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20 Pfg. 3. Jahrgang
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Freitag, den 30. Juli 1920
Nummer 305
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Abend- Ausgabe
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greiheis
Erklärung Lloyd Georges
im Unterhaus
London , 29. Juft. Zur russischen Frage fagte 210gb George, die eng Hische Regierung sei jegt im Besiz der Ansichten der italienischen Regierung, die durchaus mit dem Standpunkt der englischen Re gierung übereinstimmten. Die Allierten hätten sich über den Wortlaut der Antwort geeinigt, der von der englischen Regie rung an die Sowjetregierung abgesandt werden solle. Lloyd George betonte, daß das Einvernehmen restlos fei.
Die Antwortnote lautet: Die englische Regierung ft Jet nach Beratungen mit ihren Alliierten in der Lage, folgende Ant wort auf Tschitscherins Telegramm vom 27. Juft zu senden:
Die englische Regierung schlägt unter der Borauslegan daß der Abschluß eines Waffenstinktandes zwischen Sowjetruhland und Bolen bevorsteht, ihren Alliierten vor, an einer in London abzuhaltenden Konferenz, auf der auch die Sowjetregierung vertreten jein wird, teilzunehmen.
Bezüglich des 3 weds der 3usammenfunft in Bondon, bezüglich der dazu einzulabenben Mächte und der haupt. fächlichsten Fragen, die zur Erörterung fommen, follte fein Zweifel bestehen. Die letzten beiden Telegramme der Sowjetregierung ließen jedoch einige 3 weifel bezüglich dieser Punkte. Während nämlich das Telegramm vom 19. Jali die Teilnahme der Alliierten en den Friedensverhandlungen zwischen Rußland , Bolen und den benachbarten Regierungen abzulehnen scheine, Rimme bas letzte Telegramm anscheinend der Teilnahme dieser Regierungen zu. Die englische Regierung halte dafür, daß, wenn die Beratung zwischen den alliierten Regierungen und der Sowjetregierung einige Aussicht auf Erfolg haben sollten, die Vertreter Bolens und der in Frage kommenden Randstaaten auch dabei vertreten fein milkten. Sauptzwed der Konferenz jolle die Bieber, herstellung des Friedens in Europe sein, und zwar in erster Linie zwischen Bolen und Ruhland auf Grund von Bes dingungen, die bie Unabhängigfeit Bolens wub bie be rechtigten Interessen beider Länder herstellen. Die Konferenz folle auch die noch schwebenden Fragen zwischen Sowjetrußland und den Randstaaten beraten, die noch nicht endgültig mit Rußland Frieden geschlossen hätten. Nach der Regelung dieser Fragen könnte die Konferenz dazu übergehen, fith mit den zwischen Sowjetrußland und den Alliierten schwebenden Streitfragen und der Wiederherkellang normaler Beziehungen zwischen ihnen zu befassen.
Die Kriegslage
London , 23. Juff. Im Unterhaule fragte Robert Cecil , ob das Bors rüden der Roten Truppen aufgehört habe. Blond George et widerte, nach seinen Informationen fei es langsamer geworden und es habe nicht den Anschein, daß sehr heftige Anstrengungen ge macht würben.
Weiter erklärte Lloyd George : Me Regierung leistet den Strelt fräften des Generals Wrangel in Sibruhland und der Krim in teiner Weise Beihilfe und trägt teine Verantwortung
für Fle.
Der polnische Herresbericht Warschau , 30. Juft. Generalstabsbericht vom 29. Juft: Auf dem Nordflügel unserer Nordfront brang der Feind in Offowiec ein. Eine starte
Baris, 30. Jul. Nach einer Savasmelbung in die Umkimmung des Ausschaffes der Kammer für finanzielle Angelegenheiten zugunsten der Ein. zelberatung des Kohlena blommens von Spaa auf das Eintreffen des Ministerpräsidenten Miller and zurückzu führen, der auf die Einwendungen gegen das Abkommen einging und die ernsten Folgen darlegte, die sowohl nach außen wie nach innen durch die Ablehnung des Gefeßentwurfes entstehen würden. Er ersuchte die Kommission ihren Bericht vorzulegen, das mit die Rammer heute und der Senat morgen darüber be schließen können. Unter den gegenwärtigen Umständen sei es not wendig, das Protokoll anzunehmen. Später trat der Aus schuß für auswärtige Angelegenheiten allein zusammen und nahm nach Anhörung Millerands und nach einer neuen Debatte, mit 15 gegen 7 Stimmen den Gelegentwurf an
( Eigene Drahtmeldung der Freiheit".)
