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Donnerstag, den 24. Juni 1920.
Nummer 242 Morgen- Ausgabe
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reiheit.
Das Schauspiel der Regierungsbildung. Eine neue autibolichewijäſche
Das Boot ist wieder flott.
Nera.
uns herangetreten, und feinem aus anderen Neiben konnten Wir haben uns gestern genötigt gesehen, ein wenig in die Schwierigkeiten, in die die Regierungsmacher geraten das feltfame Treiben des Staatskommissariats der öffent varen, bestimmen, an eine Umänderung unseres grundsätzlichen Ordnung hineinzuleuchten und an Hand von Doku Heute tritt der Reichstag zusammen und es ist lichen Entscheide zu denken. Wir hatten auch um so weni- menten nachzuweisen, daß dieses Staatsfommissariat be noch fraglich, ob er eine neue Regierung vorfinden wird. ger Beranlassung, uns die Köpfe der bürgerlichen Parteien ginnt, fich zu einem eifrigen antibolschewistischen Hebbureau Bielleicht muß er sich einstweilen mit der alten begnügen und der Rechtssozialisten zu zerbrechen, als wir nicht da- auszubilden. Der Staatskommissar Dr. Weißmann beroder besser gesagt, mit der Mischung von alt und neuron zweifelten, daß sich zuletzt doch alles wieder einrenken breitet daraufhin durch die B. P. N." eine Entgegnung, deren wir uns zur Zeit erfreuen. werde, und nach allen Anzeichen werden wir uns in dieser in der er die Angelegenheit zu verschleiern sucht. Wir leben nämlich in einem merkwürdigen verfassungs Erwartung nicht getäuscht haben. Die Regierung der so- Wir werden dem Staatskommissar auf diesem Wege der politischen Zustand. Wir haben eine Regierung, aber sie genannten Mittelparteien wird doch noch zustande kommen. Debatte über die Nebensächlichkeiten nicht folgen, sondern ist wie ein Topf, zu dem der Deckel nicht paßt. Die Minister find die Minister des alten Koalitionskabinetts, die der Zunächst ist der Stein, den die Deutsche Bolts- berlangen von ihm klare und eindeutige ErReichspräsident beauftragt hat, die Geschäfte bis zur Bildung partei in den Weg gerollt hat, wieder beseitigt worden.! ärung darüber auf Grund welchen Matedes neuen Ministeriums weiterzuführen, aber an ihrer Die Gefolgsleute Stresemanns find bereit, sich mit den rials er au den ungeheuerlichen Verdächtigungen gekomSpitze steht als Reichsfangler Herr Fehrenbach, der Bentrumministern, die sie beseitigen wollten, abzufinden. men ist, die er in feinem Logebericht vom 17. Juni aus cben dieses neue Ministerium zusammenbringen soll, dessen Andererseits scheinen die Demokraten nicht auf dem ausgesprochen hat und die einzig und allein dem Zweck der eifrige Bemühungen aber bis jest ohne Erfolg ge- drücklichen Vertrauensvotum der sozialdemokratischen Frat euentfachung einer antibolichemistischen Setze dienen eifrige Bemühungen aber bis jetzt ohne Erfolg se- lion zu bestehen. Was die Sozialdemokraten in dem fönnen. Die politische Situation ist zur Belt so gespannt, blieben sind. Augenblick der unbequemen Abstimmung tun werden, steht daß gerade das Staatskommissariat der öffentlichen OrdDieses Kuriosum ergänzt sehr gut das Bild, das die freilich noch nicht fest, und eine Fraktionssitung, die am nung alle Ursache hätte, nicht noch zur Beunruhigung der lekten Tage geboten haben. Die Regierung ohne Reichs- Mittwoch nachmittag stattfand, hat sich vertagt ohne einen Lage beizutragen und selbst zum Leiter und Organisator Kanzler und der Reichsfanzler ohne Regierung passen bor Beschluß zu fassen. und Urheber einer antibolschemistischen Hezze zu werden, trefflich in die heillose Verwirrung, die die gegenwärtige Das nächstliegende wäre, daß sie sich, da sie nicht mit deren Tendenz als Provozierung der Arbeiterschaft und Ministerkrisis und die Versuche zu ihrer Lösung von Anfang Ja jimmen tönnen und nicht mit Rein stimmen Vorbereitung eines neuen militaristischen utsches nur an gekennzeichnet hat. wollen, enthielten. Aber von ihren Nachbarn quf der allzu deutlich erkennbar ist. Gerade als die I.pten Ballen eingefügt werden sollten, Rechten wird geltend gemacht, daß dann die Stimmzettel Das einzige, was der Staatskommissar an unseren ist das Gebäude noch einmal zusammengebrochen. Die der Opposition und die der sich Enthaltenden zusammen Feststellungen hat berichtigen können, ist die Tatsache, daß Demokraten erklärien plöblich, niat mehr mitmachen 311 eine Biffer erreichen würden, die die Stellung der Regie das genannte Korrespondenzbureau nicht ihm, sondern dem wollen, nachdem ihnen sowohl von der Deutschen rung, besonders auch dem Ausland gegenüber, als außer- int felben Gebäude wohnenden preußischen Staatsministe Volkspartei wie von den Rechtssozialisten ordentlich schwach erscheinen lassen müßte, und jo fucht man rium