sie ist auch unsäglich furzsichtig und verblendet. Sie rechnet einmal nicht mit den Erfahrungen der bisherigen militärischen Operationen gegen Sowjetrußland, die allesamt zusammenbrachen, weil die breiten Massen des russischen Bolkes sich sowohl gegen die fremden„ Befreier" wie gegen die mit fremden Golde gespeisten fonterrevolutionären Generale erhoben. Sie rechnet andererseits nicht mit der neuen attiven Kraft, die in die europäische Politik eingetreten ist und die sich anschickt, der verbrecherischen Kriegspolitik der bürgerlichen Regierungen die selbständige revolutionäre Friedenspolitik des internationalen Proletariats entgegenzusehen. Uns mags recht sein, wenn die
Mannschaften vor der Berührung mit der Arbeiterschaft zu bewahren, sollen die maritimen Einrichtungen von Kiel verlegt werden.
"
Darin hat der Reichswehrminister recht: die Wehrmacht" ist ein Fremdförper im Volfe". Herr Geßler sollte also die Konsequenz aus dieser Erkenntnis ziehen und mit der rs beiterschaft die Beseitigung dieses Fremdkörpers durchsetzen. Aber es hieße Feigen vom Dornbusch ernten wollen, von einem Minister der Bourgeoisie zu erwarten, daß er mehr als einige besonders häßliche Auswüchse der„ Wehrmacht“ be= seitigen werde!
Noch keine Ruhe in Oberschleften
Die„ Telegraphen- Union" verbreitet von amtlicher Stelle folgend Situationsbericht über die augenblickliche Lage in Oberschlesten:
Die Zustände in Oberschlesien haben sich feinesivegs gebeffe Die Kreise Tarnowis, Beuthen , Hindenburg , Rat to wit und Pleß soroie der größte Teil des Kreises Rybnil befinden sich in den Händen der Aufständischen. Lediglich einzelm größere Städte sind als deutsche Enklaven anzusehen. Die Inte alliterte Rommission in Oppeln äußerte sich zwar der deutsche
Her bir bürgerlichen Staatenlenter an ihrer Verblendung Das Reichskabinett und die Orgesch Regierung gegenüber dahin, daß sie gegenüber der polnischen
festhalten. Denn letzten Endes fördern sie durch ihre Katatrophenpolitik den Zusammenbruch der kapitalistischen Gefellschaftsordnung und beschleungen so den Zusammenschluß jener Kräfte, die sich, durchdrungen von einheitlichem Willen, gegen ihre Unterdrücker erheben und mit der kapitalistischen Knechtschaft auch den Fluch der ständig drohenden Kriegsgefahr aus der Welt schaffen.
Der Vorwärts", der den meisten Gewerkschaften der Internationale politisch eigentlich näher steht, als wir, hält es für zweckmäßig, dem Aufruf der Gewertschafts- Internationale, den wir gestern veröffentlichten, einige abschwächende Bemerkungen hinzufügen. Das Blatt meint, Wesen und Zwed des Aufrufs entspreche zwar ganz der Politit der Rechtssozialisten( was einiges Lächeln verursachen wird, aber für diesmal hingehen mag), aber die Redigierung des Aufrufes sei einseitig vom Standpunkt der Arbeitertlassen der Westmächte erfolgt. Es werde gefordert, daß nicht ein 3ug verkehren, nicht ein Soldat befördert werden dürfe. Deutschland sei aber durch den Friedensvertrag verpflichtet, gewisse Transporte auf seinen Schienenwegen zu be fördern, die für die Ententekontingente bestimmt sind. Nach diesen Darlegungen schreibt das Blatt:
Wie in allen internationalen Aftionen der Gegenwart, so ist also auch hier das deutsche Broletariat durch den Ausgang des Krieges und durch den Versailler Frieden leider zu einer verhältnismäßig passiven Rolle verurteilt, im Vergleich zu den Attionsmöglichkeiten, die sich dem franzöfifchen, dem englischen und dem italienischen Proletariat bieten."
