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20 Pfg. 3. Jahrgang
Unter Streifband
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Montag, den 23. August 1920
Nummer 345
Abend- Ausgabe
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greibeir
der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands
Der Rückzug der Russen
Die Kampflage
Proftten, 22. Auguft.( Privattelegramm.)
Die russische vierte Armee befindet sich im vollen Rüd zuge über 2o msha nach Grodno . Lomsha ist vom Stabe der pierten Armee und allen revolutionären Komitees geräumt. Die Straßen sind von der zurücstrebenden Armee überflutet. Die jüdische Bevölkerung, die sich der revolutionären Regierung für ben Berwaltungsdienst und als Miliz zur Verfügung gestellt hatte, flüchtet ebenfalls. Der Rückzug erfolgt nach echt russischer Art äußerst schnell und in ziemlicher Ordnung. Die Roten Truppen haben in Lomsha teilweise start geplündert, obwohl das von der Kommandostelle streng verboten wurde. Unser Berichterstatter hat selbst inmitten der Kolonnen teils laufend, teils fahrend starte Unlust der Truppen feststellen können. Es herrsche zwar eine Berzweifelung wegen der Riederlage, aber doch Kampfunlust. Der Stab der vierten Armee ist nach Augustow verlegt. Alle Versuche, die Narewlinie bei Lomsha zu halten, find gescheitert. Die östliche Festungswelle Lomsha ist nur schwach mit Artillerie bespidt. Der allgemeine Rüdzugss punkt ist Grobno. Dort sollen fich angeblich starte Reserven befinden, die nach Bialystok vorgeschoben werden. Die Bahnlinie Lomsha- Bialystok befindet sich bereits teilweise in den Händen der Bolen. Dadurch ist der Rüdzug nach Osten unmöglich. Teile der vierten Armee stehen vor der Gefahr, nach Norden über die deutsche Grenze gedrängt zu werden. Die revos Intionären Komitees find aus jämtlichen Orten, auch aus Bialy
Rot geflüchtet.
Im Abschnitt
Operationsbericht republit vom 20. August. Im Abschnitt Blonst und Ziechanow dauern hartnädige Kämpfe an. Im Abschnitt Warschau tämpfen unsere Truppen westlich der Linie Wystow- Stanislawow. Brest Litowst find Kämpfe westlich des Flusses Bug im Gange. Abschnitt Lemberg : Unsere Truppen entwickeln ihren Vormarsch und haben nach Besehung des Fleckens Glimjomy fämpfend die Linie der Ortschaften östlich und südöstlich von Lemschütze. In den Abschnitten Tarnopol und Butschatsch haben unsere Truppen den Strypa- Fluß überschritten und gehen fämpfend in westlicher Richtung vor. An der Krimfront, im Abschnitt Orechow, besezten unsere Truppen nach hartnädigen Kämpfen die Station der Ortschaft Posiljewfa und erbeuteten einen Zug mit Berstärkungen. An der Raufajusfront, an der Küste des Aſowschen Meeres, landeten feindliche Truppen bei der Siedlung Achtyrskaja. Unsere Truppen, die ihnen entgegengelandt wurden, haben den Kampf aufgenommen.
Lagebericht. Die Bolen haben MIawa und die Ge= gend nördlich von Brzanysz und füdlich von OstroTenta erreicht. erreicht. Im Grenzabschnitt Janow- Flamm
Bisher
berg fanden gestern und heute andauernd Grenzüberschreitungen Don Teilen der 4. bosschewistischen Armee statt. wurden 1500 Mann entwaffnet. Das polnische Zentrum nähert sich der Eisenbahn Dstrolenta- Bialystok Im Vormarsch auf Bialystok , überschritten polnische Truppen den Nurez bei Brianst und südwestlich Bielst. auf Brest - Litowst und bei Grubeschow wurden abgewieBolschewistische Angriffe sen. Grubeschow wurde genommen. Der bolichemistische Vormarsch auf Lemberg hat die Gegend östlich und südöstlich Lemberg
erreicht.
