heit. Die französische Besehung würde in dieser Beziehung weniger lästig sein. Die Pariser Regierung, die sich im Parlament feiner starten Arbeiterpartei gegenübersieht, ist vom Sozialismus noch weniger angetränkelt, als die Berliner, und die Generale, die im Ruhrrevier fommandieren würden, wären sicher den Beweisführungen eines Stinnes noch mehr zugänglich als das Berliner Kabinett. Sie würden sich aller Wahrscheinlichkeit nach noch rücksichtsloser in den Dienst des Kapitals gegen die Arbeiter stellen.
Gewiß diente eine solche Politik nicht der Erhöhung der Kohlenproduktion. Indessen, Frankreich fäme trozdem auf seine Rechnung, da die Förderung seinen Ansprüchen genügen würde, und außerdem bliebe noch ausreichend Brennstoff zur Verfügung, um die theinisch- westfälische Industrie, an der Herr Stinnes besonders interessiert ist, zu versorgen. Was aus dem übrigen Deutschland würde, wäre den Franzosen gleichgültig und die deutschen Industriellen im Westen würden sich über das Schicksal ihres geliebten Vaterlandes um so schneller zu trösten wissen, je mehr der Weizen ihres Geschäfts blühte.
Wie gesagt: dem Grubenkapital fann nichts passieren. Es müssen ihm, wie nach der Versicherung des Evangeliums, denen, die Gott lieben, alle Dinge zum besten dienen. Sie Gaben nur eine Angst, und das ist die Sozialisierung, und deshalb hat Stinnes es für zweckmäßig gehalten, im Reichswirtschaftsrat sich noch einmal scharf gegen sie zu enden. Er wird sie in Deutschland nicht für nahe bevorshend halten. Aber unter französischer Herrschaft ist diese Gefahr noch weniger dringend. Kurz und gut, von welcher Seite er die Sache auch betrachten mag: eine Besetzung des Ruhrreviers durch die Entente fann für ihn feinerlei Schreden haben. Er läßt es darauf ankommen und benutt die Drohung des Einmarsches einstweilen nur dazu, die Bergrbeiter stärker schuften zu lassen. Das Kapital bemüht sich, as nationale Gewissen, das es selbst nicht befißt, bei den roletariern zu schärfen.
Eine Stimme der Gerechtigheit Ein Pfarrer gegen den Marburger Rechtsmord Ein Professor der Marburger Universität, Dr. Ernst Maaß, hatte den Mut, die von einem Kameradengericht freigesprochenen Mörderstudenten in Schutz zu nehmen. Daraufhin hat der Pfarrer Erhard Boehm aus Schwarz hausen bei Bad Thal mit einem Offenen Brief geantwortet, in welchem er sagt, daß das freisprechende Urteil von Millionen Menschen als ein Schlag ins Antlig der Gerechtigkeit betrachtet werde. Weiter heißt es in dem
Brief:
Auf erlogene und maßlos übertriebene Nachrichten von Greuelzuständen in unserem Gothaer Ländchen hin tun fich in Marburg die Studenten zusammen, zum größten Teil boch unge, politisch unreife und unaufgeflärte Menschen, die in jedem jozialdemokratischen Arbeiter ohne weiteres einen„ Sparta= isten" oder" Bolschewi sten" sehen, die in dem Glauben jind, in Gotha habe sich das ganze Verbrechergesindel von Deutsch land " zusammengefunden, ziehen nach Thüringen , fallen, von niemand gesandt, von niemand gerufen, in einen fleinen Gothaer Ort ein, nehmen auf Grund einer höchst zweifelhaften Denunziation Verhaftungen vor, ohne jede Autorijation, mit feinem größeren Recht als seinerzeit der berühmte Hauptmann Köpenid, und schleppen dann die Verhafteten unter Kolbens tößen und anderen Mihhandlungen fort, bis dann auf der Landstraße beim Bahnhofe Settelstadt die Sache, die bis dahin eine Affentomödie war, zu einer furchtbaren Tragödie wird. Ist das wirklich ein Verfahren, Herr Geheimrat, das„ bedingungslose Anerkennung verdient?"
