Die Konferenz von Spaa
Ein Stimmungsbild
HR. Spaa, 7. Juli. ( Rachts.) Der heutige Tag ist für die Deutschen günstiger verlaufen als die ersten beiden Sigungen. Ein 3wischenfall ist nicht vorgekommen. Das Unftreten Dr. Simons machte wie gestern so auch heute einen jehr günstigen Eindrud, und auch in Enientefreisen wird zugegeben, daß seine Rede mit großer Deutlichkeit und Geschicklichkeit zusammengestellt war, obwohl auch bemerit wird, daß er wieder die alten Argumente in den Vordergrund rückte. Er wies in seiner Rede auf die großen Schwierigkeiten bei der Entwaffnung hin. Beim Rüdzug des deutschen Heeres im Jahre 1918 jeien viele Waffen in die Hände der bürgerlichen Bevölkerung gelommen, wodurch die Durchführung der Entwaffnung tief ins bürgerliche Leben einschneiden wird und auch eine große wirtschaftliche Bewegung verursachen lann. Schließlich betonte Dr. Simons, daß es die Sache Deutsch lands sei, einen Vorschlag zu machen und daß er begreife, daß die Entente als Sieger den Wert dieser Vorschläge richtig einschätzen
werde.
General von Seedt hatte ebenfalls seinen guten Tag. Er wies darauf hin, daß die Auslieferungsfrage eine große Verantwortung auf die Schulter der deutschen Regierung bürbe und daß sogar Represalien gegen Regierungspersonen nicht ausgeschlossen seien. Diese Versicherung machte anscheinend einen sehr tiefen Eindruck und ein Stimmungsumschwung war unverkennbar. Von Seedt jette flar auseinander, wieviel Waffen Deutschland besize, wieviel es abgeliefert habe und noch abliefern werde. Er überreichte dabei eine Note mit ausführlichen Zahlen und Ziffern.
Der Vorsitzende Delacroig versuchte von Seedts Rede abzuschwächen und bemerkte, daß von Seedt nur über das Deutschland gehörende Material gesprochen habe, aber nicht auch über das den Alliierten entnommene Material.
Darauf antwortete dann von Seedt, dieses Material sei den türfischen und bulgarischen Heeren zugewiesen worden, und die Alliierten sollten sich in den Arsenalen der Türkei und Bulgariens durch eine Untersuchung von der Richtigkeit dieser Behauptung über
zeugen.
Minister Dr. Simons folgte dem Gang der Besprechungen mit rößter Aufmerksamkeit und bemühte sich sehr, jedesmal die Frage vom deutschen Gesichtspunkt aus betrachten zu lassen.
9. Seedt erklärte weiter, daß Deutschland alles in allem jegt drei Millionen Gewehre habe. Die Auslieferung werde nur sehr langam vor sich gehen. Zwar könnten auch die Waffen der Reichswehr ausgeliefert werden, aber es werde sehr schwierig werden, die Auslieferung der im Besize der Zivilbevölkerung befindlichen Waffen Durchzuführen. Man habe zwar den Vorschlag gemacht, diese Waffen von der Bevölkerung anzulaufen und ein Versuch in dieser Richtung sei bereits gemacht worden, aber die erwarteten Erfolge sind ausgeblieben. Nötigenfalls würde zu Gewait gegriffen werden önnen, aber das berge eine großes Risito für die Regierung ' n fich.
Sigung der Botschafterkonferenz
Die Botschafterkonferenz hielt heute vormittag unter Vorsitz von Jules Cambon eine Sigung ab. Sie beschäftigte sich zuerst mit der Bolts abstimmung in Marienwerder und Allenstein . Die beiden Kommissionen an Ort und Stelle haben Bollmacht bekommen, alle Einzelfragen, die die Volksabstimmung betreffen, zu regeln. Der deutsch - polnischen Kommission, die die Tufgabe hat, die Schwierigkeit des Transitverkehrs zwischen Deutschland und Ostpreußen durch den polnischen Korridor zu regeln, und das in Artikel 98 des Versailler Vertrags vorgesehene blommen auszuarbeiten, ist als Schiedsrichter Herr Deverve geteilt worden.
