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3. Jahrgang

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Sonnabend, den 14. August 1920

Nummer 331

Abend- Ausgabe

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greiheit

Berliner   Organ

ber Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands  

Englisch   russische Verständigung Ueberflüssige Mahnung

Die Bedingungen Englands für die Die gegenwärtige Reglerung Rußlands   fet gegründet auf der Ber­Anerkennung Sowjetrußlands

Paris  , 13. Auguft.

Temps" meldet, daß die englische   Regierung für die An­erkennung der Sowjetregierung folgende Bedingun gen gestellt habe: Einstellung aller direkten und indirekten Feindseligkeiten. Heimbeförderung der Zivil- und Kriegs­gefangenen. Abschluß eines Abkommens zur Sicherung der Gutmachung von Schäden, die englischen Privatpersonen zu­gefügt wurden, soweit sie nicht unverzügliche Regelung er­fordern. Die Sowjetregierung habe diese Bee dingungen angenommen.

Der englisch  - französische Bericht

SN. London, 14. Auguft. Vor der Zusammenkunft des Unterhauses werden wichtige Besprechungen abgehalten. Zwischen London   und Paris  werden über die Anerkennung der Regierung Wrangels Roten ansgetauscht. Man hofft, daß die Schwierigkeiten bald überwunden sein werden. Von autoriativer Seite wind mitgeteilt, bas teine Aenderung in der englischen Politik eingetreten sei.

Regierungen gepflogen werden, aufrecht erhalten werben fönnen. neinung jeglichen Grundsatzes von Ehre und gutem Glanben und von jedem Branch und Herkommen, die dem Gebäude des Völkerrechts zugrunde Hegen.

Die franzöfifche Regierung hat an die Vereinigten Staaten   eine Note gerichtet, in der es heißt, die Sowjets verträten nur eine fletne Minderheit des Boltes, fie hätten sich der Macht durch Lift und Gewalt bemächtigt. Sett 2%, Jahren hätten sie tetne all­gemeinen Wahlen geduldet, im Gegenteil, sie hätten der Schaffung riner aus dem allgemeinen Stimmrecht hervorgegangenen Volksregie­eung Hindernisse berettet. Die verantwortlichen Better dieses Regimes hätten sich häufig und öffentlich gerühmt, daß fie entschlossen feten, Abkommen und Berträge mit fremden Regierungen zu schließen, ohne die Absicht zu haben, sie zu halten. Ste behaupteten, teine Abmachung mit nichtbolschewistischen Regierungen fönne fie moralisch binden. Ste hätten erklärt, daß sie durch alle Mittel in anderen Bändern revo­Intionäre Bewegungen hervorrufen wollten, um das Rätesystem auf­zurichten. Infolgebeffen halte es bie französische   Regierung für nne möglich, die angenblicklichen Herrscher von Rußlaud als eine Regierung anzuerkennen, mit der man gemeinsame Beziehungen unterhalten tönne.

Eine englische Note an Polen  

London  , 14. August( Reuter).

Die Nachricht, Moyd George habe Polen   geraten, die Bedin gungen Sowjetrußlands anzunehmen, ist ungenau. Die nach einem englischen Kronrat an Bolen gejandte Rote enthält feine Rats

In der Deutschen Allgemeinen Zeitung" veröffentlicht Dr. Max Rudolf Kaufmann   eine Unterredung, die er mit dem Reichsfinanzminister Dr. Wirth über den Steuerabzug vom Arbeitslohn geführt hat. Dr. Wirth sagte:

,, Bei der Kritik des Lohnabzugs wird immer wieder vergessen, in welch außerordentlich großer Finanznot sich das Reich befindet. Es müßte doch schließlich jedem flar sein, daß wir Steuern zahlen müssen, weil fonst jede Staatswirt­schaft aufhören und Staats- und Boltswirtschaft zusammenbrechen müßten. Wen aber würde ein solcher Zusammenbruch am schwersten treffen? Alle diejenigen, welche von ihrer Arbeit leben müssen. Darum hat gerade das arbeitende Deutschland   das größte Inter­effe daran, daß durch Ausführung der Steuergesetzgebung unsere Finanzen wieder in Ordnung gebracht werden."

