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3. Jahrgang

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Dienstag, den 17. August 1920

Nummer 335

Abend- Ausgabe

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Freiheis

Berliner Organ

Der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands

Die Attion der Transportarbeiter- Internationale

Die internationael Transportarbeiter- Föderation erläßt| darunter der Kommandeur einer bolschewistischen Brigade und folgenden Aufruf:

An die Transportarbeiter, Seelente und Eisen­bahner aller Länder! Kameraden! Der im März b. 3. in Kristiania abgehaltene Internation nale Transportarbeiter Rongreß hat einstimmig beschlossen, daß die Internationale Transportarbeiter- Föderation and die ihr angeschlossenen Organisationen alle ihr zu Gebote tehenden Mittel anwenden werden, um eine Erneuerung bes furchtbaren Jammers zu verhüten, den der Weltkrieg über die Böller gebracht hat.

Der Augenblid, um diesen Beschluß in die Tat umzusehen, ist getommen!

Die tapitalistischen Regierungen versuchen, durch tatkräftige Unterstügung des polnischen Reiches, das Rußland an gefallen und nun die Folgen seines imperialistischen Strebens zu tragen hat, einen nenen Weltkrieg zu entfesseln.

Der Vorstand der Internationalen Transportarbeiter- Föderas tion erläßt an die Transportarbeiter, Seeleute und Eisenbahner aller Länder den dringenden Ruf ergehen, alle Versuche derjenigen, die das Proletariat neuerlich zur Schlachtbant führen wollen, mit allen Mitt ein zu vereiteln. Er verlangt von ihnen, daß fie in Uebereinstimmung mit der Saltung der Ars beiter in jenen Ländern, die sich bereits dem Transport von Waffen und Munition widerseit haben, sich überall einmütig weigern, Kriegsmaterial und Truppen, die die tapita liftische und imperialistische Reaktion gegen Rußland aufbieten will, zu verladen, zn versenden und zu befördern.

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In dieser Stunde tut die internationale Klaffensolidarität bes

Proletariats im Kampf gegen die internationale kapitalistische Reaktion mehr not denn je! Das internationale Bro letariat verlangt Frieben und Freiheit! Es mus bereit fein, Opfer zu bringen, um diese höchsten Güter der Mensch heit zu erobern und zu wahren.

Transportarbeiter, Seeleute und Eisenbahner aller Länder! Der Augenblick zum Handeln ist da!

Verweigert die Beförderung jeglichen Kriegsmaterials, das die tapitalistischen Machthaber nach Polen schiden wollen! Verweigert die Beförderung aller Soldaten, die die Entente Regierungen gegen Ruhland ins Feld senden möchten!

Beweist Eure internationale Solidarität! Gegen die militaristische Gewalt der tapitalistischen und impes rialistischen Regierungen die einmütige Arbeitsverweigerung des international organisierten Proletariats!

Für die

Internationale Transportarbeiter- Föderation : Robert Williams, Vorfigender. Edo Fimmen , Sekretär.

Der Ruf der Internationale wird in Deutschland nicht ungehört verhallen. Schon seit Wochen stehen die deutschen Eisenbahner bereit zum tätigen Eingreifen für die Wahrung der Neutralität, zur Verhinderung von Transporten von Kriegsmitteln für die Zwecke der militaristischen Reaktion. Das Bewußtsein, daß die Arbeiterschaft Europas gleichen Sinnes mit ihnen und zum solidarischen Handeln entschlossen ist, wird ihre Tatkraft steigern. Auch die Bergarbeiter haben soeben in Genf den Weltbergarbeiterstreit für den Kriegsfall beschlossen. Transportarbeiter und Bergleute vereinigt und von gleichem Willen beseelt, bilden eine un­überwindliche Macht, deren Einfluß sich die europäische Re­attion nicht zu entziehen vermag.

TU. Warschau, 17. August.

ein bolschewistischer Kommissar, fielen in unsere Hände.