3hr„ tapferes Studentenkorps" hat unsägliches Unheil über eine Anzahl von Arbeiterfamilien gebracht. Ich habe einen der jetzt Erschossenen selbst getraut, war 3euge bes Glüdes der Neuver mählten und ermesse ben untilgbaren Schmerz der armen jungen Frau. Ich vergegenwärtige mir das Leid des Elternpaares, das von seinen Rieben Söhnen drei durch die Franzosen und wieder drei durch die Marburger Studenten verlieren mußte. Und so fühlen wir hier alle den Schmerz der Armen mit, um jo tiefer und leidenschaftlicher, als wir uns sagen müssen: Jedes beliebige anbere unserer Arbeiterdörfer hätte dem gleichen verbrecherischen Leichtsinn, dem gleichen Mangel an Berantwortungsgefühl, für ben Sie unbedingte Anerkennung" verlangen, zum Opfer fallen Lönnen. Ihre Worte, Serr Geheimrat, find, gewollt, Gift in Wunden, für die viel Balsam notwendig ist, wenn sie sich jemals schließen sollten!"
Ein tapferer Pfarrer, der den Mut findet, mit so scharfen Worten die Wahrheit zu sagen. Die in Deutschland rest dierende Mörderliga wird ihn dafür beim nächsten Putsch be= sonders scharf aufs Korn nehmen.
Man muß brin gesessen haben, um über fie schreiben zu können. Man muß diese Justizpflege am eigenen Leibe erfahren haben, um etwas Wirtjames über sie aussagen zu können. Man darf sie nicht mit den Augen eines berichtenden Landgerichtsdirektors betrachten. Man muß sie von unten her sehen.
Sans Syan tut das in einem Büchelchen Berliner Gefängnisse". ( Berlag von Butttammer u. Mühlbrecht, Berlin 1920.)
Die Strafen der deutschen Justiz find teine Strafen. Strafe muß etwas sein, das in irgend einer Beziehung und in irgend einem Verhältnis zum Delitt steht. Strafe muß irgend einen 3wed haben. Diese deutschen Strafen regnen auf dich herab wie die Sageltörner, niemand weiß vorher, wie sie ausfallen werden, und niemand weiß, wen fie treffen. Man müßte einmal zusammen stellen, was man in Deutschland alles für sechs Monate Gefängnis begehen darf. Es fämen die erstaunlichsten Dinge zusammen. Und diese Strafen nützen auch nichts. Sie zerbrechen vielleicht den Menschen( wenn er wertvoll ist; der Zuhälter trägt diese Freiheitsunterbrechungen als Geschäftsrisito und Betriebsspesen). Die Strafverhängung ist neben dem deutschen Militarismus der bunkelste Punkt dieses Landes. Eine vom Monarchismus und dem Klaffenstaat gezüchtete Kaste fällt unbeirrbar auf Grund ihrer alten Weltanschauung die alten Urteile weiter, und niemand fällt ihr in ben Arm. Aber das ist ein weites Feld. Die Strafvollstreckung liegt nun aber so im argen, daß sie jebe, und sei es die kleinste wohltätige Wirkung der Rechtsprechung in ihr Gegenteil verkehrt. Ob ber Richter bei uns unabhängig ist, steht dahin. Daß es der Exetutiobeamte sicherlich ist, scheint gewiß.
Syan fennt seine Gefängniswelt. In Preußen ist doch das fo: Wenn einer etwas ausgefressen hat und man klappt ihn dabei, so ist er von diesem Augenblid an rechtlich so gut wie vogelfrei. Die Kinder auf der Straße spielen Räuber und Gendarm und das erste, was der Gendarm mit dem Räuber tut, ist, daß er ihn fürchterlich verhaut. Das ist dem Leben nicht schlecht abgelauscht, bem deutschen Leben, wo der Arrestant zu einer Menschengattung zweiten Stils heruntersinkt. Für das Publikum ist der Arretierte eine Art Kinderschred, der vollkommen außerhalb des bürgerlichen Lebens steht. Für ihn gelten nicht Gesetz und Recht während sie boch in Wirklichkeit gerabe für ihn gemacht sind und es verstärkt und es verstärkt fich das alte Bild und die alte Vorstellung, daß der deutsche Gerichtssaal gewissermaßen die gute Stube darstellt und die Strafanstalten Küche und Kammer. Da unten aber ists fürchterlich
Syan beleuchtet das alles. Er erzählt von den einzelnen Gefängnissen Groß- Berlins: von Tegel , wo es für die Gefangenen noch nicht einmal Wasserklosetts gibt, von Plögensee, wo die altertümliche Bauart des Hauses Mizhandlungen begünstigt, von
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polnischen Krieges
