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Die Rechtssoziafiften haben am 1. Juft gleichfalls einen Antrag

Zum Kampf um ein einheitliches eingebracht, der folgenden Wortlaut hat: Hausangestelltenrecht

Von Luise Zieg

Die Sausangestellten sind der Revolution viel Dant schuldig; biefe hat sie mit einem Schlage von der Fessel der Gefindeordnung befreit, deren es mehrere Dugend in Deutschland gab, die eine reaktionärer als die andere. So bedrohte z. B. eine altpreußische Gesindeordnung die Sausangestellten mit der Zurüdbringung durch ben Gendarmen, im Falle sie ohne Innehaltung der Kündigungs frift ben Dienst verlassen, ohne Rüdsicht auf die Ursache weshalb bies geschah. Nach einer anderen Gesindeordnung wurde Geld bzw. Haftstrafe verhängt, sobald eine Hausangestellte die Kündi gungsfrist nicht innegehalten. Neben den Landarbeitern waren also die Sausangestellten die rechtlosesten Schichten der Arbeiterklasse, wahre Barias unter ihnen; denn dieser Rechtslage entsprach ihre wirtschaftliche und soziale Stellung.

Schlecht entlohnt, sehr oft schlecht beföftigt, eine ungeregelte, lange Arbeitszeit, noch heute eine 12, 14, ja 16 ftündige täglich, wenig Freizeit, feine Sonntagsruhe, felten ein eigenes 3immer, meistens untergebracht in dunflen, bumpfen Eden und Winkeln, auf Hängeböden, in ftidigten Manjarden oder in Babestuben, bas war und ist noch vielfach heute das Los unzähliger Hausange ftellten. Der Dienstbote", der moderne Sausstlave, wurde und wird als sozial unterbürtig, als Mensch niederen Grades be trachtet.

Dazu tommt die Joltertheit der Sausangestellten im Gegensatz zu den Fabritarbeiterinnen, die zu Dugenden und Hunderten an ber Arbeitsstelle fich über ihr Los unterhalten und deshalb leichter für die Selbsthilfe durch die Organisation gewonnen werden, während die Hausangestellten nur zu oft von ihrer Herrschaft von dem Eintritt in den Hausangestelltenverband abgehalten werden. In solchen Berhältnißen lebend, ist es weit schwieriger als bei anderen Arbeiterschichten das Selbstgefühl und das Klassen bewußtsein zu weden und zu entwideln. Izogbem geht es

vorwärts!

Schon im Jahre 1848 hatte es, in der Atmosphäre des tollen" Jahres, in Leipzig eine Dienstbotenbewegung gegeben, die jedoch, unter dem Drud ber Behörden und ans Mangel an Kräften bald wieber zusammenbrach

Dann sehen wir Ende der 80 er, Anfang ber 90 er Jahre in Berlin wieder den Anfang einer Sausangestelltenbewegung, bie bon bürgerlicher Seite ausging und zu verschiedenen Bereins gründungen führte, sich jedoch nicht weiter entwidelte. Erst Ende 1899 und Anfang 1900 bildete sich ein Verein, der von Hausange tellten geleitet wurde( unter andern von unserer Kollegin H. Heinrich, die auch jekt Mitglied im Borstand des Zentralver bandes ift), aus dem sich später die Ortsgruppe Berlin des Zentral­

verbandes bildete.

Im Jahre 1906 und 1907 entstanden auf Anregung sozialistischer Frauen, an verschiebenen Orten, so in Nürnberg und Samburg, päter in Bremen und Hannover , unabhängig voneinander, Dienst botenvereine, die gemeinsam mit Berlin 1909 zum Zentralverband der Hausangestellten Deutschlands zusammengefaßt wurden. Der Zentralverband zählt gegenwärtig, wie unserer Frattion von der Vorsitzenden mitgeteilt wurde, 40 000 Mitglieder.

