?omitees, Genosse Sinowsew, später doch in der Vollsitzung des Kongresses, die sich mit den Bedingungen für die Auf- nähme beschäftigte, mit, datz die russische Delegation fdas war die entscheidende Delegation) den Antrag Lenins .zurückgezogen habe und daß sie nur einen dement- sprechenden Wunsch äußern wolle. Bei der Frage, ob eine Namenstiste derfenigen Genossen aufgestellt werden solle, die vor dem Anschluß aus der Partei geschmissen wer- den müßten, sagtekenosseDäumigzunächst.daß wir in De u t s ch la n d nichts erreichen könnten, w e n nwirmit einer Liste darüber zurückkehren würden, wen wir ausdcr Partei aus- schließen müßten. Das wäre auch kein Dienst für die revolutionäre Geschlossenheit. Und als zum erstenmal der Name des Genossen H i l f e r d i n g für die schwarze Liste genannt wurde, sagte Ctöcker, er würde sich in dlcsemFallsofortzumWortmelden.um,.für H i lf e rd ing eine Lanze einzulege n". Genosse Dittmann und ich teilten vollkommen die Anficht der Ee- Nossen Däumig und Stöcker. ' Leider änderten die Genossen Däumig und Stöcker noch währe nd des Kongresses voll- kommen ihre Meinung und in der letzten Sitzung des Exekutivkomitees, an der wir beteiligt waren, rückten sie offen von Dittmann und mir ab. Und das ge- schah, obgleich inzwischen alles, was wir in der Kommission erreicht hatten, wieder beseitigt worden war. Neben Kauts- tys Namen war Hilferdings Namen auf die schwarze Liste gesetzt worden. Der Antrag Lenins galt nicht mehr als Wunsch der russischen Delegation, er war nunmehr in die Bedingungen für die Aufnahme einge- fügt worden. Darüber hinaus war beschlossen worden, daß nicht nur Kauteky und Hilferdina, son- dern alleParteigenossen aus der Partei geschmissen werden müssen, die die von der Kom- munistischen Internationale aufgestellten Bedingungen und Leitsätze grundsätzlich ablehnen. Dasgiltnamentlich für die Delegierten zum Parteitag. Ich rate allen Genossen dringend, die Bedingungen und die Leitsätze, die von der„Freiheit" laufend veröffentlicht werden, gründ- lich zu studieren. Ich werde mich auch dazu äußern und nach- weisen, daß manches von einem revolutionären Sozialisten teils als unmarxistisch, teils als opportunistisch abgelehnt werden muß. Es wurden im Laufe der Verhandlungen nicht wenig Genossen unserer Partei genannt, für die kein Raum in der Kommunistischen Internationale sei. Wer z. B. den Terror grundsätzlich ablehnt, wer die Preßfreiheit respektieren will, begeht grundsätzliche Verstöße gegen die Leitsätze der Kommunistischen In- ternationale und muß rausgeschmissen wer- den. Die Genossen Ledebour , Ditzmann, Henke, B r e i t f ch e i d, Cohn, die Redaktionen der„F r e i h e i t" und der„Leipziger V o l k s z t g." wurden scharf an- gegriffen, aus unserer Reichstagssraktion müssen V0 Ee- nossen rausgefchmissen werden, kurz, es wurde erklärt, daß unsere Partei mit allen diesen Genossen radikal brechen muß und daß die Kommunistische Internationale nur die- jenigen in ihrer Mitte dulden werde, die sich ihr theoretisch und praktisch restlos unterordnen. Meinungsver- fchiedenheiten feien in revolutionären Zeiten nicht nur nicht notwendig, sie wären geradezu ein Verbrechen. Vergeblich bemühte sich Genosse Dittmann und ich den ktusmunistischen Genossen klar zu machen, daß sie U n m ö g- l i ch e s fordern. Daß jeder Parteitag zur Farce werden müßte, wenn den Delegierten nur die Möglichkeit blieb, ja zu sagen oder aus der Partei zu fliegen. llnscre Bemühungen mußten umso fruchtloser sein, als die Genossen Däumig und