Nr. 362
Beilage zur„ Freiheit"
Donnerstag, 2. September 1920
Die Reichskonferenz der U.S. P.D.
( Fortsetzung des Berichts aus der gestrigen Abend- Ausgabe.)
Crispien( fortfahrend):
Ferner machten hierbei Vertreter der verschiedenen Parteien Mit teilungen. Meyer( Deutschland ) meinte, der U. S. P. D. stehe die Organisation höher als die Revolution. Ledebour habe die Diktatur verworfen. Auf die Leiter der Partet seien feine Er
Die zweite Frage fagt, die U. S. P. nenne die Teilnahme an der Regierung Ebert- Scheidemann eine historische Tatsache, die sich aus wartungen zu sehen. Auch Münzenberg trat der Aufnahme den damaligen Verhältnissen ergeben habe. Ob es der Delegation befannt sei, daß die größte Organisation der 1. S. P., nämlich die Berliner Partei- Organisation, damals schon in Opposition zu der Teilnahme an der Regierung gestanden habe.
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der U. S. B. scharf entgegen. Dann sprach Crispien. Ez warnte vor den auf eine Spaltung der U. S. P. D. gesetzten Hoffnungen und erinnerte an die Rede Sinowjews, in welcher er feine einzige bisher der dritten Internationale angehörenden Partei außer der russischen als würdig befunden habe. Die U. S. P. D. sei eine durchaus revolutionäre Partei und würde dies ungeachtet aller Beschlüsse des Kongresses bleiben. Gerrati verteidigte die U. G. P. D. Gie sei in teiner Weise mit ber franzöſifchen Partei gleichzusehen. Dann sprach Lenin . Er wars vor, Sozialpazifist. Däumig wies diese Angriffe bann in ihren hauptsächlichsten Teilen zurück. In Einzelheiten sei die Kritik berechtigt. Sino wjew teilte mit, daß Rühle und Merges von der K. A. P. D. eine Beteiligung an dem Kongreß abgelehnt hätten, weil sie die Leitsätze der dritten Internationale als oppor= tunistisch verwerfen. Wynkop befürwortete die Thesen und meinte, nach Anhören der Genossen Däumig und Stoeder habe er alle Hoffnungen auf die Linke innerhalb der U. S. P. D.
Ledebour verwerfe den Terror, Crispien habe gesprochen wie ein
Die dritte Frage beschäftigt sich mit der Verantwortung der U.S. P. für die Ausweisung der russischen Vertretung aus Deutsch land, u. a. wird barin gefragt, ob der Delegation bekannt sei, baß Genoffe Haase die Getreidesendung aus Rußland deswegen abgelehnt habe, weil Amerifa Getreidesendungen versprochen habe. Die vierte Frage befaßt sich mit den Verhältnissen in der Zeit des General gb fie es für möglich halte, daß in Deutschland die Diktatur des Proletariats so durchzuführen sei, daß Uufchuldige nicht darunter zu leiben hätten. Die sechste Frage verlangt von der Delegation Ausfunft darüber, ob sie es für möglich halte, die bürgerliche Wirtschaft im Falle der Revolution aufrecht zu erhalten. Die siebente Frage wünscht von der Delegation zu wissen, welche Mittel ste zu ihrer Erfüllung zur Ausführung der Revolution ohne Bürgerkrieg an wenden wolle. Die achte Frage, die sich mit der Zukunft beschäftigt, aufgegeben. verlangt zu wissen, mit welchen Mitteln will die U. S. P. ficgen. Sie hält die Anwendung von Maffenaktionen für notwendig. Ist darunter auch der bewaffnete Aufstand gemeint? Hält die Dele gation ihn für notwendig, und welche Vorbereitungen hat die 1.6. p. bazu getroffen?
63 find dann noch weitere Fragen gestellt worden von Levy und von Meyer von den deutschen Kommunisten und von Beantwortung aller dieser Fragen wurde Abstand genommen, das folle erst in einer weiteren Sigung geschehen. Ueber die Frage, ob wesen sei, fonnte feine Einigung erzielt werden.( Lebhaftes Hört! Sört! Buruf: Stoecker.) Crispten schildert dann ausführlich bie nicht ganz einwandfreie Rolle, die der Genosse Stoecker dabei fpielte. Die Besprechung verlief ohne Resultat.
