Ein Beitrag zum Thema Parteischädigung
Unser Samburger Parteiorgan, die Boltszeitung". hält es für zweckmäßig, einen Funfbericht des so sehr zur Unzeit nach Mostau abgereisten Wilhelm Herzog über eine Unterrebung mit Karl Rabet zu veröffentlichen. Radet wandte sich, heißt es in dem Bericht, mit äußerst scharfen Worten gegen die Tattif des Zentralfomitees der U. S. B. D.;
Während Engländer, Jtaliener, Franzosen, Amerikaner, Inder, Chinesen, Koreaner seit Wochen und Monaten den Weg nach Mostau gefunden hätten, glänzten allein die Deutschen durch Abwesenheit.
Die Lächerlichkeit ihrer Ausreden sei undistutabel. Go Sprechen Händler, schlechte Kaufleute, jedenfalls feine Revolutio näre. Entweder wollen sie den Anschluß an die Dritte Inter nationale oder sie wollen ihn nicht. Aber unwürdig ist es einer revolutionären Partei, die Phrasen der bürgerlichen Diplomatie im Berkehr mit dem Exekutivtomitee der Dritten Internationale zu verwenden( Papiermangel, teine Zeit vor den Wahlen und ähnliches)."
So Radet. Herzog wandte darauf ein, daß doch zu hoffen sei, baß die deutschen Delegierten am Rongreß als Mitglieder der britten Internationale teilnehmen werden. Rabets Antwort barauf lautet:
Sie sind im Jrrtum, beim zweiten Kongreß werden sie eben owenig dabei sein wie beim ersten. Gleichviel, ob sie tommen oder nicht, so werden Sie doch feineswegs mit einem Mandat als vorbehaltlose Anhänger der Dritten Internationale tommen."
Was die Veröffentlichung einer derartigen völlig überhol= ten Meinungsäußerung Radets bezweden soll zu einer Zeit, da unfere Delegierten tatsächlich in Mostau weilen, um mit der Dritten Internationale zu verhandeln, ist uns unbegreiflich.
Nach einigen Betrachtungen Radets über die zweite und über eine eventuelle vierte Internationale äußerte sich Radet über die nach seiner Ansicht zu erwartende Methode der Unter handlungen der Vertreter der britten Internationale mit unseren Genossen. Rabet erflärte:
3rgend eine Neigung zu langen Rebensarten besteht bei uns nicht. Wenn fie glauben, daß fie uns durch die fünf Millionen Wähler imponieren fönnen, so antworten wir ihnen mit der " Deutschen Tageszeitung": Die Millionen werden mit den Kommunisten gehen in jedem praktischen Kampf, nicht mit den Füh rern, die sie betrügen wollen."
Diese Voraussage Radets ist nicht eingetroffen. Erfreulicherweise nahmen die Mostauer Genossen nicht eine so brüste Saltung gegenüber unseren Delegierten ein, wie aus den bereits vor liegenden, allerdings unzulänglichen Berichten hervorgeht. Des megen sind wir auch hier im unflaren barüber, melches Parteiintereffe eine derartige Bet: öffentlichung im gegenwärtigen Augenblid er heischt.
-
Rabets merkwürdige Animosität richtet sich aber nicht etwa gegen den logenannten„ rechten Flügel unserer Partei, mas uns den Abbrud des Berichts in der Samburger„ Bolts- Zeitung" noch erklärlich machen würde, sondern wie schon eingangs ge fagt gegen die Tattit unseres 3entralfomitees, bas heißt also gegen die beauftragten Bertreter der Auffassung der Gesamtpartei. Ueber den rechten und linken Flügel unserer Partei äußerte sich Radet ausführlicher wie folgt:
,, Das traurige Kapitel in der Geschichte scheint mir, sind nicht die rechten Führer der U. S. B., sondern die linken. Man fann sich über die rechten Führer entrüsten oder nicht, eins ist flat: te handeln tonlequent, denn sie wollen teinen Anschluß. Die linken Führer wollen den Anschluß, aber sie trauen so wenig ber revolutionären Kraft und Einsicht der hinter ihnen stehenden Arbeitermalen zu, daß sie nicht wagen, mit ein paar Advokaten und ein paar Journalisten zu brechen, die den Willen der Massen dauernd sabotieren und bauernd mißachten." Alles das wird an der Spize eines Blattes derselben- Bartei abgebrudt, bie hier in der derbsten Weise beschimpft wird, ohne daß es die Redaktion des betreffenden Parteiorgans für zweckmäßig hielte, ein Wort dazu zu bemerken. Das wäre ein leichtes gewefen, denn in dem Bericht des Zentralfomitees über die Verhandlungen mit Mostau find viele der Angriffe Radets bereits im voraus widerlegt worden.