Lügen für Spac
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Der Hinweis der Deutschen Tageszettung", burch unwahre Nach ten über die innere Lage Deutschlands auf die Konferenz Spaa einzuwirken, scheint auch von dem Wolffschen elegraphenbüro befolgt zu werden. Es brachte in der Mittwochacht- Ausgabe die Meldung, bei der Arbeitslosen- Demonstration im Bullgarten fei der Rechtssozialist Franz Krüger durch unflätige Schimpfworte am Reden gehindert worden, die Demonstranten hätten hn schließlich von seinem Stand heruntergerissen und blutig ge= chlagen, nur durch eine gelungene Flucht habe er sich vor der Synchjufti; der Menge retten fönnen. An dieser Meldung ist ein Wort wahr. Es fielen wohl an einer Stelle ein paar wischenrufe, aber selbst der Vorwärts" muß feststellen, daß der Störenfried von der Wenge sofort zur Ratson gracht wurde. Es andelte sich anscheinend um einen Lodspiel, und zwar um enfalben, der dann die lügenhafte Meldung über Krüger seiner Nachrichtenstelle übergab, die sie sofort an das W. T. B. weiterverbreitete, um Stimmung für Spaa zu machen.
Obwohl die verlogene Meldung von der gesamten Preffe als gefundenes Freffen der Oeffentlichkeit aufgetischt wurde, hat sich das Wolffbüro bisher nicht bequemen fönnen, nun auch die Richttgtellung zu veröffentlichen. Gefiern abend verbreitete es eine andere unwahre Behauptung: sämtliche Vertrauensleute der U. S. P. D. , der Gewertschaften und der Betriebsräte in Halle hätten be= chloffen, wegen des Steuerabzugs in den Generalstreit zu treten, während sich die Bertrauensleute in Wirklichkeit gegen den Streit ausgesprochen haben. In seiner Morgenausgabe mu bas Depeschenbüro diefe Wahrheit selbst eingestehen.
Bezeichnenderweise beteiligt sich an dieser tendenziösen Stimmungs ache auch die von einem erreaktionären Offizier geleitete Breffestelle des Doerpräsidenten Hörsing. Diese behauptet, ommunistische Clemente hätten geßern nachmittag egen den Steuerabzug sämtliche Gruben des MerseburgBrißenfelser annfohlengebietes gewaltsam stilgelegt. Die Sefestelle mill anscheinend mit diese: Meldung sich die Gunst der eattionären Preise zurückerobern, die Hörsings Stopf verlangte, weil phne Rücksicht auf@paa die Aufhebung des Begerungszustandes für Sachfen gefordert hat.
Die Tagesordnung des Rongreffes der dritten Juternationale
O.-D. Kopenhagen, 7. Juli.
the Moskauer Jewieftija" veröffentlichen die Tagesordnung der f den 15. Juli inberufener dritten Internationale: 1. Bericht des refutinfomitees: 2 Berichte der einzelnen Delegierten; 8. Die augencttiche Lag und die Rolle der fommunistischen Internationale; Der Parlamentarismus; 5, Berufsvereinigungen und Fabulräte; Die Rolle und der Aufbau der fommunistischen Partei vor urb ach Erlangung der Macht durch das Proletariat; 7 Nationali dien d Kolontalfragen; 8. Agrarfragen; 9. Aufnahme der Gruppen in e tritie Internationale, die das fommunistische Programni anzufeunen vorgeben; 10. Die Sagung der Internationale; 1. Organisation legaler und konspirativer Kammera"; 12. Komaunthische Jugendbewegung; 18, Waylen; 14 Laufende Angelegen= beiten.
Das Programm der württembergischen Regierung. Im Landtage gab die neue wilettembergische Regierung durch den Staatsoräsidenten Dr. v. Sieber ihr Programm befanni. Als Richtlinien wurden aufgestellt: Erhaltung von Ruhe und Ordming, enge Zusammengehörigkeit von Land und Reich, wirtschafticher und finanzieller Wiederaufbau, ehrliche Versöhnung und Bersuch inneren Ausgleiches auf der Grundlage rücksichtslosen Belenntnisses zur Verfassung und ihres unbedingten Schuges.
Eine Ente. Havas erfährt aus Sofia , daß die Nachricht von dem türzlich gemeldeten anarchistischen Anschlag in Philippopel unrichtig sei und ebenso diejenige von der Zerstörung des dortigen Stadttheaters.
Die Betriebsrätefrage
Die Stellungnahme der Berliner Parteifunktionäre
Die Berliner Parteifunktionäre nahmen gestern zu der Frage, ob selbständige Betriebsrätezentrale oder Betriebsräte 3entrale der Gewerk schaften, ein Referat des Genossen Richard Müller entgegen. Als Korreferent war Genosse Vollmershaus von der Berliner Gewerkschaftskommission bestellt.