In der darauf folgenden Sigung des Exekutivkomitees hielt zunächst Sinow jew ein größeres Referat, das die Wichtigkeit der politischen Partei hervorhob und in allen wesentlichen Teilen mit ben Auffassungen der U. S. P. D. übereinstimmte.
Eine weitere Sigung des Exekutivkomitees fand am 24. Juli statt, bei der die Leitsäge der dritten Internationale angenommen wurden. Bei der Bildung von Kommissionen wurde die Frage aufgeworfen, ob auch die U. S. P. D. hierbei mit beratender Stimme teilnehmen könne, wie ihr dies für die Tagung des Exekutivkomitees zugestanden worden sei.
Schließlich wurde die Zulassung der Delegation zu den Kommisfionen beschlossen. In einer Sitzung der Kommission zur Ausarbeitung der Aufnahmebedingungen in die dritte Internationale wurde von Radek noch einmal das ganze Sündenregister der 1. S. P. D. verlesen. Ebenso griff Sino wjew die U. S. P. D.
Start
an. Eine weitläufige Diskussion entspann sich über die For
derung der Bewaffnung und des Terrors. Däumig verwahrte sich in dieser Sigung auch gegen die Bildung einer Liste der aus
Der proletarischen Bewegung große Gefahr bringe.
Teten.
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Hiernach sprach Troyti mit aller Deutlichkeit aus, daß man es zu einer Spaltung der U. S. P. D. bringen müsse. In einer weiteren Sigung legte Sino wjew den Antrag Lenins vor, alle Parteiinstanzen der U. S. P. D. zu Zweidritteln mit solchen Ge= nossen zu besetzen, die schon vor dem zweiten Kongreß der Kommunistien Internationale zur dritten Internationale gestanden dingungen unannehmbar seien. Der Antrag fand dann aber mit die Thesen wandte sich auch Serrati, der diese für widerspruchs Ginowiew. Hierbei erklärte er es für unmöglich, mit den Rechten der U. S. P. D. zusammenzuarbeiten. Das Antwort: Schreiben der U. S. P. D. deute auf Ententeorientierung hin. Weiter fam er auf die französische, schweizerische, italienische und andere Parteien zu sprechen. An allen der dritten Internationale angeschlossenen Parteien übte er schärfste Kritik. Bei den meisten würde opportunistische Politik getrieben, die sich mit den Grundlätzen der dritten Internationale unmöglich vereinbaren ließe.
Hierzu erklärte die Delegation geschlossen, daß solche Be
gegen drei bei zwei Stimmenthaltungen Annahme. Gegen
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Die schwere Stunde
Roman
Don
Victor Panin
Viele weinten, schluchzten laut und hysterisch... und über meinen Wangen rollten Tränen hinunter
In diesem Augenblicke war ich einem Wahnsinnigen gleich; meine Seele war voll Entzücken, das an Ekstase grenzte, ich vergaß meine ganze graue, qualyolle Vergangenheit, und mit einem nach innen gefehrten Blid umfaßte ich die ganze Erde, das von einem neuen, buntglizernden Licht bestrahlte Leben. Lange noch zerrten sie mich hin und her, umarmten sie mich, füßten mir die Hände, die Wangen, ich fühlte aber nichts. Ich war wie im Traum, von einer Efstase ergriffen, ich war von diesem Leben abwesend, ich schwebte hoch.. der Gefängnis
| Deffentlichkeit nicht vor. Wir wollen nicht die Partei dem Rapis talismus als Freiwild ausliefern. Denn in diesem Falle wären die Massen der kapitalistischen Klassenjuftiz ausgeliefert. Wir wollen nicht die Grundsätze über die illegalen Organisationen in die Bedingungen aufnehmen. Auch Däumig und Stoeder stimmten uns bet in der Sache. Unser Einwand machte Eindruck in der Kommission. Es wurde eine Unterkommission gebildet, in der Dittmann delegiert wurde, um eine Formulierung zu finden, die auch für Dentschland annehmbar wäre. Ich selbst habe dann die Aeußerung Ledebours auf dem pagieren kann, wo tein ernsthafter Gegner mehr gegenübersteht, das ist in Deutschland unmöglich. Däumig spricht von den beiden Strömungen in der Partei und meint, baß der linke Flügel jekt gestärkt fet. Er wandte sich aber entschieden gegen eine Namensliste, da sie den Anschluß unmöglich mache. Trosti hielt eine heftige Rede gegen die U. S. P., die Freiheits Redaktion und die ganze Parteipreffe. Die Spal tung der 1. S. P. müsse tommen.
