Aus dem

Spitzelsumpf der Republik

Die Lügenfabrik der Reaktion Bapieren ging hervor, daß Eismann in kurzer Zeit für Spigel­

( Eigene Drahtmeldung der Freiheit".)

Magdeburg , 11. August.

Die Aufbeckungen über die hiesige Spigelzentrale haben in allen Magdeburger Bevölkerungstreifen, und vor allem in der Presse, lebhafte Erörterungen hervorgerufen. Unser Parteiorgan, die ,, Magdeburgische Boltszeitung", weist darauf hin, daß, wenn die Behörden die Aufhebung dieser Spikelzentrale gewollt hätte, dies auch schon früher hätte geschehen tönnen. Das aber sei ja gerade der traurige Ruhit der verflossenen rechtssozialistischen Koalitions­regierung, daß sie dem Spikelwesen den Boden für seine volfs: vergiftende Tätigkeit vorbereitete, indem sie wahllos alles Ma­terial zusammentragen ließ, um ihren glorreichen Feldzug ge= gen das sozialistische Proletariat zu führen. Es ist eine unum stößliche Tatsache, daß die rechtssozialistischen Minister Seine, Hirsch, Noste es waren, die ihre in dem Parlament gehalte­nen Brandreben gegen die USPD . auf Spigelmärchen aufbauten. Auch in Magdeburg ist das Spigelwesen nicht erst neueren Ur­sprungs, ganz abgesehen von den Zeiten vor der Novemberrevo­Intion des Jahres 1918. Schon vor mehr als Jahresfrist waren unsere Genossen genötigt, auf das sonderbare Treiben des De tettiobureaus Gerbig u. Eismann, An der Stefan­brüde, aufmerksam zu machen, das 15, Rechercheure" suchte, die die Aufgabe hatten, politische Spigeleien in den radikalen Arbeiter parteien zu vollbringen. Weiter fonnten unsere Genossen fest­stellen, daß der vor längerer Zeit in der Bolfsstimme" veröffent lichte Artikel Neue Putsche?", elende Spigelmache war.

Wie die Spigeleien in Magdeburg vor sich gehen, darüber liegen folgende Tatsachen vor: Die Hauptzentrale ist begründet von der ehemaligen antibolichemistischen Liga. Bald nach der Revolution erhielt ein hiesiger Rechtsanwalt den Auf­trag, eine sogenannte Nachrichtenstelle, d. h. Spigelzentrale, einzu­richten. Er gab den Auftrag an einen Polizeispiel, der An der Stefansbrüde ein Detektivbureau betrieb und schon während des Krieges für das Generalfommando Spigelarbeit geleistet hat. Der Leiter war Paul Eismann. Eismann machte sich aber bald selbständig. Er erhielt einen neuen Chef, der die Berbin­bung mit der Hauptzentrale in Berlin und den Zentralen in den wichtigsten anderen Städten unterhielt. Dem Herrn es ist der Rechtsanwalt Schaper, dessen Wirken in der demokrati. schen Partei sehr merkwürdig ist- war der direkte Verkehr mit der Zeit zu läftig und unangenehm. Darauf übernahm Referen bar Funt, ein Sohn des Studienrates Funt vom Domgymna­fium, den Geschäftsführerposten. Später übernahm die Leitung der Lehrer Otto 3iese wik, der den Betrieb im Zusammenarbeiten mit dem demokratischen Rechtsanwalt Schaper bis heute noch weiter führte. Er ist der Redakteur des, Stahl= heim", der selbst einige Zeit eine Spigelzentrale eingerichtet hatte und heute aus der gleichen Geldquelle gespeist wird, welch: die Spigel Eismann u. Co. unterhält. Raffierer ist ein Kaufmann Weidermann. Ziejewis erhält seine Auf­träge aus Berlin , und zwar aus dem berüchtigten Hause Oranien burger Straße 67, in welchem die Deutsche Wirtschaftshilfe und ihre zweigunternehmungen, wo der Deutsche Auslandsdienst, die Berliner Zentrale der Orgesch usw., untergebracht sind. Mit der Orgesch besteht ein besonders enges Zusammenarbeiten. Die her­vorragendsten Mitarbeiter Eismanns find:

"