Am Tage vor dem Erscheinen biefes Berichtes beschäftigt fich bie„ Samburger Bolls- Zeitung" ebenfalls an leitender Stelle
mit der Redaktion der Freiheit". Bor turzem sahen wir uns genötigt, den Hamburger Genossen in einigen energischen Wenbungen auf fortgesetzte Anrempelungen zu antworten, in denen das Hamburger Blatt uns bezichtigte, wir hätten Wilhelm Herzog verleumdet. Die Aeußerungen des Hamburger Blattes mußten wir als parteischädigend bezeichnen.
Dagegen verwahrt sich unfer Hamburger Organ in dem erwähnten Artikel. Es bemüht sich, den Spieß umzudrehen und uns ber Parteischädigung zu zeihen. Ohne Beweise vorzutragen, stellt bas Blatt bie Behauptung auf, wir sähen unsere Aufgabe barin, bie Durchführung der Beschlüsse unseres Leipziger Parteitages zu
Der Gutsbeliger Serr von Mollnow( tritt aus dem Sause). Mojen, Mojen, die Herren! Allerjeits juten Mojen! Der Stabsoffizier. Na, Mollnow wo ist der britte Mann zum Stat-?
von Mollnow. Der Bastor fikt fchon drin, Serr Major. Frühstüd serviert. Alles in Butter. Waffensuche fann beginnen. Es is nischt da-!
Der Stabsoffizier( bienstlich zum zweiten Wagen). Felb webel Rennentampf aussteigen bas Gut nach Waffen durch fuchen alles jenau nachlehen--!
-
Der Feldwebel Jawoll, Herr Major-!
yon Mollnow. Und nachher frühstücken Sie wohl' n bißchen
im Wirtschaftsgebäude- es ist alles ferviert
Der zweite Wagen. Dante gehorsamst!
Der Stabsoffizier( zum Feldwebel. leise). Was ham Sie denn für Leute? Zuverlässig?
Der Feldwebel( ebenjo leile). Alles gute Leute, faiſertreu bis auf die Knochen. Ein Neuer ist dabei.
Der Stabsoffizier. Passen Sie' n bißchen auf ihn auf. Daß mir teine Ungelegenheiten vorkommen, RennenkampfSier ist nichts, vastanden?
Der Feldwebel. Zu Befehl, Herr Major. Sier is nichts. Der Stabsoffizier( laut). Also dann anfangen-! Der zweite Wagen( grinst).
hier gleich Don Mollnow. Darf ich Herrn Major bitten bie Freitreppe hinauf ich habe hinten im Pavillon beden lassen Es lebe die WaffenSummer und guter alter Schnaps
-
Der Stabsoffizier Na, ich weiß ja, Mollnow find ' n ordentlicher Mann! Bei Ihnen finden wir nichts-! pon Molinom. Rein, Herr Major, bei mir finden Sie
nichts-!
Bericht an den
( Beibe ab unter Gelächter. Man hört die Stimme des Stabs offiziers: Bericht an den Reichskommissar! Reichstommissar-!")
Eingegangene Schriften
Arnold Zweig . Das oftjüdische Antlig. 3u fünfzig Steinzeichnungen von Sermann Strud. Weltvering Berlin . Preis, gebunden 50 M. Der Jube. Monats chrift. Seit 1. April 1920. Jüdischer Verlag, Berlin . Der bramatische Wife. Band 4: Eduard Trautner : Saft; Band 5: Jwan G011: Die Unterblichen( zwei Bollen); Band 6: Anbre Gibe: Bathleba( bra matisches Gesicht in bret Monologen); Band 7: Hans Gang: Der Lehrling ( ein Schauspiel). Breis jebes Bandes 4 M. Verlag Gustav Kiepenheuer , Botsdam.