Danzig , 30. Juli. Gestern nachmittag fand eine vom Gewertschaftstarte!! veranstaltete Demonstration gegen die Lebensmitteltenes rung und gegen die hohen Steuern statt. Um 12 Uhr vers ließen die Arbeiter gemeinsam die Betriebe und marschierten im geschlossenen Zuge nach dem Demonstrationsplage, wo sich zirka 30-35 000 Personen eingefunden hatten. Nach Ansprachen von
Batrouille, die er in der Richtung 2om[ ha und Wisna ans jandte, wurde durch unsere Abteilungen verjagt. Ein Gegenangriff zur Wiebergewinnung der Linie Grajewo- Ossowiec ist im Gange. Südlich Bialystok und westlich der Bjelowischer Heide besetzten wir allmählich die planmäßig vorbereiteten Stel. Iungen. Südlich der Kobriner Chaussee lodten Abteilungen der polesischen Gruppe eine bolschewistische Infanteriebrigade in einen Sinterhalt, vernichteten fie, machten einige hundert Gefangene und erbeuteten 18 Maschinengewehre. 3m Süden haben unsere Abteilungen in der Gegend Don Broby die berittene Armee des Feindes angegriffen. Nähere Meldungen stehen noch aus. Am Sereth ist die Lage unverändert.
SR. London, 30. Juli.
In einer Prefeunterrebung erflärte 2ttwinow, Rußland fet entschlossen, Bolen teine harten Friedensbedingungen aufzu erlegen; da es den Grundlag der Selbstbestimmung ver fechte, wolle es feineswegs anderen Ländern gegenüber andere Richtlinien befolgen, nur weil feine Waffen siegreich gewesen feien. Die Bedingungen, die Bolen auferlegt würden, sollten der Welt zeigen, wie wenig aggressio Rußlands Außenpolitik set
Der franzöfifche Standpunkt
Ill. London, 30. Jull. Der Berichterstatter der Times" in Paris meldet: Jn gewissen politischen Kreifen fellt man feft, dah Lloyd George bei bez Be prechung mit Millerand in Boulogne den englischen und italienischen Standpuntt in der ruffisch- polnischen Frage dem franzöfifchen volllommen untergeordnet habe. Rach Ansicht dieser Kreise wird die Folge davon sein, daß Rußland die Bedingungen abweise und Polen erwürge. Man meint, daß die Burüdhaltung der bolshewistischen Armeen der Sorge für die 20 Milliarden, die Frankreich Rußland geliehen hat, vorangehen müffe.
Die Wolfflügen im Ausland
TU. Kopenhagen, 20. Juft. Litwinow erffärte einem Mitarbeiter der Bofititen" gegenüber uber aus Deutschland stammenden Nachricht, dah die unab. hängigen im Berein mit den Bolschewisten in mehreren nord deutschen Städten die Rätere publit errichten wollten, daß diese Meldung der Wahrheit nicht entspreche. Die deutsche Nachricht wurde nur verbreitet, um dem Rufe der Sowjetregie. zung zu haben. Im Sinblid auf den angestrebten Frieden ber Welt babe Rußland in einen Waffenstillstand mit Bolen ein gewilligt. Sowjetrußland sei immer für die Unabhängigkeit Bolens eingetreten; Ruhland verfolge nur das Ziel, feine Rechte gegenüber den polnischen Wünschen, russisches Territorium zu annel Heren zu wahren Dagegen jet es entschlossen, Bolen teine Shroffen Friebensbedingungen zu diftieren.