Am 13. Juni b. 3. find auf Anregung der Verbandsleitung von allen Ortsgruppen öffentliche Sausangestellten- Bersammlungen arrangiert worden, in denen die Forderungen der Hausangestellten über die wir am 14. Juni in der Freiheit" berichtet haben auf Festsetzung der Arbeitszeit und Sonntagsruhe erhoben wurden. Von der Fraktion der Unabhängigen Sozialdemokratie ist am 30. Juni der folgende Antrag zum Schuß und zur Förderung der Sausangestellten eingebracht:

Der Reichstag wolle beschließen: die Reichsregierung zu er fuchen, für die Sausangestellten Deutschlands schnellstens ein einheitliches Recht zu schaffen, das ihre Lohn- und Arbeits bedingungen regelt.

Dies blieb seit Aufhebung der Gefindeordnung teils Brifichen Tarifverträgen, teils, wie in Bayern , einer einzelstaatlichen Gesetzgebung überlassen.

Die Sausangestellten fordern aber einheitliche gesetzliche Re gelung für das ganze Reich unter folgenden Bedingungen:

Eine Arbeitszeit von acht Stunden, die nicht vor 6 Uhr morgens beginnen und nicht nach 8 Uhr abends enden darf. Jugendliche Hausangestellte unter 18 Jahren dürfen nicht vor 7 Uhr morgens und nicht nach 7 Uhr abends beschäftigt werden. Wöchentlich ein freier Nachmittag von 3 Uhr an, an Sonn und Feiertagen von 2 Uhr an, in jeder zweiten Woche bleibt ein arbeitsfreier Tag.

Nach einjähriger Beschäftigung mindestens eine Woche Urlaub unter Zahlung bes ortsüblichen Koftgeldes. Hausangestellten unter 18 Jahren muß die zum Besuch der Fortbildungsschule nötige Zeit freigegeben werden.

Unterstellung aller Hausangestellten unter die Gewerbeord­hung."

ist doch unschuldig. Laß sie in Ruhe. Denn, siehst du, wie ich mich ihr im buntien Salon näherte und sie am Arm hielt und streichelte, bat fie: Tu mir nichts, Mendele. Mir ist so bang. Ich fürcht' mich lo

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Die Reichsregierung wird ersucht, dem Reichstag baldigst ein Rotgesetz zur Regelung der Arbeitszeit der Sausangestellten im Sinne des. Achtstundentages vorzulegen."

Die von uns aufgestellten Forderungen sprechen für sich selbst. Die Verfürzung der Arbeitszeit ist nicht nur mit Rücksicht auf das törperliche Wohlbefinden der Hausangestellten dringend von nöten, sondern ebensosehr zu ihrer geistigen Weiterentwidlung, ihrer fulturellen Hebung.

Die Sehnsucht nach dem Verkehr mit ihresgleichen, nach dem Besuch eines Konzerts, dem Lesen eines guten Buches, nach einem Ausflug mit den Kolleginnen, wird durch die Einsamkeit und Ab geschlossenheit der Hausangestellten nicht nur zu einem unwider­stehlichen Verlangen, sondern gleichfalls zu einer sozialen und ful­turellen Notwendigkeit. Diese Sehnsucht tann jedoch nur be= friedigt werden, wenn genügend Freizeit und Sonntagsruhe, wenn alljährlich Ferien gewährt werden, in denen auch die Hausange= stellten sich als freie Menschen fühlen tönnen.

Unsere Hausangestellten brauchen aber ebenfalls Freizeit, um sich mehr als seither um die Arbeiterbewegung fümmern zu fönnen. Nicht nur um ihren Verband, sondern auch um die politi. sche Bewegung. Erfreulicherweise sind denn auch recht viele politisch organisiert. Eine erfleckliche Anzahl der Berliner Orts= gruppe ist Mitglied der U. S. P. Aufgabe unserer Parteis mitglieder, deren Töchter Hausangestellte sind, ist es, diese unserer Partei zuzuführen, soweit es noch nicht geschehen ist, denn wir brauchen sie alle als Kampfesgenossinnen. Nicht nur beim Kampf um die Durchsetzung obiger Forderungen, damit aus der dienen den" die freie häusliche Arbeiterin werde, sondern barüber hinaus ein Kampf um die Berwirklichung des Sozialismus.

