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3. Jahrgang

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Freitag, den 9. Juli 1920

Nummer 269

Abend- Ausgabe

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greibeir

Berliner   Organ

der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands

Annahme der Bedingungen

Die Beratungen der Minister

Amsterdam, 9. Juli.

Die deutschen   Minister, die in Epaa weilen, hatten gestern abend eine längere Beratung. Nachdem sie sich telephonisch mit zwei ihrer Kollegen, die in Berlin   zurüdgeblieben waren, in Verbindung gesetzt hatten, haben sie, wie der Korrespon­dent der Tel.- Union erfährt, beschlossen, die von den Berbün­delen gestellten Bedingungen anzunehmen.

Berlin  , 9. Juli.  ( W. T. B.) Gestern abend fand unter Beisein des Reichspräsidenten  eine Besprechung der hier anwesenden Mitglieder des Kabinetts über die Lage in Spaa   statt. Daran schloß sich eine Aus­prache mit den Parteiführern, an der auch Mitglieder des preußischen Kabinetts teilnahmen. Für heute morgen acht Uhr war eine gemeinsame Sigung des Haushaltsaus sousses und des Reichsrats einberufen. Die Besprechungen waren streng vertraulich.

Die Sigung vom Donnerstag

HN. Spaa, 9. Juli.  ( Nachts.)

Das Sollandsch Nieumsbureau berichtet: Die Konferenz hat heute die Beschlüsse, die von ihren Militärsachverständigen gestern abend unter Vorsitz von Foch   gefaßt wurden, behandelt. Diese Beschlüsse legen in grejer Linie die Entwaffnung fest. Sie verlangen, daß Deutschland   sich verpflichten soll, innerhalb von drei Monaten 50 000 Mann der Reichswehr zu demobilisieren, und bis zum 1. Januar 1921 abermals 50.000 Mann zu entlassen, so­daß am 1. Januar 1921 das deutsche Heer auf die im Friedens­sertrag vorgesehene Stärke von 100 000 Mann zurückgebracht sein wird. Die Sicherheitswehr und die Einwohnerwehr ist sofort auf­zulösen.

In der Besprechung wird dann weiter betont, daß bei den Be= ratungen zwischen den Alliierten und deutschen  Militär, Marine- und Lufisachverständigen neue Zugeständnisse deutscherseits gemacht worden sind. Die Ber­zögerung in der Auslieferung der Torpedoboote wurde auf Koh­lenmangel und Mangel an Personal zurüdgeführt. Inbezug auf das Luftfahrtmaterial gaben die Deutschen   zu, daß von den 12 000 Flugzeugen nur 150 ausgeliefert und 4500 vernichtet worden sind. fodaß noch 7850 sich in deutscher   Hand befinden. Bon den 24 000 Motoren sind 1500 ausgeliefert und 10,000 vernichtet worden.

Minister Simons zeigte sich auch heute wieder sehr geschickt. Er betonte abermals, wie schwer die Durchführung der Ent­waffnung sei, da die Truppenanzahl sehr beschränkt sei und die Revolutionäre teine Waffen ausliefern wollten. Die Korfer­vativen in Deutschland   aber wollten die Waffen nur ausliefern, wenn auch die Revolutionäre entwaffnet würden.