Die Lügen des WTB. über die Errichtung einer Räterepublik in Verbindung mit der russischen roten Armee haben also bereits das Ausland erreicht. Sie üben natürlich auch dort eine gewiffe Wirkung aus, da es in allen Ländern Leute gibt, denen bei dem Worte Bolschewismus der Schreden in die Glieber fährt. So wird das Ausland durch das deutsche offi ziöse Telegraphenbureau fyftematisch irregeführt und angelogen. Das Treiben ist um so verwerflicher, als es bas Wolffbureau bisher prinzipiell unterlassen hat, seinen Unwahrheiten eine Berichtigung folgen zu lassen. Ueber diese Derwerflichen Methoden, die nur der deutschen Reaktion dienen, muß im Reichstag einmal ein ernsthaftes Wort gesprochen werden.
vier Rednern zog die Masse nach dem Regierungsgebäude, wo fich auf Erfuchen des Gewerkschaftskartells der Staatsrat ver Jammelt hatte, um die Forderungen der Demonftranten entgegen zunehmen. Die Demonstranten forderten Steuerermäßigung und Abban der Lebensmittelpreise. Während der langen Berhandlungs dauer bemächtigte sich der Masse eine Unruhe, die noch verstärkt wurde durch das geringe Ergebnis, das die Kommission zu verzeichnen hatte. Die Demonstranten waren damit nicht zufrie ben und die Kommission wurde noch ein zweites Mal zum Staatsrat gelandt. Während der wiederum langen Berhandlung bes stürmten bie Massen das Regierungsgebäude und veranlaßten den Borfizenden des Staatsrats, den Oberbürgermeister 6ahm, fich auf die Freitreppe des gegenüberliegenden Voltstagsgebäudes zu begeben, um eine Erflärung abzugeben, daß er die Forderun gen bewillige. Es fam dabei zu Mihhandlungen des Oberbürgermeisters. Dieser gab für seine Person die Erklärung ab, daß von jedem Einkommen 1500 Mart Heuerfret bleiben sollen. Die aufgeregte Masse wollte dann das Boltstagsgebäude türmen, in das sich Sahm geflüchtet hatte. Die Masse wäre nach Eingriff ber unabhängigen Abgeordneten ruhig auseinandergegangen, wenn nicht eine Stelle die Sicherheitswehr alarmiert hätte. Nun fam es zu Schießereien, wobei ein Arbeiter getötet und ein zweiter verlegt wurde.
Am Abend gestaltete sich die Demonstration zu einer Kunda gebung gegen die Polen , die daher tam, daß der polnische Brots verband Bommerellen einen Lebensmittelbontott gegen Danzig führen wolle, weil die deutschen Hafenarbeiter sich weigern, Munition nach Polen zu verladen. Die blaue Bolizei, die sich umsichtig verhielt, zerstreute die demonstrierenden Maffen.
Der Strafprozeß gegen die Rote Armee
Aus Wien wird uns geschrieben:
Aurel Stromfeld war der Generalstabschef der Roten mee in Sowjetungarn. Im großen Kriege war er General stabsoffizier und Chef einer Division an der Piavefront. Er wurde nun vor ein Divisionsgericht gestellt und nach einer faft breiwöchentlichen Verhandlung zu drei Jahren fweren kerters, versärft burch Fasten und Einzel zelle monatlich einmal, zur Degrabierung und Ausstofung aus der Armee verurteilt.