Dagegen müssen wir uns wenden. Das deutsche Proletariat wird trotz der Ententetransporte eine attive Rolle in dem Ringen gegen den Krieg und gegen die Erdrosselung Sowjetrußlands Spielen. Die Ablösungstransporte der Entente, die wir nicht verhindern tönnen, sollen uns nur ein Anlaß sein, unsere Aufgabe um so ernster zu nehmen, weil sie allerdings dadurch erschwert wird. Aber diese widrigen Umstände dürfen kein Grund sein, die Attivität der deutschen Arbeiterschaft durch solche Bemerkungen ein= zuschläfern. Im übrigen ist den unumgänglichen Notwendigkeiten, die sich aus dem Friedensvertrag ergeben, hinreichend Rechnung getragen durch die auch von unserer Partei anerkannten Richtlinien der Spigen organisationen. Sie bleiben für die praktische Durchführung des Boykotts gegen Polen felbstverständlich maßgebend.
Appell an das franzöfifche Proletariat
In der am Montag stattgefundenen Vertrauensmännerversammlung der U. S. P. von Groß- Frankfurt wurde nach eingehender Aussprache über die politische Lage folgende Resolution angenommen:
„ Die Vertrauensleute der Unabhängigen Sozialdemokratie in Frankfurt a. M. verfolgen mit innerer Besorgnis die Anstrengun gen des französischen Imperialismus und Militarismus, der abenteuerlichen polnischen Angriffspolitit helfend zur Seite aftehen, beren Saß sich offen gegen die junge proletarische au gene puntur et. Der europäische Kapitalismus will eigene Kontursmasse in neue Ströme von Proletarierblut tauchen. Die überwundene Gefahr des wilhelminischen Militarismus und sein Geist scheinen sich, einer anstedenden Krankheit gleich, auf die, welche die Menschheit davon befreien wollten, zu übertragen.
In dem gegenwärtigen Stadium der Leidensgeschichte der europäischen Völker ist dem fran= zösischen Proletariat eine hohe Mission jugefallen. Mit besonderem Interesse verfolgt das Proletariat in Frankfurt a. M. die bedeutungsvollen Abwehrmah nahmen des französischen Proletariats gegen die von Paris ausstrahlenden großen Gefahren. Mögen die Aktionen der Sozialisten Frankreichs gegen einen neuen Krieg von vallem Erfolge gefrönt sein.
Das revolutionäre sozialistische Proletariat in Frankfurt a. M. sendet brüderliche Grüße und ben tief empfundenen Ausdrud völliger Sym= pathie."
Der Fremdkörper im Volke
Die Zustände bei der Marine
Die„ Kieler Zeitung " gibt Auszüge aus einer Denk schrift des Reichswehrministers zur gegen wärtigen Lage in der Marine wieder, die sich gegen die von den Marinebehörden geplante Verlegung der Marine aus Kiel wendet und der wir folgende bezeichnende Stellen entnehmen:
Es herrschen gegenwärtig wieber gespannte Verhältnisse innerhalb der Marine. Daß das Offiziertorps es leider an dem nötigen
Das Reichstabinett hat sich in seiner gestrigen Sigung Stellungnahme wird mitgeteilt: mit der Behandlung der Organisation Escherich befaßt. Ueber seine
Die Reichsregierung war einmütig der Ansicht, daß dieser Organisation teine Ausnahmebehandlung zu gewähren sei, und daß der Reichskommissar für die Entwaffnung die Angehörigen dieser Orgainsation bei Durchführung der Entwaffnung schon mit Rücksicht auf den Friedensvertrag und die Abmachungen von Spaa nicht anders zu behandeln habe als andere Staatsbürger. Zu dem Verbot der Organisation Escherich durch die preußische Regierung Stellung zu nehmen, lag bei dem föderalistischen Charakter des Reiches für die Reichsregierung tein Anlaß vor, da die Handhabung des Vereins- und Versammlungsrechts in den Händen der Länder liegt, und es den Beteiligten freisteht, über die Rechtmäßigkeit des Verbots eine gerichtliche oder verwaltungsgerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Diese Stellungnahme der Reichsregierung ist nur selbstverständlich und es ist nur dringend zu verlangen, daß der Reichstommissar für die Entwaffnung auch mit der nötigen Energie gegen die Orgesch vorgeht. Daß die Reichsregierung es den Einzelstaaten überläßt, sich mit dem Bestehen und der Tätigkeit der Orgesch zu beschäftigen, ist ein Zeichen von Schwäche und Unent schlossenheit.