Vor Eintritt in die Tagesordnung gedachte der Vorsitzende, Genosse Schindler, der Opfer des Schredensurteils von Raumburg a. d. Saale , durch das 28 Arbeiter zu insgesamt 79 Jahren Zuchthaus und 53 Jahren Gefängnis verurteilt worden sind.
Genosse Richard Müller führte dann in seinem Referat aus: Unser flares revolutionäres Parteiprogramm hat unserer Partei bei dem letzten Reichstagswahlkampf einen starten Erfolg eingebracht. Es hat sich gezeigt, daß wir um so leichter das revolutionäre Proletariat unter unserer Fahne versammeln fönnen, je flarer und entschiedener wir unsere Grundsäge aufbauen. Unser Programm fordert nun das Rätesystem als Mittel zur Durchführung des proletarischen Klaffenfampfes. In dem Programm wird aber auch jedem Parteigenossen zur Rflicht gemacht, dieses in Wort und Tat vermirtlichen zu helfen. Darum hat jeder Parteigenosse die Pflicht, innerhalb der Arbeiterbewegung, sei es als Gewerkschaftler oder als Vertreter der Räteorganisation oder innerhalb der Partei, für unser Aftionsprogramm einzutreten.
Der Rätegebante, der in den Novembertagen 1918 geboren wurde, hatte eine starte Werbetraft. Die Erfolge der un= abhängigen Partei sind zum großen Teil erzielt worden, weil wir in unserm Programm dem Rätegedanken Form und Inhalt gaben. Die Partei muß deshalb auf diesem Wege weiter gehen und schon vor Uebernahme der politischen Macht den Ausbau der selbständigen Räteorganisation propagieren, um die Betriebsräte zur Uebernahme der Produktionsmittel vorzubereiten.
Leider hat ein Teil unserer Parteigenossen den Ernst der Situation noch nicht erkannt. Es muß ausgesprochen werden, daß wir als fonfequente Bertreter des Rätegedankens auch den Widerstand der eigenen Parteigenossen überwinden müssen. Wir streiten uns nicht um die Organisationsform, sondern hauptsächlich um den klaren Begriff: was soll aus den Betriebsräten werden? Die Betriebsräte sind Kinder der Revolution und, wir wollen sie deshalb auch zu Trägern des proletarischen Klassentampfes machen. Bon den Aufgaben der Betriebsräte hängt nun allerdings auch die Organijationsform ab. Sie fönnen deshalb unter feinen Umständen eine Filiale des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes , d. h. Organe der Gewerkschaften werden.
Einflußreiche Genossen unserer Partei, die auch führende Gewertschaftler sind, haben das Bestreben gezeigt, die Betriebsräte den Gewerkschaften anzugliedern. Wir wissen nun, daß die Betriebsräte die ihnen gestellten Aufgaben nur erfüllen fönnen, wenn sie als selbständige Organisation sich frei entfalten können. In der gegenwärtigen Situation müssen nun die Parteiorganisationen zu der Betriebsrätefrage auf Grund unseres Parteiprogramms flare Entscheidungen treffen. Solche Entscheidungen sind von den Fraktionen des ersten und zweiten Rätetongresses gefaßt worden. Der erste Rätetongrek hat für die Aufgaben und Ziele, sowie für die Tätigkeit der Räte Richtlinien herausgegeben. Wenn damals jemand den Gedanten ausgesprochen hätte, die Räteorganisation den Gewerkschaften anzugliedern, der wäre ausgelacht worden. Auf dem zweiten Rätetongreß sind die Richtlinien noch schärfer umrissen worden, und gerade die unabhängige Frattion war es, die mit aller Entschiedenheit für die selbständige Organisationsform der Räte eintrat.
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Der März Parteitag der U. S. P. stimmte dem Räteprogramm zu und der Leipziger Parteitag legte sich nochmals programmatisch fest, daß es Aufgabe der Partei sein müsse, den organischen Aufbau der Räteorganisation zu betreiben und ihn mit allen Mitteln und Kräften durchzuführen. Müller verwies dann auf den Aufruf des Parteivorstandes vom 10. Dezember 1919, sowie den Aufruf der Freiheit" vom 4. Ja nuar 1920, in denen die Arbeiter und Angestellten aufgefordert werden, mit aller Kraft an den Aufbau der revolutionären Räteorganisation heranzugehen.
