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Freitag, 3. September 1920
Nummer 365
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Abend- Ausgabe
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greiheis
Die
Friedensverhandlungen gesichert
Ein Warschauer Havastelegramm besagt, Tschitscherin habe in einem Funtspruch an den polnischen Minister des Aeußern der Verlegung der Verhandlungen von Minst nach prechenden Bol I macht en versehene Abordnung zum A b- schluß eines Friedens und eines gerechten Waffen#tillstandes entsenden wolle. Joffe wird Führer der
ruffischen Unterhändler in Riga sein.
Britische Antwortnote nach Moskau
HN. London, 3. September.
Die britische Regierung richtete eine Antwortnote an Moskau, in der der Vorschlag zur Errichtung eines Arbeiter. heeres in Polen, wie ja auch bereits von Rußland, abges lehnt wird. Die britische Regierung betont, daß die Sowjetregies zung diese Absicht zur Irreführung der britischen Regierung ge heimgehalten habe.
tember
Die Kriegslage
ZU. Warschau, 8. September. Bolnischer Frontbericht vom 8. September( Amtlich). Am 1. Sep marschterten unsere Abteilungen in Suwalti ein. Auf ber Linte Sotolla- Brest- Litowst und längs des Bng teine Ber änderung. Nach der gestrigen Niederlage sucht sich Budjenny An der Südfront griff der Feind mehrere Male Bust an. mit den Resten seiner Armee in nordöstlicher Richtung zurückzuziehen. Angriffe wurden jedoch abgeschlagen. Längs der Gnila Lipa und des Dnjestr nur örtliche Kämpfe.
TU. Wien, 8. September.
Die
Aus Krakau wird gemeldet: Die durch die schwere Niederlage Budjennys vor Bamocz hervorgerufenen Gerüchte von einer BeSchießung Przemysla find falsch. Es Itegt eine Berwechslung mit Przemyslany vor, wo schwere Kämpfe stattfanden. Bei Cholm worden. Die Polen stehen bet Grodno.
Der polnisch- litauische Konflikt
Eine litanische Note
Die hiesige litauische Gesandtschaft übersendet uns die folgende, an die Regierungen des Deutschen Reiches, ber Entente und der neutralen Länder gerichtete Protestnote der litauischen Regierung gegen das Vorrüden der Polen in Litauen:
Ms die Polen während ihrer Gegenofensive nach Norden vorrüdten, sandte die litauische Regierung am 27. Auguft eine Note nach Warschau, worin sie vorschlug, zur Vermeidung jedes Konfliktes zwischen den polnischen und litauischen Truppen eine provisorische Demartationslinie festzulegen. Fast zur selben Zeit tam eine militärische Delegation aus Warschau in Kowno an, um über die militärischen Fragen zu verhandeln und in erster Reihe eine Demartationslinie zu bestimmen. Die Ittauische Regierung glaubte an die gute Absicht der polnischen Regierung um so mehr, als die Polen wiederholt und erst kürzlich auf der Konferenz in Riga am 23. Auguft erklärt hatten, daß Bolen allezeit von dem Wunsche beseelt gewesen sei, eine freundschaftliche Lösung der strittigen Fragen, die zwischen Polen und Litauen bestehen, zu finden, und daß selbst in dem Fall, wo die direkten Verhandlungen zu feinem endgültigen Resultat führen sollten, Bolen geneigt wäre, die zwischen ihm und Litauen bestehenden Streitigkeiten durch andere friedliche Mittel, wie sie von zivilisierten Rationen angewendet werden, ohne Zuhilfenahme der Waffen, zu schlichten. Die Polen, die auf die Note vom 27. August nicht geantwortet haben, führen die angefangenen Berhandlungen nicht zu Ende, sondern haben heimlich Truppen in der Gegend von August owo tonzentriert und ganz plöglich am 30. Auguft mit beträchtlichen Streitkräften schwache litanische Abteilungen, die den Kanal von Augustowo bewachten, ange griffen. Ueberrascht von den überlegenen polnischen Streitträften wurden die Litauer gezwungen, sich auf Kalvarija zurüdzuziehen, nachdem sie Tote und Verwundete verloren hatten. Oben angeführte Tatsachen beweisen flar genug, daß die polnische Regierung, während sie freundschaftliche und friebliche Absichten Litauen gegenüber heuchelt, versucht, litauisches Territorium mit Waffengewalt zu besetzen. Angesichts dieser Tatsachen bleibt Litauen nichts weiter übrig, als sich durch alle möglichen Mittel zu verteidigen und eine neue polnische Invasion zu verhindern. Das Blutvergießen könnte nur dann aufgehalten werden, wenn die Polen fich zurüdzögen, bis eine Demarkationslinie im Einvernehmen mit der litauischen Regierung festgelegt worden ist.
