änderung aller Zahlenbegriffe berücksichtigen, die mit der Entwertung der Reichsmart, ihrer bedeutend geminderten Kauftraft verbunden ist.
Der Umfang der bestehenden Inflation tritt besonders traß in der Summe der Bankdepofiten in Erscheinung. Die verzögerte Einziehung der Vermögens- und erhöhten Eintommensteuern bei fortgesetter Inanspruchnahme der Notenpresse macht sich in dieser ungesunden Anschwellung der Papiervermögen geltend und es muß immer erneut darauf hingewiesen werden, daß erst die Abzapfung dieser zusätzlichen Geldsummen zu einer besseren Entwicklung des Geldwertes in Deutschland selbst führen kann. Jegt haben wir die Erscheinung, daß die inlän dische Kaufkraft der Martunter ihre inter nationale Kauftraft zu sinken droht. Die ,, Deutsche Bant" gibt ihre Depositen mit fast 14 Milliarden gegen 1% Milliarden im Jahre 1913 an. Sämtliche deut schen Aktienbanken bezifferten 1913 ihre Einlagen mit 9½ Milliarden Mart, allerdings sind auch die deponierten Gelder bei den Sparkassen und den genossenschaftlichen Kreditinstituten stets sehr umfangreich gewesen. Sie zeigen dort sogar infolge der Aufnahme des Giroverkehrs bei günstigeren Bedingungen sowie der teilweisen Aufhebung früherer Beschränkungen eine stark steigende Ten denz. Im Jahre 1909 schätzte man z. B. die Depositen bei den Banken auf etwa 5-6 Milliarden, die Einlagen bei den Sparkassen aber beliefen sich auf 15% Milliarden, bei den Kreditgenossenschaften auf etwa 2 Milliarden Mark. In den Vereinigten Staaten mit ihrer bedeutend größeren Kapitalkraft und der guten Durchbildung des Depositensystemes betrug die Summe aller Einlagen im Jahre 1909 bereits 59, in Großbritannien bei Sparkassen und Banken zusammen nur etwa 11 Milliarden Mark.
Für die Vergrößerung des Geschäftsumfanges der„, Deutschen Bank" ist es bezeichnend, daß nicht weniger als etwa 600 000 Konten geführt werden gegen 290 000 im Jahre 1913. Die Jntensität der Arbeitsleistung der Bankangestellten wird durch die Angabe dokumentiert, daß trog sehr vermehrter Arbeit nicht mehr Angestellte als im Jahre 1918( jedesmaliger Stand Ende Dezember) beschäftigt wurden, obwohl allein in diesem Zeitraum fast 39 000 neue Konten hinzufamen und das Börsengeschäft des Publikums einen gewaltigen Umfang angenommen hatte. Die zahlreichen Mitbürger, die von der Arbeitsunlust der Angestellten und Arbeiter gar nicht genug reden fönnen, sollten fich folgende Aeußerung des Geschäftsberichtes hinter die Ohren schreiben: An die Arbeitskraft der Angestellten mußten ganz ungewöhnliche Anforderungen gestellt werden. Wir erkennen gern an, daß mit Eifer, zum großen Teil mit vollem Einsatz aller Kräfte gearbeitet worden ist."
Wie hoch der Reingewinn der Großbanken in Wirklichfeit ist, läßt sich aus den veröffentlichten Bilanzen kaum erfennen. Große Erträgnisse auf verschiedenen Konten werden nicht ausgewiesen, sondern als stille Reserven, die gar nicht in Erscheinung treten, sichergestellt. Wenn 8. B. nur ein Wertpapiergewinn von 5% will. deklariert wird, so ist es sicher, daß dies nur ein Heiner Teil des tatsächlichen Gewinnes fein fann, denn das Jahr 1919 mit seiner glänzenden Konjunktur für Wertpapiere hat auf diesem Konto ficherlich höhere Erträge gebracht. Bilanzmäßig wird ein Reingewinn von 62% Mill. angegeben, von denen u. a. 33 Mill. als 12 Prozent Dividende auf das Aftienfapital zur Ausschüttung gelangen, 9 Mill. als Abschlußvergütung an die Angestellten gezahlt und 1 138 440 m. an den Auflightsrat überwiesen werden sollen.