In der 7. Sigung sprach Bucharin über Parlamentarismus. Am 28. Juli fand dann die zweite Bollfigung des Kongresses statt, die über die Notwendigkeit politischer Parteien debattierte. Referent war Sinowiew, dessen Ausführungen fich völlig mit dem deckten, was ich selbst einmal über diese Frage ausführte. Die politischen Parteien seien die einzigen, die den revolutionären Kampf durchführen können. Das ganze war ein U. S. P.- Referat, wie es jeder rechte Führer halten kann. Eine Rede Hentes wurde von Sinowiew als rechtsfezialistisch bezeichnet, trobem sogar Klara Bettin den Genossen Henke damals zu dieser Rede beglückwünscht hatte. In der Diskussion sprach Genoffe Serrati, Der ausführte, daß man auf dem Kongreß nicht nur Stellung nehme gegen den Opportunismns, ben Reformi3mus, sondern auch gegen Syndikalismus, Indis vidualismus und Anarchismus. Darauf sagte rohy, er verhandele lieber mit spanischen Syndikalisten, holländischen Anarchisten als mit Scheidemann und Kautsky . In der Wollfizung wurden die Leltfäge über die politischen Parteien angenommen. Der 24. Juli brachte die dritte Bolligung des Kongresses mit dem Bericht von Sinomjet über die Zeitfäge der R. P. D. Man wolle Syndikalisten und Anarchisten in den Rethen haben, damit fie täglich mehr Kommunisten würden. Es wurden fieben Kommissionen über die Thefen eingefeht. Es entstand die Frage, was geschieht mit den U. S. P.- Delegierten. Sollten sie in diefe Kommissionen hinein. Es war ihnen beratende Stimme zu gefagt worden. Nur Holland , Wynkopp, wandte sich wieder dagegen, daß dte u. S. P. Delegation in den Kommissionen vertreten sein solle. Radek war dafür, Guildeaux war dagegen. Die Situation war so, daß Däumig aufsprang, an das Rednerpult ellte und in den Saal donnerte, er verwahre sich dagegen, daß die U. S. P. nicht als revolutionär gelten solle. Wyn topp erhob nochmals Widerspruch. Sinowiew antwortete thm aber, daß die 11. S. P. tros ihres rechten Flügels eine große Waffenpartei sei, daß aber Mynkopp in 16 jähriger Arbeit nicht
mehr als 1500 Menschen um sich gefchart habe. Es wurde dann beschlossen, uns an der Kommissionsarbeit teil nehmen zu laffen.
Wir beschränkten uns auf die eine Kommission, in der die Anschlußbedingungen beraten wurden. Nachmals wurde dann das ganze Sündenregister der 1. S. P. aufgezogen. Dißmann be= triebe eine Gewerkschaftspolitik wie Begten, er set tein NevoIntionär. Auf unsere Einwendung, daß die K. P. D. in Deutschland in der revolutionären Periode auch fetne andere Politit getrieben habe als die U. S. P., erklärte Sinowiew, die R. P. D. habe alle Entschuldigung für sich, sie sei eine fleine Partei. Dismann werde unter feinen Umständen in die 3. Jnters nationale aufgenommen werden...