Herr Dr. Wirth führte weiter aus, daß die Reichsein­tommensteuer in vielen Punkten milder ausgefallen sei, als die bisher geltenden Einkommensteuergesetze. Beim Kinder­privileg und beim Existenzminimum sei man bis an die Grenze des Möglichen gegangen. In feinem anderen Lande würden die hohen Einkommen so besteuert wie bei uns. Dazu tomme noch die Kapitalertrag und die Körperschaftssteuer sowie das Reichsnotopfer, wodurch die oberen Schichten außerordentlich schwer belastet würden. Auf die Frage, wie der Minister sich zu der gewaltsamen Verhinderung des Steuerabzugs verhalte, ant­wortete Herr Dr. Wirth:

,, Steuersabotage in diesem tritischen Augenblick ist geradezu ein Verbrechen am Reiche wie am ganzen deutschen   Volke. Würde die Zentralsteuer sabotiert, so würde das ganze Steuer.

Die Anerkennung Wrangels   wird von England schläge an die polnische Regierung, sondern besagt einfach, die fyſtem zusammenbrechen. Die Folge kann sich jeder selbst aus

ignoriert

TU. London, 14 Auguft.

Reuter vernimmt, daß anfäßlich der Anerkennung Wrangels  die englische Gesandtschaft in Paris   bei der französischen   Regie­rung vorstellig geworden ist. Es hat jedoch feine formelle Be ratung stattgefunden. Die britische Regierung wird unbedingt an dem Ablommen festhalten, daß nicht zu einer Aftion gegen die Rätetruppen übergegangen werden soll, solange die Entscheidung ber Räteregierung bezüglich des Waffenstilstandes und der Frie densbedingungen nicht bekannt ist. Die britische Regierung wird tun, als ob fein offizieller Schritt Frankreichs   in der Anerken­nungsfrage stattgefunden hat.

Die Haltung der englischen Arbeiter.

2. U. London  , 14. Auguft. Aus Glasgow   wird gemeldet, daß der Berwaltungsrat der Unabhängigen Arbeiterpartet eine Entschließung an die Regierung fandte, in der er erklärt, daß die Partei in der Anerkennung Wrangels burch Frankreich   einen Beweis für die hinterlistige Art der Alliierten Rußland   erblicke, wofür die organisierten Arbeiter die britische gegenüber Regierung verantwortlich machen, wenn die Anerkennung durch das britische   Kabinett nicht öffentlich besavoutert und das franzöfifche Bündnis sofort gelöst wird. Die Entschließung fagt weiter, daß die britische Regierung zum Beweise ihrer Aufrichtigkeit Churchill  wegen seiner Jutriguen gegen Säterußland von seinem Ministerposten verabschieden müsse.

Der Internationale Gewerkschaftsbund gegen Munitionstransporte.

Amfterdam, 13. Auguft. Bum ruffisch- polnischen Konflikt veröffentlicht der Internationale Gewerkschaftsbund eine Erklärung, in der es heißt, der Inter­nationale Gewerkschaftsbund habe keine besondere Sympathie weber für die Bolschewisten noch für die Polen  . Er halte an setnem Standpunkt feft, baß jeder Krieg und jedes Blutver gießen an verurteilen sei und durch Wetterbeförderung von Munition and Truppen nicht unterstützt werden dürfe. Dem gemäß fet ein zweimal wiederholtes Aninchen einer europäischen   Regierung, die Munitionsbeförderung nach Polen   zuzulassen, rundweg abgelehnt worden.

Wilson gegen Sowjet- Rußland

Wir

Die#altenische Regierung hatte bet den Bereinigten Staaten an gefragt, wie diese über die russisch  - polnische Frage denke. Die amerikanische   Regierung hat nunmehr eine Note an Italien   ge­richtet, worin ausgeführt wird, daß die Bereinigten Staaten bie Sowjet- Regierung nicht anerkennen wollen. Es heißt darin: tönnen die Vertreter einer Stegterung, die entschloffen und verpflichtet ist, gegen unsere Einrichtungen zu foujpirieren, deren Diplomaten die Erreger gefährlichen Aufruhrs sein wollen, deren Wortführer sagen, daß sie Vereinbarungen unterzeichnen, ohne die Absicht zu haben, dieselben zu halten, nicht anerkennen, nicht amtliche Beziehungen mit ihnen unterhalten, oder ihnen eine freundschaftliche Aufnahme gewähren." Man müsse erklären, so wird weiter gefagt, daß alle Böller im Bereich des früheren Zarenreiches das Recht auf freie Selbstbestimmung hätten und daß deshalb alle fremden Truppen aus thren Gebieten zurückgezogen werden müßten. Auf diese Weise könnte die bolichewiftische Herrschaft um den Erfolg ihres Appells au den russischen Nationalismus gebracht werden.