Stöcker sich eben- fallsgegen uns wandten. Däumig erklärte aus- drücklich, daß er die Bedingungen der Kommumstischen Internationale akzeptiere und zu ihrer Durchführung bereit sei. Er wäre nach reiflichem Durchdenken zu der Ueberzeugung gekommen, daß die Reinigung unserer Part ei er- f o l g e n m ü s s e. Cr sei in seiner Auffassung bestärkt wor- den, daß der Anschluß unserer Partei an die Kommunistische Internationale zu erfolgen habe. S t ö ck e r schloß sich Däu- mig rückhaltlos an. Er begrüßte die Beschlüsse und fügte hinzu, daß in der Partei kein Platz für solche Elemente sei, die theoretisch und taktisch eine andere Meinung hätten. Solche Elemente müsse die Partei als Ballast über Bord werfen. . So siegte denn zum Schluß die Auffassung des deutschen Kommunisten Meyer, der gerügt hatte, daß auch die „Linke" der U. S. P. D. die E i n h e i t d e r P a r t e i hoher gestellt habe, als die kommunistische Taktik und der kategorisch die Spaltung unserer Partei forderte. � Wer hat nun auf dem Leipziger Parteitag die Situation erfaßt gehabt? Etwa jene Genossen, die uns damals sagten, daß die Moskauer Kommunisten ihre feindseligen Beschlüsse gegen unsere Partei nur aus Unkenntnis über die U. S. P. D. gefaßt hätten, daß die Situation durch den Märzparteitag ganz anders geworden wäre, daß wir nur zu erklären brauch- tcn. wir wollen uns anschließen, um den Anschluß glatt zu vollziehen und daß sogar schon ein Sitz in der kommunistischen Exekutive für uns frei sei?. Oder jene Genossen, die Ver- Händlungen wünschten, um unsere Partei davor zu be- wahren, daß sie mit ihrem Antrag auf Anschluß als nicht reif und würdig genug für die Kommunistisaie Internatio- nalc kläglich Fiasko machte? Genosse Ledebour hat als einer der Berufensten auf dem Leipziger Parteitag den glänzenden Beweis dafür ge- führt, daß unsere Partei schon vor dem März-Parteitag re- volutionären Charakter hatte. Heute haben wir zum Ueber- sluß den März-Parteitag hinter uns. die Zeit von März bis November 1919. den Leipziger Parteitag, die Zeit nach dem Leipziger Parteitag, die furchtbaren Opfer, die unsere Partei gebracht hat. die vielen unserer Genossen, die im revolutionären Kampf von Konterrevolutionaren ermordet wurden, alles das beweist übergenug den revolutionären Charakter unserer Partei. Trotzdem ist sie für die Kommu- nisten auch heute noch nur so viel wert, daß sie zer- trümmert werden muß. Die Kommunisten haben es offen ausgesprochen, daß sie nicht die U. S. P. D. als Partei in ihrer Internationale haben wollen, daß sie nur unsere Mitglieder in die Kommunistische Partei treiben wollen. Das ist es, was wir unseren Genossen als Antwort aus Moskau mitgebracht haben. Alles andere ist Spiegelfechterei und soll nur dazu dienen, die nackte Wahrheit zu verschleiern. Der Entwurf d«r Ddnzig- Politischen Konventio». Der vom Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten der Dan- .stg.'r verfassunggebenden Versammlung ausgearbeitete Entwurf des laut Art. 104 des Friedensvertrages zwischen Danzig und Po len zu schließenden Abkommens, der laut Beschluß des Äusschiisseo „uildchsi geheim gehalten werden sollte, wurde durch das Danziger Organ der Unabhängigen, das„Freie Volk", zur vorzeitigen Ver- ötsentlichung gebracht._____________________„........... Oberschlesien Beuthen , 26. August.