Stromfeld ist ein hervorragender Offizler, der ble Rote Armee geschaffen und mit ihr die Tschechen aus Ungarn ver trieben hat, ein Berdienst, das eben von den heutigen Machts habern Ungarns , die die Rückgewinnung der alten Grenzen Ungarns betreiben, gewürdigt werden sollte. Der fiegreiche Feldherr aber wird aus der Armee ausgestoßen und in den Kerler geworfen. Der Grund? Es möge die Begründung bes Urteils[ prechen:
Stromfeld war der Organisator ber Roten Armee und damit der Erretter bez Sowjetherrschaft. Diese Herrschaft war aber ein Aufruhr und so trug seine Tätigkeit zur Berlängerung des Auf ruhrs bei. Er stellte sich an die Spige einer Armee, die aus bollchemistischen Arbettern, eldbrüchigen Soldaten, aus dem Städtischen Böbel bestand, beren alleinige Bestimmung der Um Sturz der rechtmäßigen und gesetzlichen Gesellschaftsordnung war. In der Organisierung und Disziplinierung dieser Armee hat Stromfeld Hervorragendes geleistet. Diese Armee war die mädy tigste Waffe der Roten, die Boltstommissäre nannten Stromfelb thren Erretter. Seine Verteidigung, daß er unter einem Zwange geftanden, ist nicht stichhaltig. Er nahm die Stelle nicht nur an, sondern erfüllte feine Pflichten als Generalstabschef mit seinem außerordentlichen Wissen und übermenschlichem Fleiße. Er hätte seine Arbeit lau versehen können, aber er tat es nicht, sondern stellte feinen ganzen Fleiß und fein ganzes Wissen im Dienste der Dittatur. Er mußte es wissen, daß die Erhaltung der Dittatus von dem Zustande der Armee und ihren Siegen abhängt Er war ein fintsstehender Sozialdemokrat, der sich als Juter nationalisten bekannte, ble ungerechte Bermögensvertellung geißelte und dafür eingetreten ist, daß die Macht in die Sände je breiterer Boltsschichten gelange... Das Divisionsgericht er blidte in seiner hervorragenden Begabung, hohen Bildung, einen gravierenden Umstand, in seinem 52monatlichen musterhaften Kriegsdienst und in dem Umstand, daß ihm aus seiner hohen Stellung feine materiellen Vorteile erwuchsen, einen mildernden Umstand."
Dieses Urtell ift ein Dokument der Klaffenjuftla, wie man es felten zu fehen bekommt, wie denn überhaupt die Budapester Prozesse nicht nur zur Revolutionierung ber ume garischen Arbeiterklasse sehr viel beitragen werden.
Die Verteidigung Stromfelds war auf zwei Gedanken auf gebaut: er fagte, er habe die Rote Armee organisiert, um den Landesfeind zu vertreiben und eine bewaffnete Macht zu haben, um der drohenden Anarchie, dem Rauben und Morden der aus Lumpenproletariern bestehenden Freiwilligenarmee entgegentreten zu können. Demgegenüber wurde vom Ges richt der Standpuntt vertreten, daß die Rote Armee teine Armee war, und als der Verteidiger diese Frage an einen Zeugen richtete, ob nach seiner Auffassung die Rote eine Ar mee gewesen war, ließ der Vorsitzende diese Frage nicht zu, und als der Verteidiger auf diese Frage bestand, hielt das Gericht eine Beratung ab und enuncierte, daß durch die Bera ordnung der( weißen) Regierung der Roten Armee die Eigen schaft einer Armee abgesprochen wurde und so diese Frage nicht zulässig fet! Der Vorsigende führte des weiteren aus, daß es ein großes Verbrechen von Stromfeld war, den Ber Juch zu unternehmen, den Landesfeind zu vertreiben oder die Anarchie und Räuberunwesen zu befämpfen, denn sowohl die fremde Belegung, als auch die Anarchie ist ein fleineres Uebel als die Diktatur des Proletariats!
Das Verhör des Generalstabshauptmanns Lichtens egger gestaltete sich folgendermaßen:
Der Borsigende: Sielt sich Stromfeld für einen Sozial
bemokraten?
Der Zeuge: Ja, aber er wollte nur die großen Vermögens unterschiede ausgleichen.
Der Staatsanwalt: Dies ist schon eine fommunistische Richtung.
Der Berteidiger: War es ein allgemeines Interesse, den Räuberbanden entgegenzutreten?
Der 3euge: Sätten wir das nicht getan, so wäre eine große Gefahr eingetreten.
Der Vorsigende: Wäre diese Gefahr größer gewesen als diejenige, durch die Herbeiführung der Anarchie die rote Herrschaft zu stürzen?
Der 3euge: Darauf ist sehr schwer zu antworten. Die Stim mung war derart beschaffen, daß innerhalb drei Wochen alle er schlagen worden wären, die ein besseres Kleid tragen.
Der Prozeß warf manche Schlaglichter auf die militärischen Gründe des Zusammenbruches und sollte allen sog. national bolfchewistischen Gedankengängen Zugänglichen eine Wara mung sein. Der Kommandant einer roten Divifion, General Karl Szabo- Papp erzählte, daß er nach dem siegreichen Vors marfch in der Slowakei frant wurde und bei seiner Heimreise Stromfeld im Hauptquartier einen Besuch abstattete. Bei