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mindestens 90 bis 95 Prozent der Bevölkerung( Arbeiter, Angestellte, Beamte, Lehrer, Akademiker usw.) tritt alsbann eine bitefte und indirette Steuerbelastung, die gegenüber den Leistungen anderer Länder durchaus an der Spitze marschiert. Wird doch in Deutschland bereits bei einem Einkommen von 1600 m. jährlich eine Einkommensteuer erhoben, obwohl sich niemand, der die Verhältnisse kennt, darüber im Unflaren ist, daß dies eine Hungersteuer schlimmster Art sein muß, da bei der jetzigen Kauftraft des Geldes vom sozialen Gesichtspunkte sich noch nicht einmal eine Einfommensteuer rechtfertigen ließe, die einen Familienvater trifft, der über 12 000 M. Jahreseinkünfte verfügt. Dagegen beginnt die englische Einkommensteuer erst bei einem Jahresverdienst von 320 Pfd. Sterl.( bei einer Familie mit 2 Kindern) und dies entspricht bei dem derzeitigen Kurse ver Mart einem Betrage von fast 50 000 M.
II.
Die Erkenntnis von der Unmöglichkeit einer Durchfüh rung des Friedensvertrages zieht ständig weitere Kreise und die Konferenz in Spaa ist zu einem nicht geringen Teile darauf zurückzuführen, daß die 3 weifel über die Erfüllung der finanziellen Forderungen immer mehr in den Vordergrund treten. Die Atmosphäre, in der dieser Versailler Vertrag entworfen und seine Unterzeichnung erzwungen wurde, beginnt zu weichen und in einigen Ländern insbesondere Italien und England sowie Amerika dämmert ein Gefühl für die Absurdität der wirtschaftlichen Bedingungen, die von Deutschland unerhörte Entschädigungen fordern und das zur Leistung dieser Wiedergutmachung erforderliche Wiederaufleben der deut schen Boltswirtschaft gleichzeitig verhindern wollen. In dem hervorragenden Buche des Engländers John May nard Keynes „ Die wirtschaftlichen Folgen des Fries bensvertrages", das jetzt in einer deutschen Uebertragung*) erschienen ist und von jedem Menschen, der sich mit den wirtschaftlichen Problemen Europas - wie es durch den Friedensvertrag geschaffen worden ist- beschäftigen will, gelesen werden muß, heißt es einmal:
Der Friedensvertrag enthält teine Bestimmungen zur wirts schaftlichen Wiederherstellung Europas , nichts, um die geschlagenen Mittelmächte wieder zu guten Nachbarn zu machen, nichts, um bie neuen Staaten Europas zu festigen, nichts, um Ruß land zu retten. Auch fördert er in teiner Weise die wirtschaftliche Interessengemeinschaft unter den Verbündeten selbst. Ueber die Ordnung der zerrütteten Finanzen Frankreichs und Italiens oder den Ausgleich zwischen den Systemen der alten und ber neuen Welt fonnte man fich in Paris nicht verständigen. Der Rat der Vier schenkte diesen Fragen teine Aufmerksamkeit, da er mit anderem beschäftigt war. Clemenceau , das Wirtschaftsleben seiner Feinde zu vernichten, Lloyd George , ein Geschäft zu machen und etwas nach Hause zu bringen, was wenigstens eine Woche lang sich sehen lassen fonnte, der Präfi bent, nur das Gerechte und Rechte zu tun. Es ist eine bemertenswerte Tatsache, daß das wirtschaftliche Grundproblem eines vor ihren Augen verhungernden und verfallenden Europa die einzige Frage war, für die es nicht möglich war, die Teilnahme der Bier zu erweden. Wiedergutmachung war ihr Hauptintereffe auf wirtschaftlichem Gebiet, und sie behandelten sie als eine Frage der Theologie, der Politit, der Welttaftit, furz, von jedem anderen Gesichtspunkt als dem der wirtschaftlichen Zukunft der Staaten, beren Schidfal in ihrer Hand lag."