(MTB.) Gestern wurde ein Aufruf der polnischen Berufsver- e i n i g u n g und der polnischen Zentralberufsgenossenschaft an die Bergarbeiter verbreitet, der in Anbetracht der Erfüllung der polnischen Gewerkschaften diese zur sofortigen Arbeitsaufnahme und zur Befolgung der Anordnungen der Interalliierten Kom- Mission auffordert. Diese versprach 1. die Beseitigung der Sicher- heitspolizei bis zum 31. August und ihre Ersetzung durch eine Bürgerwehr, 2. Bestrafung der an den Unruhen Beteiligten, 3. die Ausweisung der seit dem 1. August Zugewanderten, 4. Vergütung des an Leben und Eigentum angerichteten Schadens. Die Arbeit- geber seien bereit, die Streikschichten nicht auf die Ferien anzu- rechnen, die Deputatkohle nicht zu kürzen und die Ausfälle durch Ueberschichten ersetzen zu lassen. Wegen Bezahlung der Streiktage werde weiter verhandelt. Aus deutschen Eewerkschaftskreisen verlautet, daß dort mit steigender Zuversicht der Entwicklung der Dinge entgegen- gesehen werde. Man glaube, in kurzem wieder mit einem geregel- ten Wirtschaftsleben rechnen zu können. Bemerkenswert fei. daß zwischen den deutschen und polnischen Gewerkschaften eine Einigung angehahnt«erde. Die Entwaffnungsaktio» Der Preußische Pressedienst teilt mit: Nachdem den Führern der Gewerkschaften und der politischen Parteien in den Verhandlungen von den Funktionären der Interalliierten Kommission die be- Arbeiter und Angestellte des Transportgewerbes und der Eisenbahn! Kein Mann- keine Kanone gegen Sowjetrvtzland! Uebt schärfste Kontrolle! Haltet fest an der internationalen Solidarität! stimmte Zusicherung gemacht worden ist. daß jetzt die Entwassnung rücksichtslos durchgeführt und Ruhe und Ordnung wiederhergestellt werden sollen, ist beschlossen worden, sei es auch um den Preis der Umformung der Sicherheitspolizei in eine paritätische Bürgerwehr von der Durchführung des Generalstreiks abzusehen, weil das Ver- trauen besteht, daß die nunmehr gegebenen Zusicherungen auch aus- geführt werden. Nichtsdestoweniger darf man sich nicht darüber hinwegtäuschen, daß, wenn auch diesmal sich herausstellen sollte, daß es bei den Versprechungen bleibt und die Interalliierte Kom- Mission nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Ordnung zu schaf- fen, dann der Ausbruch des Generalstreiks als sicher zu erwarten ist.- Um den Steuerabzug TU. Stuttgart.«. August. Die wegen Verweigerung des Steuerabzuges ausgesperrte« Ar- beiter haben in einer heute vormittag abgehaltenen von mehreren Tausend Teilnehmern bejuchten Versammlung beschlossen, mit der Regierung in keine Verhandlungen einzutreten, bis die Polizei- wehrtruppeu aus den geschlossenen Betrieben zurückgezogen find. Die Arbeiter der Eisenbahnen, etwa 7—80« Mann, sind in den Sympathiestreik eingetreten. Die Rohe ist bisher nir- gends gestört worden. Die Arbeiter geben den Behörden ein Vorbild der Entschlossen- heit und Ruhe. Es ist einfach unwürdig und gemein, bei jedem Konflikt mit der Arbeiterschaft die bewaffnete Macht in Anspruch.zu nehmen. Mit der nackten Gewalt wird man die Ar- betterschaft erst recht nicht zu der Ueberzeugung von der Notwendig- keit des Steuerabzuges bringen. Die Arbeiterschaft verlangt die gleiche Energie den besitzenden Klassen gegen- über. Statt dessen wird die Aufstellung der Steuerbezüge für das Reichsnotopfer und die anderen Besitzsteuern ständig hinausge- zogen, so daß an deren Einziehung in absehbarer Zeit über- Haupt nicht zu denken ist. Selbst ein bürgerliches Blatt, wie die„Frankfurter Zeitung " mußte kürzlich gegen die Untätigkeit und Unfähigkeit des Reichs- finanzministeriums vom Leder ziehen. Das Blatt hob ebenfalls hervor, daß man es den Arbeitern nicht verargen könne, wenn sie mit äußerstem Mißmut den