untersteht. Wir haben uns davon überzeugt, daß Schwierigkeiten gemacht worden waren, die sie nicht er nach einem Ausweg, auf dem die Situation noch etwas unwartet hatten. Sene erhob bekanntlich im letzten Augenblid flarer gemacht werden kann. Vielleicht werden die RechtsWiderspruch dagegen, daß zwei Zentrumsminister in ihrem sozialisten bei der Abstimmung den Saal berlassen, um so Amte belassen würden, und verlangte die Besetzung des dazu beizutragen, daß die Majorität, über die das MinisteBerlehrs- und des Postministeriums mit Personen, die in rium verfügt, größer aussieht. ihren Augen Fachminister sind. Die Sozialdemokratie Das wäre eine Auskunft, auf die die größte Partei des weigerte sich, dem Stabinett des Mittelblocks ausdrücklich ihr Sauses nicht gerade stola sein könnte, und die außerdem zuletzt Ueber die Haltung dieser beiden Parteien sind die ren Verhältnisse täuschen würde. Aber dieser letzte Art Ueber die Haltung dieser beiden Barteien find die oulebt niemand im Juland und im Ausland über die wah Demokraten sehr böse geworden, und besonders den Rechts- würde des ganzen tragikomischen Films, der uns vorge sozialisten machen sie die schwersten Vorwürfe. Der Abführt worden ist, durchaus würdig sein. geordnete Gothein zum Beispiel fragt sie, ob ihnen denn jedes Verantwortlichkeitsgefühl abgehe. Eine große politische Partei habe Pflichten, nicht nur gegenüber ihren Wählern, sondern auch gegenüber der Allgemeinheit, und Berlin , 23. Juni. diese verlege die Sozialdemofratie aufs gröblichste. Er erDie Berhandlungen des Reichskanzlers innert daran, daß sie den Demokraten zugemutet hätten, über die Bildung des Kabinetts haben heute ihren ohne sie mit der Bolkspartei eine Regierung zu bilden, Fortgang genommen, ohne daß irgend eine Stodung einja daß von ihnen geradezu die Buziehung der Bolkspartei getreten ist. Es darf mit Sicherheit angenommen werden, daß zur Koalition verlangt worden sei. Ihre Führer," so in türzester Zeit das Rabinett, zum mindesten in den fährt Gothein fort, mochten sich stark dafür, daß ihre entscheidenden Ministerien, besetzt sein wird. Fraktion wenn das Programm des Kabinetts nicht be- Ueber die wesentlichen Fragen ist zwischen den an fonderen Anstoß erregte für das Bertrauensvotum stim den Verhandlungen beteiligten Parteien Ueberein. men werde. Die programmatische Erklärung des geplanten it immung erzielt worden, besonders auch insofern, als die Stabinetts Fehrenbach war abfolut einipandfrei. Ihre ab- bisherigen demokratischen und Bentrumsminister in ihren lehnende Haltung begründen die Sozialdemokraten auch Aemtern verbleiben. Die Befehung des Auswärtigen „ Um noch einmal auf die Besprechung bei Viktor Kopp feineswegs mit ihrer abweichenden Stellung zum Programm Amtes mit dem früheren Ministerialdirektor Simon's hat zurüdzukommen, sei bemerkt, daß jeder Einsichtige, der die polisondern lediglich damit, sie könnten einem Kabinett, in allgemeine Zustimmung gefunden. Infolge der endgültigen tischen Verhältnisse kennt, heute weiß, daß dieser Herr rührige dem Mitglieder der Deutschen Volkspartei säßen, nicht das Absage des Geheimrats Wiedfeld wird bereits mit einer bolfchemistische Propaganda treibt. Ein Bestreiten der Bas Vertrauen aussprechen." anderen bedeutenden Persönlichkeit des Wirtschaftslebens ver- ratungen bei Stopp ist an sich sehr leicht, da die Herren wissen, Nicht ohne eine gewisse Schadenfreude bernehmen wir handelt. Der Abgeordnete Beder- Hessen hat aus persön- daß man mit ihnen über den Wahrheitsbeweiß im einzelnen diese und ähnliche Anklagen, denn sie sind zum gulen Teil lichen Gründen die lebernahme eines Amtes ablehnen müssen. nicht verhandeln wird. Es kommt auch nicht darauf an, ob die auf denselben Ton gestimmt, den die Rechtsiozia. Der Minister Stegerwald, der für das Arbeitsmini- Berichte über die Personen der einzelnen Anwesenden oder den listen uns gegenüber zwei Wochen hindurchsterium in Frage tam, hat gewünscht, sein preußisches Porte- ortlaut der Gespräche hier und da nicht ganz genau find (!! D. Red.). Vor allem Handelt es sich um die Tendenz angeschlagen haben. Es läßt sich auch nicht leugnen, feuille zu behalten. Der für dasselbe Ministerium vorgeschlagene(!! D. Red.). Vor allem handelt es sich um die Tendenz daß die Vorwürfe der Demokraten einige Berechtigung abgeordnete Beder- Arnsberg hat gleichfalls aus persön- dieser Verhandlungen und die ist zur Genüge bekannt." haben, und wenn der Vorwärts" versichert, seine und feiner Freunde Saltung habe sich durch eine fast beispiellose lichen Gründen gebeten, von ihm absehen zu wollen. Stlarbeit ausgezeichnet, jo wagt er damit eine storke Behauptung. Von allem anderen abgesehen, war der Artikel,
Vertrauen auszusprechen.