Das Treiben der Orgesch steht im Widerspruch zu den Bestimmungen des Spaa- Abkommens, dessen Erfüllung angeblich durch das Entwaffnungsgesetz sichergestellt werden soll. Es ist beshaib teine Sache der Einzelstaaten, sondern die des Reiches, gegen die Orgesch vorzugehen. Immerhin schiebt die Entscheidung des Reichskabinetts doch denjenigen einen Riegel vor, die ein Eingreifen der Reichs behörden gegen die einzelstaatlichen Verbote der Orgesch verTangten.
Der Reichspräsident hat einen Aufruf erlassen, indem er auf die Intrafttretung des Gesezes über die Entwaff= nung hinweist. Alle Boltsgenossen werden aufgefordert, die Waffen herauszugeben, um das Land nicht aufs neue infolge Nichterfüllung des Friedensvertrages in schwere Gefahren zu stürzen. In dem Aufruf wird weiter betont, daß Deutschland durch die Tat den festen Willen zur Erfüllung der übernommenen Pflichten beweisen müsse.
Die Sozialisierung der Kohlengewinnung
Beschlüsse des A. D. G. B.
Der Ausschuß des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes beschäftigte sich in seiner 6. Sigung am 17. und 18. August u. a. mit der Kohlentrise. Der Ausschuß tam nach eintägiger Aussprache über dieje Angelegenheit zu folgendem Beschluß:
Der Bundesausschuß bringt zum Ausdruck, daß die Hebung der Kohlenförderung nicht durch eine dauernde Weberarbeit der Bergarbeiter erzielt werden kann. Wenn trotzdem vorübergehend zu solchen Aushilfsmitteln gegriffen wird, so fann dies nur für zulässig erklärt werden, wenn sofort versucht wird, durch andere Vorfehrungen die Kohlenförderung auf die unbedingt not wendige Höhe zu bringen. Der Bundesausschuß fordert deshalb von der Regierung, daß
a) die Sozialisierung der Kohlengewinnung und verteilung in Angriff genommen und spätestens im Ottober 1920 dem Reichstag ein entsprechender Gesetzentwurf vorge legt wird,
b) die vor Infrafttreten des Betriebsrätegesezes bestandenen Rechte der Betriebsräte nicht geschmälert, sondern er weitert werden. Diese Erweiterung der Rechte muß sich besonders auf die Kontrolle der Produktion, des Absages, des Selbstverbrauchs und der Preisbildung im allgemeinen wie für Die Nebenbetriebe und Hüttenzechen erstreden,
c) die Versorgung der Bergarbeiter mit Lebensmitteln bauernd und ausreichend sichergestellt wird,
d) die technischen Vorbedingungen zur Einführung der Sechsstundenschicht für die unterirdischen Steinkohlenbergarbeiter auf internationaler Grundlage baldigst erfüllt werden. Bis dahin ist den Bergarbeitern die jest tariflich vereinbarte Schichtzeit zu sichern. Etwa darüber hinausgehende notwendige Arbeit ist als Ueberschicht oder Ueberstunde zu be werten und zu bezahlen."
Der Beschluß ist löblich. Aber was gedenkt der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund zu tun, wenn die Regierung nicht bis spätestens Oftober einen Gesezentwurf über die Sozialisie rung vorlegt? Im übrigen wird hier nur etwas gefordert, was die Regierung bereits versprochen hat. Die Frage ist jetzt, wie wird die Sozialisierung aussehen, die da in Marsch gefeßt werden soll? Und was wird der Bund tun, wenn die Sozialisierung feine ist?
wegung eine a blehnende Haltung einnehme. Tatsächlich abe ift bis zur Stunde noch keine entscheidende Aktion eingeleitet. Di Durchführung der Entwaffnung der polnischen Banden ist burd das Verhalten der französischen Truppen problematisch geworden insofern diese sich vielfach mit den polnischen Insurgenten ve brüderten. Nur die italienischen Truppen halten b Ordnung zur Zufriedenheit aufrecht. Irgendwelche energij Maßnahmen gegen die polnischen Bandenführer, welche der Waffe in der Hand getroffen wurden, find bi her seitens der Interalliierten Kommission nicht durchgefüh worden, sodaß sich die Erregung innerhalb der oberschlesischen Be völkerung stündlich steigert. Gegenüber diesen Zuständen kann deutsche Reichsregierung nicht umhin, die Verantwortung der Inter alliierten Kommission zu überlassen, welche durch ihr inaktives Be halten zu den größten Bedenken Veranlassung gibt.