Die Zugeständnisse der Entente

Spaa, 9. Juli. Der Sonderberichterstatter der Telegraphen- Union meldet: Die Forderungen, die im ersten Teil des neuen Dokuments von den Alliierten aufgestellt werden, bringen taum etwas neues. Sie sind im wesentlichen bereits im Friedensvertragent­halten oder sind aus ihm unmittelbar herzuleiten. Neu find da­gegen der zweite und dritte Teil der Abmachungen, die gegen­über dem Vertrage sowohl Erleichterungen wie Erschwerungen be­deuten. Die Erleichterungen bestehen in nicht unwesent= lichen 3ugeständnissen hinsichtlich der Fristenfrage. Be­fanntlich mußte Deutschland   gemäß den Bestimmungen des Ver­trages von Versailles   bis zum 10. Juli die neutrale Zone von Reichswehrtrupen völlig geräumt haben. Der Befehl zur Räu­mung mußte also spätestens heute gegeben werden. Bedenkt man, daß nach den Bestimmungen der neuen Abmachungen die Möglich= teit gegeben wurde, die neutrale Zone und damit auch das Ruhr­ gebiet   noch weitere drei Monate unter militärischem Schutz zu halten, so wird man diesen Vorteil nicht als gering ein­zuschäzen haben. Ebenso muß angesichts der ganzen Sachlage auch Die Frist von 6 Monaten für die Herabsehung des Heeres auf 100 000 Mann als ein 3u geständnis betrachtet werden, da Lloyd George   nur drei Monate bewilligen wollte, und da, wie von zuständiger Seite verlautet, das Gutachten der alliierten Mächte sogar nur zwei Monate feftfette. Was andererseits die im Ab­tommen vorgesehenen Strafvestimmungen betrifft, so bedeuten sie eine wesentliche Verschärfung des Bertrages. Bekanntlich haben sich die Alliierten im Vertrage von Bersailles für den Fall seiner Nichterfüllung das Recht vorbehalten, in Deutschland   weiter ein­zurüden. Nunmehr würde es bereits genügen, daß die interalliierte Kontrollkommission feststellte, daß die Bedingungen der neuen Ab­machung nicht erfüllt seien, um den Alltierten das formale Recht zu neuen Gebietsbelegungen zu geben. Daß in diesem Zusammen­hang in der neuen Abmachung ausdrüdlich das Ruhrgebiet  erwähnt wird, ist für die Gesamtlage besonders charakteristisch, ebenso wie es fehr bezeichnend ist, daß hier plötzlich die Fragen der Sicherheitswehr und der Einwoherwehren erwähnt werden, von denen in den bisherigen Berhandlungen in feinem Worte die Rede war. Die leitenden Männer Deutschlands   schen sich also heute vor der verantwortungsschweren Aufgabe, die Bor­teile und Nachteile der neuen alliierten Bedingungen gegenein­ander abzuwägen. Wie immer auch ihre Entscheidung ausfallen wird, so wird dabei sicherlich die heutige Gesamtlage Deutschlands  nicht unberücksichtigt bleiben können.

Die Entente will bei der Entwaffnung helfen HN, London  , 9. Jult.

Autierten die Entwaffnung auf jeden Fall noch im Laufe dieses Der Korrespondent des Evening Standard" meldet, daß die Autierten die Entwaffnung auf jeden Fall noch im Laufe dieses Jahres wünschen. Sie werden aber gleichzeitig ihre Hilfe an= bieten, um die schwache Regierung in Berlin   in die Lage zu ver fetzen, die Entwaffnung durchzuführen.

Die Kohlenfrage

Spaa  , 9. Juli. Ueber die Vorkonferenz der Alliterten wurde heute nachmittag 2 Uhr ein Kommunique ausgegeben, in dem es heißt:

Die Steinkohlenfrage wird heute auf die Tagesordnung tommen, und die Franzosen werden vorschlagen, daß die Deut­ schen   einen bestimmten Projenijet der Ausbeute ihrer Gruben abtreten. Frankreich   wünscht orzugsrechte. Die Lieferungen für Frankreich   werden in dem gleichen Maße verringert werden, wenn die französische   Kohlenerzeugung sich erhöht.

Der Matin"-Korrespondent in Spaa   berichtete, daß die Alliier­ten beabsichtigen, bei der Beratung über die Kchienlieferung vor­

Die Deutschen verließen die Sigang in ziemlich gebrüd ter Stimmung. Es war ihnen noch bedeutet worden, daß sie sich bis zu der am Freitag vormittag.um 11 Uhr statt­findenden Bolligung über Annahme oder Ablehnung der Beschlüsse entscheiden müßten. Es steht also fest, daß die getroffenen Be­schlüsse von Deutschland   in der Freitagligung unicracichtet werden milffen. Die Konferenz behandelte dann noch die Frage der Pro­zeffe gegen die sogenannten Kriegsverbrecher. Die Alt­ierten sind der Meinung, daß die Deutschen   in dieser Angelegen­heit ebenjorenig Eile gezeigt haben, wie in der Entwaffnungszuschlagen, in Berlin   eine ständige Delegation der Wiedergut­frage. Samans wird in dieser Angelegenheit für die Alliierten prechen. Deutscherseits befindet sich der Justizminister Heinze in Spaa  , um an diesem Teil der Besprechungen teilzunehmen. Lord Birkenhead   und der französische   Justizminister sind in Spaa eingetroffen, um England und Frankreich   in der Frage der Kriegsverbrecher zu vertreten.

machungstommission zu errichten, die die Aufgabe haben soll, die gegenwärtig vom Reichskohlenkommissar vorgenommen: Zu­teilung der Kohle in Deutschland   zu kontrollieren.