Die Sowjetrepublit hatte sich vor dem Beginn des polnischen Angriffs der Entente gegenüber zur Bezahlung eines Teiles der russischen Vorkriegsschulden bereit erklärt, daneben wollte sie noch eine ganze Reihe weiterer Konzessionen zugestehen. Der Sieg Räterußlands über Polen bringt nunmehr wahrscheinlich den ententistischen Kriegszettelern nicht nur eine schwere Ents täuschung, sondern zugleich auch die Zerstörung ihrer Hoffnungen, ihre der Zarenregierung gegebenen Anleihen jemals zurückzubekommen. Das offizielle russische Regierungsorgan, die 3swestya" bringt einem Artikel Karl Radets über die Bedingungen eines polnisch russischen Friedens, in dem die Annullierung aller früher an die Entente in dieser Sinsicht gegebenen Versprechen unverblümt angekündigt wird. Radet sagt, daß Polen einen Frieden zu solchen Bedingungen erhalten werde, daß friedliche wirtschaftliche Arbeit gesichert sei. Ruß land habe die Verbündeten oft gewarnt, Polen in seiner Angriffs= lust zu ermuntern. Jetzt, wo Rußland in gerechter Abwehr neue und große Opfer habe bringen müssen, sei es völlig ausgeschlossen, daß Rußland an die Begleichung seiner Vorkriegsschulden auch nur dente. Die französischen Sparer mögen sich an ihre Regierung wenden, die das polnische Abenteuer ermöglicht habe. Sie mögen jede Hoffnung aufgeben, daß das russische Volt seinen eigenen Mörder zahle. Rußland habe keinerlei Rachsucht gegen Po Ten, es ertenne seine Unabhängigkeit an und wünsche in freundschaftlichen Einvernehmen mit ihm die Wunden zu heilen, die dieser vom polnischen Bolt selbst nicht gewünschte Krieg verur sacht habe.
Englische Zuversicht
TU. London, 24. Jufi.
Mit Ausnahme des sozialistischen Daily Mail" billigt die gesamte Presse die Erklärungen Lloyd Georges und Millerands hinfichtlich der Notwendigkeit, Bolen zu verteidigen. Die„ Morning poft" bedauert, daß Lloyd George nicht früher die Gefahr erkannt habe, die darin liegt, den Bolschewismus zu stärken, indem man fich mit ihm anbiedere. Die Times" hofft, daß die Geschehnisse den Frieden nicht neuerdings bedrohen und die von Llyod George flar bezeichnete Gefahr vermieden werden könne. Man werde der Wirklichkeit und Dringlichkeit gegenüber die Augen nicht verschließen. Die Gefahren erwachsen aus der Haltung der Räteregierung. Der„ Daily Telegraph " meint, daß die Abreise der französisch englischen Militärmission nach Warschau und der ge= fürchtete Name Marschall Foch eine heilsame Wirkung auf die Räteregierung ausüben werde. Durch diese Maßnahme werde den Bolschewisten gezeigt, daß die Westmächte die Lage ernsthaft ins Auge faffen und daß man ihnen nicht ungestraft trogen tönne." Daily Herald" bezichtigt Lloyd George der Doppelsinnigteit und behauptet, daß Lloyd George im Innersten den Frieden wünsche, daß er aber an den französischen Militarismus gebunden und in den Händen derjenigen sei, die in England die Verhandlungen mit Rußland sabotieren wollten.
Eigene Drahtmeldun ber Freiheit".
Das Asylrecht in Defterreich für die ungarischen Boltstommisfare wurde vor dem Sturz der ungarischen Räteregierung zwischen bem Rätegesandten Böhm, bem englischen Oberst Cunning= ham und dem Grafen Bethlen, Beauftragter der gegenrevolutionären Regierung in Szeged , vereinbart. Diese Vereinbarung war eine der Vorbedingungen zur unblutigen Uebergabe der Macht der Räteregierung an die Gewerkschaftsregierung Beidl. Der Außenminister der Szegeder Regierung war damals Graf Teleli, der jetzt als ungarischer Ministerpräsident die Auslieferung von Deutschösterreich und nunmehr auch schon von Deutschland fordert. Die ungarische Regierung baut bei der Auslieferungsforderung Khuns und Vargas auf die Willfährigkeit Bayerns . An Wien wurde ein Auslieferungsbegehren nur wegen gemeiner Berbrechen und nicht wegen politischer Bergehen gestellt. Die ungarische Regierung steht dabei auf dem Standpunkt, daß die Räteherrschaft selbst und alle Amtshandlungen ihrer Organe gemeine Verbrechen waren. Das ist der Sinn ihrer Forderung, Bela Khun und Varga wegen gemeiner Verbrechen auszuliefern.
