuen Blocks noch mung im Parlament eine Mehrheit erhält, denn sie sind 1918 schon auf so viele Böden gestellt, daß es am Ende für einige Opposition. Drüben werden Bedenken laut, daß wohlwollende Dulder.