Suge Stinnes trifft heute in Svaa ein, um deutscherseits die Beratungen über die Kohtenlieferungen zu leiten. Er ist vom Reichskommissar und Vertretern der Arbeiterdelegation begleitet.

Aufstand hervorzurufen und die Abjetzung der litauischen

Die englische Bergarbeiterkonferenz Regierung herbeizuführen.

Londen  , 8. Juli.  ( Reuter.)

Die Bergarbeiterfonferenz in Leamington   nahm heute eine Resolution an, in der sie erklärt, sich der Aus­führung des neuen Bergwerfgesetzes im Falle seiner Annahme widersehen zu wollen. Smillie jagte, die Annahme der Borlage würde eine Herabjegung der Löhne in einigen Dikritten und einen allgemeinen Wergarbeiterstreit zur Folge haben.

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Polen   und Litanen

Polnische Verschwörertaktik

Kopenhagen, 8. Juli.

Wie der Berlingske Tidende" aus Row no mitgeteilt wird, hat die polnische Regierung nun Litauen   als unabhängi­gen Staat anerkannt. Gleichzeitig mit dieser Mitteilung ist von der litauischen Geheimpolizei eine weit verzweigte polnische Verschwörung entd: dt worden, deren Haupt­leiter der polnische Offizier Waisowitsch ist, der bisher in Kowno   cls polnischer Baßlonsul tätig war. Er hat seine Stel­lung dazu ausgenutzt, bedeutende Geldmittel für die Agitation über die Grenze zu schmuggeln. Die Verschwörung, die über das Land verzweigt ist, verfolgte das Ziel, einen bewaffneten

Das einzig Mögliche

Der Schreibtischkrieger Reventlow sagt in der heutigen Morgenausgabe der Deutschen   Tageszeitung, daß Deutschland   feine Eile habe, und daß eine eilige Bes handlung der deutschen   Lebensfragen" in Spaa   dem deuts schen Interesse durchaus zuwiderlaufe. Die deutschen   Deles  gierten müßten den Alliierten gegenüber flar und fest be zeichnen, welche Forderungen erfüllbar seien und welche nicht. Die Delegierten und das deutsche Bolt müßten Ners ven genug haben, um diesen Standpunkt durchzu= halten. Auch die dem Agrarierblatt gesinnungsverwandte Deutsche Zeitung" schreibt, daß die deutschen   Abgesandten in Spaa auf die Forderungen der Alliierten mit einem glatten Nein antworten sollen. Dazu muß mit aller Deutlichkeit gesagt werden: das deutsche   Volk hat die Durch= halteparolen der Reventlow und Genossen bis zum Etelsatt! Und es ist geradezu verbrecherisch, wenn dieselben Leute, die mit ihren Schreibtischnerven Deutschland   an den Rand des Abgrundes geführt haben, auch jetzt noch die Frechheit aufbringen, ihre Durchhalteparo­len aufzustellen!

Was jetzt zu geschehen hat, ist ganz klar. Die Bedins gungen der Entente müssen unterschriebent werden, so schwer es auch den Militärs und ihren bürger­lichen Dienern fällt. Wir sind durch die Schuld der Durch­haltepolitiker dahin geraten, daß wir uns den Forderungen der Sieger beugen müssen. Aber ganz davon abgesehen, liegt es durchaus im Interesse des deutschen   Volkes, wenn die Be­dingungen der Alliierten restlos erfüllt werden. Die Alldeut­schen mögen feine Eile damit haben; das deutsche Bolt aber hat die größte Eile, daß endlich mit dem Milita tismus in allen seinen Schattierungen auf= geräumt wird. Das Berstedspiel mit der Sicherheits­polizei, den Einwohnerwehren und den Zeitfreiwilligen muß endlich aufhören. Wir wollen den militaristi= schen Geist in Deutschland   mit Stumpf und Stiel ausrotten. Das deutsche   Volt verlangt danach, endlich in friedlicher Arbeit seine Aufgaben zu erfüllen; ins­besondere die Arbeiterklasse will mit den Waffen des Geistes und mit der Kraft, die ihr ihre Stellung im Produktions­prozeß gibt, die Ziele erreichen, die ihr von der wirtschaft­lichen Entwicklung, von der geschichtlichen Notwendigkeit vors geschrieben sind.