Mittlere Front: Heute haben die Armeen die Gegen offensive unter Führung des obersten Heerführers ergriffen. Nach einem Marsche von 40 Kilometer längs des Wieprcz er reichten Abteilungen der 14. Division mittags Carwolim und umzingelten so den Feind, der bei Maciesowice versuchte, heute die Weichsel zu überschreiten.. Die Beute ist ansehnlich. Der linke Flügel der 4. Armee schlug 6 Gegenangriffe des Feindes bei Kod ab, wobei ein Geschütz, 14 Maschinengewehre und 200 Gefangene in unsere Hand fielen. Unsere Armeen gehen im schnellen Marsch vor.

Südfront: Um den Feind, der bei Soka 1, zwischen Ka­mionta- Strum und Bud auf das linke Bugufer hinübergegangen war, zurückzuschlagen, wurde ein Gegenangriff befohlen. Nördlich Angriffe abgeschlagen. von Zloczow und 3borow sowie längs der Strypa, wurden örtliche

Warschau von den Ruffen besetzt?

Warschau , 17. Auguft.

Die Times" berichtet aus Kowno : Der Stab der vierten Roten Armee in Wilna meldet, daß Warschau am 15. August durch die roten Truppen besett worden sei. In Warschau sollen unter den bolshewisti­worden sei. In Warschau sollen unter den bolschewiftis fchen Elementen im Zusammenhang mit diesem Ereignis große Demonstrationen stattgefunden haben.

An dieser Meldung muß start gezweifelt werden. Die Widerstand der Bolen hat sich wesentlich verfchärft. Russen sind zwar nahe an Warschau herangekommen, aber der Auch ein Handstreich scheint ausgeschlossen zu sein. Anschei nend will das Pariser Blatt durch seine Meldung nur die Stimmung gegen Rußland erhizen.

Der französische Imperialismus

TU. Paris, 17. Auguft.

Den Bariser Blättern zufolge beabsichtigt man, zwischen Prag , Belgrad und Butarest ein Abkommen vorzubereiten, um sich von Frankreichs Forderungen und Wünschen zu befreien und eine Rußland zu führen. Friedenspolitif gegenüber Deutschland und

Unruhen in Mesopotamien

London , 17. Auguft.

Nach einer Reutermeldung aus Simla find wegen der Un ruhen in Mejepotamien brei Infanteriebrigaden und eine Feldartilleriebrigade als Hilfstruppen dorthin entsandt worden. Einige von den Truppenabteilungen sind bereits ein­

getroffen. Die Lage hat sich gebessert.

Kundgebungen in Oberschlesien

Berlin , 17. Auguft.

freien Gewertschaften und sozialistischen Paz­Der Telegraphen- Union wird aus Beuthen gemeldet: Die teien Oberschlesiens rufen für morgen abend Protestver= sammlungen ein zur Abwehr der Versuche der Neutralitäts­kontrollierten Truppen- und Munitionstransporte. Die Kauf­verlegung in Oberschlesien Sie fordern ein Verbot aller nicht mannschaft wird aufgefordert, morgen mittag die Läden zu schlte­ßen. Wie verlautet, treten die Eisenbahner heute zwischen 12 und 2 Uhr in den Proteststreit. Sollten die Forderungen zur Sicherung der Neutralität in Oberschlesien nicht angenommen werden, wird der Generalstreit in schärfster Form an­gedroht. In Oppeln fanden bereits gestern Demonstrationen statt.

folgende Buschrift, die wir aus Oberschlesien erhalten: Ueber die Veranlassung zu diesen Kundgebungen unterrichtet die