Keynes hat der Friedensdelegation als Vertreter des englischen Schazkanzlers beim Obersten Wirtschaftsrat angehört. Seine Warnungen und Widerstände blieben auf der Pariser Konferenz, deren Geficht er anschaulich geschildert hat, unberücksichtigt, so daß er am 7. Juni 1919, als er sah, daß wesentliche Aenderungen der Friedensbedingungen nicht zu erreichen fein würden", von seinen Aemtern zurüdtrat. Das Buch gibt eine eingehende Schilderung der wirtschaftlichen Bestimmungen des Vertrages, stellt sie in einen Vergleich mit der Leistungsfähigkeit Deutschlands , den Möglich feiten der Vertragserfüllung und tommt zu einem vernich tenden Urteil, das auf einer genauen Kenntnis und unwiderleglichen Einsicht in die ökonomischen Kräfte Eurepas beruht. Viel bedeutungsvoller als diese Berneinung ber utopischen Forderungen aber ist seine flare Herausarbeitung der Konsequenzen, die dieser Vertrag, falls seine Erfüllung erzwungen werden sollte, hervorrufen muß. Nicht nur das Schicksal Deutschlands oder Mitteleuropas steht in Frage, *) Bei Dunder& Sumblot, München .
Ein Korrespondent des Manchester Guardien" schreibt seinem Blatte folgende interessante Einzelbeiten über die russischen Propagandazüge, deren 3wed es ist, die Ideen des Bolschewismus bis in die entlegensten Teile des russischen Reiches zu tragen. Als ich im Oktober vergangenen Jahres die russische Front überschritt, sah ich in jeder Bauernhütte, in den Dörfern und in ber tleinen Stadt, wo ich die Eisenbahn nach Mostau bestieg, ebenso wie auf den Stationen auf der gangen Linie, als erstes bie sorgfältig durchgearbeitete Blafat- Propaganda über den Krieg. Da waren Platate, die Denikin darstellten, wie er mit gespreizten Beinen über den Kohlenfeldern Rußlands steht, während die Fabritschornsteine ohne Rauch daftanden, der einfachste Ausdrud, um zu zeigen, daß man Denitin schlagen müßte, um Kohle zu erlangen. Andere Blafate zeigten die Behandlung der Bauern durch die Weißen, ich sah Platate gegen die Fahnenflucht, Bla fate die den Kampf Rußlands gegen die übrige Welt darstellten. Ich sah auch Platate, die zum Kornanbau aufforderten und solche, die in einfachen Bildern erprobte landwirtschaft. liche Methoden darstellten.
Ich hatte dann auch Gelegenheit, zwei Propagandazüge zu Jehen, die dazu dienen, Mostau in Kontakt mit der Front und ben entlegenen Bezirken zu setzen.
Rußland ist für diese innere Propaganda in 5 Bezirke geteilt; jeber Bezirt hat seinen eigenen Zug, der eigens für die besonderen politischen Bedürfnisse des Bezirts ausgestattet ist und seine bes sondere Mannschaft hat. Die 5 3üge, die zurzeit vorhanden find, heißen Lenin "," Swerdlow",„ Ottober- Revolution",„ Der Rote Diten"( ber augenblidlich in Turtestan ist) und der Rote Rojad", der auf einem Nebengleis des Bahnhofes von Kurst zur Abfahrt nach Rostow und dem Dongebiet bereitstand, zusammen mit Lenin ", der zur Ergänzung seiner Ausrüstung und zu neuer Be malung zurüdgetehrt war.
Burow, der Organisator dieser Züge, ein fleiner, begeisterter Mann in geflidter Lederjade, führte eine Gesellschaft von Frem ben einen Schweden , einen Norwegen , zwei Tschechen, einen Deutschen und mich durch seine Züge, in Begleitung von Radet. Burow hoffte, daß dieser Lenin zur Besichtigung der Züge veranlassen würde und daß man ihn dann tinematographisch aufnehmen tönnte.
Die Züge tragen an den Seiten große Bilder. Eins ist z. B. in 2 Hälften geteilt. Auf der linken ist eine Darstellung der Arbeiter und Bauern der Sowjetrepublit, während auf der rechten ber Himmel der Weißen" dargestellt ist. Man steht dort einen Offizier, der einen Soldaten ins Gesicht schlägt, wie es in der zarijtijchen und in einer der legten gegenrevolutionären Armeen geschah. Ein anderer. Waggon illustriert die Methoden des Zarismus, der dem Bolt in den staatlichen Schnapsläden Schnaps ver tauft und es dann, wenn es betrunken ist, von den staatlichen Schuyleuten prügeln läßt. Ein anderer Waggon zeigt ein schönes Bild von Stenta Rasin in seinem Boot, wie er den Fluß hinauf
sondern die weitere Geftaltung der gesamten catagen Entwicklung, die von den großen Wirtschaftsgebieten Mitteleuropas gar nicht loszulösen ist. Auch die ebenso enge Verknüpfung der west- und mitteleuropäischen Länder mit Rußland betont Keynes in prizipieuen, beachtenswerten Ausführungen. Was er über die internationale Bedeutung des Währungsproblems, der internationalen Verschuldung und der Inflation sagt, gehört in der kurzen, eindrucksvollen und treffenden Darstellung zum Besten, was über diese wichtigen Fragen veröffentlicht worden ist.
