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Freitag, den 13. August 1920
Nummer 328
Morgen- Ausgabe
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der Unabhängigen Sozialdemokratie Dentfchlands
Neue Berwickelungen
die fleinbürgerlichen Philister in Posen und Galizien durch eine gewissenlose Pressehehe und durch unsinnige Legenden, die über die Kommunisten verbreitet werden, so fanatisiert und verhetzt sind, daß man ernstlich um das Leben der Gefangenen besorgt sein muß.
Dadurch, daß sich Frankreich amtlich hinter den gegenrevolutionären General Wrangel gestellt hat, ist die europäische Gesamtlage aufs neue kompliziert und verschärft worden. Bei der englischen Regierung hat der franzöfifche Alle diese furchtbaren Zustände werden nach wie vor von Beschluß, wie Lloyd George sich ausdrückt, uebereiner Regierung geduldet, in der der Vertreter einer Partei, raschung und Besorgnis hervorgerufen. Man emp die sich als sozialistische Partei bezeichnet, eine führende findet das Verhalten Millerands als einen Verstoß wider die Rolle spielt. Wie man sich auch zu dem russisch- polnischen Abmachungen von Hythe und als einen hinterhältigen Bruch Krieg stellen mag, muß man fein Erstaunen ausdrüden, mit der Politit des gemeinsamen Auftretens in den Ostweniger über den moralischen Fall, als über die politische fragen. Wie ernst die amtlichen Stellen in London die Raivität jener Leute, die auf die Unterstützung der öffentDinge beurteilen, geht daraus hervor, daß sowohl der Königlichen Meinung der europäischen Arbeiterklasse rechnen und wie der Ministerpräsident Lloyd George ihre Reisepläne sich zu gleicher Zeit durch derartige himmelschreiende Tataufgegeben haben und daß das Parlament, das sachen entehren. am Freitag in die Ferien gehen sollte, vorläufig weiter tagt.
Die Abneigung Frankreichs gegen die Vermittlungs- und Verständigungsversuche Lloyd Georges war ja längst offenfundig. Aber die brüste Art, mit der es sich von seinem Ver bündeten trennt und eigene Wege geht, muß doch in ErStaunen fezen. Es spielt auf alle Fälle ein sehr gefährliches Spiel, deffen Folgen fich unter Umständen nicht nur im Often, sondern auch anderswo bemerkbar machen werden. Bergeffen wir nicht, daß Frankreich auch in seiner Politik gegenüber Deutschland bisher in hohem Maße von der englischen Unterſtügung abhängig war. Es ist von seinem Standpunkt aus gesehen ein Wahnwiz, diese Rüdendeckung zu gefährden, ein Wahnwik, der sich nur aus der namenlosen Angst der franzöfifchen Bourgeoisie vor dem Sozialismus und aus ihrem brennenden Wunsch, doch noch wieder in den Genuß der Zinsen für die dem zaristischen Rußland vorgeftredten Milliarden zu gelangen, erflären läßt.
Trotzdem werden wir uns hüten müssen, nun voreilige Hoffnungen auf einen endgültigen Bruch zwischen den Alliierten zu sehen, und vor allem dürfen wir den Gedanken nicht
TU. Paris, 12. Auguft.
Der„ Matin" berichtet aus London : Die Note der Washingtoner Regierung tam gestern in London an. Diese Note ist an den italienischen Botschafter gerichtet und ist die Antwort auf eine Ans frage der italienischen Regierung an die amerikanische Regierung in der Polenfrage. Die Note erklärt, daß die Regierung von Washington an einen freien und autonomen Polenstaat glaubt und daß das Volk der Vereinigten Staaten die Aufrechterhaltung der polnischen Unabhängigkeit und der territorialen Integrität Bolens wünscht. Die amerikanische Regierung wünscht nicht an irgend einem Projekt teilzunehmen, das die Waffenstillstandsvers handlungen in eine europäische Konferenz umzuwandeln versucht. Aller Wahrscheinlichkeit nach hätte ein solcher Versuch das Ers gebnis, die unerkennung des bolichewistischen Regimes und die fait unvermeidliche Regelung des ruffischen Problems auf der Basis eines zeritüdelten Rußlands nach sich zu ziehen.