Anterifa sei ein Freund des russischen Voltes, aber es sei der Regierung Ameritas nicht möglich, die gegenwärtigen Herrscher Rußlands   als eine Negterung au betrachten, mit der Bestehungen, wie fle swischen freundlichen

englische   Regierung sei der Anicht, daß das britische   Bolt teine Kriegserklärung billige zu dem Zwede Bolen zu unterstügen, um eine Berbesserung der russischen Bedingungen zu erlangen, sofern die Bedingungen Sowjetrußlands in gutem Glauben gestellt und ohne Hintergedanken sind.

Der polnische Frontbericht

TU. Warschau, 14. Anguit. Amtlicher polnischer Heeresbericht vom 13. August: An der Süd­front drängt der Feind weiter gegen die Linie Modlin- Zegge vor. Kleine Abteilungen bolichemistischer Kavallerie sind bis in die Rähe von Sierpoe vorgestoßen. Größere Abteilungen In­fanterie greifen Nasielst und Bionst an. Die Angriffe wurden abgeschlagen. Im Zentrum weitere Umgruppierungen unserer Truppen in loser Kampffühlung mit dem Feinde. Deftlich Lublin  hat unsere Nach hut die Flußlinie Tysmienicza besetzt und hier alle feindlichen Angriffe abgeschlagen. Im Raume von Cholm und Tyszowiec   ist der Feind ebenfalls zurückgeschlagen worden. Die Reiterarmee Budjennys hat nach der gestrigen Abwehr ihre Angriffe nicht wiederholt. Längs Sereth   und Strypa wurden feindliche Angriffe abgewiesen. Bei Horodyszoze hat die 12. Di­vision feindliche angreifende Kolonnen auf ganz turze Entfernung herantommen lassen und sie dann durch vernichtendes Feuer voll­ständig aufgerieben.

Die polnische Waffenstillstandskommission TU. Warschau, 14. August..

Die Delegation für die Waffenstilstandsverhandlungen in Minst besteht aus den Unterstaatssekretären Dombski und Wrob Iewsti und den Abgeordneten Barlidi( Sozialist), Graf Starbet( Nationaldemokrat) und Stanislaus Grabski( Na­tionaldemokrat).

Die Seeleute gegen den Krieg

Brüssel  , 18. Auguft.

Der Seeleutekongres nahm eine Entschließung an, wonach die Seeleute zur Verhinderung fünftiger Kriege weder Truppen noch Munition befördern werden. Der Beschluß solle bereits auf den russisch polnischen Konflitt an gewendet werden.

Beisetzung der Opfer von Zeche Kaiserstuhl II

TU. Dortmund, 14. Auguft. Gestern wurden die 30 Bergleute der Zeche Kaiserstuhl 2, die am Sonntag morgen auf so tragische Weise ums Leben gekommen find, zu Grabe getragen. Unter dem Geläute der Gloden der gan­zen Stadt setzte sich der riesige Trauerzug um 4 Uhr von der Leichen­halle aus in Bewegung. Eröffnet wurde der Zug von zahlreichen Vereinen und den Vertretern der städtijgen Behörden, Beamten und Arbeiter. Unter dem Vorantritt der Geistlichkeit beider Kon­

feffionen folgten die 8 Leichenwagen mit den 30 Särgen. Dicht hinter ihnen schritt die schwer betroffene Belegschaft und die große Reihe der Hinterbliebenen und Angehörigen. Den Schluß bildeten zahlreiche Vereine und Abordnungen. Etwa 40 Mufitfapellen be­gleiteten den Zug, in dem etwa 400 Kränze mitgeführt wurden. Der Vorbeimarsch dauerte 1% Stunden. Gine ungeheure Volks­menge umfäumte die Straßen, die der Trauerzug passierte. Auf dem Nordfriedhof angelangt, wurden die 30 Särge von Knappen in Paradeuniform zu dem Massengrab getragen, wo die Beilegung um 6 Uhr erfolgte,

malen. Ich habe sie eben angedeutet. Es muß deshalb mit allen Mitteln dem Gesetze, das vom Parlament unter Mit­wirtung der Sozialdemokratie geschaffen wurde, Geltung verschafft werden."