Die Wirkung des Keynesschen Wertes soll besonders in England außerordentlich groß sein und die Verbreitung der Einsicht von der Unerfüllbarkeit des Vertrages wird als sein besonderes Verdienst angesehen. Hier hat ein Mann, der die Zusammenhänge der modernen Wirt schaft in allen Einzelheiten übersieht, dem feine Junich vorstellungen die Klarheit des Urteils getrübt haben, einer wissenschaftlichen Ueberzeugung Ausdrud gegeben und es ist sicher, daß eine derart sachliche Darstellung, die nich von politischen Sympathien für einzelne Länder nach Möglichfeit freigemacht und nur das Schicksal Europas im Auge be= halten hat, auf die Dauer nicht ohne weittragende Einwirkungen bleiben kann. Allerdings müssen wir uns feiner Illusion darüber hingeben, daß die Leidenschaft bis heute noch fast unumschränkt in den vom Kriege am schwersten ge= troffenen Ländern herrscht und daß die Durchsehung einer so bitteren Erkenntnis wie das Wissen um die unerfüllbars feit des Versailler Vertrages sie bedeuten müßte, bei den Völkern, die systematisch mit der Ueberzeugung ,, le noche payera tout"( Deutschland zahlt alles) erfüllt worden sind, weder leicht noch ungefährlich für die augenblicklichen Machthaber sein dürfte.
Jm Gothaer Ländchen herrscht noch immer der Ausnahmezustand. Ein Regierungskommissar, namens Holle ist eingesetzt, der die Ausführungsbestimmungen zu überwachen hat, und dieser Herr maßt sich auch die Zensur der unabhängigen Presse an. Als Ende Juni unser Parteiblatt in Gotha die Nachricht brachte, daß der Organisator des Kapp- Putsches in Gotha , Herr Leutnant Sieland, wieder zurückgekehrt sei, bekam es von Herrn Holle ein Schriftstück zugesandt, in dem es hieß:
,, Schriftsätze im„ Gothaer Volksblatt" und der im gleichen Berlag hergestellten Drudschriften, die sich mit der Per [ on des Leutnants Sieland beschäftigen, unterliegen mit dem heutigen Tage der Vorprüfung. Die Fahnenabzüge sind mir in Doppel vorzulegen, bean stan= bete Teile sind vom Abdruck und von der Verbreitung ausgeschlossen. Auch die etwa beabsichtigte Beröffentlichung der vorliegenden Anordnung unterliegt dieser Borprüfung."
Herr Leutnant Sieland hat während der Kapptage in Gotha die Einwohnerwehren und Zeitfreiwilligen gegen die ver fassungsmäßige Regierung mobil gemacht. Er hat die Schießereien auf den Straßen provoziert, denen mehr als 100 Proletarier zum Opfer fielen. Sieland hat auch mit den Arbeitermördern von Mechterstedt , den Zeitfreiwilligen- Studenten aus Marburg , in Verbindung gestanden. Seine Berson ist also heilig. Immerhin dürfte es für viele eine eigenartige Neuheit sein, daß zum Schuge eines Kappisten, der eigentlich hinter Schloß und Riegel gehörte, über ein deutsche Zeitung die Vorzensur verhängt wird.
Der Streik in Dettingen
Wir hatten in unserer Sonnabend- Morgennummer berichtet, daß auf der Zeche Gustav in Dettingen im Kreise Aschaffen burg ein Proteststreit wegen des 10prozentigen Steuerabzugs ausgebrochen sei. Dazu wird nun weiter durch das Wolffiche Bureau mitgeteilt, daß die Belegschaftsver sammlung der Zeche Gustav die Fortjegung des Streits be schlossen habe. Die Mehrheit wollte mit diesem Beschluß erreichen, baß bie 28gliedrige Kommission des Reichstags schleunigst die Aufhebung des zehnprozentigen Steuerabzugs beschließt.