Wie unsympathisch den Herren der Großfinanz jeder Gedanke einer sozialistschen Wirtschaftspolitik ist, fommt deutlich in folgender Erwägung, die den grundsäglichen Teil des Berichtes abschließt, zum Ausdruck:
,, Daß. nicht durch schroffes Eingreifen des Staates in das ge werbliche Leben das deutsche Kapital abgeschredt wird, seine Mitwirkung zu leihen in einer Zeit, in der es sich darum handelt, unserer Industrie diejenigen Mittel zuzuführen, die sie zur Steigerung ihrer Produktion und zur Erhaltung ihrer Kraft im Wettbewerb auf dem Weltmarkte befähigen, ist die Sorge der nächsten Zukunft."
Die Fusion mit fleineren und größeren Privat- und Aftienbanken ist bei den verschiedenen Großbanten seit jeher in bedeutendem Umfange erfolgt und hat die räumliche Ausdehnung über ganz Deutschland erleichtert. Es wurden dadurch zugleich mit der örtlichen oder provinzialen Depofitenkundschaft meist wichtige Verbindungen mit Industrieunternehmen, Handelshäusern usw. gewonnen und die Einwirkung auf den Gang der Wirtschaft an entscheibenden Punkten vermehrt. Aber nicht nur die offene Fusion dient dieser Verschmelzungs- und Machterweiterungstendenz, sondern in vielen Fällen wird zunächst nur
Der Dieb
( Aus dem Tagebuch eines politischen Gefangenen.) Von Ladislaus Sas.
Der Dieb war siebzehn Jahre alt und schielte auf dem linken Auge. Er hatte feine, dünne, nervöse Finger, die unbemerkt in die vollen, buntein Taschen glitten. In seinen Mundwinkeln hatte sich ein spöttisches und überlegenes Lächeln eingenistet. Seine Augen waren ruhelos; fleine Riesel der Lebensweisheit hatten sich in ihnen festgesetzt. Sein Verbrechen war das kleinste: er hatte bloß gestohlen.
Wir bemerkten gar nicht, wie er zu uns gelangte. Plötzlich taucht er unter den müden Menschenschicksalen auf und schielte fichernd die leidenden Verbrecher an. Die gequälen und geschändeten Verbrecher, die nicht gestohlen, nicht geraubt, sondern die menschliche Freiheit verkündet hatten.
Es waren schwere Verbrecher. Sie hatten die Fenster der Baläste geöffnet und die abgestandene Luft des Müßiggangs hin ausgetrieben. Und hatten die Tische, über die Karten geglitten und Goldstücke gerollt waren, für wissensdurstige Menschen mit Büchern vollgelegt. Und hatten in den Kuppelsälen, wo bisher Saß und Klassenunterdrückung verkündet worden waren, das erlösende neue Leben gelehrt.
Es waren schwere Verbrecher. Denn sie hatten den Möbel. losen Möbel gegeben, und ein Obdach jenen, die obdachlos waren. Und Boden den Besitzlosen und ein friedliches Leben den Gorgengequälten.
Es waren schwere Verbrecher. Denn sie hatten das Brot gleichmäßig verteilt.
O, wie glücklich war der Dieb! Er hatte ja bloß gestohlen. Selbstbewußt ging er zwischen uns umher. Fühlte, er stehe hoch über uns. Zerstach mit höhnischem Blick der Menschen Ge sichter. Er war der einzige, mit dem sich selbst der stolze Scherge ins Gespräch einließ. Dieser nahm von ihm sogar Zigaretten an. Wenn allmorgentlich der Wachtmeister hereintam und die Verbrecher zählte, wurde der Dieb von uns getrennt aufgestellt. Uns spien sie Beschimpfungen ins Gesicht, er wurde freundlich angelächelt.