Eine weitere Aenderung der gesetzlichen Vorschriften über den Steuerabzug, so führte der Reichsfinanzminister weiter aus, sei für die nächste Zeit nicht vorgesehen. Nunmehr müßten erst die Erfahrungen mit den neuen Bestimmungen abgewartet werden. Auf die Frage, ob die Arbeitnehmer weniger Steuer zu entrichten hätten als andere Steuerpflich tige, erflärte Herr Dr. Wirth folgendes:

,, Das reine Arbeitseinkommen unterliegt lediglich der Ein­fommensteuer, während die Grundbefizer, die Gewerbetreibenden und die Kapitalbesiger neben der Einkommensteuer noch die Er tragssteuer und das Reichsnotopfer zu entrichten haben. Ich denke, darüber wäre sich die Deffentlichkeit doch klar, daß bei uns der Besis start oorbelastet ist. Haben denn die Arbeiter ver­gessen, daß aller Kriegsgewinn bis auf 172 000 M. weg­gesteuert wird? Saben sie vergessen, daß das Reichsnotopfer bis zu 65 Prozent des alten Vermögens bei den Reichsten weg­nimmt? Weiß nicht ein jeder Arbeiter, daß bei den großen Einkommen die Steuer bis zu 60 roz. hinaufgeht? Hat man vergessen, daß durch eine Kapitalertragssteuer das Einkommen aus Kapital schon start vorbelastet wird und daß überdies auch noch die Körperschaftssteuer das Einkommen aus Attien und sonstigen Gesellschaftsanteilen sehr Start vorbelastet? Das Dividendeneinkommen wird erst burch zwei Steuern an der Quelle besteuert und unter­liegt dann noch der Einkommensteuer. Wenn beispielsweise jemand 100 000 Mart Dividende zu beziehen hätte, so werden durch die Körperschaftssteuer und die Kapitalertragssteuer ab von diesem Betrag vor seiner Auszahlung zunächst bis 28 000 m. gehalten. Dann werden von den verbleibenden 72 000 m. noch 21 505 M. Einkommensteuer gefordert so daß von den 100 000 m. die er zu beziehen gehabt hätte, noch 50 495 M. übrig bleiben. Und dabei ist das Reichsnotopfer noch nicht berücksichtigt.

Die Belastung der oberen Schichten der BevölIte rung ist bis an die Grenze des wirtschaftlich Möglichen durch geführt. Mehr fönnte man aus dem Besiz taum herausholen, ohne die Boltswirtschaft zu schädigen."

Das

Es muß dem Herrn Reichsfinanzminister gesagt werden, daß er auf die Arbeiter mit diesen Ausführungen nicht den geringsten Eindrud machen wird, denn die Tatsachen stehen Dazu denn doch in allzu grellem Gegensaz. Der Kriegs­gewinn wird bis auf 172 000 m. weggesteuert? Woher nehmen denn die Stinnes, die Thyssen, die Stumm, alle die anderen Großkapitalisten die Gelder her, mit denen sie fortgesetzt ihre Unternehmungen erweitern tönnen? Reichsnotopfer soll den Reichsten bis zu 65 Prozent des alten Vermögens wegnehmen: Dabei macht infolge der Auf­blähung der Werte das Reichsnotopfer einen beträchtlich ge ringeren Teil des Vermögens aus und noch dazu wird die Abgabe auf dreißig Jahre verteilt, so daß sie nur wie eine Ergänzung zur Vermögenssteuer wirft. Bei den großen Ein­Tommen soll die Steuer bis zu 60 Prozent hinaufgehen: In Wirklichkeit werden gerade die besitzenden Klassen tausend Mittel finden, um sich wie bisher schon der vollen Steuer­leistung zu entziehen. Denn das ist es ja gerade, was die Arbeiter beim Lohmabzug so empört. Nicht die Tatsache allein, daß sie von ihrem ganz unzureichenden Einkommen Steuern zahlen sollen, sondern daß von ihnen diese Steuern bis auf den legten Pfennig herausgeholt werden, wogegen den ver­mögenden Kreisen auch in Zunfunst noch ein weiter Spiek raum zur Hintergehung des Steuerfistus gelassen wird. Wenn es sich darum handelt, die befizenden Klassen nach dem wirk­lichen Maße ihrer Leistungsfähigkeit zu belasten, so wird die Volkswirtschaft geschädigt". Auf der anderen Seite da gegen, scheut man nicht davor zurück, die geringsten Ein­