Drohung mit dem Generalftreik
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Beuthen , 24. August. Die deutschnationale Boltspartei, die katholische Volkspartei ( 3entrum), die demokratische Partei, die sozialdemokratische Par tei, der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund ( Freie Gewerb schaften), die Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände ( Afa), der Deutsche Gewerkschaftsbund( chriftliche Gewerkschaften), der Gesamtverband Deutscher Angestellten Gewerkschaften, bie Hirsch- Dunterschen Gewerkschaften und der Gewerkschaftsbund de Angestellten, erlassen folgenden Aufruf an die oberschlesische Be völkerung:
Unsere oberschlesische Heimat ist in tiefster Not. Deutsche und Polen stehen gegeneinander. Bruderblut ist geflossen. Die Sühne der Verbrechen gehört vor die Gerichte. Wir wollen den Frieden. Die interalliierte Kommission hat uns zugesichert, Ruhe, Sicher heit und Ordnung wiederherzustellen. Wir haben am 21. Augu gefordert und der General Gratier hat uns zugesichert: 1. Die restlose Entwaffnung der Bevölkerung ohne Rüdsicht auf die Nationalität 2. Die Aufhebung des Belagerungszustandes, soweit es die Ber hältnisse gestatten. 3. Die Hinzuziehung deutscher und polnischer unbewaffneter Arbeiter zur Wiederherstellung des Friedens. 4. Die Verhütung von Gewalttaten aller Art.. Die Bewaffnung polnischer Banden schreitet dennoch fort. Sie haben die Gewalt an sich gerissen und mißbrauchen sie, dem muß ein Ende gematt werden. Die gesetzmäßige Gewalt muß sofort wiederhergestellt werden. Sie wird heute der interalliierten Kommission unter breitet. Wird sie nicht erfüllt, dann sind wir entschlossen, den Frieden zu erzwingen durch den Generalstreif. Haltet Euch bereit und wartet auf den Ruf der Führer, es geht um unsere Heimat
Protest der Bergarbeiter
Nach einer Wolff- Meldung aus Rattowih protestiert der Berband der Bergarbeiter Deutschlands mit allem Nachdruck gegen die Ver gewaltigung der oberschlesischen Bevölkerung durch zum Teil land fremde polnische bewaffnete Banden und ersucht die Interalliterte Kommission, die deutsche Regierung und die oberschlesischen Be hörden, ungefäumt für ausreichenden Schuß zu forgen. Angesichts der polnischen Aufstandsbewegung sei das vereinbarte Ueberschichten abkommen zur Zeit nicht durchzuführen. Eine Konferenz der Ver trauensleute der Bergarbeiter beauftragte die Bezirksleitung, nach Wiederherstellung der Ruhe erneut zur Ueberschichtfrage Stellung zu nehmen, und forderte die ungefäumte Durchführung der Ent waffnung der polnischen Aufrührer, andernfalls zur Selbsthilfe ge griffen werden müsse.
Der Segen der freien Wirtschaft
Aus Baden wird uns geschrieben:
Die bürgerliche Bresse verkündet freudestrahlend, daß in Baden die Zwangswirtschaft aufgehoben sei. Der satte Spießbürger liet neidvoll, daß in Baden alle Lebensmittel zu haben seien. Das stimmt. Aber die Folgen der freien Wirtschaft sind andere, als sie sich seine Befürworter gedacht haben. An die Stelle der Zwangs wirtschaft in Baden ist nicht der freie Sandel, sondern die Wucherfreiheit getreten! Besonders bei der Fleisch tatastrophal bemerkbar. versorgung macht sich die Aufhebung der Rationierung
Die Schlächterläden find mit Fleischwaren überfüllt. Die Preise find aber unerschwinglich gestiegen. Die arbeitende Bevölkerung die auf Grund der Fleischkarte bisher regelmäßig die fleine Wochen ration Fleisch erhalten fonnte, muß sich jest des Fleischgenusses ents halten, während die besitzenden Schichten ganz ungeniert in den Läden ihren großen Bedarf deden können. Es spielt sich jetzt das selbe ab, wie bei der Freigabe der Eier, es tommt zwar Ware völkerung den Erwerb unmöglich machen.