,, Wie ist dieser anständige Dieb unter diese Schurken geraten?" Er war der Günstling der gesehlichen Macht., Wurde bebauert. Ihm wurde verziehen. Denn er hatte ja bloß gestohlen. O, wie glücklich war der Dieb!
zu einer Beteiligung durch Käufe fremder Banfaftien übergegangen, bei denen man sich die Majorität zu sichern und dadurch den notwendigen Einfluß zu erhalten strebt. So weist der Jahresbericht der„, Deutschen Bant" auf die Erträge aus dauernden Beteiligungen bei der„ Deutschen Vereinsbant", bei der Württembergischen Vereinsbank", der „ Hannoverschen Bant", der Essener Kreditanstalt" und mehrerer anderer Banfunternehmen hin und ebenso auf die Teilnahme an Kapitalerhöhungen bei einer Reihe großer industrieller Gesellschaften, denen die„ Deutsche Bank" nahesieht. Jn bunter Folge sehen wir Braunkohlenaktiengesellschaften und Maschinenfabriken, Spinnerei, Weberei und Schuhfabrit, chemische Unternehmen und Elektrizitätswerke und viele andere Industrien aufgeführt und gewinnen eine knappe Vorstellung von der wirtschaftspolitischen Bedeutung vieler Beratungen in den Direktionszimmern der Bank, die in immer umfassenderer Weise zu einem der Zentralpunkte des gesamten ökonomischen Lebens des Volkes geworden ist.
Die Erfenntnis der Macht, die das Finanzkapital in seiner durchgebildeten, vollendetsten Gestalt in dieien Großbanken auszuüben in der Lage ist, zwingt zu ber Frage, ob die Entwicklung unserer Volkswirtschaft, von deren Gestaltung die ökonomische und die kulturelle 3u funft Deutschlands in stärfstem Maße abhängt, einer unverantwortlichen, auf die Erhaltung der Dividende und die Steigerung ihrer Macht gerichteten Gruppe großer Finanzmagnaten überlassen bleiben darf und ob die Wahrung der gemeinwirtschaftlichen Interessen in der heutigen Form des Bantbetriebes möglich sein tann? Die Frage aufwerfen, heißt, sie verneinen."
Wenn wir auch von einer Wertung irgend eines bestimmten Menschen vollständig absehen, und sogar ans nehmen wollen, daß eine Anzahl Bankdirektoren sich in einem gewissen Grade ihrer höheren volkswirtschaftlichen Verantwortung bewußt sein werden, so erscheint es doch als eine Unmöglichkeit, daß bei den Maßnahmen dieser privattapitalistisch orientierten Unternehmen das Gemeininteresse so im Vordergrunde stehen fann, wie es gerade bei den Großbanken unbedingt erforderlich wäre. Hier sind Machtpositionen geschaffen, die stärker sind als der Wille manches Ministers und Dekrete der Volksvertretung, denn in ihnen sammelt sich konzentrierte reale Macht, die Krisen er zeugen, Fabriken zum Stillstand bringen, Arbeitslosigkeit hervorrufen und den Gang der politisch- sozialen Entwidfung entscheidend bestimmen fann.
Die Forderung der gemeinwirtschaftlichen Umgestaltung ber Banken muß mit besonderer Entschiedenheit erhoben werden. Die Köpfe der zahlreichen Angestellten, die tm Bantwesen noch von einer Harmonie zwischen Kapital und Arbeit träumen, müssen revolutioniert und der Wille zum Sozialismus in ihnen entwickelt werden. Die Notwendigteit der geschlossenen Front der Angestellten, Arbeiter und Beamten muß zum unerschütterlichen Dogma aller Arbeitnehmer werden. Die Arbeiterschaft aber muß erkennen, daß in den Bantpalästen der Friedrichstadt , die nach außen so friedlich und ruhig daliegen, im stärksten Maße has Schicksal des gesamten Voltes bestimmt wird und daß die Ueberführung der Großbanken im Gemeinbesitz eine wichtige Vorbedingung erfolgteid souschaftung ist.
Gegen die Todesstrafe
Die Unabhängige Sozialdemokratie hat stets an der Forberung des Erfurter Programms nach Abschaffung der Todesstrafe festgehalten und sie auch bei der Verfassungsberatung in Weimar vertreten. Trotz ihres Widerspruchs wurde damals die Todesstrafe beibehalten. Die Fraktion hat nunmehr im Reichstage folgenden Antrag eingebracht: § 1.