Ungarn treibt fieberhaft Vorbereitungen zum Kriege gegen Sowjetrußland und zur Unterstützung der Polen , wozu es die Erlaubnis und die Zusage zur Unterstügung von der Entente erhalten hat. Die Jagd auf Bela Khun stellt sich als ein Glieb dieser Kette bar.
Moabit , wo Preußen seine Untersuchungsgefangenen wie bie letzten Canaillen behandelt und vor allem wie Schuldige behandelt, von Moabit , wo man die Strafrechtsmaschine tlappern hört. Und alle, alle Staatsanwälte und Richter und Referendare und Assessoren: Sie haben nur den einen Wunsch, den Armen schuldig werden zu Tassen. Syan erzählt vom Frauengefängnis in der Barnimstraße, von der Fürsorgestelle im Polizeipräsidium und vom wichtigsten Buntt des ganzen Gebietes: von der Beamtenschaft.
Er läßt dieser Beamtenschaft alle Gerechtigkeit widerfahren. Er bespricht ihre erbärmlichen Lohnverhältnisse, er weist ganz ausgezeich net barauf hin, wie die Beamtenwürbe" ein Aequivalent für die mangelhafte Entlohnung war und ist, und die demokratische Republit arbeitet ja mit den lächerlichsten Chinesentiteln genau fo weiter, wie der alte taiserliche Laden. Und vor allem sagt Syan, daß diese alten Militäranwärter, diese sogenannten„ 3wölfender", ( so genannt nach der Zahl der Jahre, die sie bei den Breußen heruntergerissen hatten) daß dieses Beamtenmaterial im großen und ganzen für seine Aufgabe ungeeignet ist. Eine militaristische Erziehung, die immer und überall nur Rangunterschiede sieht und sehen lehrt, ist nicht die Schule für einen der schwierigsten Berufe, Die es überhaupt gibt. Das was sich da bei dieſem mangelhaften Gefängnisapparat, der in den Arbeitshäusern zum Standal wird, herausgebildet hat, ist garnichts anderes als eine Maschine zum Menschenschinden. Die jungen Studenten lernen allerhand Theo= rien über das Wesen der Strafe: sie tönne Abschreckung sein oder Vergeltung oder Besserung. Sie ist in Wahrheit keins von den breien. Die schönen Symbole, die in Stein gehauen, die Fassaden der deutschen Gerichtshäuser zieren, find Puppentram und fauler Kulissenzauber. Die Strafe wird ausgesprochen von solchen, die fie nicht tennen und vollstrect von solchen, denen der Eingelieferte ein rechtlofes Stück Vieh ist. Reglements helfen da gar nichts. Es tommt auf die Betrachtungsweise an.
und ge
Das Buch von Hans Syan ist für jeden Kriminalforscher als Material wertvoll. Dide gelehrte Wälzer tuns nicht; es sind die fleinen Züge, die Wert und Ausfall, Wirkung und Verlauf einer solchen Strafe bestimmen. Nach der Lektüre des Büchelchens tochen einem die Adern: oben wirft der Richter grau und stumpf lebendige Menschen in den Trichter einer ungeheuren Maschine rädert, mit zermalmten Knochen, zerschlagen und seelisch zerprügelt, Speit sie dieser fürchterliche Apparat wieder aus und überweist sie dem Verein zur Besserung entlassener Strafgefangener. Ihr er fahrt, wenn ihrs noch nicht wußtet, daß die dümmiten und widerwärtigsten Bestimmungen von den Disziplinarstrafen und von der Polizeiaufsicht heute noch bestehen, und daß dieses stumpfsinnige Baragraphenvolf lieber Tausende von Menschen unglücklich werden laßt, als daß es die schlimmsten Auswüchse der Strafjustiz beseitigt. Die bedächtigen Politiker mit dem bemokratisch hängenden Sofen Die bedächtigen Bolitiker mit dem demokratisch hängenden Soſenboden vertrösten uns auf die große Strafrechtsreform. Und in zwischen zudt das und krümmt sich in den Dunkelarrestzelten deut
Der Ministerpräsident Teleti führt gegen Oesterreich wegen des Bontotts gegen Sorthy- Ungarn und wegen der Ausreise der Boltskommissare eine bedrohliche Sprache, wozu er von bem französischen Militär ermutigt sein soll. Die Offiziere be treiben trotz Ableugnung geheim Vorbereitungen zu einem o grom gegen politische Gefangene, Sozialdemokraten und Juden Mitglieder der Vereinigung erwachender Magyaren wurden mit Pogromstöden und Handgranaten bewaffnet. In Szeged versuch ten Offiziere dreißig Gefangene aus dem Gefängnis abzu führen. Sie wurden aber vorläufig vom Gefängnisdirektor abs gewiesen. Offiziere des Ostenburgdetachement wollten die Dienste in dem Gefängnis, in dem sich die Volkskommissare befin den, übernehmen. Die Gendarmerie widersetzte sich jedoch diesem Vorhaben, worauf die Offiziere ein gegenüberliegendes Schul gebäude bezogen. Unter den Gefangenen im ganzen Lande herricht wegen dieser Vorgänge eine große Panit.