Die Rechtssozialisten und auch die Mehrheit der Gewerkschaftsführer sind jetzt entschiedene Gegner der selbständigen Räteorgani sation. Leider stellen sich auch maßgebende Parteigenossen, die führende Stellungen in den Gewertschaften einnehmen, auf den Standpunkt, daß die heutigen Betriebsräte den Gewerkschaften angegliedert werden müssen. Sie legen das Leinier Programm so aus, daß die darin festgelegten Beschlüsse sich nicht auf die heutigen Betriebsräte, sondern nur auf die politischen Arbeiterräte beziehen. Da nun der größte Teil der Gewerkschaften auf dem Boden der Arbeitsgemeinschaften stehen, wirken sie konterrevolutionär und können niemals die Betriebsräte zur Erfüllung ihrer hohen Aufgabe führen. Die Gründe, die diese Genossen uns entgegenhalten, sind einer brüchigen Jdeologie entnommen. Wenn nun der Genosse Robert Dißmann in einer Besprechung ausgeführt hat, daß es den Parteigenossen überlassen bleiben müsse, innerhalb der Gewerkschaften ihre Stellung na den Gesetzen der Gewerkschaften einzurichten, so macht er praktisch damit dasselbe, was Herr Legien mit den Gewerkschaften gemacht hat. Es muß zu gegeben werden, daß es zwischen den Gewertschaften und den Räteorganisationen zu Kompetenstreitinteiten kommen fann, und hier wäre es deshalb notwendig, dan beide Organisationsformen zu einer Verständigung fämen.
Wir in Berlin waren uns mit der Berliner Gewerffaftstommission bis auf einige wenige Differenzpunkte einig, besonders die Finanzierung der Räteorganisation war noch ein bindernis. Die Parteijunktionäre haben nun die Pflicht, die selbständige Räteorganisation anzuerkennen, wenn sie den Boden des Parteiprogramms nicht verlassen wollen.( Lebh. Beifall.)
Korreferent Genosse Bollmershaus: Es ist bis jetzt noch nicht erroiesen, daß die Gewerkschaftler, die auf dem Boden der USP. stehen, gegen das Parteiprogramm verstoßen, wenn sie innerhalb der Gewerkschaften ihre Tätigkeit so entfalten, wie es dem Interesse der Gewerkschaften richtig erscheint. Eclat die fommunistische Partei vertrat ben Standpunkt, daß die Erfassung der Betriebsräte durch die Gewerkschaften erfolgen milife. Ich muß nun dem von Mäller vertretenen Standpunkt entschieden entgegentreten, daß das Attionsprogramm der Bartel in der Frage der Erfassung der Betriebsräte, die nach dem Betriebsrätegeles ge wählt sind, den zu beschreitenden Weg vorzeigt. Es waren felbstverständlich mit der Propagierung der Räteidce bie politi= Ichen Arbeiterräte gemeint. Das Betriebsrätegesen gibt den Betriebsräten vorläufig nur reingewerkschaftliche Funktionen, deshalb können die Gemert haften auf eine Angliederung der Betriebsräte an die Gewerkschaften nicht verziten. Den Vorwurf, daß wir Gewerkschafter den Boden des revolutionären Klassentampfes verlassen hätten, meisen wir mit Entschiedenheit zurück. Wir arbeiten mit aller Kraft daran, die Gewerkschaften au renolutionteren und arbeiten auch mit Erfolg daran, den Arbeitsgemeinschaften den Boden zu entziehen. Große Gemertschaften haben auf ihren legten Berbandstagungen den Beschluß gefaßt, aus den Arbeitsgemeinschaften auszutreten. Andere Gewerischaften werden folgen. Die Revolutionierung der Gewerkschaften fann eben nur Aufgabe der Gewerkschaften sein; dieses Ziel fann nur erreicht werben, wenn wir in den Gewerk schaften praktische Arbeit leisten.
Sie haben gestern wohl alle die Richtlinien des Gewerkschaftsbundes in der Freiheit gelesen. Wenn diese von Richard Müller und Däumig unterzeichnet wären, wären Sie sicher alle mit einverstanden. Da zeigt es sich eben, daß wir mit Erfolg auch inner halb des Bundes arbellen fönnen. Sauptsächlich dem Druck der Asa war es zu verdanken, daß sich die Herren der alten Gewert
schaftsbureaukratie mit diesen Richtlinien einverstanden erflären mußten. Wir werden deshalb auch den von uns eingeschlagenen Weg weitergehen und werden damit auch als unabhängige Genossen nicht den Boden des Parteiprogramms verlassen und werden deshalb auch nicht weniger revolutionär sein als die Genossen von der Betriebsrätezentrale.( Beijall.)