Steuerabzug über sich ergehen lassen. während den Besitzenden Zeit und Gelegenheit geboten wird, ihre Vermögensverhältnisse zu verschleiern. Auf diese Weise ist schon ein beträchtlicher Teil steuerlicher Leistun- gen verloren gegangen. Hier einzusetzen, die staatliche Energie beim Großkapital ins Feld führen, das ist um vieles wich- tiger, als mit Maschinengewehren den Arbeitern ihre Steuerpflicht einzubläuen. DieWirtschastslagewOstpreutzen (Von unserem Sonder-Berichterstatter.) Königsberg i. Pr.. 26. August. Obgleich Ostpreußen eine fast rein agrarische Provinz ist, sind die Lebensverhältnisse hier nicht günstig. Die Agrarier legen kei- nen Wert darauf, zu den festgeiegten Preisen zu liefern, und es gibt jetzt noch unausgeoroschenes Getreide aus dem vorigen Jahre. Die schlechte Kohlenversorgung ist daran ge- wiß uicht allein schuld, da unsere Genossen wiederholt in der Lage waren, Agrarier namhaft zu machen, die Brotgetreide verfütterten. Was mit diesen Verbrechern am Volkswohl geschehen ist, entzieht sich der Feststellung: der Oberpräsident hat in derartigen Füllen immer nur mitgeteilt, daß er die Sache der Staatsanwaltschaft übergeben habe. Einen Kohlenmangel gibt es selbstverständlich in Ost- Preußen wie überall, aber da die Industrie im allgemeinen ge- nügend versorgt ist, darf man füglich annehmen, daß der Land- Wirtschaft erst recht die nötigen Druschkohlen zur Verfügung ge- stellt worden. Sie dürfte sogar reichlicher versorgt sein, als die Stadt Königsberg, da hierher die Kohlen auf dem Wasserwege verfrachtet werden, während sie nach der Provinz auf dem Land- wege kommen. Der Beweis dafür ist dadurch erbracht, daß im Gegensatz zu Königsberg die Provinzstädte genügende Vorräte für die Gas- und Wasserversorgung besktzen. Der junge Landarbeiter-Verband ist noch nicht in der Lage, eine wirksame Kontrolle auszuüben, da bei seinem kurzen Bestehen die bis zur Revolution fast ganz unpolitische Landaroei- terichast noch nicht genügend gewerkschaftlich und politisch geschult ist. Aber der Verband ist ständig im Wachsen und zäblt bereits 9 6000 Mitglieder trotz der starken Konkurrenz, die ihm be- sonders in letzter Zeit die klassenkampffeiiidlichen Organisationen machen. Leider steht der Landarbeiter-Verband stark unter dem Einfluß der Rechtssozialisten, die natürlich auch hier für die Arbeitsgemeinschaft schwärmen. Die schwierige wirtschaftliche Lage in Königsberg fichrte zu einem großen Streik, der sich beinahe auf samtliche Betriebe ausdehnte. Es war den Unternehmern gelungen, eine große An- zahl von Tarifvertrügen, darunter die mit den führenden Eewerk- jchaften, auf etncn Termin.zu.briligep, der am 31. März ablief. Nach langen Verhandlungen wurde ein Schiedsspruch angenommen, demzufolge 40—70 Prozent Lohnerhöhungen zu zahlen waren, ob- gleich die Lebenshaltung gegenüber den Herbst und Winter 101» um etwa 130 Prozent gestiegen war. Vierteljährlich sollte eine Ueberprüfung des Tariss stattfinden, um entsprechende Zulagen festzusetzen. Am 1. Juli nach Ablauf des 1. Vierteljahres for- derten die Gewerkschaften auf Grund vorsschtigster Berechnung der Teuerung eine Zulage in Höhe von 1 M. Demnach hätten die Stundenlöhne der Königsberger Arbeiterschaft zwischen 2,00 und 6,10 M. geschwankt. Die Unternehmer leugneten das Vorhanden- sein einer Teuerung und lehnten ab. Der Schlichtungsausschuß 1 für das Stadtinnere erklärte 15 Prozent— 30 bis 60 Pf. Stunden- Zulage für berechtigt, während der Schlichtungsausschuß 2, dem die an der Peripherie der Stadt befindlichen Betriebe unterliegen, 40— 70 Pf. für angemessen hielt. Die Arbeiter nahmen den Schieds- spruch 2 an und traten, da die Unternehmer ablehnten, in den Streik. Es nahmen zuerst 22 000 Arbeiter daran teil,' nach zwei Wochen wurden die Forderungen der Eemeindearbeiter angenommen und 3000 Mann schieden aus,' ihnen folgten nach vier Wochen die Elek- trizitätsarbeiter, nachdem die Stadt sie als Eemeindearbeiter an- erkannt hatte. 