Ungarn stellt das Auslieferungsbegehren
Die ungarische Regierung hat nunmehr bei der deutschen das offizielle Ersuchen gestellt, Bela Khun auszuliefern. Die Reichsregierung prüft gegenwärtig die rechtlichen Unterlagen der ungarischen Forderung. Bela Khun befindet sich übrigens nicht in Bayern , sondern in einem Internierungslager in der Nähe von Liegnig. Er wird dort von einem Reichswehrs bataillon streng bewacht. Nach einer Meldung der Telegraphens Union aus Wien neigt man dort der Ansicht zu, daß die Ans haltung des Transports nicht im biretten Auftrag der deutschen Regierung erfolgt sein könne, weil diese ebenso wie die Entente über die Absendung vorher unterrichtet worden sei. Man neigt in Wien der Ansicht zu, daß die neue Affäre Bela Khun von gewissen deutschen Militärtreisen ausgegan gen sei, um der Regierung eine Verlegenheit zu bereiten. Die Wiener Vertreter der Entente werden, wie aus Ententes freisen mitgeteilt wird, sich in die Angelegenheit nicht einmengen. Wir halten es für eine selbstverständliche Pflicht der Regie rung, für ausreichenden Schuh Bela Khuns zu sorgen. Dem Auslieferungsbegehren darf unter teinen Umständen statt gegeben werden. Bela Khun ist eine politisch verfolgte Persön lichkeit. Wenn ihm die ungarische Regierung verbrecherishe Handlungen unterschiebt, so nur deshalb, weil sie Bela Khun in ihre blutigen Hände bekommen will, um an ihm einen Mord zu verüben. Wer ihr dabei behilflich ist, macht sich zum Helfers helfer der ungarischen Henter.
Die Reichszentralftelle für Kriegs- und Zivilgefangene teilt mit: Der Transport russischer Kriegsgefangener aus Desterreich, welcher sich auf der Rückfahrt nach Passau befand, ist dem Durchgangs lager Reiße zugeleitet. Es ist festgestellt, daß 2 Mann fich nicht einwandfrei als russische Kriegsgefangene ausweisen tonnten. Diese beiden sind zur Feststellung ihrer Personalien ausgesondert und anderweitig untergebracht. Der Transport wird Narwa heimbefördert.
Die liebe Reichswehr
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Die Korrespondenz des Herrn Heilmann berichtet: In der Presse wurde jüngst über reaktionäre Ausschreitun gen der in die Marine aufgenommenen Teile der Brigade Ehr hard in Kuxhaven berichtet. Anderwärts sieht es nicht anders aus. In Kiel herrschen ganz ähnliche Zustände, seitdem die ver faffungstreuen Marinemannschaften zum großen Teil durch A gehörige der berüchtigten Brigaden Ehrhard und Loewenfeld et segt worden sind. So fand jüngst in Kiel im Schloßhof eine öffentliche antisemitische Bersammlung des Deutschen Schutz- und Truzbundes statt, auf der sich der ehrenwerte Rnüppeltunze aus Berlin produzierte. Die Agitation für diese Versammlung wurde in den Straßen Kiels durch Matrosen in Uniform betrieben, die das Hatenkreuz an gelegt hatten.