1. Gefreiter Arno Friedrich, Schönebed, Kundschafter im Nachrichtenzug der Reichswehrbrigade in Magdeburg . Friedrich ift Spezialist in Sachen der roten Armee und Verfasser einer gro Ben Anzahl erfundener Berichte. Er ist auch der Verfasser des großen Aufmarschplanes der roten Armee, der von der reaktionären Bresse in schreienden Lettern der Oeffentlichkeit übergeben wurde und unbedingt echt sein sollte. 2. Mertens, Kundschafter der Reichswehrbrigade, ein getreuer Kumpan Friedrichs und Bursche bei Leutnant Fuhrmann. Mertens und Friedrich sind seit einigen Tagen unsichtbar. Ihrem Vorgesezten, dem Hauptmann Na gel, find sie angeblich gänzlich unbekannt, während der Feldwebel sie sehr gut tennt, denn sie kommen pünktlich zum Löhnungsempfang. 3. 2öwenthal, Leutnant der Reserve, ein überaus eifriges Mitglied des Stahlhelm". Er gehörte früher zur Militärpolizei und hat hauptsächlich die Kommunisten be= Spigelt. 4. Feiling, Mitglied der KAPD. , Spezialist für Nach richten über Syndikalisten, die er teilweise aus dem Syndikalist" abschreibt, sonst aber frei erfindet. 5. Robert Meyer, arbeitet auf allen Gebieten, besonders der Betriebsspigelei. Re­ferent für Bersammlungsberichte. Auch ein Mitglied der USPD . und der KPD. wurde als Spiel entlarmt.

Die Spigel übergaben Eismann ihre Berichte. Er zahlte für die kleinen 20 bis 30 M. für größere mehr. Geld stand ihm in jeder gewünschten Höhe zur Verfügung. Aus den beschlagnahmten

Produktive Erwerbslosen­

fürsorge

Beratungen im Reichswirtschaftsrat

Der Sozials und der Wirtschaftspolitische Ausschuß des Reichswirtschaftsrates verwiesen am Mittwoch das neu­eingegangene Mietssteuergeset an den gemeinsamen Unterausschuß, nachdem ein Antrag des Oberbürgermeisters Dr. Lutter auf Ueberweisung an einen besonderen Ausschuß ab= gelehnt war.

Sobann trat der Ausschuß in die Beratung des Berichtes des Unterausschusses über den Erwerbslosen- Antrag des Reichswirt­schaftsministers a. D. R. Wissell ein, die in zwei Lesungen stattfinden soll.

Abgeordneter Reinath: Die Industrie erzielt bei vermehr­tem Bersonal eine verminderte Leistung. Die übermäßigen Fa­britations- und Handelsgewinne tann man durch die vorge schlagenen Maßnahmen nicht beseitigen, denn es sind dieselben Mittel, die fchon bisher nicht geholfen haben, als die Staatsges walt noch start war. Die hohen Breise sind ferner auch auf vor= sichtige Ralfulation, infolge der unsicheren Verhältnisse zurüdzuführen. Die Preissteigerung ist zu einem erheblichen Teile durch den Ausfall infolge von Streits veranlaßt. Der Riesenapparat der Zwangswirtschaft ist eine ungeheuerliche Be­lastung. Wir können die Spannung zwischen der Kauffraft der Bevölkerung und den Warenpreisen nur durch eine Herab­drückung der Löhne und Gehälter beseitigen. Wir müssen unseren Inlandsverbrauch bedeutend einschränken. Bei der Pirmasenser Schuhindustrie wollte man durch Versagung ber Ausfuhr einen Drud auf die Inlandspreise ausüben, die Folge war die Absazstodung und Betriebsstillegungen. Der Reb­ner will den Vorschlägen nur zustimmen, wenn sie umgearbeitet

werden.

