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Freitag, 3. September 1920

Nummer 364

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Morgen- Ausgabe

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greiheis

Berliner   Organ

ber Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands  

Das Ergebnis von Moskau   Günstige Aussichten der Friedensverhandlungen

2. Die Kommunistische Partei   und die proletarische

Revolution.

Bon Sepp Derter.

Polnische Gegenvorschläge

erwartet

Warschau  , 2. September.  ( Funkspruch.)

Sieg umzugruppieren, wie fie schon einmal gegen Denitin, Kolt schat und Judenitsch   bewiesen hat.

Mostan, 2. September. Russischer Heeresbericht vom 1. Geptember: Jm Abschnitt Grodno, nördlich von Sokolta, sind örtliche Kämpfe im Gange. Abschnitt Cholm: Unsere Abteilungen warfen den Gegner, der das rechte Ufer des Bug bei dem Orte Opalin erreicht hatte, mir- Wolhynst entwickeln unsere Truppen den Vormarsch. Nach der Einnahme von Grubeschow   besetzten wir eine Reihe Ortschaften 10 Werst westlich dieser Stadt. Im Abschnitt Sotol für uns erfolgreiche Kämpfe.

Eine amtliche Kundgebung besagt: Die russische Dele­gation in Minst hat den Wunsch, die Verhandlungen zu er­leichtern und zu beschleunigen, nur die sowjetistischen Mili- auf das Tinte Ufer des Flusses zurück. Im Abschnitt Wladi tärbehörden zeigen eine wenig wohlwollende Haltung. Die russische Delegation betrachtet ihre 15 Puntte nicht als Ultimatum, sondern erwar tet polnische Gegenvorschläge. Die Haltung der Russen läßt hoffen, daß der dauerhafte, von uns gewünschte Friede bald geschlossen sein wird.

Es fällt mir nicht ein, den russischen Stiefel zu leden, ebensowenig ersterbe ich in demutsvoller, kritikloser Hoch­achtung vor der Kommunistischen Partei. Gerade die Richt­linien, die der Kongreß in Moskau   in seinem Expose über die Kommunistische Partei   und die proletarische Revolution aufgestellt hat, geben mir Veranlassung zu einer, ich will es ohne weiteres sagen, recht rücksichtslosen Kritik der Kom­munistischen Partei. Diese Partei ist nichts an­deres als ein revolutionärer Popanz, aus­gestopft mit einem durchaus spießbürgerlichen Inhalt. Sie ist weder marristisch noch überhaupt sozialistisch. Marx hat uns gelehrt, daß der Klassenkampf des Proletariats die Aktion einer erkennenden und klassenbewußten Masse sein müsse. Die Kommunistische Partei   will die Massen der Pro­letarier zu einer einflußlosen Herde herabwürdigen, die den Kommandos irgend welcher Parteigrößen, die sich irgendwo befinden, in militärischer Disziplin und Subordination ge­horcht. Denn um was handelt es sich in den ganzen Richt linien: Die Kommunistische Partei   maßt sich Dittator der gesamten Arbeiter= bewegung zu sein und alles, was sich nicht willenlos und ergeben unter diesen Diftator beugt, wird rüdsichtslos bekämpft und ausgeschaltet. An Stelle einer Massenschaften bewegung, die erfüllt ist von sozialistischer Erkenntnis und sozialistischem Klassenbewußtsein, will sie eine spießbürger­fiche Verschwörerklique setzen nach dem Muster der Car­bonnari. Weil die Kommunistische Partei   in ihrem inneren Wesen weder revolutionär noch marxistisch ist, deshalb muß fie sich in ihrem tattischen Programm auf die Methoden der bürgerlichen Verschwörer zurückziehen.

