Diese Mitteilung war nichts anderes als eine Irre: Der Zusammenbruch der
führung der öffentlichen Meinung. Sie sollte den Eindruck erweden, als ob die Parteiführer einmütig hinter allen Handlungen her Regierung standen und an den nationalistischen Tireden gegen das Begehren der Entente teilgenommen hätten. Dabei war sajon längst vorher der Verlauf der Sigung befannt und es bestand gar fein Zweifel darüber, daß sie alles andere als eine einmütige Stellung nahme im Sinne der Regierung ergeben hat. Insbesondere ist es eine beleidigende Unterstellung, als ob sich Ber treter der Unabhängigen Sozialdemokratie mit der Regierung und den bürgerlichen Parteien zu einer Entrüftungsfundgebung verbunden hätten.
Diefe beabsichtigte rreführung mußte dazu noch höchst lächerlich wirken, weil anderthalb Stunden vorher das Abfommen in Spaa vollzogen war und die dort anwesenden Vertreter der Presse dieses Ereignis der Welt mitgeteilt hatten. Was also shon fängst der Ceffentlichkeit bekannt war,
polnischen Front
Die Offensive, die Sowjetrußland zur Stunde gegen Polen führt, ist von der polnischen Regierung gewaltsam heraufbeschworen worden. Sowjetrußland hat in den letzten Monaten wiederholt ein Friedensangebot an Polen gerichtet. Es gab flar zu erkennen, daß es keinerlei friegerische Absichten verfolge, es wollte die Gegensäge auf friedlichem Wege schlichten, stieß aber auf den Widerstand der polnischen Regierung, die alle Friedens vorschläge brüsk zurücwies und sie schließlich mit einer großen Offensive auf Kiew beantwortete. Polen , das sehr start imperialistisch orientiert ist, verfolgte mit diesem Schlag gegen Sowjetrußland nicht nur unsinnige Eroberungspläne, sondern es wollte damit auch die Aufmerksamkeit von den inneren Schwierigkeiten ablenten, die immer verwidelter werden und nach Lösung drängen. Das arbeitende Volk sollte mit einem
rung in Erwartung der Einrichtung einer legitimen Regierung und einer Genugtuung für den obigen Borfall zu dem Entschluß, geeignete Punkte in der Provinz Sachalin zu bes jegen.
Mit Rüdicht auf die erfolgte vollständige Räumung der Transbailalprovinzen durch die tschechoslowakischen Truppen hat die japanische Regierung beschlossen, ihre Truppen entsprechend ihren wiederholten Erklärungen aus diesen Gebieten zurüdzu ziehen. Anders verhält es sich mit der Umgebung von labiwostot. Von dort aus ist Korea noch immer bedroht, bie Lage scheint sich sonar zu verschlimmern. Ueberdies leben Jas paner in großer Anzahl in der Nachbarschaft, und Chabarowst ist ein Bunft von strategischer Bedeutung auf dem Wege nach der Proving Sachalin . Angesichts dieser Erwägungen sieht sich die japanische Regierung gezwungen, eine hinreichende Anzahl von Truppen in bdiesen Gebieten zu unterhalten, bis zu der Zeit, wo Friede und Ordnung vollständig gesichert fein wird.
Reine polnischen Truppenansamm das versuchte der Bertreter der Regierung in Berlin als Ge- nationalistischen Rausch derart betäubt werden, daß es leine lungen an der oftprensischen Grenze
heimnis zu behandeln und er verlangte von der Presse, daß sie sich einmütig hinter die Regierung stellen sollte, damit der deutschen Vertretung in Spaa nicht unnötige Schwierigkeiten exwachsen sollten. Dieses halb fomische, halb traurige Spiel war selbst den Vertretern der bürgerlichen Presse au piel. Sie drohten mit dem Abbruch der Beziehungen zur Regierung, wenn diele in der Behandlung der Presse niche andere Bahnen einschlagen wolle. Tum jah sich der Vertreter der Regierung veranlaß noch einmal Informa ionen einzuholen und sie dann der Pree milzuteilen. Danach sollte in Spaa versucht werden, das Ententedokument in drei Teile zu zerlegen, die Entwaffnungsbedingungen und die Zugeständnißfe der Entente zu unterzeichnen, dagegen eine Milderung oder Aufhebung der Straftaufel zu erreichen. Aber auch diese Aber auch diese Informationen waren inguifchen durch die Ereignisse längit überholt werden.