6. Sinomjem. Die ruffische Revolution unb bas internationale Broletariat. Bum zweiten Jahrestag bez proletarischen Umwälzung in Rußland . Berlag ber Rommunistischen Internationale 1920.
Jabotieren". Es sei deshalb 3eit, baß in der Redaktion ber Freiheit" Ordnung geschaffen wird und die Saboteure der Partei daraus verschwinden."
Auf die Angelegenheit Serzog fommend, wiederholt der Artitel zunächst die alten unrichtigteiten. Gegen Herzog feien Vorwürfe" erhoben worden, und diese Vorwürfe haben zu dem Briefe der Zentrale geführt, ohne daß Herzog gehört worden wäre." Wir erinnern daran, daß dieser Brief einen zarten wint an die Hamburger Genossen enthielt, fie möchten Wilhelm Serzog von der Liste der Kandidaten für die Reichstagswahlen Streichen. Dieser Vorwurf richtet sich nicht mehr gegen uns. Hier wird dem Zentralfomitee vorneworfen es habe jenen Brief geschrieben, habe die Anschuldigungen gegen Herzog als wahr unterstellt, ohne Herzog gehört zu haben.
Wir glauben nicht nötig zu haben, das Zentralfomitee gegen eine so ungeschickte Anrempelung in Echuk zu nehmen. aber wir fragen an: Wer wirtt parteischädigend? Die Re baltion der Freiheit". die fih in Gemeinschaft mit dem Zentralfomitee bemüht, einen Mann wie Wilhelm Herzon negen den schwere Anschuldigungen erhoben werden, von Vertrauens: stellungen in der Partei fern und die Partei damit rein zu halten oder ein Parteiorgan, das schwere und völlig haltlose, rein aus Boreingenommenheit oder mangelhafter Unterrichtung zu erklärende Anschuldigungen gegen die eigene Bars tei tritiflos drudt, wie es in dem Bericht Herzogs über feine Unterredung mit Radet geschehen ist? Wo muß ,, Ordnung geschaffen werden?"
-
Der Internationale Sozialistentongreß setzte die Beratungen über die Sozialisierungsfrage fort. Es wurde eine Entschließung angenommen, bei der zehn Dele gierte der Labour Party sich der Abstimmun enthielten. Sodann sprach Macdonald( England) über den Wiederaufbau und führte dabei u. a. aus: Wir verlangen von den in Frage kommenden Regierungen, daß sie Mittel bereitstellen, um den Arbeitsmangel in der Industrie zu beseitigen. Die Zentralmächte haben ein dringendes Bedürfnis nach Düngemitteln, Delfuchen und Fetten. England, das über genügende Borräte in diesen Artiteln verfügt, muß entsprechende Mengen freigeben, damit die Landwirtschaft in Mitteleuropa wieder gedeihe. England muß auch Erleichterungen für den Transport der 100 000 Milchlühe gewähren, die Amerika Deutsch land zur Verfügung stellte. Dann tönnten hunderte von Kindern im tommenden Winter dem siche= ten Tode entrissen werden.
Namens der Kommission unterbreitete Sidney Webb ( Eng land) dem Kongreß einen Beschluß, der u. a. erklärt, das Berfagen des fapitalistischen Systems mache die Uebernahme der polis tischen Mittel durch die Arbeiterklasse zu einer geschichtlichen Notwendigkeit. Zur Arbeiterklasse gehören alle diejenigen, die im produttiven Sinne förperlich oder geistig tätig sind. Der Kongreß Derwirft die Methoden der Gewalt und des Terrorismus.
Von der Anwendung einer entsprechenden Attion in entscheidenden Konflitten mit den imperialistischen und kapitalistischen Mäch ten tönne jedoch die Arbeiterklasse nicht absehen. Die Resolution Sidney Webb ( England) enthält sodann die Grundfäße der Internationale in Bezug auf den Barlamentarismus und erklärt, daß das Parlament alle Macht des Volkes und die Vollsange legenheiten vertritt, die gesekgeberische Gewalt auszuüben und die Führung der politischen Geschäfte zu besorgen hat. Neben dem Parlament soll ein Wirtschaftsrat bestehen, der sich aus den einflußreichsten Berufs- und sozialistischen Organisationen zusammen legt. Für die Sozialisierung feht das Parlament die aemeinen Grundsäge fest, ebenso die Art und Form der Verwaltung.