Gelegenheit, irgendwie mit Frankreich abzurechnen. Es wäre verständlich, wenn sich auch hier und da
Gründungsfieber
Ein tolles Durcheinander herrscht scheinbar in der tapitas listischen Wirtschaft Deutschlands . Wir hören von Be triebsstillegungen, von Produktionseinschränkungen, von Kapitalsvermehrung, von Kapitalsverwässerung, von Zus sammenfassung der Betriebe, von Verbindungen großer Unternehmungen, von der Beteiligung ausländischen Kapitals an der deutschen Industrie, von Niederlassungen ausländischer Unternehmungen in Deutschland . In der fapitalistischen Welt scheint alles durcheinander zu gehen. Und so ist es ers flärlich, daß vielfach die Auffassung sich bilden fann, als ob die fapitalistische Wirtschaft Deutschlands vor dem Zus sammenbruch stehe. Wer jedoch genauer hinsieht, der wird bald feststellen fönnen, daß der deutsche Kapitalismus noch längst nicht gewillt ist, vor der ihn bedrängenden sozialen Revolution freiwillig die Waffen zu streden und sich im Gegenteil anschickt, seine Interessengebiete aufs äußerste auszudehnen und zu verteidigen. Was uns bei den erwähnten Erscheinungen des wirtschaftlichen Lebens planlos und widerspruchsvoll erscheint, das entspricht zwar der Anarchie, die in der kapitalistischen Produktion herrscht; zugleich aber werden Sie von den Gesezen gelenkt, die die Entwicklung des Kapita lismus bestimmen.
Der Ausgang des Krieges hat der deutschen Schwerindustrie eines erheblichen Teiles ihrer einheimischen Rohstoffquellen beraubt; zudem wurde die Einfuhr ausländischer Rohstoffe durch ben Mangel an Transportraum und durch die Entwertung der deutschen Geldzeichen erschwert. Die Inflation, die Aufblähung der deutschen Geldzeichen, machte eine sprunghafte Erhöhung des Kapitals nots wendig; zugleich verhinderte sie den rationellen Ausbau der Betriebe und die Erweiterung der Produktionsmöglichkeiten. Durch die Abtretung der lothringischen und faarländischen Besizungen befamen eine Anzahl rheinisch- westfälischer Großfirmen, wie Stinnes, Thyssen, Stumm, Klödner, Wolf, riesige flüssige Kapitalien in die Hand, die sie zum Anlauf und zur sehen, wie Stinnes seinen Einfluß auf alle möglichen Arten Angliederung anderer Unternehmungen benutten. Wir der Industrie und des Handels ausdehnen konnte. Die Fas milie Stumm tontrolliert in bunter Folge Bergwerke, Hoch
fen, Walzwerke, Metallgießereien, Bauunternehmungen,
Automobilfabriken und Schiffswerften. Gelsenkirchen und Luxemburg , die jedes für sich schon einen gewaltigen Konzern
in der Arbeiterschaft das Gefühl regte, man könne und müse treter des russischen Kommandos wartete am 9. d. Mts. vergebens darstellen, vereinigen sich zu einer Interessengemeinschaft von
nun einem Lande, dessen herrschende Klasse so offensichtlich die Partei der Gegenrevolution ergreift, an der Seite der Bolschewifi mit militärischen Mitteln einen vernichtenden Schlag zufügen. Aber wir dürfen nicht außeracht lassen, daß jede derartige Regung von den deutschen Nationalisten aufgegriffen wird, um sie in ihrem Interesse, im Interesse der Entfachung einer Revanchestimmung gegen Frantreich, zu benutzen. Die Sowjetregierung wird, gestützt auf die Sympathien der internationalen Arbeiterklasse und auf den todesmutigen Abwehrkampf der russischen Arbeiter und Bauern, mit dem General Wrangel fertig werden ganz ohne Rücksicht auf die mehr oder weniger moralische Unterstützung, bie er von der französischen Republit erhält und Millerand und seinen nationalen Blod fönnen wir um so eher den französischen Arbeitern überlassen, als die Trübung der Beziehungen zu England ihre Stellung stärken muß.