Die Todesstrafe wird abgeschafft. An ihre Stelle tritt bis zur Reform des Strafgesetzbuches die jetzt zulässige Höchststrafe. § 2.
Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündun gin Kraft. Die Beratung dieses Antrages wird unseren Genossen erneut Gelegenheit geben, die heutige Klassenjustiz zu brandmarken, die die Mörder ungezählter Vorfämpfer des Proletariats durch Kriegsgerichte freisprechen und einen Dummenjungenstreich wie die Uebermalung des Bonner Kaiserdenkmals mit roter Farbe, mit zwei Jahren Gefängnis ahnden läßt, die auf Diebstahl höhere Strafen setzt, als auf Bergehen gegen die Gesundheit und das Lebenn ron Menschen. Zugleich werden Sie dabei auf das nachdrücklichste die Reform unseres gesamten Justizwesens, insbe sondere aber der Strafrechtspflege und Rechtsprechung zu fordern haben..
Und dennoch war der Dieb mit seinem Schidjal nicht zufrieden. Er sehnte sich nach Freiheit.
Abend wars. Er hodte neben mir. Schaute mich nicht einmal an, da er sagte:
,, Nachts reiß ich aus."
Zum Abendbrot aß er eine Servelabe und trant nicht schwarzen Kaffee, wie die vielen Arbeiter, der Mittelschullehrer, der Reformierten- Senior oder der Eisenbahn- Obertontrolleur. Nachher verzehrte er einen Apfel und sprach tüchtig der Kognafflasche zu, die für ihn der freundliche Polizist hereingeschmuggelt hatte. Während der Revolution habe ich nicht gestohlen!"- sagte er plötzlich. Aber jetzt..."- Und er machte mit der Hand eine verächtliche Gebärde.
In sein Augen schimmerten der Lebensweisheit winzige Riesel. Er stand auf, versenkte beide Hände in die Hosentaschen , Schritt ted an mir vorbei, zuckte die Achsel, warf mir nochmals zu: Heute nacht reiß ich aus."
Schwere Träume quälten die Verbrecher. Mancher schrie plötzlich im Schlaf auf. Krampfhaftes Buden lief über ihre Nerven. In den Stodwerken wurden ächzend nie begangene Verbrechen gestanden. Die Wände öffneten der Qualen wildem Röcheln die Ohren. Auch die Träume benagten die Leben der Gefangenen. Im Schwarzen Zelt der Nacht litten tausend und aber tausend Christusse.
Der Dieb bot seine Flasche dem Schergen an. Von diesem ließ sich der Scherge sogar mit Altohol bewirten. Sie lächelten und plauderten.
Der Morgens Stille wurde vom Gebrüll des Schergen zerrissen. Die Gefangenen öffneten zitternd die Augen. Mit be truntener Wut fuchtelte der Scherge in des Raumes Mitte.
Welcher gottlose Schurke hat mir die Uhr gestohlen?" Seine Augen traten hervor, wie eine mit Wasser gefüllte Kugel, die zu bersten droht. Unheilverkündend schüttelte er die Faust. Seine Schläfen hämmerten. Jemand hatte ihm auf die Stirne mit Tintenblei ein Kreuz gemalt.
Den Gefangenen wurden die Taschen ausgerissen, alle Winkel des Raumes wurden abgesucht. Die Uhr tam nicht zum Vorschein. Keine Spur blieb von ihr, bloß das fleine, brandmartende, höhnische Kreuz auf des Schergen Stirne.
Bei der allmorgentlichen Visite mußte der Dieb nicht von uns getrennt aufgestellt werden. Er war des Nachts ausgerissen.