Ernst und Willen hat fehlen lassen, ein offenes und ehrliches Ber Die Kohlenproduktion im 1. Halbum Borschein, aber zu Preisen, die der minderbemittelten Be
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trauensverhältnis zwischen Offizier und Mann und zwischen Truppe und Bevölkerung zu erstreben, muß unbeschönigt festgestellt werden. Die Politit der Marinebehörden, namentlich der Ostseestationen, in der Angelegenheit der Verlegung von Marineforma tionen aus Kiel hat größtes Mißtrauen der Bevölkerung, bejonders der Arbeiterschaft, diesen Behörden gegenüber hervor gerufen. Es muß doch auch Befremden erregen, wenn von den Marinetommandos bewußt unwahre Mitteilungen in einer für die Stadt Kiel eminent wichtigen Angelegenheit gemacht werden. Doch nicht nur das, was die Stadt Riel anbelangt, gibt die geplante Fortverlegung der Marineformationen zu schweren Be denten Anlaß. Auch die Gesinnung der Truppen selber dürfte in bezug auf die Disziplin ungünstig durch diesen Att beeinflußt werden. Ebenso wird die Stimmung, die Freude am Dienst ers schüttert, denn die Soldaten was die Unteroffiziere anbetrifft, meistens verheiratet- wollen nach den langen Kriegsjahren endlich einmal ein beständigeres Dasein führen und in der freien Zeit bei ihrer Familie sein. Zu Bedenten geben aber vor allem Anlaß die politischen Motive, die die eigentlichen Ursachen zu der geplanten Herausziehung der Marine aus Kiel find. Wenn man in den Kreisen der militärischen Führung der Ansicht ist, daß, wie früher, die Wehrmacht vom übrigen Bolte peinlich einen Abstand halten muß, dann hat man dort noch immer nicht die Gegenwart verstanden. Wenn die militärischen Führer eine Berührung der Truppen mit der Arbeiterschaft fürchten, dann ist das ein Beweis dafür, daß die Wehrmacht immer noch das ist, was sie nicht sein soll: ein Fremdförper im Bolte, und daß sie nicht ist, aber sein sollte, nämlich: eine vom Vertrauen der weitesten Volksschichten getragene volkstümliche Institution zur Verteidigung der Landes
grenzen."
Nach dem Kapp- Putsch hatten die Mannschaften in Gemeinschaft mit den Decoffizieren die Verwaltung der Marine übernommen, und es hatte sich gezeigt, daß auch ohne Offiziere alles Notwendige geschah. Die reaktionären Elemente ruhten jedoch nicht, bis die früheren Verhältnisse wieder hergestellt waren. Jetzt zeigt es sich, wohin es der Reichswehrminister mit seiner Nachgiebigkeit gebracht hat; das Offizierkorps ist wieder obenauf. Der Kappgeist herrscht wieder bei der Marine, aus politischen Motiven, um die
jahr 1920
Im Reichsanzeiger veröffentlicht das Statistische Reichsamt eine Nachweisung über die Kohlenproduktion des Reiches in den Monaten Januar bis Juni 1920. Es lieferten in dieser Zeit an Steinkohlen die Gruben im ganzen Reiche mit Ausnahme des Saarreviers und der Pfalz 61 889 897 Tonnen, an Braunkohlen 52 204 380 Tonnen. Kots wurden in demselben Gebiet und in derselben Zeit 11 633 824, Steinkohlenbriketts 2 230 002, Brauntohlenbritetts 11 261 296 Tonnen fabriziert. Gegen das vorige Jahr wurde die Produktion erheblich erhöht. 1919 hatte sie einscht. des Gaarreviers und der Pfalz betragen: Steinkohlen-53,57, Braunkohlen 43,54, Rots 9,94, Steinfohlenbritetts 1,8 und Braun
tohlenbriketts 9,02 Millionen Tonnen.