Dem entgegnete der Abgeordnete Wissell: Herr Keinath habe sich kaum an der Beratung des Unterausschusses beteiligt, obwohl er stellvertretendes Mitglied war, sonst hätte er gewußt, daß die Borschläge nicht nur den Anschauungen der Arbeiterver= treter entsprechen.( Hört! hört!) Das haben auch die berufe nen Bertreter des Wirtschaftslebens in Eingaben bestätigt. Go schrieb uns die Handelskammer Brandenburg , daß die ungeheuren Preise für Rohstoffe und Halbfabritate die weitere Produktion ganz unrentabel machte.( hört! hört!) Die Rohstoffe machen Danach jest neun Zehntel der gesamten Gestehungstoften aus. Die 162 Streittage des Herrn Keinath kommen nur dadurch zu

zwede 175 000 m. ausgegeben hat. Eismann hat gestanden, daß er nicht nur Organisationspläne der Roten Armee für Sachsen und Miteldeutschland erfinden ließe, sondern auch einen großen Kampfplan für Chemnik anfertigte und ihn als Original dokument der reaktionären Bresse übergab. 3wischen den be­schlagnahmten Papieren des Eismann sind auch die Urschrif ten des von der Magdeburgischen Zeitung" veröffentlichten Ge= heimabkommens von Meme I gefunden werden. Die Be­richte gingen an die Zentrale in Berlin , an die Nach­richtenstelle der Reichswehrbrigade im Domgymnasium, an die Nachrichtenstelle der Magdeburger Sicherheitspolizei, ferner an verschiedene Offiziere und an eine Anzahl Personen und Firmen, welche Geldmittel für den Spizeldienst zur Verfügung stellten. Der Spizel Eismann ist ein wegen Betrugs, Unterschlagung, Erregung öffentlichen Aergernilles, Zuhälterei und Beleidigung vorbestrafter Mann. Er hatte ebenso wie 3iese wiz Ausweise von der Magdeburger Reichswehrbrigade, stand mit deren Offi­zieren in engster Fühlung und fonnte zu jeder Tag- und Nachtzeit die militärischen Gebäude betreten. Generalmajor Ribben= trop hat den Verbrecher erst im Juni neue Ausweistarten auss stellen lassen und eigenhändig unterschrieben.

Das in Magdeburg ausgehobene Nest ist nur eine Zweigstelle der Deutschen Wirtschaftshilfe" in Berlin , Oranienburger Straße 67. Alle Ableugnungsversuche, die von dieser Seite unter­nommen werden, sind wertlos, denn es steht fest, daß die Wirt­schaftshilfe, an deren Spize die früheren Nachrichtenoffiziere Jülich . Major Berndt, Major Hoffmann u. a. stehen, alle Nachrichten fartmelt, die ihr vor den Zweigstellen im Reiche aus zugehen. Die Wirtschaftshilfe hat es auch verstanden, rechtssozialistische Barteimitglieder in thre Dienste zu stellen. Der Parteisekretär Willy Nejler aus Neu haldensleben hat beträchtliche Gelbmittel von ihr empfangen und ihr dafür Lügenberichte über die U. S. P. D. und K. P. D. über mittelt. Pinkerton und Wirtschaftshilfe arbeiten Hand in Hand. Sie stehen im Dienste der Rechtsparteien. Ihre Aufgabe ist es, burch Lügenberichte über die Arbeiterschaft die Butschpläne der Monarchsten zu verschleiern.

Die bestochene Presse

Die reaktionäre Presse ist von der Lügenfabrik der Deut­ schen Wirtschaftshilfe genau unterrichtet. Sie hat trotzdem alle Berichte gebracht, weil sie wir wollen es offen sagen sich von den Pinkertons politisch bestechen ließ. Ein solcher Bestechungsversuch sollte auch bei der Bossischen Zeitung" unternommen werden. Das geht aus folgendem Brief her vor, den Ziesewig von Magdeburg aus nach Berlin schidte: Magdeburg , den 9. 8. 20.

Herrn E. Beder,

Berlin W. 35.

Nach unserer Ansicht hätte es der Berliner Zentrale ber Nach richtenstelle möglich sein müssen, den Leitartikel der Bossischen Zeitung vom Freitag, den 8. August 28, Morgenausgabe, Landeshauptmann Escherich", zu verhindern. Gerade ein solcher in der Form fachlich gehaltener Artikel schadet uns mehr als Hezartikel der sozialistischen Presse.

Tageblatt" Einfluß zu gewinnen, so wäre es doch ein leichtes ge Wenn es auch vielleicht nicht möglich ist, auf das Berliner wesen, durch ein demokratisches Vereinsmitglied Georg Bern hard bis zu einem gewissen Grade einzuweihen.