Vandervelde( Belnien) erklärte, daß durch die Resolution eine flare Scheibung geschaffen werde zwischen dem tommunistischen System von Mostau und dem demokratischen System der zweiten Internationale. Die Sozialisten Lönnten nicht mehr im 3weifel sein, wohin fie fich zu wenden hätten. Die Gewalt hürfe nicht zum System erhoben werden, wie das ber Bolschewismus getan habe.
Auch der holländische Delegierte Troelstra ftimmte ben Aus führungen des Borrednes zu. Dem Bolschewismus tönne man nicht nur die Demokratie entgegenstellen, sondern man müsse ihm ein Sozialdemokratisches politisches System entgegenieten. Scheibemann( Deutschland ) betonte, es müsse tlar ausgesprochen werden, daß die zweite Internationale den Bolichewismus grundsäglich ablehne und streng auf dem Boden der Demokratie stehe. Die deutschen Sozialdemokraten hätten seit Jahrzehnten den Kampf gegen die Dittatur der preußiihen Junker geführt, aber nicht das für, daß die Diktatur einer Reihe von Männern, von denen ein jeder behaupte, das Proletariat zu sein, diejenige der preußischen Junter ersege. Das Rätesystem in Deutschland auf wirtschaftlichem Gebiete lei noch verbesserungsbedürftig, aber das rufische Fris ment der politischen Rätediftatur müßten die deutschen Sozial bemofraten entschieben ablehnen, ebenso die Jdee der Weltrevolu tion.
Darauf wurden die Berhandlungen auf 8% Uhr abends vertagt. In der Abendigung erflärte für die englischen Delegierten Tho mas, daß die englischen Arbeiter nur sehr schwer für einen allge meinen Streit zu haben seien. Die englische Arbeiterschaft wolle feine blutige Revolution. Nachdem sich noch Shaw( England) über die bollchemistischen Zustände geäußert hatte, schritt man zur Abstimmung über die Resolution über das politische System der Sozialdemokratie. Die Entschließung im Sinne der Ausführun gen der vorher gemeldeten Redner wurde gegen eine engli The Stimme angenommen. Der Sozialistentongreß lehnt also mit aller Entschiedenheit den Bolschewismus und seine Rätebitta tur ab.
Nach einem Schlußworte bes ältesten Mitgliedes der Inter nationale, Eduard Bernstein , der der Hoffnung rud gab, daß die Spaltung der zweiten Internationale überwunden fei, fchloß der Präsident Shaw den Kongreß.
Der nächste Kongreß wird im Jahre 1922 in Brüssel abgehalten
werden.
Das neue Erefutipfomitee hat folgende Zusammenfekuna: Präfident Arthur Henderson , Schahmeister J. S. Thomas, Sefretäre Huysmann, Wels( Deutschland ), Branting ( Schweden ), Bertreter Stauning), Frost( Holland ), Macdonald( England), Bandervelde ( Belgien ),( Vertreter de Broudere).
Internationaler Bergarbeiterkongreß Die Sechsstundenschicht
3m weiteren Berlauf der Berhandlungen betonte Rose ( Deutschland ), daß die Forderung des Sechsstundentages in feinem Zusammenhange mit den Berhandlungen in Spaa tehe, sondern unmittelbar nach Ausbruch der Revolution in Deutsch land erhoben worden sei. Es handele sich um feine deutsche Ins trige. Die Deutschen verlangten auch nicht sofortige Einführung bes Sechstundentages, sondern erst müßten die tegnilen Vorbereitungen getroffen werden. Die deutschen Bergarbeiter erwarteten, daß die ausländischen Kollegen dem deutschen Beispiel bald folgen und daß sie, wenn die Entente in das Ruhrrevier einmarschieren sollte, oder wenn infolge militärischer Maßnahmen die deutschen Bergarbeiter um die Früchte der Revolution gebracht werden sollten, sich mit den deutschen Bergarbeitern solidarisch erklären.
Der Iuremburgische Delegierte Bulonac unterstützte die beutschen Vorschläge.