Konferenz der Länderregierungen
Amtlich wird gemeldet: Heute vormittag um 11 Uhr trat die Reichsregierung mit den Ministerpräsi denten der Länder und den Vertretern der freien Städte zu einer mehrstündigen Aussprache zusammen. Den Vorsitz führte der Reichskanzler. Der Minister des Aus wärtigen Dr. Simons hielt einen Vortrag über die be vorstehenden Verhandlungen in Spa. Die Aussprache, in der auch insbesondere der Reichswirtschaftsminister, der Reichsminister der Finanzen und der Reichsminister des Innern das Wort nahm, ergab volle Uebereinstimmung. Es nahmen u. a. teil: Ministerpräsident Braun. Preußen; Ministerpräsident Dr. von Kahr , Bayern ; Staatspräsi dent Hieber, Württemberg ; Staatspräsident Geiß, Baden; Staatsminister Dr. Paulßen, Thüringen ; Staatspräsident Ulrich, Hessen ; Ministerpräsident
Tanzen, Oldenburg ; Ministerpräsident Dr. Wendorff, Medlenburg- Schwerin; Erster Staatsminister Frhr. von Reibniz, Medlenburg- Strelik, Bürgermeister Dr. Diestel, Hamburg ; sowie Vertreter der anderen Länder. In Uebereinstimmung mit einer Entschließung der früheren Reichsregierung wurde beschlossen, solche Besprechungen fünftig regelmäßig mehrmals im Jahre stattfinden zu lassen. Teufel als Spizzel
Der
Durch die Beweisaufnahme im Blauprozeß wurde fief in die Spigelwirtschaft hineingeleuchtet, die von den Rechtssozialisten Noste, Seine, Hirsch und Ernst in der Republit ers richtet wurde. Es fonnte festgestellt werden, daß der Spigel Toifl von der militärischen Nachrichtenstelle, in derem Dienste er stand, beauftragt wurde, Verbrechen zu verüben oder dazu aufzufordern, damit der Reichswehr Gelegenheit zum ge waltsamen Vorgehen gegen die K. P. D. gegeben werde. Toifl hat selbst an der Ausführung eines solchen Verbrechens teil genommen; er hat das Attenta auf Orlowsti vorbereitet, an die jungen Kommunisten, die er zu diesem Verbrechen überredete, Waffen, Stahlhelme und Reichswehruniformen geliefert, er hat, nach der Aussage eines 3eugen, sogar die Schläge und Schüsse auf den Ueberfallenen abgegeben und den Raub ge teilt: trotzdem hat das Gericht noch keine Gelegenheit gefunden, diesen Verbrecher unschädlich zu machen; er wurde gestern vor Gericht sogar vereibigt.
Toifl hat seine Verbrechen im Auftrag des Grafen Westarp ausgeführt, jenes Mannes, der im Ledebourprozeß schon eine höchst unwürdige Rolle spielte. Er hatte im Januar 1919 die Erftürmung des Vorwärts" geleitet und war Zeuge der nieder trächtigen Mißhandlungen an den Gefangenen, er ist auch bei der Erschießung der sieben Parlamentare zugegen gewesen, stritt aber vor Gericht alles ab und mußte sich deshalb von meh reren Zeugen ins Gesicht sagen lassen, daß er einen Meineid geschworen habe. Westarp leitete dann später eine militärische Nachrichtenstelle. Von dieser wurde Toifl auch beauftragt, Flugs blätter anzufertigen, die den Anschein erweden mußten, als seien ste vom Roten Soldatenbund".