an,

Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet haben die Richt­linien der Kommunistischen Partei ein ganz anderes Gesicht. Diese Richtlinien stellen nichts anderes dar als eine revo= lutionäre Phraseologie, die unhistorisch und un­marristisch ist und mehr zur Verwirrung der Arbeiterklasse und des Klassenkampfes beiträgt, als irgendwie nügen fann. Schon die Voraussetzungen, die in den Richtlinien gegeben werden, sind durchaus unhistorisch und verwirrend. Sie ent­sprechen wohl den immer sich wiederholenden Phrasen der ommunistischen Partei vom nahen Zusammenbruch, aber fie entsprechen in feiner Weise den tatsächlichen Verhält­nissen. Es ist nicht wahr, daß in fast allen Ländern, wo es eine bedeutende Arbeiterbewegung gibt, die Arbeiterklasse vor einer Reihe erbitterter Kämpfe mit der Waffe in der Sand steht. Diese unrichtigkeit ist aber die Grundlage, auf der sich die ganzen Richt linien aufbauen. Somit fallen eigentlich diese Richt: linien in sich selbst zusammen. Es ist immer das eigenartige der Kommunistischen Partei gewesen, daß sie den Massen et­was vorgaufelte, was ohne auch nur die geringste tatsäch­liche Unterlage war. Sie hat bisher nichts anderes getan, als Verwirrung in die Massen getragen. Und gerade dem ist es zuzuschreiben, daß, weil sich ihre Voraussetzungen nicht erfüllten, auch in ihren Reihen immer neue Spaltungen ein­getreten sind, so daß die Kommunistische Partei  , soweit Deutschland   in Betracht kommt, nur noch aus einer Reihe sich gegenseitig widerstreitender 3ellen" besteht.

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Man muß daher lächeln, wenn die Kommunistische Partei  in feder Anmaßung von sich sagt, daß sie der vor­geschrittenste, klassenbewußteste und der revolutionärste Teil der Arbeiterklasse sei. Mit solcher Anmaßung schaut die Kommunistische Partei   naserümpfend auf den Blebs der ge­samten anderen Arbeiterbewegung herab und hält sich für berufen, mit ihren Verworrenheiten und un­flarheiten die gesamte Arbeiterklasse zu leiten. Sie glaubt, in ihren Händen müsse die Diktatur über die gesamte Arbeiterbewegung liegen und sie könne die Millionen Arbeiter, die wirklich sozialistisch, revolutionär und klassenbewußt sind, in preußischem Kommandostil kom­Weil die Kommunistische Partei   nicht eine Parteider Masse ist, weil sie in gewisser Be= ziehung die Masse der Arbeiterschaft mit derselben Arroganz behandelt, wie das

mandieren.

Dombsty, ist am Dienstag in Warschau   eingetroffen. Die Der Vorsitzende der polnischen Friedensdelegation, Frage des Ortes der näheren Verhandlungen war bis gestern noch nicht entschieden.

Troyki über die außerpolitische Lage

DA. Moskau, 1. September. Trozti hat dieser Tage in der Versammlung der Genossen­schaften und Betriebsräte über die außenpolitische Lage gesprochen Lage. Entweder beachtet Polen   die Lehre, die es erhalten hat, verzichtet auf die Fortsetzung der Eroberungsversuche und wird sich bewußt, daß Mostau etwas weiter als Warschau   von Brest  - Litowst entfernt ist, und erstrebt einen baldigen Frieden, oder wird Polen   wieder, auf den Weltimperialismus gestützt, versuchen, das Kriegsglüd zu erproben, um Sowjetrußland zu er­würgen. Im ersten Falle wird Bolen eine gerechte Rechnung über die vielen Menschenleben erhalten, die durch den polnisch­russischen Krieg vernichtet worden find. Im anderen Falle aber werden die Arbeiter- und Bauernrepubliken Rußland und Ukraine  alles aufbieten, was sie an Kampfträften und Kampf­mitteln befizen, um die rote Fahne der proletarischen Revolution auch in Warschau   aufzurichten.