Meyer, der deutsche Kommunist, wies darauf hin, daß die deutsche Delegation doch gespalten sei, da Däumig und Stoeder immer schwiegen und nur Crispien und Ditt mann redeten. Dittmann wandte sich dagegen, daß in die Bedingungen aufgenommen werde, daß man den bewaffneten Auf stand vorbereite. So etwas tut man, lege es aber der breiten
der mit erhabener Macht das Leben geschaffen hat, und die Menschen auf den unbekannten Wegen leitet...*
,, U- uh?" erweďte mich ein sonderbarer Ausruf, der von der Tür der Kanzlei herüberschallte, ist da jemand?" hörte ich Oljas Stimme, Ach Gott , ich sehe ja gar nichts!" fügte fie hinzu, tastend in die fast dunkle Kanzlei tretend.
Jch nahm meine Kräfte zusammen, stand eilig auf, betaftete die Wand, um den elektrischen Knopf zu finden. Außer Atem lief Olja auf mich zu, erfaßte meine beiden Arme über dem Ellbogen und sagte, sich überhaspelnd und stockend:
Komme schnell, Wowa ruft dich!" und ohne mir Zeit zu geben, zur Besinnung zu fommen, zog sie mich zur Türe hin. Ich fragte:„ Stirbt er?"
Berlegen wandte sie den Kopf weg, schüttelte aber verneinend den Kopf und fügte mit bebender Stimme hinzu:
,, Was fällt dir ein... er ruft bloß!" Sie blidte auf mich, ich hatte keine Müße auf, fie ging selbst, sie zu suchen, konnte sie aber nicht finden. Dann kehrte sie zu mir zurück, trat dicht an mich heran.
Trosti plädiert für das schärfste Programm, damit die Führer unschädlich gemacht werden. Wir bemühten uns in einer weiteren Sigung, die Namensliste zu verhindern. Sinowie w brachte so leichthin einen Antrag Lenins zur Kenntnis, daß im Zentral, vorstand der 1. S. P. zwei Drittel der Mitglieder nur ans solchen Bersonen bestehen dürfen, die schon vor dem 2. Kongreß der 3. Wir Internationale für den bedingungslosen Anschluß waren. erklärten alle vier einstimmig, daß daran alles scheitere. Das machte Eindruck. Trotzdem wurde der Antrag in der Kommission angenommen. Wir nahmen an, daß der Kongreß selbst zu einer anderen Stellungnahme kommen werde und verhandelten weiter. Am 26. Juli tagte der Kongreß weiter. Vorher war die Delegation unter sich zusammengekommen, und hter kam Stoecker da mit heraus, daß Sinomjew doch nicht ganz Unrecht habe, daß Dittmann und ich unsere Partei doch zu vollkommen hingestellt haben, und daß er nicht mit uns einverstanden fei. Crispien. wandte fich mit äußerster Schärfe gegen das Gebabren Stoeckers, unter dem lebhaften Beifall der Anwesenden. Er wies besonders auch auf die gemeinsamen Unterhandlungen Stoeckers und Wilhelm Herzogs hin, was von seiten Herzogs, der in der Konferens anwesend war, erregte Zwischenrufe veranlaßte. Eine scharfe Rede hielt Sino wjew gegen die politischen Arbeiterräte. Er bezeichnete fie in vielen Fällen, als objektiv konterrevolutionär.
„ Komm! Ich will dir wenigstens die Haare zurechtlegen", und mit ihren dünnen, abgemagerten Fingern begann sie meine zerzausten, grauen Haare zu glätten. Plötzlich trat sie einen Schritt zurück, schlug die Hände zusammen, und verflocht die Finger.
Tanzlei herrschte, ein leises Abendgeläute, das die Schatten aufscheuchte, sie in Schwingung versezte; es tönte weich an meine Brust, mich zum Leben rufend. Ich schaute umher, alle waren fortgegangen, die Kanzlei war leer, und von AbendSchatten angefüllt, erschien sie so ungemütlich... Aber der Klang der Gloden von einem entfernten Kirchenturm strömte" Was fehlt dir? Du hast ein so merkwürdiges Gesicht!" und strömte immerfort, es war ein leises Abendgeläute, sagte sie, trat wieder einen Schritt nach vorne, beugte sich welches in meiner Brust neue, mir bisher unbekannte Saiten dicht über mein Gesicht und fügte hinzu:
erzittern ließ.