In der Nachmittagssigung wurde die Aussprache über den Sechstundentag fortgelegt ,, Es sprachen noch verschiedene Dele. gierte, die sich im allgemeinen mit der deutschen Forderung auf Einführung der Sechsstundenschicht einverstanden erklärten. Wigmann( Deutschland ) betonte nochmals, daß die deutschen
Siglow und Trogli. Bizijaft in Sowietruhlan and efter Bulammen Bergarbeiter nur unter dem Zwange der Verhältnisse und unter
dem Drude ber Alliierten Ueberschichten fahren. Durch die Lieferungen an die Alliierten würde ein großer Teil der deutschen Industrie lahmgelegt und tausende deutscher Arbeiter brotlos werden. Hier hoffe der deutsche Bergarbeiter auf die Untertügung der Internationale. Es fand schließlich eine Resolution Annahme, in der es u. a. heißt: Angesichts des gesundheitsgefährs lichen Charakters der Bergarbeit erklärt sich der Kongreß für den Sechstundentag der unter Tag arbeitenden Berglente. Der Rüd gang der Produktion in der ganzen Welt fann durch eine vers längerte Arbeitszeit nicht gehoben werden. Der Kongreh erflärt fich auch bereit, dem Versuch der Verlängerung der Arbeitszeit mit allen internationalen Mitteln Widerstand zu leisten.
Gegen die französischen Vergewaltigungen
Saarbrüden, 6. August Seute nacht find die Beamten im Saargebiet in den Streit getreten. Es handelt sich um einen Proteststreit gegen die Berordnungen der Regierungsfommission im Saargebiet, wo nach die Beamten der Regierungskommission den Treueid leisten sollen und wonach diese Kommission das Recht hat, die Be amten innerhalb von sechs Monaten ohne Angabe von Gründen zu entlassen. Auch die Eisenbahner haben den Streit begonnen. Der Beamtenbund des Saargebietes und sieben andere Angeftelltenorganisationen haben einen Aufruf erlassen, in dem es heißt: Bleibt fort von den Straßen. Lebenswichtige Betriebe, wie Elektrizitäts- und Wasserwerfe müssen im Gange bleiben. Afte der Sabotage dürfen unter feinen Umständen verübt werden. Die Forderungen der streitenden Beamten sind unter anderen: Die Rechte und Freiheiten, die vor dem 11. November 1918 in Straft waren, sollen wiederhergestellt werden. Es soll den Be amten gestattet sein, deutschen Organisationen im unbe letzten Gebiet anzugehören. Die Regierungskommission foll Entlassungen von Angestellten nur nach Rüdsprache mit der Bes amtenschaft vornehmen können. Ferner wird verlangt: Einführung von Betriebsräten, Abbau der Breise der Lebensmittel und Gebrauchsartifel, ausreichende Belieferung mit Kohlen, Ausweisung ber landesfremden Wucherer und Schieber und strenge Maßnahmen gegen die einheimischen Genossen derselben und Erleichterung der Einfuhr von Lebensmitteln und Bedarfsarifeln aus dem unbelegten Deutschland , sofortige Bildung einer Boltsvertretuns auf Grund des allgemeinen, gleichen und biretten Wahlrechts.
Ein Sieg der Schulreaktion
Dr. Karsen, bisher Leiter der staatlichen Bildungsanstalt ( ehemalige Kadettenschule) in Lichterfelde wurde unlängst zur Heberraschung der interessierten Kreise ins Unterrichtsministerium berufen. Die Erklärung dafür gibt eine 3uschrift aus dem Minifterium für Wissenschaft, Kunst und Volfsbildung an den „ Borwärts", in der es heißt:
Dr. Karen hatte seinerzeit die Anstalt mit bem ftrage über nommen, dort als Schulreformer zu wirken. Unter, Hinweis hierauf trat er nach Prüfung der Entwicklungsmönfiteiten der Anstalt an die Unterrichtsverwaltung mit dem Antrage heran, Lichterfelde von Amts wegen den Charakter einer Versuchs= anstalt zu geben und die Umwandlung am 1. Oktober 1920 bes ginnen zu lassen. Gleichzeitig machte Dr. Karjen eine Reihe von organisatorischen Forderungen geltend, deren Bewilligung er für die Umwandlung für notwendig erachtete. Der Minister Hae nisch hat sich diese schulpolitischen und organisatorischen Forde rungen zu eigen gemamt und versucht, auch die sogenannte Oberleitung der staatlichen Bildungsanstalten einen auser tretern ber beteiligten Reichs- und Staatsressorts gebildeten Ber waltungsrat dafür zu gewinnen.