Die Erwerbslosigkeit

Nach den Berichten der Demobilmachungskommissare veränderte fich die Zahl der unterstützten Erwerbslosen in Deutschland im ersten Halbjahr 1920 in folgender Weise:

Stichtag 15. 1. 20

insgesamt

1.2.20

männlich 340 773 321 101

weiblich 106 687 97 303

447 660 418 404

15.2.20

-300 639

91 761

401 400

1.3.20

286 224

82 636

368 859

15.3.20

271 626

75 096

1.4.20

257 186

70 669

15.4.20

242 973

66 536

346 722 327 855 309 509

1.5.20

228 573

63 753

292 326

15.5.20

212 903

60 031

272 939

1.6.20

209 407

15.6.20

221 123

62554 67 935

271 961 289 058 Dazu tommen stets noch die sogenannten 3uschlagsemp fänger, Familienangehörige der Unterstützungsbezieher, für die ein Zuschlag zur Grundsumme der Unterstützung gezahlt wird. Die Summe der Zuschlagsempfänger betrug z. B. am 15. Juni 1920 271 146 An Unterstützungen wurden in der Zeit vom 1. bis 15. Juni 1920 im ganzen Reiche 27 480 790. gezahlt.

Wir beobachten von Januar bis zum 1. Juni eine dauernde Abnahme der Zahl der Unterstützten. Erst dann tritt wieder eine Steigerung der Bahl ein. Sier macht sich schon die Stodung der Produktion bemerkbar, die eingetreten ist, weil zahlreichen Unternehmern bie Produktion nicht mehr rentabel erscheint, weil die Erschwerung der Ausfuhr und die Besserung des Valutastandes thnen die Wuchergewinne zu schmälern droht, die sie bisher ein­facten. Inzwischen ist die Zahl der Erwerbslosen weiter gestiegen. Sier Spiegelt sich nicht nur der Wahnsinn des tapitalistischen Systems, sondern hier zeigt sich auch wie berechtigt unsere mehrfach betonte Forderung ist, daß die Beiträge für die zu erwartende Arbeitslosenversicherung von den Unternehmern allein zu leisten sind, während der Gesetzentwurf den Arbeitern und An­gestellten ein Lohnabzug als Versicherungsbeitrag zumutet. gestellten ein Lohnabzug als Versicherungsbeitrag zumutet.

Die Kappisten bleiben straffrei Während durch die Kriegsgerichte seit langem viele tausende von Arbeitern abgeurteilt sind, weil sie sich an der Abwehr bes Kapp- Butsches beteiligt haben, während die Militärgerichte durch ihre Schandurteile mehrere hundert Jahre Gefängnis- und Zucht­hausstrafen und teilweise sogar Todesstrafen über die Arbeiter verhängt haben, ist noch heute fein einziger der Kapp- Putschver­brecher verurteilt ober auch nur angeflagt. Jegt teilt die Regie­rung auf eine an sie gerichtete Anfrage mit, daß, soweit genügen­des Verdachtsmaterial vorliegt, die Ermittlungsverfahren eröffnet sind und ihren geordneten Gang gehen. Innerhalb von vier Monaten also hat noch tein einziges Anflageverfahren era öffnet werden fönnen. Die Regierung wird ihr Spiel, das faft an bewußte Pro potation grenzt, solange treiben, bis sie vor einem Kapp- Putsch in zweiter Auflage steht.

Wir fennen uns jetzt bereits schon einige Monate, und es wundert mich, daß es dir noch niemals eingefallen ist, nach meiner Vergangenheit zu fragen, wer ich bin und was ich bin..