Bor Eintritt in die Diskussion einigte sich die Versammlung dahin, daß abwechselnd immer ein Redner der beiden vertretenen Richtungen zu Wort kommen soll. Zwei Anträge auf Beschrän fung der Rebezeit wurden abgelehnt.
Als erster Diskussionsredner führte Genosse Hirsch aus, daß von der Revolutionierung der Gewerkschaften bis heute noch sehr wenig zu spüren sei. Wir haben es im Gegenteil erleben müssen, daß einige Gewerschaften unsere Genossen gemaßregeli haben, weil sie im Sinne unseres Parteiprogramms auch inners halb der Gewerkschaften wirken wollten. So Geschte bei den Eisenbahnern, Richard Müller bei den Metallarbei. tern, und jetzt wir sechs Mitglieder der Berliner Angestelltenorganisation. Es ist bezeichnend, daß es zum Teil un abhängige Parteigenossen sind, die diese Maßregelung betrieben haben Abgesehen von einigen Proklamationen ist seit dem letzten Gewertschaftstongreß von der Revolutionierung der Gewerkschafs ten fast gar nichts zu spüren gewesen und es ist daher Pflicht aller revolutionär gefinnter Arbeiter und Angestellten, in den Gewertschaften sich dementsprechend zu betätigen
Als nächster Redner erhält der Vorsigende des deutschen Metallarbeiterverbandes, Genosse Robert Dismann, das Wort. Er führte aus: Es freut mich, daß mir die Gelegenheit gegeben wird, vor den Berliner Parteigenossen zu dieser sehr wich tigen Frage sprechen zu fönnen. Das Problem, das wir hier zu behandeln haben, tann man nicht mit einigen Phrasen erledigen. Von den sogenannten radikalen Genossen wird häufig und gern die Behauptung aufgestellt, daß wir Gewerkschaftsbureaufraten nur nach unseren Bosten schielen und darum gern zu einer Koma promißpolitit bereit sind. Wenn man hier im Kreise der Berliner Barteifunktionäre solchen Unsinn verzapft, so muß ich fragen: wie ist es möglich, daß man so etwas an den Mann bringen fann?
Wir halten es mit dem alten Wort, daß Partei und Ges wertschaften im Streben zur Berwirtlichung des Sozialismus eins sein müssen. Wir haben bereits in jungen Jahren in der Partei wie in der Gewerkschaft unsern Mann gestellt. Wir haben ganz besonders wahrend des Krieges mit Karl Regien manchen harten Strauß ausgefochten. Und schon im September 1914, wie während des ganzen Krieges, hatten wir schwere Kämpfe mit der alten Gewerkschaftsbu= reaukratie zu führen und manch einer der heute mit Steinen nach uns wirft, war damals nicht dabei gewesen. Seit mehr denn 20 Jahren haben wir den Kampf gegen die opportunistische Ge werkschaftspolitif aufgenommen; Sie werden uns jetzt nicht zumuten tönnen, daß wir große Probleme, die das Schiajal der Arbeiters bewegung bedeuten, mit einigen rapitalen nichtsagenden Phrasen abtun. Und wenn einige Genossen denken, sie müssen uns wegen unserer Haltung den schärfsten Kampf ansagen, so fann ich es ihnen schon heute sagen: so leicht, wie es 1917 den Scheidemännern geworden ist, uns aus der Partei herauszudräns gen, geht das heute nicht mehr. Wir haben Heimatrecht in der Partei, anderen Wiege wir gestanden haben. Wir sind nun dabei, innerhalb der Gewerkschaften mit allen uns zur Verfügung stehenden Kräften und Mittein die Gewerkschaften zu revolutionieren. Dazu brauchen wir aber Bewegungsfreiheit und können uns von der Partei leine Vorschrift für jeden Einzelfall machen lassen. Im übrigen handeln wir in den Gewerkschaf ten als revolutionäre Sozialisten. Was Müller uns endichtet, trift uns nicht. Wenn man nun die Räteentwicklung voll würdigen wilt, dann fann man weder auf den Beschlüssen des ersten und zweiten Rätelongresses, noch auf den Beschlüssen des Märspartei tages oder des Leipziger Parteitages Bergleiche anstellen. In diesen programmatischen Forderungen hat niemand an die durch das Betriebsrätegesetz geschaffenen Betriebsräte gedacht. Auch G nosse Crispien, der das Leipziger Programm ausgearbeitet und dem Leipziger Parteitag zur Annahme empfohlen hatte, tana dies bestätigen.