Es war damals eine eben so fritische Zeit, wie die jetzige; die Reichs we hr war durch die Entente in ihrem Bestandteil be droht. Provokationen mußten geschaffen werden, damit die Arbeiter dieser Clique ihr Blut opferten. Da erschien eines Tages unter anderem ein Flugblatt, gerichtet an ,, Die Angehöri gen der Freiwilligenverbände", in dem den Brüdern im Stahlhelm" gesagt wurde, daß es Zeit wäre, die Waffen niederzulegen: Brüder im Stahlhelm, wißt 3hr, wofür Ihr fämpft? Thr tämpft für die Offiziersme ute Wilhelms des Blutigen. The tämpft für Schlotbarone und Krautjunter." So hieß es wärts lich. Dann tam der gewollte Sa 3: lleber diesen Auswurf der Menschheit werden wir das Stanbrecht verhängen! Darum besinnt Euch!" Unterzeichnet war das Flugblatt Die roten Soldaten." Der Schlußsatz vom Standrecht war es, der die Reichswehr in Bewegung setzte. Flugzeuge überquerten Berlin , Autos machten die Straßen unsicher. Denn hunderttausende Entgegnungen, unterzeichnet Die Soldaten der Reichswehr" überschwemmten Berlin . Und was war es? Bestellte Arbeit! Denn die roten Soldaten", die die meisten dieser Flugblätter umsetzten, waren die Spitzel des Korps Lüttwig und das Manuskript dazu lieferte die Stütze des Grafen West arp, der Kronzeuge im Blauprozeß: Herr Ottomar Toifll
Also doch etwas faul. Der Oberbürgermeister der Stadt Salle, Dr. Riepe, hat sein Abschiedsgesuch eingereicht. Be fanntlich war auf Antrag der Unabhängigen gegen Dr. Rieve ein Disziplinarverfahren anläßlich seines Berhaltens während des Kapp Butsches eingeleitet worden, das aber nichts Belastendes ergab. Daraufhin war eine Verfügung des Oberpräsidenten auf Wiedereinsetzung des Oberbürgermeisters in sein Amt ergangen. Dr. Rieve zieht es jedoch vor, nicht wieder auf seinen Bosten zurückzukehren.
Schillertheater
" Der ehemalige Leutnant kann auch im Schiller Theater nicht flerben. Dort graffitert er unter der Sommerdirektion Sladet in Form eines dretaftigen Lustspiels von Kabelburg und Gordon. Man sollte eine folche militärfromme, neckisch- dumme Reaktionsliebäugelei felbst bei diesen Schwanknöten heute nicht mehr für möglich halten. Aber in diesem Deutschland ist eben nichts mehr unmöglich. Bet Kriegsbeginn bejubelten fie die Striegspoffen mit Hurra, Schmalz und Hoppfaffa, in den Kaufläden lassen sie fich beute noch die widerlichsten Kriegsreklamebildchen in die Hände stecken und ihre Bustspielautoren lassen unter alberner Verspottung der Arbeiters und Soldatenräte den arbeitslosen, aber Gott sei Dant noch immer monofelbewehrten Leutnant zum Fabrikherren avancieren. Denn( wörtlich bei Stabelburg 1) der liebe Herrgott wird sich wieder an seine Leutnants erinnern"! Darum läßt er fie am Schluß Dieses traurigen Lustspiels nach altem Brauch auch noch durch eine reiche Heirat mit einer goldenen Gans glücklich werden. oder er läßt sie in Wirklichkeit sich bei der Reichswehr, Sicher heitswehr und ähnlichen militärischen Schlupfwinkeln wieder maufig machen. Die Backfische innerhalb und außerhalb des Theaters danken es ihm und das berzige Publikum geht mit" Die Darstellung war im Ganzen nicht schlecht. Hans Waßmann , der einen knurrigen Schwiegervater humorvoll belferte, wünscht man die Rückkehr in künstlerische Regionen, ehe es zu spät ist. E. B.
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In der Sommeropern- Spielzeit der Volksbühne, Theater am Bülowplaz, hat, wie im vorigen Jahre, wieder Marimilian Moris die künstlerische Leitung.
Das nächste Volkskonzert des Blüthner- Orchester findet am Montag, den 5, Juli, abends 7, Uhr in der Brauerei Königstadt ftatt. Starten find zu haben im Bigarrengeschäft Horsch, Engelufer 15 ( Gewerkschaftshaus), Freiheit, Breitestr. und an der Abendkaffe. Jm Theater des Weftens gelangt ab Freitag der Schwant Der Rabenvater" von Ftscher und Jaro mit Mar Ballenberg und Gisela Werbezirk in den beiden komtschen Hauptrollen zur Aufführung.
Bon Stanislaw Przybyszewski , dem Freunde und Rampf genossen Strindbergs und Dehmels aus den Tagen der Tafelrunde im Schwarzen Ferkel" bereitet der Verlag Gustav Kiepenheuer , Potsdam , neben einer Auswahlausgabe bereits erschienener Dramen und Erzählungen die Veröffentlichung einiger neuer Werke bor , darunter ben breiteiligen Roman Der starte Mensch" und die Satanistischen" Dämonien, Die Here" und" Die schwarze Magie