Ach", antwortete fie nur. Warum fürchtest du dich, mein Kind?" ragte ich. Ach, laß das lieber. Mein Sera, flopft Jo, ich weiß jelbst nicht, weshalb. Solche Mädchen wie ich gehören in die Rüche. Tu mir nichts, Mendele

Ihre Stimme war so weich. Sage, Väterchen, ihre Wangen find lo zart, jo famten und bleich, ist es wirklich eine Sünde, sie zu berühren? Mein Gott! Gewiß, du haft recht, es war nicht richtig. Aber jage selbst, Bäterchen3ch habe unrecht getan, warum aber ist sie schuldig? Sage selbst, Bäterchen.. Bevor ich jedoch Zeit hatte, dies alles zu sagen, wurde er noch wilder und brüllte ihr zu:

,, Noch nicht fort? Du Straßenbirne!" Und er griff fie und stieß sie derb zur Tür.

Ich weiß, daß in diesem Augenblid etwas merkwürdiges in mir vorging, denn ich padte meinen Bater am Nacken und warf ihn auf die Erde.. und mit meinen Stiefeln tanzte ich auf

feinem Schädel..

Später, als im 3immer schon viele Menschen waren, ein wil bes Durcheinanderschreien, und die Polizei bann fam, weiß ich nur, daß man mich nicht fortreißen tonnte, denn ich lag auf ihm, lecie seine Wunden und stöhnte

Ein Fabrikmädchen war sie nicht, o nein! Auch fein Dienst mädchen. Ein einfaches Bürgermädchen ebensowenig; was denn? Eine Brinzessin vielleicht? Ich weiß es nicht, vielleicht Aber ich weiß, daß sie wohlgepflegte, feine Hände hatte, mit denen sie mich beim Küssen zu umarmen pflegte. Ich weiß, daß sie ein ebles, bleiches Engelsgesicht, umrahmt von langen, goldenen Saaren hatte, die ich oft zu langen 3öpfen flocht. Ich weiß, daß fie eine zarte Frauenstimme hatte und daß ihre Lieber jetzt noch in meiner Seele nachtlingen.

An Sommerabenden standen wir auf dem Balton thres Som merhäuschens und schauten hinab in die tiefe Stille der Um­gebung. Und manchmal lahen wir bort irgendwo weit auf ber Landstraße reihenweise Gestalten sich bewegen, gekrümmte, abge­raderte Männer und haftig laufende Frauen.

Das waren die Arbeiter aus der Fabrit ihres Baters, bie heim­wärts zogen nach einem harten Arbeitstag.

Menschen waren das, deren ganze Existenz abhängig war von einem Worte, von einer Laune dieses Mädchens, meiner Gelieb ten! Menschen waren das, die beim Vorübergehen ehrfurchtsvoll grüßten, den Hut bis zur Erde zogen und sich glüdlich fühlten bei einem gnädigen Lächeln als Gegengruß!...

Und einmal, in einer stillen, weichen Sommernacht, als wir dort standen und nach den unzähligen Sternen über uns schauten, während ihre Eltern zu Besuch und das Dienstmädchen ausge­gangen war, bekam ich plöglich den Mut, so zu ihr zu sprechen:

" Gewiß", begann ich wieder. Du vertrauft mir. Du weißt, baß ich ein ehrlicher Mensch bin. In jedem Gesicht fann man schließlich lesen, was man ift... Für scharfsehende Augen liegt bie Seele offen auf dem Gesicht... Aber", habe ich dann weiter gestammelt, es tönnte doch auch ganz gut möglich sein, daß ich ein Mörder bin, daß ich einmal jemanden ermordet hätte. Würdest du mich dann doch noch lieben tönnen? He? Ja, gewiß", antwortete fie ruhig und starrte weiter hinauf zum Simmel

...