einmal

Bemrkenswert ist eine Feststellung, die der Sonderbericht­erstatter der ,, V ossischen Zeitung" trifft. Danach haben an der gemeinsamen Beratung der Alliierten, in denen ihre Erklärung an die deutschen   Vertreier beschlossen worden ist, nicht die eigenen Marschälle teilnehmen dürfen. Die militärischen Fachleute der Entente sollen zu einem anderen, weit schärferen Bor= schlag geraten haben. Es seien also politische Erwä gungen, die den Ausschlag gegeben hätten. Wir wissen, daß dieje politischen Erwägungen der Entente von den fapitalistisch­imperialistischen Zielen ihrer Länder bewegt werden; unbe­schadet dessen muß wiederum auf den schreienden Gegensaz zwischen der Berhandlungsführung der Alliierten und der Ver­treter der deutschen   Regierung aufmerksam gemacht werden. Bei der Entente haben die bürgerlichen Politiker das letzte ausschlaggebende Wort; bei uns aber bestimmen die Mili­tärs die Politif, ein General von Seedt darf in Spaa   an ver­antwortungsvollster Stelle mitwirken. Versteht man noch immer nicht, weshalb die Ententepolitifer so unablässig auf die Entmilitarisierung Deutschlands   drängen?

Die Durchführung der Bedingungen der Entente birgt durchaus nicht so große Gefahren in sich, wie von der deut­ schen   Regierung und der bürgerlichen Presse behauptet wird. Zunächst: wenn die Sicherheitswehr wirklich nur eine Polizei­truppe darstellt, so eniffeide man sie sofort ihres militäris schen Charalters und lasse ihr nur die Waffen, die zur Auf­rechterhaltung der Ordnug notwendig sind. Der einzige Fat­tor freilich, der mit dem militärischen Zauber gründlich und cin file allemal aufräumen fönnte, ist die Arbeiter­flasse. Aber gerade dafür hat die bürgerliche Regierung

Holland   und Wilhelms Auslieferung die größte Angst, sich des Beistandes der Arbeiterschaft bei

London  , 8. Juli.  ( Reuter.)

Bottomley fragte im Unterhaus, ob Holland   Mitglied des Völkerbundes sei und ob die englische Regierung an den Bund herangetreten wäre, um einen Drud auf Holland   herbeizu­führen, damit es seine Weigerung, den vormaligen beut­schen Kaiser auszuliefern, aufgebe.

Bonar Lam bejahte die erste und verneinte die zweite Frage. Auf eine weitere Frage Bottomleys sagte Bonar Law  , er glaube nicht, daß irgendwelche Vorstellungen des Völkerbundes mehr Erfolg haben würden, als die Vorstellungen, die von den Alliierten gemacht worden seien.

ringen ist von der Landesregierung auf den 20. Juli nach Der erste Landtag von Thüringen  . Der erste Landtag von Thü Weimar einberufen worden.

Einberufung des bayerischen Landtags. Der neue bayerische  Landtag ist auf den 15. Juli, vormittags 10 1hr, zu seiner fonfti tuierenden Sigung einberufen worden. Heute beginnen die inter­frattionellen Beratungen über die Bildung der neuen Regierung.

der Entwaffnung zu bedienen. Von ihrem Standpunkt aus fönnen wir das durchaus verstehen, denn die Bourgeoisie fürchtet nichts so sehr, als daß dem Proletariat ein größerer Einfluß ale bisher auf die Machtmitiel des Staates einge­zäumt wird. Von der Arbeiterschaft soll aber die bürgerliche Regierung nicht erwarten, daß fie sie in ihrem Bestreben, das militärische Instrument als Mittel der Aufrechterhaltung ihrer Klassenherrschaft zu retten, unterstügen wird.

Das deuisaje Bolt sieht in der Erfüllung der militärischen Bedingungen der Entente feine Verlegung, seiner Lebens­fragen; es verlangt von den Vertretern be: Regierung, daß endlich ein offenes Spiel getrieben wird. Was jetzt von der Entente fategorisch verlangt wird, das hätte schon längst durchgeführt sein müssen. Und wenn es in den bürgerlichen Blättern jetzt so dargestelt wird, als ob die Alliierten mit der Drohung der Besetzung des Ruhrgebiets eine neue Crpressung an Deutschland   ausüben wollen, so muß man doch ehrlich genug sein, um zuzugestehen, daß gegenüber der hink altender: Politik der deutschen   Regierung nicht mehr viel anderes übrig bleibt, als Drohungen auszusprechen. Das deutsche   Volk wird nicht darüber zugrunde gehen, wenn es