In unserer ersten Meldung wurde bereits gesagt, daß der Strett ohne Einwilligung des Betriebsrates beschlossen wurde. Ueber die Stellung der Gewerkschaften und Betriebsräte zu diesem Streit berichtet nachstehende Wolff- Meldung:
Das Gewertschaftstarte II und die Betriebsräte Aschaffenburgs haben den Streit auf ber 3e che Gustav, durch den Aschaffenburg , Darmstadt und
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rudert. Darunter stehen folgende Worte: Jch greife nur die Reichen an, mit den Armen teile ich alles." Auf der einen Seite läuft das arme Bolt zu ihm hin, während auf der anderen die Reichen ihn aus ihren Schlössern beschießen. Der„ Rote Kosac" besteht aus 16 Wagen, und jeder ist auf beiden Seiten mit Bilbern bemalt. Die innere Ausstattung der Züge ist ein bündiger Beweis, daß die Russen zur Organisation fähig sind, wenn sie ihren Verstand daran jezen. Wir gingen durch alle Wagen. Ein Waggon enthält die funtentelegraphische Ausrüstung, die eine be trächtliche Reichweite hat. Ein anderer enthält eine Zeitungsbruderei, die eine tägliche Ausgabe von 15 000 Exemplaren herstellen tann, so daß der Bezirt, den der Zug bedient, seine Nachrichten gleichzeitig mit Mostau betommt, lange bevor die westja" oder die Prawda" ihren Weg dorthin finden. Ein ande rer Wagen enthält ein Kino mit Sigplägen für 150 Personen. Innen- Borstellungen werden jedoch nur für die Kinder gegeben, die während des Tages tommen müssen, oder im Sommer, wenn die Abende zu hell sind und teine Borstellung im Freien erlauben. Gewöhnlich wird jedoch des abends an einer Seite der Bahn ein großer Leinwandschirm errichtet, worauf aus dem Kino- Wagen Die Bilder projiziert werden, so daß Tausende zugleich den Vors führungen beiwohnen tönnen. Burow führte uns einige Filme vor, u. a. eine Kinderversammlung in Petersburg und die große Demonstration zu Ehren der 3. Internationale, die im vergangenen Jahr in Petersburg stattfand. Ein Waggon enthält die elektrische Kraftstation, die den Strom zur Beleuchtung des Zuges und für den Antrieb der Druckpresse liefert. Dann ist noch ein Buchladen vorhanden, und während die Käufer sich Bücher aus juchen, spielt ein Grammophon revolutionäre Lieder oder spricht Reden von Trojky oder Lenin . Andere Wagen enthalten die Wohnräume für das Personal, geteilt nach ihren besonderen Aufgabenkreisen( politische, militärische, das Unterrichtswesen betref fend usw.). Der Zug dient jedoch nicht ausschließlich der Agitation. Er befizt einen Stab von Personen, die den örtlichen Leitern Ratschläge geben, das Unverstandene erklären und so in feber Weise die Jbeen des Zentrums rasch nach den entlegenen Teilen der Republik bringen. Er arbeitet jedoch auch in der umgefehrten Richtung, indem er die Ansichten der entlegenen Teile nach Mostau berichtet. Das wird durch einen Brieftasten illu striert, der an einem Wagen befestigt ist und die Aufschrift trägt: Für Klagen und Beschwerden aller Art. Jedermann, der fich schlecht behandelt glaubt, der unzufrieden ist oder einen Vorschlag schlecht behandelt glaubt, der unzufrieden ist oder einen Vorschlag zu machen hat, tann auf diese Weise mit dem Zentrum sprechen. Wenn der Zug auf Reisen ist, wird seine Ankunft vorher telegraphisch angekündigt, damit die lotalen Sowjets von seinen Einrichtungen vollen Gebrauch machen und sich darauf vorbereiten fönnen. Der staunenerregende Bilderzug tommt an, beginnt seine Zeitung zu verteilen, vertauft seine Bücher( wie man mir fagte, wird der Buchladen auf jeder Station gestürmt), sendet auf 40 Meilen beiderseits der Bahnlinie Bücher und Blatate auf mitgeführten Motorrädern aus und belebt die Bevölterung mit seinem Kino,
Jch zweifle, daß je eine wirkungsvollere Propaganda erdacht worden ist. Wenn man die Frage aufwirft, ob Rußland imftande
andere Ctte jeit zwei Tagen ohne Licht und Strom ind, mit allen unabhängigen und rechtssozialistischen Stimmen gegen die Stimmen weniger Kommunisten auf das aller fchärfste verurteilt. Diese lokalen Streits schädigten nur die Sache der Arbeiter und die Arbeiter selbst. Nach der So zialistischen Volkszeitung wurde der Dettinger Streit in einer tommunistischen Parteiversammlung bezw. im fommunistischen Gewerkschaftstartell am legten Mittwoch beschlossen.