Die Note der franzöfifchen Regierung an General Wrangel , worin dessen Regierung anerkannt wird, war von Millerand vorbereitet und vom Kabinett gebilligt. Der Berichterstatter des Reuterschen Bureaus hat im französischen Außenministerium erfahren, daß die Vermutung der englischen Presse, das Personal bes Außenministeriums habe die Politit der französischen Regierung durchkreuzt, unbegründet ist.
Wie Reuter aus Baris meldet, hat der englische Geschäftsträger heute eine Note der englischen Regierung an das Ministerium des Aeußern übergeben. Gegenwärtig sind Besprechungen zwischen beiden Regierungen im Gange über die entstandenen Meinungsverschiedenheiten, die eine Fortsetzung der freundschaftlichen Zufammenarbeit nicht verhindern.
an der russischen Grenze auf die polnische Delegation. Es tam weder eine Delegation noch irgend eine Meldung aus Warschau . Der russische Vertreter wartet andauernd auf das Eintreffen der polnischen Delegation. Bei der polnischen Regierung ist durch drahtloses Telegramm angefragt worden, wann bie polnischen Delegierten erwartet werden können.
Lloyd George hat in ber Angelegenheit der Verzögerung des spricht darin die Hoffnung aus, daß sofortige Weisungen wegen Minster Rongresses einen Brief an Kamenew geschrieben. Er der Durchreise der polnischen Delegierten nach Minst und über drahtlosen Stationen erteilt werden. Die ständige Weigerung die Entgegennahme polnischer Mitteilungen durch die russischen Mostaus, Mitteilungen aus Warschau entgegen zu nehmen, sei einer friedlichen und schnellen Lösung der Krise nicht förderlich.
Die Heeresberichte
( Eigene Drahtmelbung der Freiheit".) Kopenhagen , 12. Auguft. Der ruffische Seeresbericht vom 11. August meldet: In Richtung Blod Kämpfe um den Besitz der Stadt Mlawa . Am 9. August besetzten wir die Städte Ciechanow und Ma to w. Wir machten babei große Kriegsbeute. Südlich davon erreichten wir den Fluß Orschik. Zwischen dem Narew und dem Bug drängen unsere Truppen den Gegner nach Westen zurüd. Weiter füblich rüden wir zum Nurekflusse vor. Am 10. Auguft besetzten wir die Stadt Radzymin . Nach hartnädigen Kämpfen wurde am 9. August Wlada wa besetzt. Im Abschnitt Wladimir- Wolynski besetzten unsere Truppen die Stadt Wladimir- Wolynsti und
riefenhaftem Ausmaß. Krupp geht zum Bau landwirtschafts licher Maschinen über und gliedert sich bereits bestehende Unternehmungen dieser Art an. Händlerfirmen faufen Bergwerke, Hütten und Eisenerzgruben. Großbrauereien ver
Schmelzen fich miteinander oder fufionieren sich mit Unter
nehmungen der Spritindustrie.
Diese Verschmelzungen und Konzentrierun gen greifen aber über Deutschlands Grenzen hinaus. Amerikanisches Kapital beteiligt sich an den Elektrofonzernen; um die Aktiengesellschaft Sichel in Mainz bildet fich ein deutsch - belgisch - schweizerischer Industrie- und Handelstrust; die deutschen Metallgesellschaften schließen Verein Amerika - Linie und der Norddeutsche Lloyd verbrüdern sich barungen mit überseeischen Firmen ab; die Hamburg mit dem amerikanischen Reederkapital; französische Inter essenten suchen Betätigung in der deutschen Bergwerks industrie.