Die Lage an der Ostfront

HN. Mostau, 2. September,

unsere Abteilungen etwas nach Osten zurü d. Abschnitt Lemberg: Unter dem Drude des Gegners gingen

An der Krimfront, in den Abschnitten Beroslaw und nädigen Widerstand leistet. Ore chow, fämpfen unsere Truppen mit dem Gegner, der hart­

Budjennys Rückzug

Königsberg, 2. September.

Jm Suwaltigebiet ist seit dem Einmarsch der Polen   die Lage unverändert. Bei Filipowo, an der deutschen   Grenze, sind polnische Patrouillen aufgetreten. Nördlich von Sokolta finden Kämpfe mit schwachen russischen Nachhuten statt. Die neue Offens begegnet erfolgreicher polnischer Abwehr. Die Armee Budjenny's selbst ist durch Flankenumfaffung aus der Richtung Grabowiece und nordwestlich von Tomaszow in bedrängter Lage und hat den Rüdzug eingeleitet.

In der Gegend von Lemberg   befinden sich die Bolschewisten nördlich der Bahn Lemberg- Brody im Rückzuge.

Die Streiklage in Stuttgart  

TU. Stuttgart, 2. September. 1 Der Generalstreit geht weiter. Die unter dem Vors sitz der Regierung geführten Verhandlungen haben zu feinem Ergebnis geführt, da die Arbeitgeber sich weigerten, mit dem Attionsausschuß zu verhandeln, der als eine vorübergehende Ers Scheinung und nicht als Vertretung der Arbeiterschaft anzusehen sei. Die Arbeitgeber erklärten sich aber bereit, mit den Gewerks schaften und einer von den Arbeitern der geschlossenen Betriebe gestern nachmittag abgehaltene Vollversammlung der gewählten Kommission die Verhandlungen fortzusehen. Eine. Betriebsräte, die einen stürmischen Berlauf nahm, hat bes schlossen, den Aktionsausschuß aufzulösen, und die Weiters die Hände der Gewerkschaften zu legen. Im Lande draußen ist der Streit im Abflauen begriffen.

Die feindlichen Versuche, eine Offensive zu beginnen, sind Dereiteft. Der Feind juchte die Offensive zu erreichen, indem scheinen zu vergessen, daß fie bei ihrem Rückzug von der Beresina er über den Bug fegte. Die Gefechte dauern fort. Die Polen  nach der Weichsel   viele Gefangene und Geschüße verloren haben. Die bolichewistische Armee war lehthin gezwungen, eine bestimmte Strede zurückzuweichen, aber ihre Kraft ist eineswegs ge= brochen. Sie verfügt über unerschöpfliche Reserven und Hilfsführung des Streiks sowie die Fortführung der Verhandlungen in quellen. Die rote Armee hat nach vorübergehenden Rückschlägen noch genügend Kräfte, um sich für einen neuen durchschlagenden

würde doch der Kritik ausgesetzt sein und könnte unter Um­ständen trotz aller Vorbeugungsmaßnahmen eines Tages seines Amtes entsetzt werden. Ein illegales Parteizentrum, natürlich nie der Kritik ausgesetzt werden und kann auch nie wegen seiner Dummheiten zur Rechenschaft gezogen werden. Der proletarische Befreiungstampf ist aber nicht eine Sache, die sich unter Ausschluß der Oeffentlichkeit vollzieht. Und all das revolutio­näre Gerede von Illegalität und militärischer Disziplin ist im Grunde genommen nur eine Nachäffung früherer bürger licher Revolutionsmethoden, die unsere großen Theoretifer des Sozialismus glaubten überwunden zu haben, indem sie mit aller Entschiedenheit dafür eintraten, daß die Arbeiter­bewegung aus der Periode der geheimen Verschwörungen heraustam und zu einer großen Wassenbewegung wurde. Die Anerkennung der Richtlinien der Kommunistischen Partei durch die Unabhängige Sozialdemokratie würde geradezu bedeuten: Unsere Partei als Massen partei zu vernichten und zu einer Sefte zu machen, die sich sehr bald in hundert andere Sekten zer­spalten und zergliedern würde. Es gibt ja leider in unserer Partei Genossen, die innerlich ihr Jdeal erbliden in der Kommunistischen Partei. Ihre Pflicht als ehrliche Menschen