Da die Bresse der Deutschen Boltspartei und der Deutschnationalen Boltspartei ohnehin einges weiht ist, wäre es die besondere Aufgabe Berlins gewejen, dafür zu sorgen, daß die Zentrums- und die gemäßigte bemokras tische Presse nicht gegen uns leitartikelt.

Hochachtungsvoll

Ziejewig.

Die Blätter der Deutschen Volkspartei und der Deutsch nationalen find denn auch recht still geworden. Sie haben die Lettern ihren Lesern vorgesetzt. Die Wahrheit verschweigen betrügerischen Nachrichten der Pinkertongauner in großen fie jetzt, weil es Pinkerton- lies: Stinnes- so wünscht. Und weil die rechtsstehende Presse fäuflich ist, deshalb ver­demokratischen Presse glüden werde. Sie haben sich, wie die muten die Gauner, daß ihnen dasselbe Manöver auch bei der Bossische Zeitung" nachweist, verrechnet. Die rechtsstehenden Blätter aber ftellen sich durch ihr Verhalten auf die gleiche Stufe mit 3iesewitz aus Magdeburg : Sie sind wie dieser die Zuhälter des Herrn Stinnes und seiner Trabanten.

stande, daß alle Streiftage voll gezählt werden, wenn auch nur eine ganz fleine Arbeitergruppe in einem tausendköpfigen Be­triebe ftreift. Das ist eine objektive Beweis: führung! Wir haben nicht genug Waren, um dem Auslande bie eingeführten Lebensmittel zu bezahlen. Wie soll uns da der freie Handel ein genügendes Angebot der zum Leben notwendigen Waren schaffen? Wir müssen unseren Export sogar ein= schränken, weil wir die Waren, die wir erzeugen, zur Wieder­gutmachung an die Entente brauchen. Wir haben es durch das Exportverbot für die Schuhindustrie dahin gebracht, daß wieder Schuhe produziert und gekauft werden können. Ich habe den Ar­beitern immer auseinandergefekt, daß eine Lohnsteigerung ihnen nichts nutt, sondern nur eine Mehrproduktion, weil dann etwas mehr zur Verteilung da ist. Was jezt vielfach im west­lichen Deutschland vorgeht, daß man den Unternehmer unter Drohungen zwingt die vom Gesetz auferlegten Steuerabzüge nicht vorzunehmen, ist geradezu ein Standal, der unter feinen Um ständen gebilligt werden kann. Der Unterausschuß fonnte nach den Sachverständigen- Gutachten zu gar feinem anderen Ergebnis tommen.( Lebhafter Beifall.)

Abgeordneter Kommerzienrat Wallerstein : Die Zeit für einen Lohnabbau ist noch nicht gekommen; zum Ausgleich für den Steuerabzug tommen sogar neue Lohnforderungen. Gegen den Vorschlag des Unterausschusses, daß ein Sachverständigen Ausschuß prüfen soll, ob eine Betriebsstillegung nicht zu vermeiden sei, läßt sich nichts einwenden.

Abgeordneter Kaufmann- Hamburg ( Vertreter der Verbraucher­Ichaft) bezeichnet es als eine Lebensfrage für die deutsche Wirtschaft, daß die Notenpresse eingestellt wird, wenn man es nicht zum Staatsbanterott treiben wolle. Die Löhne könnten so gar noch erhöht werden, ohne uns wettbewerbsunfähig dem Aus­land gegenüber zu machen, weil

im Ausland die Löhne höher als bei uns seien. Vor allem müsse die 3 mangswirtschaft abgebaut werden. Die Zwangswirtschaft habe mit Sozialismus nichts zu tun. Der Bau von Wohnungen müsse von den Gemeinden vorbereitet werden.

Staatssekretär Dr. Hirsch bestreitet, daß die Aktion für die Pirmasenser Schuhindustrie gescheitert sei, die Dinge nähmen jegt ihren richtigen Verlauf.