。
Buch aus diesem Borgang fönnte man schließen, daß die Regierung nach immer nicht daran zu denten scheint, mit den gegebenen Laachen za zenen und die notwendigen Folge rungen aus ihnen zu ziehen. Sie will noch immer den Anhijein cumeilen, als ob das deutsche Boff zugrunde gehen mülfe, menn eg ben Militarismus endgültig entfage. Wir merben bemgegenübez ait müde werden zu betonen, daß das Deutsche Belle offer militärischen Organisationen bis zum Haberben fait it. Das Abommen von Spaa muk zelos unb ohne jeden neuen Sinter gebanken.burchgeführt werden. Wenn die Bourgoisie ihre Ordnung ohne polizeilichen Schuß nicht aufrecht
exhalten vermag, fo foll fie fich auf diesen allein befchzänien. Die Regierung hat jehi die Pflicht, nicht nur die Bevminderung des Secres auf 100 000 Mann und die sofortige Auflöjung der Sicherheits- und der Einwohnerwehr, der Seitfreiwilligenformationen und der Freikorps durch zuführen, fie muß auch dafür sorgen. daß alle in Händen des Bürgertums noch befindlichen Waffen, besonders das auf Gütern der Agrarier versteckte Kriegsmaterial herausgeholt und der Bernichtung preisgegeben wird. Wenn die Regiezang mit Energie dieje notwendigen Maßnahmen durchführen will, fo we die Atbeiterschaft hinter sich finden. Folgt fie aber a tünftig den Meijungen der Militärs und der nationalistiden Revancheschreier, lo muß sie sich des er= bittertken, Rampjes des Proletariats gemärtig Laften.
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Die beleidigte Schönheit
Das Berliner Tageblatt" ist uns sehr böse, daß wir die Heldenfaten feines Sonderforrespondenten in Spaa nicht genügend gewürdigt haben. Da es die Berichte des Herrn, die wir als schmod haft bezeichnet haben, frititlos abgebrudt hat, so fühlt es sich von unjerer Kennzeichnung seiner Berichterstattung nur allzu sehr getroffen. Das Blatt, das von jeher in den Leitartikeln seines Chefredakteurs ebenso auch in den Berichten feiner Korrespondenten den Nachdruck austait auf irgendwelche politischen Vorgänge, eaf Klatsch, persönliche Mäßchen oder unappetitlichen Byzantinis mus gelegt hat. möchte mun feinem Bublifum einreden, daß seine Storrefpondenten eigentlich die geborenen Staatsmänner feien, hervorragend an Erfahrung und politischem Verständnis.
Wir brauchen in diefer Sinsicht faum noch das Berliner Tageblatt" an die Klatschberichte feines Wiener Korrespondenten, die in Wahrheit im Stile der Kaffeehausliteraten abgefaßt waren, oder an feine literarisch- ästhetisch und demokratisch- lonfule Berichterstat tung über das frühere und jehige Rußland, vor allem aber an seine Ariegsberichterstattung, zu erinnern. Wir fönnen uns heute damit begnügen, festzustellen, daß der von politischem Verständnis firogende Sonderforrespondent des Blattes gestern früh alles
wirtschaftlichen und politischen Forderungen an den jungen Staat vergaß und sich als Vorspann bez polnischen Junter mißbrauchen Hieß.
Die Rechnung erwies sich als verfehlt. Die Anfangser folge, die die Offensive gegen die Ultaine zeitigte, gerieten balb ins Stoden. Rußland, bas even babei war, jeine Armee ber produttiven Arbeit zuzuführen, male wiederum mobil. Det Angriff, den es abzumehren hatie, vereinigte feine Kräfte, Bolens Armee hatte hatten Schlägen Stand zu halten, sie wurde schlich gezwungen, Riem zu räumen und befindet sich heute auf der ganzen Front im Rüdzug. Der Traum bez polnilden Et oberer ist zu Ende. Sie wollten Räterußland vernichten und müssen nun alle Kräfte anspannen, um nicht selbst der Vernichtung anheimzufallen.