Eine polnische Gegenoffensive Der amtliche polnische Seeresbericht vom 16. August besagt: Nordfront: Der weitere Verlauf der durch General Sitorsti begonnenen Gegenoffensive unserer Nordarmee entwickelt fich trot schwieriger Umstände günstig für uns. Ungeachtet der sehr schweren Verluste und des erbitterten Widerstandes des Feindes, der auf diesem Abschnitt unseren Streitfräften zehn Di­visionen entgegenwarf, bewegen sich unsere Abteilungen auf der ganzen Linie vorwärts. Heute, am 16. August, wurde Ciechanow von uns genommen. Der Feind beginnt bereits an mehreren Punkten panikartig zurückzugehen. Unsere Flieger, deren Tätig- Verstärkung der oberschlesischen Besatzungsarmeen dienen und nicht feit unsere Offensive vorzüglich unterstützt, beschießen die zurüd­gehenden feindlichen Kolonnen und mehren so die Verwirrung. Die Zahl der Gefangenen ist bedeutend. Die Erfolge haben auf unsere Warschauer Abteilungen überaus günstig gewirkt, zumal der feindliche Drud auf 3ogren Domby bereits start nachläßt. Hartnädige Kämpfe tobten am 15. und 16. August in der Gegend Radzymin und auf dem nördlichen Abschnitt des Brüden­topfes, der durch vortreffliche Posener Truppen verteidigt wird. Unter Führung der Generale Rzadkowski, 3eligowski und des Obersten Burchard brachten unsere Abteilungen alle feindlichen Angriffe zum Scheitern und gingen mehreremal zu Gegenangriffen über. Sie hielten nicht nur die eigene Linie, sondern trugen ihre Angriffe in die feindlichen Stellungen vor. Zahlreiche Gefangene,

Entgegen den Zusicherungen der Interalliierten Kommission werden dauernd Versuche unternommen, französische Trup pentransporte durch Oberschlesien nach Bolen zu dirigieren. Die Formationen werden vermutlich über Italien und die Tschechoslowakei , aber auch durch Deutschland nach Ober­ schlesien geleitet. Auf energische Vorstellungen von Vertretern der U. S. P. D. und der Betriebsräte erklärten die Bevollmächtigten der Interalliierten Kommission, daß die Transporte lediglich zur nach Bolen geführt werden. Unsere Genossen gaben sich mit dieser höchst zweideutigen Erflärung indessen nicht zufrieden und be­zosen in Oberschlesien auf der Eisenbahn unmög­schlossen, jegliche Truppenbewegung der Frans lich zu machen, gegebenenfalls burch vollständige Stillegung des Berkehrs. Am Sonnabend wurden in Ratibor zwei, in Gleiwit zwei und in Kattowig ein Truppentransportzug angehalten. Die Züge werden auf tote Schienenstränge gefchosen, Maschinen werden den Truppen nicht zur Verfügung gestellt eben sowenig Fahrpersonal. Die oberschlesischen Genossen sind entschlossen, die Neutralität bis aufs Neußerste zu verteidigen; fie appelliert die Neutralität bis aufs Neußerste zu verteidigen; fie appelliert nicht nur Oberschlesien zu überlassen. an die Arbeiterschaft Deutschlands , die Aushaltung der Transporte

Der Druck des englischen

Proletariats

,, Westminster Gazette", das Organ der englischen Regies rung, schreibt in seiner Ausgabe vom 16. August an leitender Stelle:

Die Politit der Aniterten gegenüber Rußland hat dazu geführt, das bolschewistische System in Rußland zu stärten, alle Kreise der Bevölkerung, einschließlich des Mittelstandes und der Mili taristen hinter der Sowjetregierung zu vereinigen und eine Art Sowjetsystem in die englische Politit einzu­führen. Der letzte Buntt ist nicht weniger wichtig, als die anderen. Wenn alle Gewerkschaften zusammenkommen und einen Aftionsrat zur Beaufsichtigung der gesehmäßigen Regierung des Landes ernennen, so muß zugegeben werden, daß in England wie in Rußland ernste Dinge geschehen, die vor zwei Jahren nicht für möglich gehalten worden wären. Die Auffassung, daß die Ars beiterführer offene Türen eingerannt und die Lage für ihre 3wede geschickt ausgebeutet haben, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Unter den Arbeiterführern sind einige sehr geschichte Männer. Sie benutzten die Gelegenheit, sich an die Spitze der Bewegung zu stellen, bei der sie die öffentliche Meinung hinter fich wissen. Es handelt sich aber nicht um eine ge wöhnliche politische Bewegung. Hunderttausende von Männern, die die Schrednisse des Krieges am eigenen Leibe ers fahren haben, find seit Wochen besorgt, daß die Mißgriffe der Staatsmänner sie in einen neuen Krieg hin eintreiben tönnten. Diese Männer, ihre Frauen und Eltern find entschlossen, das nicht geschehen zu lassen. Sinter biesem Willen stedt ein tiefes Mißtrauen gegen die Regierungen und die Ministerien des Aeußern und die all­gemein verbreitete Auffassung, daß die Parlamente hilflos find.