Von der Steinkohlenförderung lieferte im ersten Halbjahr 1920 der Bezirk Dortmund allein 39,5 und Oberschlesien 15,36 Millionen Tonnen. Hauptbraunkohlengebiete sind: Bezirk Salle mit 25,68 und Bezirk Bonn mit 14,17 Millionen Tonnen Förderung. Die Kotsproduktion betrug im Bezirk Dortmund 9,13 und in Oberschlesien 1,19 Millionen Tonnen, die Steinkohlenbrikett- Herstellung im Bezirk Dortmund 1,61 Millionen Tonnen und die Braunkohlenbrikett- Fabrikation im Bezirk Halle 5,81 und im Bon ner Bezirk 3,07 Millionen Tonnen.
Die russische Gegenrevolution. Vor dem Moskauer Revolu tionstribunal begann die Verhandlung in der Angelegen= heit des taktischen Zentrums der gegenrevolutionären Organisation, deren Ziel der Sturz der Rätemacht, die Einführung einer Diktatur der Generale in Rußland und die Wiederherstellung des Kapitalismus und der vorrevolutionären Zustände war. Auf der Anklagebant befanden sich Mitglieder des Verbandes der Großgrundbesitzer, Kaufleute und Industrielle, Pros fefforen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die früher zu den Blüten der russischen Intelligenz gehörten. Unter ihnen befinden sich bekannte Namen: Thagin, Trubezfoi, Melt Schunow, Botschlow, Rozanow, Kotljarewstij, Protopopow, Sergiewska, Alexandra Lwona, Tolstoj, Urussow, Thruschischew, Eajterem, Morosom und andere. Am ersten Tage der Verhandlung wurden die Anklageaften vorgelesen
Eine weitere üble Folge, die von den Gegnern der freien Wirt schaft im Fleischergewerbe vorhergesagt wurde, ist eingetreten: Eine wilde Schlachtwut macht sich bemerkbar. Die Auffäufer ziehen auf das Land hinaus und bieten die höchsten Preise. Um die fest gesetzten Höchstpreise fümmern sich weder Erzeuger noch Auffäufer Teilweise sind die Konsumenten zur Selbsthilfe geschritten, indem fie das Bieh, das von den Auftäufern verladen werden sollte, an den Verladerampen anhielt, schlachtete und das Fleisch zu nors malen Preisen zur Verteilung brachte. Bei einer solchen Gelegen heit wurde festgestellt, daß die Händler im Stalle für das Pfund Leben bgewicht 6,40 M. und höher bezahlen, während der amt liche Preis nur 4,20 m. beträgt. Wenn der Händler ab Stall für ein Pfund Lebendgewicht einen derartigen Preis anlegt, so tann man sich ein Bild von dem Preise des Pfundes Fleisch im Laden machen, nachdem das Vieh und das Fleisch obendrein noch durch eine Anzahl von Händen gegangen ist, die alle verdienen wollen.
Die Händler können diese hohen Preise getrost bieten, denn sie verschieben das Bieh und das Fleisch in die Bezirke mit zahlungs fräftiger Bevölkerung, d. h. in die norddeutschen Großstädte oder gar in das Ausland. Der Viehschmuggel nach der Schweiz , ins Elsaß und in das besetzte Gebiet blüht. Durch die forzierten Ab Schlachtungen, die grassierende Maul- und Klauenseuche und die Bieh- und Fleischausfuhr ist der Biehbestand Badens auf das schwerste bedroht. Die Wirkungen machen sich heute schon be mertbar, indem die Milchversorgung nachläßt. In Karlsruhe bleibt jetzt, nachdem die Fleischrationierung erst kurze Zeit aufgehoben ist, die Milchlieferung um täglich 300-400 Liter gegen das frühere Quantum zurüd. Wenn schon jetzt im Sommer, wo das Vieh noch auf der Weide steht, die Milchproduktion durch die Massenschlachtungen beeinträchtigt wird, müssen die Milchverhält nisse im Winter unerträglich werden.
Erhebung des Fleisches zum unerschwinglichen Lugusartikel für die breiten Massen der Bevölkerung Fleischschmuggel und-export, Rüdgang des Biehbestandes und der Milchproduktion; das sind also die Folgen der vielgerühmten freien Lebensmittelwirtschaft. Das Proletariat ist der Hauptleidende dabei. Wie immer, wird seine Gesundheit dem Profitbedürfnis der agrarischen Produzenten geopfert
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