Uebertritte bolichewistischer Truppen Königsberg , 23. Auguft.
In der Gegend von Willenberg sind bis jetzt rund 7000 Solschewisten übergetreten. Die Entwaffnung ist ohne Zwischenfälle verlaufen, die Internierung im Lager von Arys
erfolgt.
Die Entente für Mäßigung
Amsterdam , 22. Auguft. Nach einer Londoner Meldung entwidelt sich die polnische Gegenoffensive so erfolgreich, daß in gewissen politischen Kreisen bereits die Besorgnis geäußert wird, daß Polen zu weit gehe. Lord D'Abernon und Jusserand haben sich von Posen nach Warschau begeben, um mit General Weygand, dessen Ansichten jetzt in Polen maßgebend seien, sich über die Möglichkeit der Festsehung der äußersten Grenze des polnischen Vormarsches zu besprechen. Marschall Foch, der zweifellos der Urheber der strategischen Pläne sei, soll, wie verlaute, gegen einen weiteren Vormarsch auf russisches Gebiet sein, ebenso wie er gegen den früheren Vormarsch gegen Riew gewesen sei. Er sei der Meinung, daß die Polen sich barauf beschränken müßten, das ethnographische Polen von den roten Truppen zu säubern.
Gegen Wrangel
Mostan, 20. Auguft.
In einer Rundgebung der Regierung heißt es: Die Niederlage des weißen Polens veranlaßt die französische Regies rung, Wrangel als Hauptstogtraft gegen die Räter republit vorzuschieben. Aus diesem Grunde hat die Wrangelfront gegenwärtig große Bedeutung erhalten. Wrangel , der fich hauptsächlich auf die Kubanreiterei und Deniliniche Infanterie stützt, versucht von der Krim aus in das Don und Kubangebiet einzubringen. Er rechnet auf die Silfe der ukrainischen Großbanern. Er stellt die Räterepublit vor die Möglichkeit eines Berlustes der Doneztohle, des Korns aus dem Kuban. gebiet und des Naphtas aus Grosnyj und Batu. Das würde für unsere Wirtschaft unschägbares Elend zur Folge haben. Der Kampf gegen Wrangel wird zu einer der wichtigsten Aufgaben der Räterepublik. Diese muß die Wrangelfront mit Streitkräften aus der Etappe der Armee vernichten, ohne im geringsten die polnische Front zu schwächen. Die Bildung besonderer freiwilli ger Ravallerieabteilungen zur Ergänzung der roten Armee, die Abtommanbierung der besten Arbeiter durch die Partei, die Räte und Gewerkschafts.
verbände und die Durchführung von Maßnahmen,
Die unsere Südarmee kärten tönnten, Hebung der Produktion und Wahrung der Disziplin der revolutionären Ordnung, das sind die allgemeinen Aufs gaben der Arbeiter und Bauern im Zusammenhang mit dem Kampf an der Wrangelfront.
Achtung Seelente! Munition für Bolen
Paris, 21. Auguft. Nach einer Havas- Meldung aus Malta hat der ameris fanische Dampfer„ Noripines" in Saloniti Munition für Bolen geladen. Er ist am 17. August unter polnischem Kommando nach Danzig in See gegangen.
Friedensproklamation der englischen
Arbeiter
TU. London, 23. Auguft.
Das Attionskomitee der englischen Arbeiterpartei erläßt eine Kundgebung, worin es erklärt, daß die Arbeiterschaft Englands das erste Ziel ihres Kampfes bereits erreicht habe. Rein einziger Golbat wird am Kriege gegen Rußland teilnehmen. Es gilt aber noch zwei Ziele zu ers
Rußland und zweitens die Herbeiführung des Friedens zustandes. Zur Erreichung dieser beiden Ziele muß die eng lische Arbeiterschaft ihre Propaganda verstärken und unter Um
ben einer Savasmeldung aus Minst sollen die Vor- känden durch den Generalstreit den Weltfrieden herbei
aber unter
friedens und Waffenstilstandsverhandlungen nicht vorans schreiten. Man versichert, daß die Waffenstillstandsverhand Iungen weitergeführt werden können, Redingungen, die ein Vorgehen der russis sa en Armeen gegen General Wrangel un mtlich machen.