17 000 Mann haben weiter gestreikt, bis jetzt nach sieben Wochen die Unternehmer sich einem neuen Schiedsspruch unterworfen haben. Der Streik ist am Sonnabend, den 21. August, für beendigt erklärt worden. Die Unternehmer verlangen aller- dings noch, daß ein besonderer Ausschuß für die Wiedereinstellung der Entlassenen eingesetzt wird, während der Schiedsspruch diese Aufgabe den staatlichen Schlichtungsausschüssen überträgt. Aber es ist anzunehmen, daß diese Differenz die Wiederaufnahme der Arbeit nicht hinausschieben wird, da der Regierungspräsident in seiner Eigenschaft als Demobilmachungskommissar den Spruch für rechtskräftig erklären dürfte. Interessant ist, daß bei diesem Streik Herr Winnig eine ge- wisse Rolle gespielt hat. Der Regierungspräsident hatte ihn zu- nächst als Vermittler vorgeschlagen, aber die Unternehmer lehnten ab! nunmehr haben sie selbst den ehemaligen Oberpräsidenten, Sozialisten und Kapplsten zum Vorsitzenden des Wiedereinstel- lungsausjchusses vorgeschlagen! Die Lagederrussischen Nordarmee (Eigener Drahtbericht der Freiheit.) Marggrabowa , 26. August. Im litauischen Grenzgebiet herrscht Kriegszustand, da die Grenze von zurückflutenden russischen Kolonnen und vorrückenden Polen bedroht ist. Bei Leinin sind russische Sanitätskolonnen«ntwaffnct und von den Litauern interniert worden, ebenso polnssche Znfan- teriepatrouillen. Nach Auskunft beim Stab der russischen Division' in Leinin ist Augustowo von den Polen besetzt. Der Aufstand der polnischen Bauern gegen die rote Armee ist offenbar sorgfältig organisiert. Die Polen sind dicht vor Erodno. Die Kampftruppen der vierten russischen Armee sind völlig abgeschnitten. Die Polen treiben vor sich her nur Fuhr- parkkolonnen. die fast unbewafffnet sind, wenig Znfanteriereserven und einige Geschütze. Diese Tatsache allein erklärt den schnellen nirgends Widerstand findenden polnischen Vormarsch. Der bolschewistische Kommissar hat in Erodno auf dem Paradeplatz der Bevölkerung eine wahrheitsgetreue Darstellung der Niederlage der vierten Armee gegeben. Das Reiterkorps Eeyas sei in Deutschland interniert. Bei Erodno werden Kämpfe mit den Reserven aufgenommen, sonst siegreicher Vormarsch der roten Trup- pen auf allen Fronten. Die Bevölkerung solle das durch Kampf bedrohte Erodno räumen. Vor Grodno sind Stollen ausgehoben worden. DieStadt ist in Verteidigungszustand gesetzt. Die Straßen von der litauischen Grenze nach Erodno sind nicht mehr passierbar, da dort bereits Kampfgebiet ist. Die Litauer räumen das Grenz- gebiet vor den einrückenden Polen . Beim polnischen Rückzug auf Erodno hat sich eine Katastrophe ähnlich dem Beresina- Übergang ereignet. Die von deutschen Pionieren erbaute Eisenbahnbrücke war unterininicrt und flug durch russische Ar- tilleriebeschießung in die Luft, während die Kolonnen darauf zu- rückfluteken. Die Opfer zählen nach Hunderten. Angeblich sind darunter auch französische Offiziere. Von den deutschen Sparta - listen sind vier neue Brücken über die Memel bei Grodno gebaut.? Die jüdische Bevölkerung beginnt auch, aus dem litauischen Grenz- gebiet zu