Die Berichte, die über den Zusammenbruch bez polnischen Front und den Vormarsch der Roten Armee aus dem Often tommen, sind zweifellos im Hinblid auf Spaa start gefärbt. Sovte! scheint aber festzustehen, daß die Rote Armee das Festungsbreied Rowo- Dubnow- Lud, bas noch aus dem Weltkrieg befannt ist, durch brochen hat und in Richtung auf Lazno pol und Lemberg sich im Vormarsch befindet. Die Russen licher gestaltet sich aber die Lage der Polen im Norden. scheinen schon galizies Gebiet erreicht zu haben, weit gefährDort ist die Rote Armee bis an die Berejin a porgestoßen und foff fie teilweise sogar schon überschritten haben. Auch in der Richtung Pins- Brest Litows stoßen die Sowjettruppen vor, anscheinend mit dem Ziele auf Warschau . Die pol große Beute an Gefangenen und Kriegsmaterial, Front weist große Lüden auf, die russischen Berichte melden und es wird sich nun fragen, ob Bolen noch ftarf genug ist, sich wieder zu sammeln, die Front zu schließen und en russischen Vormarich zum Stillstand zu bringen.
Die reattionäre Bresse schlachtet den Vormarsch der Rätetruppen natürlich über jede Gebühr aus. Sie sieht den Untergang der europäischen„ Kulius" tojjicher heraufsteigen, ihrem Urteil zufolge müßten die roten Truppen schon nächste Woche an der deut shen Grenze stehen, und was dann kommt, das ist natürlich der Bolichewismus, der nicht Salt machen wird in Deutschland , fondern weiter vorbringen wird, als selbst die Pariser Machthaber glauben." Und das alles, weil die Entente den deutschen Militarismus, der sich so gut als Büttel Europas verwenden fäkt, die Zähne ausbrechen will.
Die Schredensdrohungen, die von der reaktionären Presse ausgestoßen werden, find aber nichts weiter als eitel Phantasie. Möglich, daß Rußland in der Lage ist, Polen noch einige schwere Schläge beizubringen. Es ganz zu überrennen, bis an die deutsche Grenze vorzustoßen, ist politisch, militärisch und wirtschaftlich völlig ausgeschlossen, ganz abgesehen davon, daß Rußland nicht daran denkt, Eroberungen zu machen. Es will und braucht seine gesamte Kraft für den wirtschaftlichen Wiederaufbau. Wenn es jest gegen Bolen operiert, so ist ihm dieser Kampf aufge awungen worden. Kommen die polnischen Machthaber zur Einsicht, denn wird sich bald die Basis für einen Frieden finden lassen, den Rußland für die Dauer ebenso notwendig braucht wie
Die Lage in Bolen
Der Zusammenbruch der polnischen Front scheint nach den jetzt reichlicher einlaufenden Meldungen bedeutend gefährlicher zu sein, als die Bolen bisher erkennen ließen. Die Ratlosigkeit der oberen militärischen Stellen, der Mangel an Waffen und Munition, das völlige Bersagen des Verwaltungsdienstes und die Unmöglichkeit, die Bersorgung der Truppen durch einen geordneten Nachschub durchzuführen, hat eine völlige Demoralisation der pol nischen Trupen zur Folge gehabt. Selbst in reinpolnischen Regi mentern ist es in den legten Tagen häufig zu umfangreichen Meutereien gekommen. Die universitäten haben ge
widerrufen mußte, was er vorgestern gemeldet hatte. Der Herr, ſchloſſen, die polnischen Biföfe tufen das Bolf gegen den Feind
der aus Fochs Lächeln die Gemeinheit der Franzosen und den Konflikt zwischen den Alliierten, aus Lloyd Georges Lächeln aber abgeflärte Mensenliebe herausdestilliert, dieser.Korrespondent, Den Herr Theodor Wolff . menn, er nur die Hälfte des ästhetischen Gefühls eines Roffeehausliteraten befäße, für einen Samod erflären müßte, dieser treffliche Korrefpondent hatte vorgestern gemeldet, daß dank Lloyd Georges freundlichem Lächeln alles in Ordnung sei, und daß ein Konflikt in der Entwaffnungs frage faum noch bevorstände. Gestern früh sandte er dann seinen Alarmbericht über die höchst bedenkliche Situation, die ez felbstverständlich längst vorausgesehen hatte.