Sollte diese Wolff- Meldung zutreffen und sich auch die unab hängigen Mitglieder des Gewerkschaftskartells und der Betriebss räte gegen diesen Streit ausgesprochen haben, so handelt es sich hier zweifellos um eine der Erregung der Stunde entsprungenen Sonderaktion. Solche Absplitterungen sind immer nur von Nachteil für die, die sich nicht einfügen fönnen in die allgemeine Kampflinie. Die betreffenden Arbeiter schädigen sich selbst, indem ihr Kampf durch die ausbleibende Unterstügung der übrigen orgas nisierten Arbeiterschaft notwendig zur Niederlage führt.
Der verbotene Frontbund
Der Reichswehrminister Geler hat den Frontbund verboten und gegen seinen Gründer, Hauptmann Pfeffer, einen Safts befehl ergehen lassen. Damit wurde wieder einmal der Deffentlichkeit Sand in die Augen gestreut und eine nichtswürdige Kos mödie aufgeführt. Denn der Frontbund besteht nach wie vor weiter, er entfaltet eine äußerst rührige Tätigkeit und auch der Hauptmann Pfeffer bewegt sich ganz ungestört in Deutsch land. An die Ortsgruppen des Bundes sind in den letzten Tagen neue Anweisungen ergangen, in denen zur emsigen Arbeit auf gefordert wird. Man hofft auf die baldige Beseitigung des Vers botes durch die neue Regierung.
„ Bis dahin soll zu keinerlei Handlung aufgefordert werden, die irgendwie strafbar sein fönnte. Offizielle Mitgliederlisten werden bis dahin nicht geführt, Beiträge werden nicht erhoben. Es bleibt auch noch so Arbeit genug für die kurze Spanne Zeit übrig: Aufklärung, mündliche Aufklärung! Aussprache, Bes Sprechung, Sammlung von Wünschen aller Art! Vorbereitung und Ueberlegung alles Nötigen, damit am Tage unserer Wieders anerkennung die Berufsvertretung der Truppen, möglichst auch schon ganze Landestruppen mit einem Schlage fig und fertig das teht! Und sofort mit der Bearbeitung der dringendsten Note stände endlich anfangen fann!"
Für die Aufklärer sind besondere Richtlinien aufgestellt worden, die vor allem für Pommern , wo die gesamten Baltikumer vom Frontbund erfaßt sind, Gültigkeit haben. Wir greifen aus den Richtlinien folgende Punkte heraus:
10. Hauptsache ist, daß sich sofort eine Zentrale, eine Organis sation bildet, die selbständig arbeitet, sodaß die Zugereisten bald wieder für andere Aufgaben frei werden. Die Organis sation nimmt mit Paderborn Fühlung auf und beginnt baldigst ihrerseits die Nachbartrupa pen aufzutlären.
11. Die Truppenberufsvertretung und die örtlichen Aufklärer müssen immer wieder alle paar Tage bei ihren Truppen die Frontbundgedanken wachhalten und den Kampf gegen unsere Gegner mit Eifer führen. Mißstände, Wünsche, Vorschläge, Mate rial gegen unsere Gegner werden gesammelt, bearbeitet nach Paderborn weitergegeben.
12. Jede Mitteilung nach Paderborn ist von größter Wichtigs teit: Besonders viele Adressen von Gesinnungsgenossen, Berichte über Verfassung der Truppen, Material für die Tätigkeit des Frontbundes mit genauen Angaben über Verfügungen mit Nummer, Datum, Namensangaben usw. Aeußerungen von Gegnern. Genaue Adresse oder Dedadresse des Aufklärers.