flüchten. Die Polen haben ungeheuerliche Greueltaten bei ihrem Rückzug an der jüdischen Bevölke- rung verübt, Der russische Rückzug (Eigene Drahtmeldnng der.Freiheit".) Proftken, 26. August. Nach dem Rückzug der russischen Arme« rückten bewaffnete polni- sche Zivilisten vor, die vereinzelte Bolschewiki überfielen und aus- raubten. Am 25. August um 2 Uhr morgens besetzte eine Brigade der ersten polnischen legionären Diviston das Grenzgebiet bis Dogussi und stellte Wachen beim Schlagbaum aus, die aber nachts wieder zurückgezogen wurden. Bei Dlugossen kam eine Erenzver- letzung durch zehn polnische Kavalleristen vor. die sich zurückzogen, als die Sipo ste beschoß. Die gefangenen Russen sind zerlumpt und vielfach barfuß, aber in guter Haltung und bewahren noch in der Gefangenschaft jene kameradschaftliche Disziplin, die der Quell ihrer Stärke ist. Im Augenblick weiß Niemand, wo die rote Armee steht. Man spricht von einem neuen Vormarsch. Ueber das Schicksal der auf ostpreußisches Gebiet übergetretenen russischen Truppen verbreitet Wolffs Bureau folgende offenbar offiziöse Meldung: Die Gesamtzahl betrug bis gestern abend, soweit sich über- sehen läßt, rund 50 006 Mann. Es wurde der Uebertritt von wei- teren Abteilungen erwartet. Die Entwaffnung hat sich bis jetzt reibungslos vollzogen. Nur bei Klein-Leschienen ist ein kleiner Zwischenfall vorgekommen. Dort haben anscheinend Polen ver- sucht, übertretende Russen, die bereits deutsches Gebiet erreicht hatten, zu entwaffnen. Der Vorfall wird noch aufgeklärt. Die Unterbringung wird nach Möglichkeit beschleunigt, und zwar stehen hierfür zunächst zur Verfügung die Lager von Arys, Pr.- Holland und Eydtkuhnen. Einzelne im Lande herumziehende Truppe werden allmählich in diese Lager übergeführt. Die Waffen werden teilweise zerstört, da eine sichere Bewachung der großen Menge nicht möglich ist. Der Gesundheitszustand ist bisher leid- lich: allerding» sollen einige Fleckfieberfälle festgestellt sein. Die erforderlichen sanitären Maßnahmen find eingeleitet. Es herrscht viel Elend unter den Russen, besonders deshalb, weil ste nur Sow- jetgeld besitzen, das niemand annehmen will. Es ist veranlaßt worden, daß die Möglichkeit zum Einwechseln dieses Geldes ge- schaffen wird. Die bei der Trupp« befindlichen zahlreichen Pferde werden in Pflege gegeben. Vorkehrungen gegen Einscklevpung von Seuchen find eingeleitet. Da Reichswehr und Polizei zur Be- wachung der großen Zahl von Russen nicht ausreichen, sind in de« beteiligten Kreisen Ostpreußens vom Oberpräfidenten zur Unter» stützung die Ortswehren aufgeboten worden. Die A b b e f ö r d e r u n a der Internierten aus Ostpreußen über See von Pillau nach Swinemünde und weiter nach Lagern tw Innern Deutschlands ist eingeleitet, begegnet aber erheblichen Schwierigkeiten. Der erste Transport wird voraussichtlich heute abend von Pillau abgehen. Vom 30. August ab sollen täglich 1500 Mann befördert werden: eine Steigerung der Zahl ist in Aussicht genommen. Ä � I An der Grenze find Mitglieder der interalliierten Kontroll-! kommilsion Königsberg eingetroffen. Leider ist es infolaedenen in Iohannisburg zu einer Demonstration gegen alliierte Offiziere gekommen. Der Kommandeur de« dort liegenden Reichswehr- ataillons hat sofort in ritterlicher Weise diese Offiziere gegen �D�er�p�ß���Äinister�« JiMM entsendet zur Unterstützung des Oberpräsidenten medrne-K�imSm�nM-LMieW«..
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3 (27.8.1920) 352
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