sich selbst außerordentlich widerspruchsvoll, denn er führte
Gin amilicher Troft.
in dem er die Stellungnahme der Fraktion verteidigte, in Der nene württembergische Staatspräsident. in demselben Atemzuge die linkenntnis des Regierungs - Der württembergische Landtag hat heute mit 52 von programms und die arundsäkliche Unmöglichkeit, einem 85 abgegebenen Stimmen den seitherigen Kultusminister Stabinett, in dem die Deutsche Volkspartei size, Vertrauen Dr. Sieber, der der Demokratischen Partei angehört, zum au schenken, als Grund der Ablehnung an. Staatspräsidenten von Württemberg gewählt. Die BürgerparDas Chaos, das durch den Rückzug der Demokraten tei und der Bauernbund hatten demonstrativ ihre 27 Stimmen entstanden war, gebar natürlich am gefttigen Tage allerlei dem früheren Landtagspräsidenten Kraut zugewandt. Die Gerüchte und Kombinationen, und es tauchte in der bürger- Unabhängigen hatten weiße Zettel abgegeben mit der Erklärung, lichen Preise sogar die abenteuerliche Meldung auf, daß sich daß sie das Amt des Staatspräsidenten in Württemberg für unter den Unabhängigen neuerdings eine starke Strömung eine Sineture und überflüssig halten. Der Landtag ver für den Eintritt in die Regierung bemerkbar mache, und daß tagte sich darauf bis zu Beginn der nächsten Woche. Inzwischen neue Verhandlungen mit unserer Bartei angeknüpft seien. werden die verschiedenen Ministerien unter den Parteien verteilt Belbstverständlich war das alles Schwindel Niemand ist an werden
"
diefes Bureau nicht zur Verbreitung der Nachrichten des Staatskommissars dient. Das ist alles, was wir richtigaustellen haben. Alle anderen Feststellungen bleiben in vollem Umfange aufrechterhalten. Die Behauptung, daß die Tägliche Rundschau", die Dentiche Beitung" und der Lokalanzeiger" aus eigener Initiative dem ihnen übermittelten Material noch einiges dafür, daß ihren Alarmnachrichten der Lagebericht des hinzugefügt haben, ist nicht im geringsten ein Gegenbeweis Staatskommissars vom 17. Juni zugrunde lag, sondern dient natürlich nur zur Berhüllung der gemeinsamen Schuld. Der Zusammenhang dieses Lageberichtes mit der neuerdings in der Rechtspresse auftauchenden antibolschewistischen Heke ist nicht zu leugnen und es ist bezeichnend, daß der Staatskommissar auch jetzt wieder den Versuch macht, anderen amtlichen Stellen die Verantwortung für die Verwertung seines Geheimberichtes zuzuschieben. Diefer Ragebericht ist es deshalb, der im Mittelpunkt des Interesses steht und über den der Staatskommiffar fich noch näher wird äußern müssen. In den" P. P. N.", die noch immer sich als angebliches rechtssozialistisches Organ gebärden, sich aber auch heute nicht scheuen, als Ablagerungsstätte einer offiziösen antifolschemistischen Heze zu dienen, bemerkt der Staatskommissar zu seinem Ragebericht folgendes:
Diese Auslassung ist ein feiger Rückzug des Staatskommissars, durch den er versucht, sich um die Verantwortung für die Behauptungen seines Spigelberichtes zu drücken. Der Staatsfommissar hat in diesem Bericht behauptet, nach zuverlässiger Mitteilung hat am 14. d. M. abends bei dem Vorsitzenden der russischen Kriegsgefangenendelegation Viktor Kopp in der Fasanenstraße eine Besprechung stattgefunden, an der u. a. Däu mig, Malkan, Levi, Reich, Ebstein, Cohn und Herzfeld teilnahmen". Man vergleiche diese kategorische Darstellung mit den neuen newundenen Erklärungen des Staatskommissars. stellen demgegenüber nochmals fest, daß feiner unserer Parteigenossen, die der Geheimbericht des Staatsfommissars aufzählt und zu dem die Nechtspresse beliebig noch ein paar Namen hinzuerfunden bat, irgendwelche Berhandlungen mit Bittor Kopp gepflogen hat. Wir erwarten, daß der Staatskommissar ohne jed Verklausulierung die Namen derjenigen Parteigenosse
Wir