13. Presseartitel und neue Flugblätter müssen grundsätzlich durch die Zentralstelle Paderborn gehen. Ents würfe aller Art sind sehr willkommen.
Die Zentralftelle in Paderborn befindet sich im Hotel Löffelmann. Dort verkehrt auch ganz ungestört der Haupts mann Pfeffer. Die fieberhaften Arbeiten, die von dieser Stelle betrieben werden, zeigen jedenfalls recht deutlich, von welcher Seite aus Deutschland wirklich ernstlich bedroht wird. Die Res gierung freilich will diese Gefahr nicht sehen, sie gewährt den Militaristen freiesten Spielraum und läßt, sich ganz von dem drohenden„ bolschewistischen Schreden" einfangen, den die Rechtspreſe ausmalt, um ihre eigenen Pläne zu verhüllen und sie um so ficherer zur Tat heranreifen zu lassen.
ift, nachdem es seine militärische Verteidigung organisiert hat, das schwierige Problem des wirtschaftlichen Aufbaus mit ähnlichem Erfolg zu meistern, ist das Vorhandensein solcher Einrich tungen, solcher Propagandamittel, ein nicht zu unterschäßender Fattor. Bis jetzt sind diese Züge Propagandamittel für die Sowjets gegen die Weißen" und ihre ausländischen Unterstützer gewesen, doch jetzt, wo der Bürgerkrieg aufhört, find schon zwei Büge für einen anderen 3wed bemalt worden. Obgleich die pol nische Invasion die allgemeine Aufmerksamkeit nochmals von den wirtschaftlichen Problemen abzieht und das Beste des ruinierten Landes für Kriegszwede benutzt werden muß, hofft man doch, daß alle fünf 3üge in naher Zukunft nicht den Kampf propagieren werden, sondern die Arbeit, um Rußland von der wirtschafts lichen Krisis zu befreien, die sich schon 1915 bemerkbar machte. Bon dieser Zeit bis zum heutigen Tage hatte Rußland niemals Frie ben, der die erste Bedingung zur Gesundung ist.
Rechenerempel
Bon Ignaz Wrobel
Wenn", sagte mein guter Onkel Frig, 2 Offiziere und 60 Reichswehrsoldaten nötig sind, um einen Pazifiken- wie zum Beispiel Hans Paasche zu töten, wieviel Soldaten und Offi ziere muß dann die neue Reichswehr haben?"- Ich weiß es nicht!" sagte ich.„ Paß gefälligst auf!" sagte der gute Onkel. die Militärs sehr, aber sehr unbequem sind- denn sie haben ,, Es gibt annähernd zweitausend Leute in Deutschland , die für den Rummel erkannt, tönnen reden und schreiben, und die Arbeiter hören auf sie. Also-?" Ich rechnete angestrengt. 3weiundsechzigtausend Mann", sagte ich schließlich. 3weis tausend Offiziere und sechzigtausend Mann. Das genügt." Dummer Junge!" sagte Ontel Frig. Das ist zwar richtig multipliziert. Aber was machen wir mit den fünfzigtausend Offizieren, die noch untergebracht werden müssen?" Ich sagte: ,, Lieber Ontel, da haben wir noch die Abwidlungsstellen und die persönlichen Stäbe und die Bolschewistenbekämpfungsnachrichten stellen und die Einwohnerwehren und die Sicherheitswehren- die Wolfgang- Seineschen Sicherheitswehren, Ontel!"- Wer ist Wolfgang Heine ?" sagte der Ontel mürrisch.„ Ein Sozialist?" ,, Er war einmal einer", sagte ich.„ Aber als er einmal im Regen draußen stand, da ging die Farbe ab und seitdem gründet er Sicherheitswehren. Das ist ein sehr feiner Mann." -Aber wir dürfen doch diese Unfumme von Offizieren gar nicht unterbringen wir haben doch einen Friedensvertrag unterschrieben?" sagte der Ontel.
Da aber lachte ich sehr und flopfte bem guten alten Onkel Frizz auf die Schulter und sagte:„ Du bist noch sehr jung, lieber Ontel Frig. Denn sonst würdest du wissen, daß wir nicht unterschrieben haben, um zu halten, sondern um zu umgehen. Erst kommen die
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