Da das„ Berliner Tageblatt" die Leistung seines Korresponden ten, der die Ehre hatte, einen Augenblick dicht neben Lloyd George zu stehen" nicht leugnen kann, da es nicht fühlt, wie wider= wärtig die Anbiederung seines Berichterstattes bei den soviel geschmähten Ententeministern, deren messerscharfes Profil" Herr Scheffer am liebsten mit einer. 2obeshymne preisen möchte, da es eigene Ideen im politischen Kampfe nicht hat, so benußt es diesmal die alten deutschnationalen Methoden, um uns als Lieferant der Foch und Nollet und des ganzen gewaltpolitischen Ententemilitarismus" zu verdächtigen. Dieses aus deutschnationalen Wahlflugblättern abgefähriebene Klischee, das das ebenso namenlofe" wie namentos unbedeutende Leitartikel- Individuum" des gesteigen. Abendblattes seinen Lesern vorseßt, ist so abgenutzt, daß jedes Wort der Erwiderung darauf zuviel wäre.
Belgelegter Streif. Wie die Braunschweigische Landeszeitung" meldet, ist der Streit auf der Braunschweigischen Landesbahn und der Braunschweig- Schöningen- Oscherslebener Bahn nunmehr nach einmonatiger Dauer beendet. Die Beamten und Arbeiter nahmen den Dienst am Sonnabend wieder auf.
Brattische Selbsthilfe. In Apolda ließ das Gewerkschaftsfartell am Freitag die Zugänge zum Wochenmarkt besetzen und jeglichen Berkauf untersagen, bis die Preise herabgesett waren. Als dies um 10 Uhr geschehen war, begann der Berkauf au ganz erheblich ermäßigten Preisen.
Unternehmerterror. Ein Ultimatum des Arbeitgeberverbandes von Saarbrüden fordert von den Streitenden eine Erklärung Der Arbeitswilligkeit bis Sonnabend, wibrigenfalls Ent 1ejfung sämtlicher streifenden Arbeiter angedroht wird. Die Arbeiterorganisationen meisen jede Verantwortung für die Folgen biefes Ultimatums zurück und stellen sich bisher auf einen ablehnenden Standpunkt.
des Baterlandes und der Kirche auf.
Kennzeichnend für den Ernst der Lage ist, daß der neue Ministerpräsident Grabsin, ben bisherigen polnischen Gesandten in London , Sapieha , nach Warschau berufen hat, um ihm den Bosten des Ministers des Auswärtigen anzuvertrauen. Man darf hierin einen völligen Umschwung der polnischen Außenpolitif leben. Die polnische Regierung versucht jetzt, nachdem die in Frankreich gesetzten Soffnungen versagt haben, bei Eng= and Silfe zu finden. Diese Neuorientierung wird durch die polnische Bresse bestätigt.
Das Eretutivkomitee der sozialistischen Partei hat eine Erklärung veröffentlicht, in der die Regierung erneut aufgefordert wird, Friedensverhandlungen mit Sowjetrusland sofort
einzuleiten.
Wie die Telegraphen- Union aus Warschau meldet, haben die Bolichewijten bei Nimojolti und Borissow die Beresina überschritten.