Lent Polen die affischen Bedingungen ab? TU. Warschau, 23. August. Die son den Sowjetvertretern in Minst aufgestellten, der polnischen Regierung bisher nur aus dem Pressetelegramm der Bolnischen Telegraphen- Agentur bekannten Bedingungen, sind in einzelnen Punkten schärfer als die Bedingungen, Kamenew der britischen Regierung unterbreitet hat. Solche Bedingungen, wie sie die Sowjetregierung nun mehr aufstellt, föune die polnische Regierung night annehmen.
die
führen.
Schwindel Tamschiks
Der von den Eisenbahnern auf dem Stettiner Bahnhof ange haltene Waffentransport sollte noh Tamschid Behauptungen, nach den von ihm vorgelegten adlichen Bescheinigungen und nach einer Depesche des Königsbyer Polizeipräsidenten Lübbering , für die Gipo in Ostpreußen bert seien. Jegt stellt sich heraus, daß Lübbertag von Tamid getäuscht worden ist. einen Transport von Waffen und unition verbinden, ber Tamschid wollte mit einem für die Sipo bestimmten Transport für einen anderen Auftraggeber durchgeschmuggelt werden sollte. Die Eisenbahner haben also recht gehabt, als sie den Tamshid auch weiter geboten! Transport anhielten. Schärfste Aufmerjamteit aller Arbeiter ist
Die Verhandlungen der Regierung mit der Reichstransporttontrollkommission werden heute abend, 8 Uhr, beginnen.
Burgfrieden
oder revolutionäre Solidarität?
Unter dieser irreführenden Ueberschrift berichtet die ,, Rote Fahne " über den Ausschluß der K. P. D. von den Verhand lungen der Arbeiterorganisationen über die Durchführung der Neutralität Deutschlands . Die Rote Fahne " will glauben machen, daß nur die K. P. D. die revolutionäre Solidarität will, während die übrigen Arbeiterorganisationen für einen Burgfrieden mit der deutschen Bourgeoisie und der Ententebourgeoisie einträten. In Wahrheit ist tein Mensch während der ganzen Besprechungen für einen solchen Burgfrieden eingetreten. Diese Be hauptung ist glatt erfunden.
Es ist ferner eine völlige Entstellung des Sachverhalts, wenn die Rote Fahne " in Verbindung mit den Verhand lungen der Spikenorganisationen betont, die K. P. D. dente nicht daran, ihre politischen Parolen aufzugeben und aufzuhören, ihre Auffassung über die politische Situation und über die Pflichten des Proletariats in den Massen zu verbreiten. Die ,, Rote Fahne " will glauben machen, daß die an deren Arbeiterorganisationen dies von der K. P. D. verlangt hätten. Jn Wahrheit hob die Genossin 3 ie z als Vorsitzende der Besprechung unter Zustimmung aller Anwesenden aus drücklich hervor, daß niemand derartiges wolle. Verlangt wurde nur, daß feine der Organisationen, die sich für eine gemeinsame Aftion zusammentun, gleichzeitig mitten in einer Aftion den anderen Organisationen Verrat an diesem selben Kampfe vorwerfe. Das haben die Kommunisten zweifellos getan, indem sie am Tage nach dem Erscheinen des gemein samen Aufrufes in einem neuen Aufruf erklärten, daß die Scheidemänner und Kautskyaner, die heute erklären, für bie Neutralität einzutreten, nur auf den Augenblid warten, um euch in den Rüden zu fallen, wenn die deutsche Regierung die Maste ab. nimmt", und weiter hinzufügten: Bor dem russischen Proletariat und der revolutionären Aktion der deutschen Ar beiterklasse haben diese Verräter mehr Angst, als vor der Gegenrevolution.".