Aber", begann ich wieder. Mein Herz flopfte und ich Stotterte Das heißt wenn ich zum Beispiel nun noch chlimmer wäre als ein gewöhnlicher Mörber... wenn ich zum Beispiel meinen eigenen Vater ermordet hätte Berstehst du, meinen eigenen Bater... und noch dazu für eine Kleinigkeit für ein paar unbedachte Worte und dann in irgendein Dorf geflüchtet wäre, zum Beispiel so ein Dorf wie dieses. den Einwohnern bekannt und heimisch geworden und dann dir begegnet wäre zum Beispiel, so wie es ja auch geschehen ift. Erst lud mich dein Vater ein. Ich gefiel und man lud mich noch einmal ein. Dann lernte ich dich tennen. Wir bes gannen uns zu verstehen, zu lieben

und mit

Also lage mir aufrichtig: Wenn du zum Beispiel gewußt hättest, daß ich meinen eigenen Vater ermordet hätte, würdest du auch dann noch mich lieben tönnen? Se?"

Die legten Worte rangen sich mühsam und schwer aus meiner Kehle, Ich wandte fein Auge von ihr. Ich wollte sehen, ob fie noch bleicher würde, und wollte hören, ob sie fagen würde, daß ich nicht weiter mehr einen solchen Unsinn" reden solle.

"

Aber statt deffen veränderten sich ihre Gefichtszüge gar nicht. Sie starrte fortwährend vor sich hin und sagte bloß still, aller dings erst nach einer Bause:

3ch weiß alles, und doch liebe ich dich."

Bei diesen Worten bemächtigte sich meiner ein seltsames Gefüht. Zuerst wußte ich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Dieje Antwort hatte ich am allerwenigsten erwartet; denn ich hatte Und all­doch nur ein Beispiel gegeben, nur ein Beispiel mählich fühlte ich, wie mir ein schwerer Stein vom Herzen fiel Licht und frei wurde meine Seele, und in meiner Dankbarkeit nahm ich ihre Hand und wollte sie füssen, tüssen. Da sagte fte:

Als mein Vater und meine Mutter es erfuhren, wollten fie dir zuerst das Haus verbieten. Dann aber begriffen fie, daß dieser Entschluß das Leben ihres einzigen Kindes foſten würde, und da haben sie dich auch weiter gut empfangen. Aber nach der Sochzeit tönnen wir hier natürlich nicht bleiben. Bater findet Amerika oder Spanien am besten."

Sie wurde still, und ihre Worte zitterten in der Luft und er­griffen meine elende Seele mit ihrer 3artheit und Weichheit. So viele selige Träume, soviel Glüd machten mich schwindlig

VII. Verbandstag der Buch- und Steindruckereihilfsarbeiter

1. Berhandlungstag.

Der Vorsitzende Bucher eröffnet den Verbandstag. Bom. Allgemeinen deutschen Gewerkschaftsbund ist der 2. Vorsitzende Graßmann, Dom Deutschen Buchdruckerverband der Frankfur ter Gauleiter, vom Verband der Lithographen und Steindrucker ebenfalls der Gauleiter, vom Deutschen Buchbinder- Verband der Vorsitzende a ueisen Berlin , vom Desterreichischen Senefelder­Bund Mühlberger- Wien , vom Reichsverein der Hilfarbeiter Schaft des Buch- und Zeitungsgewerbes Desterreichs wiczek. Wien anwesend.

Als Berichterstatter der Mandatsprüfungskommission erhält Hornte das Wort. Er bittet alle Mandate, bis auf zwei, Crimmitschau und Erfurt , von denen Proteste vorliegen, für gültig zu erklären. Der Verbandstag beschließt nach langer Debatte die Üngültigkeit beider Mandate mit 51 gegen 37 Stimmen. Gegen. die Wahl des Kollegen Lutsche- Erfurt war ebenfalls Protest er hoben worden. In beiden Fällen handelte es sich um Mandate der Opposition. Der Berichterstatter der Mandatprüfungstommission, trogbem er auf dem Boden der Verbandsbureautratie steht, fonnte nicht umhin, wiederholt den Vorwurf der Wahlbeeinflussung gegen den Gauleiter Behrendt zu erheben. Auch dieses Mandat wurde tassiert.