sie auch zu Mitteln greifen, um die Ar= beitermasse zu gängeln und zu zügeln, die alles andere sind als revolutionär, sozia wäre es gewesen, aus unserer Partei zu scheiden und sich den listisch und freiheitlich. Wenn eine kleine Minder­heit der gesamten Arbeiterbewegung befehlen will, braucht le selbstverständlich einen eisernen Zentralismus, der jede Selbständigkeit und Freiheit der Persönlichkeit und ebenso aufhebt. Gie muß eine tirchliche oder militärische Unter­würfigkeit vor dem Parteioberkommando fordern, das von vornherein jeden Widerspruch ausschaltet.

inneren Wesen dazu kommen, daß sie neben dem legalen Parteizentrum noch ein illegales schafft, in dessen Hände alle

um wenigstens einen Teil davon in das fommunistische Lager zu überführen. Ob ihnen das gelingt, ist zweifelhaft. Aber mit aller Deutlichkeit muß gesagt werden, daß unsere Partei niemals die kommunistischen   Grund= läge als die ihrigen anerkannt hat. Wenn sie sich im Leipziger   Aftionsprogramm auf den Boden der Dif­tatur des Proletariats und der Räteherrschaft gestellt hat, so hat sie dabei nicht an jene spießbürgerliche Auffassung von Dittatur gedacht, wie die Kommunisten. Sie hat nicht baran gedacht, daß die Diktatur einer Partei über die Ar­

die Herrschaft der Arbeiterklasse herbei geführt werde, um die Produktionsmittel aus dem Be fiz der Privatkapitalisten in den Besiz der Allgemeinheit zu soziale und politische Gleichheit zu verwirklichen und damit

eine sozialistische Demokratie aufzurichten.

Die Unabhängige Sozialdemokratie ist die revolutionäre, sozialistische Partei; thr Attionsprogramm, das sie sich in Leipzig  gab, fonnte die Richtlinien abgeben für eine wirtliche revolutionäre, fozialistische Internationale. Das vermögen die Richtlinien der kommunistischen   Partei und der Mostauer Internationale in feiner Weise. Durch diese Richtlinien würde das Zu­standekommen einer wirklich sozialistischen und revolutio nären Internationale verhindert werden. Das müssen die Parteigenossen mit aller Klarheit erkennen, dann werden sie die richtige Stellungnahme zur Moskauer Internationale finden.

Unsere Partei wird, und das wird das Gute sein, was uns jetzt Mostau beschert hat, als revolutio= näre, sosialistische Partei die Scheidelinie zwischen sich und der kommunistischen Para tei, als einer spießbürgerlichen und daher reaktionären Partei, strenger als bisher ziehen müssen. Sie wird innerlich geschlossener, sie wird zielflarer werden, und sie wird endlich in ihrer Sal tung und Tattit jich losmachen von dem vers ächtlichen Hinüberschielen nach der Kom­munistischen Partei, deren 3ungenradika ismus man glaubte nachahmen zu müssen. Nochmals sei es gesagt: Nicht die Kommunistische Partei  , sondern unsere Partei, die u. S. P. D., ist berufen, dem internationalen Proletariat jene programmatischen und tat­tischen Richtlinien zu geben, die allein eine revolutionäre, eine sozialistische und aktionsfähige Internationale aufs

eigentliche Macht gelegt ist. Denn ein legales Parteizentrum beiterklasse aufgerichtet werden soll. Sie fämpft dafür, daß bauen können.

MHEAS

BES

et

ไร

WRREGAPRASELEREN

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