daß sie den von ihnen gegen die anderen Organisationen erDas Verhalten der Kommunisten zeigt übrigens ganz klar, hobenen Vorwurf des Berrats selbst gar nicht ernst nehmen. Denn wie wäre es sonst erklärlich, daß die Zentrale der K. P. D. auch am Sonnabend noch mit denselben Organisationen weiter verhandeln und Beschlüsse fassen wollte, die angeblich in der ganzen Aktion nur auf Verrat der Arbeiterschaft finnen. Entweder die Kommunisten glauben wirklich an solche verräterischen Absichten, dann hätten sie doch wohl von selbst ablehnen müssen, an den Verhandlungen mit den ,, Verrätern" und an gemeinsamen Aftionen mit den Ber rätern" teilzunehmen, oder sie glauben selbst nicht an ihren Vorwurf. Dann treiben sie lediglich ein demagogisches Spiel, das nunmehr entlarvt ist.
Troß dieses unglaublichen Verhaltens der K. P. D. suchten unsere Vertreter im Interesse der Aufrechterhaltung der Einheit der Aktion zwischen den Bertretern der S. P. D. und des Allgemeinen Gewerkschaftsbundes, welche den Ausschluß der Kommunisten verlangten, zu vermitteln und ein weiteres Zusammenarbeiten mit allen Richtungen herbeizuführen. Dafür müssen sich unsere Vertreter nun von der Roten Fahne" sagen lassen, daß ihr Verhalten ,, unentschieden und unsicher wie immer" war. So würdigen die Kommunisten die Bemühungen, die nur den 3wed hatten, die Einheitsfront
der Arbeiterschaft zu erhalten. Die Eisenbahner aus den
Werkstätten haben die Bemühungen unserer Vertreter um die Erhaltung der Einheit der Aktion unterstützt. Es wider Spricht den Tatsachen, wenn die Rote Fahne " so tut, als ob die Eisenbahner das Verhalten der Vertreter der K. P. D. gutgeheißen hätten. Im Gegenteil hat der einzige Vertreter hervorgehoben, daß die Arbeiter in den Werkstätten nicht der Eisenbahner, der zu dieser Frage sprach, ausdrücklich verstehen würden, daß die Kommunisten die Erklärung ver weigern, in Zukunft während der Attion ben anderen Ar beiterorganisationen gegenüber Solidarität zu üben.
Unsere Vertreter haben alles getan, um ein weiteres zusammenarbeiten mit den Kommunisten zu ermöglichen. An heitert. Unsere Genossen haben trogbem gegen den Antrag den Vertretern der K. P. D. sind diese Bemühungen ge
auf Ausschluß der Kommunisten gestimmt. Wenn unsere Vertreter überstimmt wurden und dann an den weiteren Be ratungen doch noch teilnahmen, so handelten sie richtig, weil fie fich offenbar nur von dem Gedanken leiten ließen, nicht noch eine weitere Zersplitterung der Arbeiter eintreten zu lassen. Wir sind sicher, daß die Arbeiterschaft dieses Berhalten verstehen und billigen wird.
Mit Lenin rufen wir der Zentrale der K. P. D. zu: Ihr tommt euch felber ungeheuer revolutionär vor, aber in Wirtlichkeit erschreckt ihr vor den verhältnismäßig fleinen Schwies rigkeiten, die der Kampf gegen die bürgerlichen Einflüsse innerhalb der Arbeiterbewegung mit sich bringt, während euer Sieg, ber Sturz der Bourgeoifie und die Eroberung ber politischen Macht durch das Proletariat diese selben Schwies rigkeiten in noch größerem, unermeßlich größerem Umfange schaffen wird. Wie Kinder seid ihr vor einer kleinen Schwierigkeit erschreckt, die euch heute bevorsteht und begreift nicht, daß ihr es morgen und übermorgen werdet lernen