Geheimrat Weigert( Vertreter des Reichsarbeitsministeriums): Das Ministerium würde sich freuen, die Vorschläge bei dem Wirts schaftsprogramm beachten zu können. Die Reichsregierung habe beschlossen, das Zweieinhalbfache der ersparten Erwerbslofen unterstützung für Rotstandsarbeiten zu verwenden. Die

Rurzarbeiter sollen von jest ab noch stärker unterstützt wers den als bisher. Die Erwerbslosenunterstügung werde, von Ausnahmen abgesehen, über 26 Wochen hinaus ausges dehnt. Abgeordneter Dr. Roefide( Vertreter der Landwirtschaft) vers mißt in dem Bericht des Unterausschusses zwei Ursachen der Preis­steigerungen, die mangelnde Ernährung und den für die Warenpreise als die Arbeitszeit verkürzt sei. Dies Kohlenmangel. Die Löhne spielten eine umso größere Rolle fei ein Fehler gewesen, man hätte damit höchstens vorgehen fön nen, nachdem Wohnungen für neue Arbeiter hergestellt worden

wären.

Abgeordneter Tornow( Arbeitervertreter der Industrie) führt aus, daß es nicht nur Meinung des Unterausschusses, sondern ein Ergebnis der Sachverständigen- Feststellungen fei, daß nicht die Löhne, sondern die Rohstoffpreise die hohen Warenpreise verursacht hätten.

in Deutschland

In keinem Lande habe die Profitfucht solche Orgien gefeiert wie Bom Standpunkt der Arbeitnehmer boten die Vorschläge des Unterausschusses herzlich wenig.

Abgeordneter Dr. Zeitlin( Schutzverband deutscher Schriftsteller) ersteht aus dem Ausschußbericht leider wenig Möglichkeiten für praktische Arbeit.

Abgeordneter Redakteur Feiler weist darauf hin, daß, produks tive Erwerbslosenfürsorge" nur ein neues Wort für Rotstandss arbeiten sei, daß aber Notstandsarbeiten, wie Kanalbauten, mit unserer Finanziage nicht vereinbar seien. Das beste Mittel sei bie Umstellung der Produktion auf den dringend notwendigen Bedarf, damit nichts Ueberflüssiges produ­ziert werde. Wenn die Industrie nicht selbst dazu kommen fönne, folle sie mit dem Mittel der Kohlenzuteilung dazu veranlaßt wer den.( Abg. Wissell: Also Planwirtschaft! Seiterteit.)

Abgeordneter Prof. Dr. Endres- München wendet sich gegen die im Ausschußbericht empfohlene Sozialisierung der Holzwirtschaft. Abgeordneter Schumacher( Arbeitnehmervertreter des Hand­werts) spricht sich im Sinne der Vorschläge des Unterausschusses

aus.

Abgeordneter Bankdirektor Dr. Schwarz wünscht, daß nicht die allgemeinen wirtschaftsprogrammatischen Beschlüsse des Unteraus schusses, sondern nur die praktischen Vorschläge für die einzelnen Industrien zum Beschluß erhoben würden. Damit schließt die erste Lesung. Die zweite Lesung findek am Freitag um 1 Uhr statt.

Ein erster Schritt

Sozialisierung des Bergbanes in der Tschechoslowakei

einem Schritt entschlossen, der schon längst notwendig gewesen Endlich hat sich die tschechoslowakische Regierung zu wäre. Durch eine Regierungsverordnung vom 15. Juli wird den Bergwerksbesizern bas freie Verfügungsrecht über die Gruben genommen und die Oberhoheit über den gesamten Grubenbesis der tschecho= [ Iowatischen Republit übertragen. Jede Besitz­änderung, Betriebseinstellung oder reale Belastung der Betriebe ist an die vorherige Genehmigung des Ministeriums für öffentliche Arbeiten gebunden. Diese Verordnung entspricht jener vom 9. No­vember 1918 über die Sicherung des Großgrundbefizes. Man hat sich also reichlich Zeit gelassen, um den Bergwerksherren ja nicht allzu nahe zu treten, nun ist aber doch endlich der Schritt gewagt worden, der als erste Maßnahme zur Enteignung, resp. Sozialisie rung der Gruben anzusehen ist. Da die große Gefahr besteht, daß die Grubenbesiger durch fingierte Verträge, die auf die Zeit vor dem 15. Juli vordatiert sind, noch schnell retten, was zu retten ist, ist vorgesehen, daß alle berartigen Berträge vor ihrer Eintragung ins Bergbuch ebenfalls durch das Arbeitsministerium genehmigt werden müssen. Jede Uebertragung des Förderungs­rechtes muß durch das Repierbergamt dem Arbeitsministerium gemeldet und erst nach dessen Genehmigung vollzogen werden. Das Gesetz gilt in gleichem Umfange auch für Karpathorußland und die Slowakei . Man darf füglich behaupten, daß es höchste 3eit ist, wenn man endlich auf dem Gebiete der Sozialisierung etwas energischer arbeitet als bisher, denn verschiedene Ereignisse der legten Zeit zeigen deutlich, daß die Unzufriedenheit des Volkes über die Hinausziehung der Enteignung des Grund­befizes und der Realisierung der Bodenreform, sowie die völlige Untätigkeit auf dem Gebiete der Sozialisierung der Bergmerte und großen Industriebetriebe immer mehr an wächst und sich be reits da und dort in drohenden Rundgebungen äußert. Statt mit Militär und Bajonetten wird die Regierung schon mit anderen Mitteln die Bevölkerung beruhigen müssen!