Wir müssen nun die Frage untersuchen, warum die Gewertschaften darauf bestehen müssen, daß die Betriebsräte den Gewertschaften angeschlossen werden. Es ist schlechthin eine Lebensfrage der Gewertschaften. Seit 20 Jah ren fämpften wir um die Anerkennung der Arbeiterausschüsse in den Betrieben, weil die Arbeiter dort ihre Vertretung habea müssen. Das Betriebsrätegesetz nimmt uns die Arbeiterausschüsse und überträgt deren Funktionen den Betriebsräten. Nun frage ich: fönnen wir heute in den Betrieben ohne Vertretung der Ar beiter bei Berhandlungen usw. mit den Unternehmern ausfom men? Der Betriebsrat tann sich nur Bedeutung verschaffen, wenn die organisirte Arbeiterschaft geschlossen hinter ihm steht. Wenn 3. B. ein Betriebsrat gegen Sie Willtür eines Unternehmers ges schützt werden muß, dann wird ihm die Betriebsrätezentrale in der Münzstraße nicht helfen tönnen, dann muß er sich an seine zuständige gewerkschaftliche Organisation wen den. Also, weil der Betriebsrat feine Aufgaben nur erfüllen fann, wenn die organisierte Arbeiterschaft hinter ihm steht, darum müssen die Betriebsräte Organe der Gewerkschaften sein.
Wenn nun gesagt wird, daß die meisten Gewerkschaften auf dem Boden der Arbeitsgemeinschaft siehen, so fann ich an Hand des Beispiels, das die Metallarbeiter gegeben haben, nachweisen, daß wir auf dem besten Wege sind, den Gewerkschaftsbund aus dem Fahrwasser der Arbeitsgemeinsaften herauszuziehen. Auf dem letzten Me tallarbeiter- Berbandstag war niemand, der verlangt hätte, daß wir aus dem Allgemeinen Deutschen Gewertschaftsbund austreten. Und wenn heute trosdem Genossen lommen, und Beter und Morbio chreien, weil wir uns mit Karl Legien an den Verhandlungstisch setzen, so sage ich, das ist De magogie schlimmster rt. Zum Beweise, daß unsere Tätigkeit innerhalb des Bundes von Erfolg getrönt ist, will ich mitteilen. doß der Bundesausschus heute beschlossen hat, einen aus 17 Mitgliedern bestehenden Die Beirat für Betriebsräte 3entrale für DON Betriebss deren Vertreter Deutschland zu bilden, entfandt Industriegruppen räten aus den festgelegten werden. Sinzu kommen zwei Vertreter der ja und drei Bertreter des Bundesvorstandes, davon ein Mitglied des Meinllarbeitervorstandes. Der Bundesausuh hat honte melier eine Schaffung von eligliedrige Kominission eingefeht, die sich mit Industrieorganisationen, in denen die Sand- und Konjarbeiterzufoll. beschäftigen Wollen Gle fammienwirten
werden,
an
nun vieleicht behaupten, daß wir nicht bereits auf dem Wege sind, die Gewerkschaften zu revolutionieren? Wir wollen mit den Be triebsräten in Reih und Glled markieren. im Rahmen des revo Und wenn wiz Klassenlampjes. lutionären her Betriebsräte den GemertHorderung festbalten, daß die fbaften angeschlossen fein müffen, so wird es die Zukunft lebren, wer der revolutionären Arbeiterbewegung den besten Dienst geleistet hat.( Starter Belfall.)
Wegen der vorgerückten Zeit wurde beschlossen, die BerTammlung zu vertagen, und die Bart ileilung beauftragt, in kommender Woche eine neue Sigung zufammenzuberufen.
Zienipische Konferenz in London . In London wurde die zionistische Konferenz eröffnet. Anwesend waren 250 Delegierte aus etwa 30 verschiedenen Ländern, darunter aus Amerita, Deutsch land, England und Rußland . Der Kongreß wählte den amerika nischen Richter Brandeis zum Vorsitzenden und Dr. Mar Nordau zum stellvertretenden Vorsitzenden.
Schwere Explosion in einer französischen Buluerfabrik. Wle Havas aus Dijon meldet, hat sto aftern vormistas eine Explosion in der Pulverfabrik von Vorges ereignet, bet der zehn Personen getötet und dreißig verwundet wurden.