Die Berliner Opposition ging energisch gegen die Man datsprüfungstommission vor. Sie erklärte, daß sie nach dem Wahl reglement des Verbandsvorstandes die Berliner Mandate, da dort die Delegierten nach einem anderen Modus( Urwahl) gewählt wurden, logischerweise für ungültig erklären muß. Bucher streift im Geschäftsbericht die tariflichen Verhältnisse. In vers Ichiedenen Situationen ginge es nicht, daß man die Kollegenschaft frage, damit ihr Mitbestimmungsrecht zur Geltung tomme. Ein 3usammenarbeiten mit den graphischen Bruder organisationen bei Stellung von Forderungen habe sich als notwendig erwiesen. Neben Erörterung wichtiger Tagesfragen jei besonders die Möglichkeit der fünftigen Busammenarbeitung be raten worden. Am 13. November 1919 schlossen sich die graphischen Organisationen zum Graphischen Bund" zusammen. Auch die Angestellten im Buchhandel wünschen Aufnahme im Graphi schen Bund". Den Arbeitsgemeinschaften" habe er nicht die Bedeutung beigemessen, die deren Gegner ihm unter stellen würden. Als Mittel zum 3wed müsse man sie jedoch be nugen. Die Arbeitsgemeinschaften seien nicht so gefährlich, wie man fie immer hinstelle. Auf die Berliner Berhältnisse wolle er nicht eingehen, teile aber mit, daß die Kollegen Krumrei und Marr aus dem Hauptvorstand ausgeschlossen o worden seien wegen ihrer Stellungnahme zu den verschiedenen Bortommnissen. Der Antrag der Zahlstelle Berlin , der L an den Hauptvorstend gelangt war, betr. Aenderung bes Wahlsystems, habe er mit Absicht nachdem er die Mei­nung der Gauleiter eingeholt hätte nicht zur Ausführung gea bracht

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Die sogenannte Opposition sei als eine Organisation in der 1 Organisation zu betrachten; sie wirte als Sprengpulver. Der Ber bandstag habe die Frage zu prüfen und zu entscheiden, ob der f artige Zustände noch länger geduldet werden könnten. Lodahle ( Verbandstaffierer) schilderte die augenblidlichen Kassenvere hältnisse und betont, daß eine Aenderung eintreten müsse. Die Mitgliederzahl habe sich bedeutend gesteigert und betrage jest 42 000. Es mache fich notwendig, noch einen 2. Vorsitzenden und event. andere Kräfte anzustellen. Durch Teilung einzelner Gaue mache sich die Anstellung neuer Gauleiter notwendig.

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Der Rebatteur Schulze tann nicht über die Beriode! 1918-20 berichten, da er erst seit Ottober 1919 im Amte ist. Bei t Antritt seiner Stellung habe er sich zum Grundsatz gemacht, die Anschauung der Mehrheit der Mitglieder im Or ganzum Ausdruck zu bringen. Die Minderheit solle auch zu Worte fommen. Die Kritit richte sich meist gegen seine Person. Einzelne Beschwerden über Nichtaufnahme von Artikeln seien der Redaktionstommission zugegangen. Er bat um eine scharfe aber gerechte Kritit.

Als erster Diskussionsredner besprach Mary Berlin die Vor tommnisse, die zu seinem Ausschluß aus dem Hauptvorstand ge führt haben. Lediglich seine andere Stellungnahme in ben der Schiedenen Fragen, z. B. Reichstarif, Gehälter der Gauletter asw., feien die Gründe. Er verwahrt sich entschieden gegen die Willtür des Vorsitzenden Bucher , der reinste Dittatur sich anmaße.

Mori Berlin beantragt, die Kosten für die Kollegen aus, Crimmitschau , beren Mandat für ungültig erklärt wurde, der Ver­bandstasse aufzuerlegen. Der Antrag wurde mit 43 gegen 43 Stimmen abgelehnt.