Mehrere Ereignisse auf diesem Gebiet aus der jüngsten Zeit erfordern unsere besondere Aufmerksamkeit. So hat die Phöniz Aktiengesellschaft, eines der größten Montanunternehmungen in Rheinland- Westfalen , einen größeren Aktienposten der Reiher stieg werft in Samburg erworben, wodurch sie einen außerordentlich großen Einfluß auf dieses Wert gewinnt. Schon vor dem Kriege hatte sich Krupp die Kontrolle über die Germaniawerft in Kiel und Deutsch - Luxemburg über die Norbseewerte in Emden gesichert. Während des Krieges wurden von mehreren Montanunternehmungen die Hamburger Werft A.-G. und die Deutsche Werft A.-G. gegründet. Vor einigen Monaten erwarb Thyssen den Bremer Bultan und die Flensburger Schiffsbaugesellschaft, die Firma Stumm die Freerichswerft
Die Schreckensherrschaft in Polen Savalerie ein Geſchütz. Im Adſchutt Terespol - Buthwatch bräng Reſherſtiegwerft hat aber nog größere Bedeutung als bie
Noch immer die Aera Daczynski
In den letzten zwei Wochen haben die Repressalien gegen die Arbeiterklasse Bolens alle Grenzen überschritten. Es find sogar eine Anzahl Mitglieder der Arbeitergenossenschaften und eine Reihe von Stadtverordneten des Südischen Arbeiterbundes verhaftet worden. Die Hauptenergie jedoch richtet sich nach wie vor gegen die Kommunisten. Die Gefängnisse find in ganz Polen buchstäblich mit wirklichen oder angeblichen Kommunisten überfüllt. Bor furzem wurden einige hundert kommunistische Gefangene plötzlich in Ketten gelegt und unter entseglichen Bedingungen aus Warschau und Lodz in die Konzentrationslager bei ronte( bei Bosen) und in Dombie übergeführt. Die Lebensbedingungen in diesen Lagern sind furchtbar. Die Behandlung der Gefangenen ist schlimmer als in den Zuchthäusern: Be schimpfungen, Schläge, Sunger sind hier eine stehende Einrichtung. Im Konzentrationslager in Dombie herrschen epidemische Krankheiten. Schlimmer als alles ist jedoch, daß
Abschnitt noch ten unsere Truppen den Feind zurück, machten Gefangene und er= beuteten ein Geschütz und Maschinengewehre.
neben dem Bulkan das größte deutsche Werftunternehmen. Auf ihr wurden vor dem Kriege die Ozeanriesen gebaut, durch den Verlust der deutschen Handelsflotte sind ihr soviel Aufträge für Neubauten zugeflossen, daß deren Bewältigung eine ganze Reihe von Jahren erfordert. Es fehlt ihr ebenso wie den anderen Werften an Schiffsbaustahl, den die deutsche Schwerindustrie zur Zeit nicht genügend liefern fann; fie wäre gezwungen, sich ihn zu beträchtlichen Preisen' aus Amerita tommen zu lassen. Die Phönix- A.- G. ist nunmehr in der Lage, die Reiherstiegwerft mit diesem Material zu versorgen; damit sichert sie sich zugleich einen gewaltigen Auftragsbestand, der infolge des Bedarfs an Handelsschiffen von Konjunkturschwankungen faum betroffen werden dürfte und auf viele Jahre einen erheblichen und sicheren Gewinn in Aussicht stellt.
Der polnische Seeresbericht vom 11. August meldet: Jm nördlichen Abschnitt unserer Front sind hartnädige Angriffe des Feinbes, ber um jeden Preis uns von BuItuft zu verdrängen sucht, abgewiesen worden. Auch im Abschnitte der Gruppe des Generals Zeligowsti finden schwere Kämpfe statt, doch wird der starte feind liche Drud zurückgewiesen. Im Zentrum der Front verlief der gestrige Tag ohne bedeutendere Kampftätigkeit. Im Südabschnitt verstärkte Tätigkeit der Kavalleriearmee Bubenays, die nach der legten Niederlage sich wieder ergänzt hat. Unsere vorderen Abteilungen fonnten bis Rabsientom und Chlosewo vor bringen. Unsere Gegenattion ist im Gange. Feindliche Angriffe im Abschnitt Gorobyschtsche und Chobaschtow wurden blutig abgewiesen. Die ukrainischen Abteilungen, die vorüber- Eine bemerkenswerte Verbindung ist in diesen Tagen gehend an der Strypa zurüdgegangen waren, bemächtigten sich zwischen der Industrie Ost- und Westdeutschlands zustande wieder des aufgegebenen Gebietes.getommen. Die Charlottenbütte in Niederschelden,