Durch die vom Genossen Stod geleitete Untersuchungstommi fion ist ferner gegen eine Anzahl Kieler Marineoffiziere wegen ihres Verhaltens in den Kapptagen Dienstentlassung bzw. Dienst enthebung beantragt worden. Bisher ist aber noch keine einzige Entlassung seitens der obersten Marinebehörde durchgeführt worden. Selbst ein Kappist, wie der Oberleutnant z. S. Wever, der mit Admiral v. Lewego w zusammen flüchtete, als der Buts in Kiel zusammenbrach, tut heute noch immer Dienst. So sieht die Reinigung der Marine durch Herrn Geßler aus!
Herr Heilmann vergißt, daß die bösartigen Kinder Geßlers von Rosie großgezogen worden sind.
Fortdauer der Kämpfe in Belfast . In Belfast tam es Freitag nacht zu erneuten Kämpfen. Am Tage trat, abgesehen von einzel nen Schüssen Beruhigung ein. Die Verluste betragen bisher 10 Tote und zwei bis dreihundert Verwundete. Der burd eGschosse und Plünderungen verursachte Schaden ist beträchtlich. Die Unterzeichnung beschlossen. Der türkische Kronrat hat die Unterzeichnung des Friedensvertrages beschlossen.
scher Gefängnisse. Was tommts drauf an? Lumpen und Ber brecher, Diebe oder am Ende Kommunisten.
Die Zustandsschilderungen Hyans find lesenswert, weil wir alle wissen wollen, auf welcher schönen Erde wir spazieren. Man fann hier viel ändern und reformieren und bessern. Im einzelnen. Le fen Endes aber wird eine großzügige Strafrechtsreform, und damit eine Reform der Strafvollstreckung überhaupt erst möglich sein, mit einer vollkommenen Umwälzung dieser faulen und morschen Welt: durch eine wahre Revolution.
Arbeit!
Der sechste Monat war es nun schon, daß er tagtäglich ben Arbeitsnachweis betrat. Mit einer winzigen Hoffnung ging er des morgens hin, und mit verzagter Kraft seines Herzens ent fernte er sich des Mittags wieder. Und so auch heute.
Sein Weg führte ihm den Norden Berlins entgegen. Hohe graue Mietstasernen, schlechte unansehnliche Häuser tauch Händchen, alte,' durchfurchte Gesichter von Frauen, zerschliffenes ten auf. Arme, fleine Kinder mit blassen Gesichtern, schmugigen Tuch um den Leib geschlagen, Züge, gezeichnet vom harten Leben, Kämpfen... Entsagen
O
Vor einem alten, fast baufälligem Haus, machte der Arbeitslose Salt, ein paar Gefunden nur, dann schritt er über einen düsteren, lichtlosen Sof, stieg die tnarrenden Treppen empor, dann noch eine Tür, er drehte den Schlüssel im Schloß herum und trat ein. Eine müde Stimme irrte ihm entgegen. „ Helmut, bu?"
" Ja, Mutter," gab er tonlos zurüd.
Eine welfe, abgezehrte Hand bot sich ihm zum Gruße. Sast du Arbeit?" Heiser lispelte sie die Worte hervor. Immer wieder, täglich hörte er die Frage von den Lippen ber Kranten sprechen. Seine Antwort war das klanglose„ Rein". So vergingen noch viele Tage, wo er nach Arbeit herum irrte. Doch sollte es tommen, daß er etwas fand. Ein flarer Sommertag brach an. Viele Strahlen sandte die Sonne hernieder, füllte die bumpfen Zimmer, machte die Wohnungen hell und freundlich. Manches arme Menschenherz hatte Freude daran, als flänge ihnen ein winziges Lied von kommenden besseren Tagen entgegen. An solchem Tage tehrte er eines Vormittags heim, ein seltsames Leuchten in seinen Augen und freudig tönte es seiner alten Mutter entgegen, nur das eine Wort„ Arbeit"!
Am nächsten Tage strebte er bem Innern der Stadt zu. Ein großes Gebäude, über einen Fabrithof und dann stand er in einem Schlug ihm entgegen, ein Saften und Jagen, ein Hin und Her der großen Saal mit vielen Maschinen. Ein Hämmern und Saufen pielen Arbeiter. Und nochmals tlang es in ihm, freudig und heiter Arbeit" Lotte Seller
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