Ein Aufruf des Generals Saller an die Gesamtheit des polnischen Volkes fordert zur Bildung einer Freiwilligen- Armee auf. Bolen bettelt um Hilfe
Warschau , 8. Juli. Das Ministerium des Aeußern hat an die Konferenz in Spa a eine Note gerichtet, in der es heißt: Polen ist jeden Augenblick bereit, Frieden zu schließen nach dem Grundsay des Selbstbestimmungsrechts der Bevölkerung, die zwischen Polen und Rußland wohnt. Das polnische Seer schügt Europa vor der bols ichelistischen Woge. Das polnische Bolt steht zum Schuge seines heimischen Herbes auf. Bolen braucht, wenn es zum weiteren Rampje gezwungen wird, die ausgiebige materielle und moralische Silfe der Altierten.
gegeben:
Die Ermordung der japanischen Kolonie in Nitolajewst im Mai d. 3. einschließlich des japanischen Konsuls und seiner Fas milie und der gesamten Garnison durch bolschewistische Truppen hat die japanische Regierung veranlaßt, Schritte zu unternehmen, um die Ehre und das Ansehen Japans zu wahren. Da jedoch zur Zeit feinerlei verantwortliche Regierung besteht, bei der Bortellungen erhoben werden konnten, so fam die japanische Regie
Menstein, 9. Juli.
Die Interalliierte Kommission hat infolge der im Lande vers breiteten Gerichte Bee polnische Truppenanfammlungen an der Grenze des Abstimmungsgebietes eine Anfrage an die polnische Regierung gerichtet, auf welche dieje geantwortet hat, daß sie die Recristen als stig abegrünbet betrachte.
Bedenkliches Schweigen
Radh feiner Periode dez Rebeeifrigkeit, die mit dem Scheitern einez menen niibollchemistischen Hehe endete, hüllt das Reids mehoministerium fi wieder in Schweigen. Es ist auf mehrmalige Anfragen nicht in der Lage, auf das Material zu ants motten, bas bie Leipziger Bollogeftung" über die Zeitfreiwilligen ihres Besicles veröffentlicht hat. Roch immer schweben Un tetin chungen, b. h. noch immer bemüht man sich vergeblich uz Berichleierung ber Tatsachen, eine einigermaßen glaubhafte Wusrede zu finden. Auch über die Vorfälle bei der Auflösung bzw. der Nichtauflölung des reitorps Aulod in. 3eithain schweigt das Reichswehrminifterium sich gründlich aus. bieler Fall ist in Untersuchung und soll nach Möglichkeit da bleiben, bis er sergessen ist. Deshalb tann das Reichswehrminifterium auch ieht noch nichts mitteilen über die Berhaftung bes Rommandanten nlod. Es weiß nichts über die Weigerung bes Freiforps, in 1200 Mann Stätte ich entwaffnen und auf lösen zu lassen. Es ist ihm offenbar auch nicht flar, warum noch immer Freiforps befiehen, obwohl es selber mindestens 50 mal mitgeteilt hat, daß lämtliche Freitorps aufgelöst feien.
Ein interessantes Wahlergebnis
Auch
Von der badisch- schweizerischen Grenze wird uns geschrieben: Einen bemerkenswerten Aufschluß darüber, wie die Arbeiterschaft im Ausland über unsere Partei denft, gibt das folgende Wahlergebnis der in Basel wohnenden Deutschen , die am 6. Juni an der Grenzstelle Lörrach( Baden) ihre Stimmen wie folgt abgaben: u S. P. Zentrum Demokraten
G. P. D.
Deutschnational
779
304
228
113
34
25
8
Die U. S. P. steht also an erster Stelle und hat mehr Stimmen erhalten, als alle anderen Partei zusammen. Die in Base! wohnenden deutschen Arbeiter haben sich damit mit großer Majorität für die Unabhängige Sozialbemotratie entschieden. Geradezu fatastrophat ist der Niedergang der Rechtssozialisten, die von 778 Stimme im Jahre 1919 am 6. Juni 665 Ctimmen verloren haben. Auch die volllommene Absage an die K. P. D. gibt sele zu denken. Dieses Ergebnis ist wiederum ein Beweis dafür, daß bie 2. S. P. die alte sozialdemokratische Partei geblieben ist, ebenso wie es die schweizerische Partei ist, an die sich unsere deut schen Genossen in Basel anschließen, während die S. P. D. zu einer Reformpartei geworden ist. Uniere Basler Genossen genießen allerdings durch den Basler, Vorwärts" eine andere Aufklärung wie durch das Berliner Blatt gleichen Namens.