Die steigenden Lebensmittelkosten

Neben den Veröffentlichungen des Statistischen Amtes der Stadt Berltu über die Kosten des Existenzminimums weisen auch die Statistiken R. Galwers über die Lebensmittelpreise ein dauerndes und scharfes Anziehen der Kosten des Nahrungsbedarfes nach. Galwers berechnet die Kosten des wöchentlichen Nahrungsmittelbes barfes einer vierköpfigen Familie, indem er als den Verbrauch die dreifache Friedensration eines deutschen Marinesoldaten zugrundes legt. Für den Monat Mai 1920 ergibt sich danach aus dem Mittel aller berücksichtigten deutschen Städte die Summe von 224,63 Mart. Gegenüber den Kosten im Januar dieses Jahres sind dies 94 Mart mehr, gegenüber Februar 77 Mart, März 57 Mart und April 85 Mart. Im Vergleiche zum Monat Mai 1919 beträgt die Steigerung fogar 150,93 Mark.

Insgesamt entwickelten sich nach den Calwverschen Juderziffern die Rosten für ben Nahrungsmittelaufwand einer vierlöpfigen Familie wie folgt. Es tostete pro Woche Mark:

Jahresdurchschnit

1896

19,01

1905

22,02

1912

25,28

1914

24,70

1915

36,49

1916

57,30

1919

78,70

1920

224,63

Jm einzelnen sind die Rosten für den Nahrungsmittelaufwand auf der Grundlage der Calwerschen Berechnungsmethode in den verschiedenen Gegenden Deutschlands sehr differenziert. Sie betrugen pro Woche im

Cöln .

Monat Mai Durchschnitt der Jahre

1896

1912

1919

1920

20,76

27,88

74,58

887,65

Frankfurt a. M. Berlin

19,86

24,78

83,19

806,12

18,03

24,70

70,17

269,28

Leipzig

19,88

24,40

71,10

258,.7

Dresden

20,13

24,73

85,53

217,68

Hamburg

17,43

24,70

77,43

216,72

München

20,97

25,20

68,54

200,01

19,74

25,66

66,15

162,18

Friedensvertrag.

Paris

Breslau

Solzlieferungen gemäß

Verhandlungen

Ein deut­

über dic Solzlieferungen haben auf Grund des Friedensvertrages begonnen. sches Angebot über die Lieferung von 1440 000 Festmeter Rundholz jährlich für einen Zeitraum von vier Jahren wurde pon der Gegenseite als unzureichend abgelehnt, desgleichen eine zweite Offerte, welche unter Festhaltung an der Gesamtmenge von viermal 1440 000 Festmeter Rundholz dahinging, die auf die ersten sechs Monate entfallenden Raten auf 240 000 eftmeter pro Monat zu erhöhen. Eine Einigung fonnte vorläufig nicht erzielt

werden.

Reine Unterbrechung des Bahnverkehrs mit Ditpreußen. Wie uns die hiesige Eisenbahndirektion mitteilt, sind die Meldungen über eine unterbrechung des Eisenbahnnertehrs mit ftpreußen völlig unrichtig. Bisher hat keinerlei Zugausfall stattgefunden,