-
Im Berlaufe dieser Berhandlungen mußte innerhalb des Minifteriums die Auffassung Blaz greifen, daß letzten Endes mit der Ablehnung eines wesentlichen Teiles der erhobenen Forde rungen zu rechnen sei. Da demnach für Dr. Karsen in Lichterfelde feine Aussicht besteht, seinen Plan auszuführen, hat er ge beten, ihn von der Leitung der Anstalt zu entbinden. Der Minister hat die Berechtigung dieser Bitte anerkannt und sie deshalb erfüllt.
Dr. Karsen hat die ihm bisher gestellten Aufgaben mit hervor ragender Energie und Umsicht in Angriff genommen. Unter warmer Anerkennung dieser seiner besonderen Eignung ist er nunmehr in das preußische Unterrichtsministerium berufen worden. Er soll hier Gelegenheit finden, selbst die Pläne für eine erfte preußische Verfuchsanstalt vorzubereiten, als deren Leiter er schon jest in Aussicht genommen ist.
Für die Leitung von Lichterfelde wird eine norläufige Ree gelung getroffen werden. Denn der preußische Unterrichts. minister muß sich bei der Saltung der übrigen zur Mitwirtung berufenen Refforts den endaültigen Entschluß über seine Beteili gung an einer Weiterführung der Lichterfelder Anstalt vorbe halten."
Bon unterrichteter Seite wird uns dazu geschrieben: Die staat lichen Bildungsanstalten( ehemalige Kadettenanstalten) unters Stehen einer Oberleitung, die aus dem Preußischen Kultus- und Finanzministerium und einer Reihe von beteiligten Reichs ministerien besteht. An dem Widerstande dieser Oberleitung ist die Absicht des Ministers Ha enisch, an dieser Stelle eine mo berne Verfuchsanstalt einzurichten, gescheitert. Daher scheint es faft, als ob die obige Mitteilung wie eine Flucht in die Deffentlichkeit aussieht. Die Deffentlichkeit ist aber besonders an ber Frage interessiert, ob die Ablehnung der Forderung Saeniss burch das Reich der Absicht entspringt, die ehemaligen Kabet tenanstalten in 3ivil zu erhalten. Es ist sonst nämlich nicht einzusehen, warum das Reich sich die Gelegenheit hat ent gehen lassen, mit der Gründung einer Versuchsschule endlich Ernst zu machen, zumal wohl als einziges Ergebnis der Reichsfchul fonferenz ber einstimmige Beschluß anzusehen ist, Versuchsschulen einzurichten.
Soffentlich zieht der Minister Saenisch sich nun, nachdem das reaftionäre Reich seine Pläne zu schanden gemacht hat, von der Weiterführung der Lichterfelder Anstalt zurück und überläßt sie benen, die sich vom Kabettenforps nicht trennen fönnen.
Proteststreit gegen den Steuerabzug. Die Beleafchaften eines Teils der Werte im Helmstedter Brauntohlenrevier find Donners tag früh in Proteststreit gegen den Steuerabzug getreten. Die Versorgung Magdeburgs mit elettrischer Kraft ist gefährdet.
Erhöhung der Pfändungsgrenze. Nach den vom Reichstage an genommenen Entwurf über die Erhöhung der Grenze bei Lohn= pfändungen, werden alle alten Säge verdoppelt, infolge ber Geldentwertung. Das Gefeß tritt am 1. Oftober in Kraft.
Gewerkschaftliches
Reine Musterarbeitsordnung für Angestellte Am 28. Juli fand vor dem Reichsarbeitsministerium die Be ratung über den Entwurf einer Musterarbeitsordnung gemäß 880 3. R. G. ftatt. Der Vertreter der Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände erklärte, daß seine Organisation grundsäga lich für den Ausbau des follettiven Arbeitsvertrages und den Ausbau des Betriebsrätegesetzes eintrete, bagenen die Arbeitsa ordnung überhaupt ablehne. Wo dieselben gesegli vorgeschrieben seien, sollen fich die Betriebsvertretungen auf die Mußvorschriften