Reaktionäre Heldentaten
Während der letzten Wochen haben in Würzburg Lebensmittel. unruhen stattgefunden. Wie jetzt gemeldet wird, hat das Würzburger Boltsgericht" fieben Bersonen, die bei den Unruhen eine hervorragende Rolle gespielt haben sollen, zu Strafen von fünf Monaten bis zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Das Gericht betonte in der Urteilsbegründung, daß die Teuerungsdemonstrationen an sich berechtigt und verständlich gewesen seien, baß abez gemeingefährliche Bersonen, die die Vollsmaffen aufheßen und zu Gewalttätigkeiten aufftacheln, exemplarisch bestraft werden müssen.
Welcher Tendenz dieses Urteil zugrunde liegt, geht aus einer zweiten Meldung hervor, wonach am Donnerstag unfer Genojje, Stadtrat Schuwer, verhaftet worden ist, weil er bei der Beerdigung der Opfer der legten Unruhen in einer Rede„ aufreizende Ausführungen" gemacht haben soll.
Diese Betätigung der bayerischen Reaktionäre fordert den Brotest der Arbeiterschaft geradezu heraus. Reaktionäre Hochver räter und Massenmörder fönnen in der deutschen Republik fret herumlaufen, unabhängige Führer werden wegen„ aufreizender" Grabreden ins Gefängnis gebracht.
Beigelegter Lohnstreik
Im Reichsarbeitsministerium hat unter dem Borsiz des Regies rungsrats Dr. Bodenstein mit den Vertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer der oberschlesischen Berg- und Hüttenindustrie Wochen schwebenden Lohnstreitigkeiten beizulegen. eine Sigung ftattgefunden, in der es gelungen ist, die seit mehreren Es wurde die Vereinbarung getroffen, daß zu den tariflich seit April geltenden Löhnen der im Schiedsspruch des schlesischen Ausschusses in Gleiwitz für die einzelnen Arbeiterkategorien festgelegte 3u Ich I ag entsprechend der im Monat Mai und Juni 1920 im Durchschnitt verfahrenen Schichtenzahl einmalig, verteilt auf die Monate April, Mai und Juni 1920, gezahlt werden solle. Die Auszahlung erfolgt mit der Juni- Löhnung. Nachdem der Arbeit geberverband die Vereinbarung nunmehr angenommen hat, ist auch die Zustimmung der Belegschaften nicht zweifelhaft. Die Lohnbewegung im oberschlesischen Bergbau fann als beendet angesehen werden.
Günstige Ernteaussichten
Die günstige Entwicklung der Feldfrüchte während der Monate März bis Mai hat auch im Monat Juni angehalten und ist fest bereits anger bei den Sadfrüchten soweit fortgeschritten, daß die Ernteaussichten als durchaus günstig bezeichnet werden können. Zu diejem Urteil gelangt auch das preußische Statistische Landesamt auf Grund seiner eigenen Erhebungen. Dieses günstige Ernteergebnis ist um so bemerkenswerter, als der Boden infolge der außerordentlich mangelhaften Bewirtschaftung während der Kriegsjahre weniger ertragsfähig geworden ist und weil auch im legten Jahre die Düngung der Felder wegen des Mangels an
Düngemittel unzureichend war. Die ungewöhnlich günstige Witterung des Frühjahrs hat diese Mängel zum großen Teil ausgeglichen, so daß ein wesentlich höherer Ertrag pro Flächeneinheit zu erwarten ist, als in den vorhergehenden Jahren. Es ist sehr bezeichnend, daß troß dieser Tatsachen das Reichsernährungsministerium eine so wesentliche Erhöhung der Er zeugerpreise beabsichtigt. Sie stellen bei diesem günstigen Ernteausfall lediglich Liebesgaben an die großagrarische Bevölkerung dar, die eine wesentliche Verschlechterung der Lage der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung herbeiführen müssen.