Walter Berlin geht näher auf die Arbeitsgemeinschaften und Kriegspolitik der Gewerkschaften ein. Er geißelt in scharfen Worten die Tendenz der Arbeitsgemeinschaften und bekämpft die vertnöcherte Gewerkschaftsbureaufratie, bie die Mitglieder nicht zu ihrem Rechte tommen lasse. Man sehe es an der Zusammen segung des Verbandstages.

Und dann mußte ich plötzlich sagen:

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Kind, glaubst du, daß ein Mensch schuldig sein tann? Misse, daß ein Mensch absolut unschuldig ist... so unschuldig wi unsere Liebe, unsere Jugend, unsere Träume. Was wissen wit von andern... und was wissen andere von uns?

Sieb, e

Jo wenig, wie es meine Schuld ift, von dir geliebt zu werden, durch n bich ein anderes Leben anzufangen, ebensowenig bin ich am Tobe meines Vaters schuldig. Und daraus schließe ich, daß niemand für.e Ja, zehn seine guten oder schlechten Taten verantwortlich ist Minuten vorher wußte ich nicht einmal, daß ich dir mein schweres Geheimnis entdecken würde... das Geheimnis, das ich solange n mit mir herumtrug und taum wagte, als Beispiel anzuführen Ist das nicht der beste Beweis dafür, wie unschuldig unsere Worte und Taten find? Manchmal scheint es, als ob etwas in uns uns einfach als Werkzeug gebraucht und gebietet, zu handeln, zu sprechen. Berstehst du, Kind?

Ich hörte auf und fah, wie sie mich anschaute und meine Worte is trant.

Es war schon spät. Eine leichte Brise trug einen zarten Duft= von den schlummernden Wäldern und Felbern herbei. Millionen s Sterne funfelten am Simmel und in unseren Seelen sang bas ewige Lied von grenzenloser tebe.

Eine

Allein

#

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Meine Herren! Ihr seid sicher neugierig, bas Ende dieser Gese Schichte zu erfahren. 3hr erwartet gewiß zu hören, daß wir nach Spanien oder Amerila unsere Sochzeitsreise unternommen und bort irgendwo in einer Villa gewohnt haben, glücklich mit Um- n armungen, geistreichen Gesprächen und dergleichen. Oh, meine Herren, sagt selbst, ist es meine Schuld, daß es so ganz anders ge­fommen ist? 3ft es meine Schuld, baß ich damals den Keim einer abscheulichen, gefährlichen Krankheit in mir herumtrug Krankheit, bei welcher das Fleisch lebendig verfault Ichon der Name dieser Krantheit macht das Herz erzittern Ich will euch nur das eine fagen, daß ich, als ich damals bemerkte, .. daß auf daß mein Geficht allmählich verunstaltet wurde, meine Wangen offene Wunden tamen, die eiterten, und rote= Flecken Sände und Rörper bebedtentch fofort begriff, baß g es zu spät war, und obwohl meine Geliebte auch dennoch nicht von mir lassen wollte und ihr Bater bereit war, sein Vermögen n für meine Genesung zu opfern, zog ich doch vor, mich zurüdzuj ziehen und freiwillig das Feld zu räumen. Bin ich vielleicht auch chuldig an diesem großen Unglüc? Oh, was wißt ihr von mir? Was weiß ich von euch? Ich habe boch sogar geschwiegen unter tiefsten törperlichen und feelischen Schmerzen. Ich habe sogar geschwiegen, als die Bolizei mich wieder aufgriff, damit ich den r Reit, die letzten zwei Jahre, im Zuchthaus absigen sollte. Ich habe Jogar geschwiegen, als ich ein halbes Jahr später im Zuchthaus n vernahm, baß fie gestorben war. Nein, ich will die Wahrheit z lagen, damals habe ich nicht geschwiegen... 3ft es meine Shuld, daß ich damals weinen mußte, zum erstenmal in meinem Leben, weinen?

S

ía