3wei Jahre lang haben diese Menschen die Anstrengungen der Staatsmänner zum Wiederaufbau der Welt verfolgt und haben gesehen, bag alle fricblichen Abfichten durchkreuzt und vernichtet, alle alten Streitigkeiten und Elfersüchteleien wieder an den Tag gebracht und die alten biplomatischen Methoden wieder zum Leben erweit wurden, während die Parlamente offenbar hilflos zur Seite standen.

Der hier wiedergegebene Artikel spiegelt die tiefe Besorg nis wieder, von der die englischen Regierungsfreise anges sichts der innerpolitischen Krise und der äußeren Verwide­lungen erfüllt find. Das englische Regierungblatt hat bet aller Abneigung gegen die Arbeiterbewegung und ihre Führer den Mut, die Dinge beim richtigen Namen zu nennen. Der Kernpunkt der innerpolitischen Situation in England liegt in der Tat darin, daß die Regierung nicht das tun kann, was sie nach ihrer ganzen bürgerlich- kapitalistischen Natur will, sondern was fie unter dem Drud der Arbeiterorganis fationen tun muß. Der Ationsrat der Gewerkschaften übt auf die Entschließungen Lloyd Georges bereits einen stär feren Einfluß aus, als das Parlament. Denn während dieses Parlament, das die Kräfteverhältnisse im Lande nicht im entferntesten mehr widerspiegelt, mit jedem Tage immer mehr an Autorität verliert, repräsentiert der Aktionsrat der Gewerkschaften den zum aktiven Kampf erwachten Willen der Arbeitermassen, die sich von der bürgerlichen Geheim­biplomatie emanzipiert und auch die auswärtige Politit der Regierung unter ihre Kontrolle nimmt.

Die

Allerdings muß bei dieser ganzen Entwicklung, deren Bes deutung unabsehbar ist, berücksichtigt werden, daß große Teile der britischen Arbeiterklasse erst die Anfangsstufen der revolutionären Entwidlung durchlaufen und noch stark imt bürgerlich- nationalistischen Sinne beeinflußbar find. Politik Lloyd Georges geht offentundig darauf aus, eine Bresche in die einheitliche Phalang der Arbeiterklasse zu legen, um die schwankenden Elemente zu sich herüberzuziehen. Das geht deutlich aus den gestrigen Debatten im eng lischen Unterhause hervor, über die folgender Bericht vor liegt:

Bonar Law erklärte, baß die Regierungspolitik in der Frage des russisch- peinischen Krieges gar feine Alenderung erfahren habe. Die Umstände, die es notwendig machen könnten, das Bar lament frither zusammenzuberufen, dürften nur eintreten, wenn es sich herausstellen sollte, daß die russischen Bedingungen für Bo­Ten unaufrichtig seien, und wenn Ruhland Bedingungen stellen würde, die mit der Unabhängigkeit Polens unvereinbar seien. Politit durchzusehen wissen, und es müßten dann Maßnahmen zur Falls dies der Fall sein sollte, würde die Regierung eine andere Berteidigung der Unabhängigkeit Bolens getroffen werden. Bor­läufig liege aber noch kein Grund vor, mit dieser Möglichkeit zu erhalten, in dem dieser versichert, daß die Bedingungen, die Ruß rechnen. Der Premierminister habe einen Brief von Kamenem land in ihren Umrissen bekanntgegeben habe, nicht abgeändert würden. Unter diesen Umständen werde die englische Regierung feinerlei tion unternehmen. Benar Lam meinte dann, eine andere Frage sei natürlich, welche Deutung man ben den Polen gefteltten Bedingungen beilegen müsse. Die Regierung wünsche es aber, diese Frage dem Unterhaus zu überlassen. Das Unterhaus tönne versichert sein, daß die Regierung das Land nicht in irgenda eine Kriegsoperation verwideln werde, ohne daß sie die entschei bende Unterstützung des ganzen Landes hinter sich habe.