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Das Gesicht eines Heiligen!"
Ich fühlte, daß ich niedergebrochen war, ich empfand ein Auf dem Heimwege erzählte ich ihr, wie ich die Türen des Gefühl, als hätte jemand meine Seele mit heilsamem Wasser Gefängnisses geöffnet habe; der Zustand der Begeisterung gewaschen, als sei ich dadurch reiner, besser, gütiger ge=
worden
Und ein so freudiges Licht erleuchtete, leise brennend, meine Seele, und ich fühlte so deutlich das unlösliche Band, das mich mit der ganzen Menschheit vereinigte. Und ich wollte die ganze leidende Welt umarmen, an meine Brust drücken und voller Reue sagen:
nicht erfassen.
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Es tam mir ganz unmöglich vor, daß Wowa in diesem Augenblide sterben könne Wenn die Türen der Gefängnisse sich öffnen, wenn die Fesseln reißen, wenn die Gräber sich auftun, wenn der bisher tote Mensch aufersteht, dann ist es doch nicht möglich, daß Wowa, mein Wowa, stirbt!... Der Tod ist ja meit zurückgetreten, der Tod ist nicht mehr möglich, da der Auferstandene den Tod besiegt
Jch redete so zu Olja, aber sie zog mich, meinen Arm haltend, kräftig und eilig vorwärts, wobei ich zuweilen über die Schneehaufen auf dem Trottoir stolperte. Zärtlich und mütterlich wiederholte sie von Zeit zu Zeit:
Ich bin dir ja nicht ein Wolf, sondern ein Bruder, ein leiblicher Bruder, der bereit ist, sein ganzes Leben dir zum Opfer zu bringen, der bereit ist, zu leiden und zu kämpfen, um dir hat. das Glück zu erobern... Die Stunde deiner Geburt sei Das Abendgeläute tönte und tönte immer fort, traurig andächtig über der verwundeten Erde schwebend, die ermüdeten und vor Kummer und Gram gebeugten Menschen an andere, ferne, lichte Welten erinnernd
gesegnet!
Instinktiv fiel ich auf die Knie nieder, kreuzte beide Hände über der Brust und andächtig den Kopf gebeugt, verschmolz
Komm nur, tomm, mein Guter, gequält bist du, das Leben hat dich arg mitgenommen", und so viel Mitleid und Tränen waren in diesen Worten verborgen.
In der Stube des Haustnechts traf ich den Arzt an, der
ich, ohne Gedanken, ohne Worte, mit dem Geiste der Erde, gerade im Begriff war, fortzugehen. Schweigend, fragend
Nach diesen Sizungen trat die Delegation der U. S. P. noch eins mal zusammen, um über eine gemeinsame Erklärung zu beraten. Ein von Dittmann vorgelegter Entwurf wurde von Däumig und Stoecker abgelehnt. Da eine Berständigung hierüber nicht zu erzielen war, so wurde von der Abgabe einer Erklärung ganz Abstand genommen. In diesem Moment brachte Dittmann die Mitteilung, daß von der Subkommission alle aus den Aufnahmebedingungen herausgenommenen Schärfen in weit stärkerem Maße wieder eingesetzt waren und in der veröffentlichten Form zur Annahme gelangten.
Im weiteren Verlauf des Berichts kommt Crispien auch auf den am 4. Auguft in der Hamburger Boltszeitung" erschienenen Funk spruch Wilhelm Herzogs zu sprechen. Er brandmarkt solche Machenschaften als hinterhältig und verwirrend.
Busammenfassend muß ich sagen", so fuhr Crispien fort, daß bet geschlossenem Auftreten der Delegation die Verhandlungen zu einem Stele hätten führen müſſen.
Wer die Bedingungen der dritten Internationale annehme, der müsse sich die Taltit der deutschen Kommunisten zu eigen machen. Wohin das führen könne, der möge das daran ermeffen, daß in Deutschland von den Kommunisten jezt Propaganda für den Krieg gegen Frankreich entfaltet wird. Die U. S. P. habe eine Welts miffion. Sozialisten der ganzen Welt schauen auf die deutsche U.S. P. Die Moskauer Internationale tt feine Internationale. mit Ausnahme der scharf fritisierten italienischen Partei und der skandinavischen Parteien gehörten ihr nur kleine verschwindende Gruppen an. Benin lebe in dem falschen Wahn, von Rußland ans die Weltrevolution betreiben zu können. Dieser falschen Auffaffung müsse entgegengetreten werden. Unsere Aufgabe sei die Zusammenfassung des gesamten revolutionären Proletariats. Nichts set feinem Kampfe um die Befreiung gefährlicher als der Berfall in Setten."
Genosse Crispien schloß seinen zweieinhalbstündige Ausführungen in der Zuversicht, daß die Unabhängige Sozialdemokratie auch diese Krise nicht nur überstehen, sondern flarer, geschloffener und einiger denu je aus thr hervorgehen werde( Lebhafter Beifall).
blickte ich ihn an. Schweigend brüdte er mir fest die Hand, zuckte die Achseln, als wollte er eine Last abschütteln, und fagte, indem er vermied, mir in die Augen zu sehen:
Was kann ich da helfen? Du weißt ja selbst, daß es schlecht geht, hier ist keine Krankheit, das ist Hunger. Wenn man ein wenig Milch oder Eier herbeischaffen könnte...
Jch trat an Wowas Bett, das schwach durch das Licht der fleinen Petroleumlampe erleuchtet war. Er warf sich im Fieber hin und her, bald undeutlich phantasierend, bald schwer, herzzerreißend stöhnend. Das Kindernäschen hatte sich zugespitzt, die bleichen Wangen sind tief eingefallen, und ich sah, wie an der Stirne die Haut an den Knochen flebte, die kleinsten Adern unter der Haut waren ganz deutlich zu sehen. Ich faßte ihn bei der Hand, ich rief ihn bei seinem Namen, aber er erkannte mich nicht. Und in diesem Augen blide wurde es mir zum ersten Male im Leben flar, wie ein unschuldiges Kind vor Hunger sterben tann. In meiner Geele war weder Empörung, noch Haß, noch Bosheit war, als hätte man alles aus meiner Brust ausgeschnitten, alles herausgenommen, leer war es dort, ich hatte nichts mehr, womit ich fühlen konnte, ich hatte nichts mehr zu fühlen. Ich dachte:
Ea
" Hat wohl Clemenceau auch einen vor Hunger sterbenden Sohn? Wenn man ihn hierher führte und ihn an Wowas Bett stellte, würde sich dann vielleicht das Herz dieses alten Henters erweichen, würde er wohl meinen Wowa ein Stüd Brot geben? Ein Stüd Brot und ein wenig Milch würden genügen, um das Leben meines Jungen zu retten
Der Gedanke an Milch durchzuckte mich. Ich dachte: Jch bin ja der Vater, ich muß fämpfen, ich werde versuchen, meinen Wowa zu retten, ich werde Milch für ihn finden. Ja, unbedingt werde ich welche finden, und ich stürzte nach meiner Müge zu suchen, als sei das die allerwichtigste Sache in diesem Augenblice, als hinge davon die Lösung der Frage ab. Ich konnte aber meine Mühe nicht finden. Was suchst du?" fragte Olja.
"
"
"
Meine Müze!"
Du hast sie ja im Gefängnis vergessen!" " Ja, du hast recht!"
Da suchte ich auf dem Kleiderhaken nach der Mütze des Guten Menschen, stülpte sie auf und ging zur Türe. Olja stürzte mir nach; unter dem Torbogen, in der Dunkelheit, hängte sie sich an meinen Arm, mich zurückhaltend:„ Wohin?
,, Laß mich, ich gehe nach Kolomna zu, ich werde Misch finden, verstehst du, er braucht Milch, der Junge wird ja ohne Milch sterben!"
,, Ob du wohl welche finden wirst?" sagte fie mit zweifelne der Stimme, ohne meine Hand loszulassen. ( Fortsetzung folgt.)