Polnisches Bordringen gegen Lettland
HN. London, 8. September.
Bon offizieller lettländischer Seite wurde heute folgende Depesche aus Kowno veröffentlicht: Die Polen haben die Letten beim Augustowo- kanal angegriffen und ihnen schwere Verlufte beigebracht. Suwaltt, öflich von Augustowo, wurde von den Bolen besetzt. Eine vollständig ausgerüstete polnische Division marschiert in Richtung Setnai() auf.
Der Sieg des Proletariats über alles!
Bon Paul Schwent.
Man mag zu der Frage des Anschlusses an die drikke Internationale stehen wie man will, die Tatsache wird vont allen anerkannt werden müssen, daß die Moskauer Thesen und die Aufnahmebedingungen zu einer flaren, unzweideutigen Stellungnahme geradezu zwingen. Das ist in der Ge schichte der deutschen Arbeiterbewegung allerdings ein biss her unerhörter Fall. Stets scheute man bei uns vor einem unausweichlichen Entweder oder zurück. Noch immer, auch auf dem Leipziger Parteitag noch, begnügten wir uns mit dehnbaren und verwaschenen Beschlüssen, die dem„ wie ich es auffasse" jeden nur denkbaren Spielraum gewährten. Mit solcher Praxis sind entscheidende Machtkämpfe nicht zu gewinnen. Das scheint manchen unter uns trotz der bitteren Lehren seit November 1918 noch nicht klar geworden zu sein. er jedoch zu dieser Erkenntnis gekommen ist, wird die Mos fauer Beschlüsse begrüßen und sich nicht weiter über das " Diftat von Mostau" entrüsten. Wenn etwas beschämend ist, so doch nur die Tatsache, daß wir nicht längst von selbst bei uns verwirklichten, was die Notwendigkeiten revolutio närer Zeitläufe erheischen. Diese Notwendigkeiten sind das Entscheidende. Der ganze Fragentomplex, vor den wir durch den 2. Kongreß der 3. Internationale gestellt worden sind, gipfelt doch legten Endes in der Kardinalfrage: erfordert die Situation, in der das Weltproletariat sich befindet, den fofortigen Anschluß aller noch abseits stehenden revolutio nären Parteien an die dritte Internationale oder nicht? müssen wir diese Frage bejahen- und keiner wird sie ver neinen wollen dann ist alles andere von untergeordneter Bedeutung. Der Sieg des Proletariats über
alles.
Hier wird eingewendet werden: Warum machte sich der Moskauer Kongreß bzw. das Erefutipfomitee diese Parole nicht zu eigen? Würde dies nicht einen viel eher anzuerken. nenden Weitblid offenbart haben? Ich sage: Rein! Lenin, Trotki usw. besitzen Scharfblic genug, um zwei Tatsachen genau zu wissen. Die eine ist die, daß mit zunehmender revo lutionärer Entwicklung der Schwerpunkt der Internationale, der sich vorübergehend nach Rußland verschoben hat, wieder nach dem Westen, vermutlich also nach Deutschland fallen wird. Die zweite aber ist die, daß der stärkste Träger der ihrer geistigen Einstellung nach, noch in ihrer Organisations Weltrevolution in Deutschland, die U. S. P., heute weder voll gerecht werden zu können. Unter diesem Gesichtswinkel form Gewähr dafür bietet, ihrer weltgeschichtlichen Mission gesehen, gewinnen die Bedingungen schon ein ganz anderes Aussehen. Ein jeder muß die Empfindung haben, wenn er nur unvoreingenommen die Bedingungen in dieser Hinsicht nicht schon längst im revolutionären Kampfe als unabweis bares Gebot aufgedrängt hätte. Lehnen wir unsere Um stellung nach dieser Richtung heute den Parteipäpsten" in Mostau ab, wird uns morgen der unerbittliche Gang der Entwicklung dazu zwingen. Und es scheint mir in der Tat eines Revolutionärs würdiger, mit weitschauendem Blic fühn voranschreitend das Kommende vorzubereiten, als fich träge vom Strom des Weltgeschehens treiben zu lassen, un willig darüber, wenn einem dann unversehens einmal eine Sturzwelle rauh und fassungslos herumwirbelt.
Neue Schießereien in Frankfurt a. M. Lehren näher eingehen. Es with abzuwarten fein, in welcher überprüft, daß in ihnen nichts gefordert wird, was sich uns
Frankfurt a. M., 3. September.
Das infolge der Borkommnisse einberufene Gewerkschafts. lartell hat mit 83 gegen 20 Stimmen den Eintritt in den Ge neralstreit abgelehnt. 3u neuen Zwischenfällen ist es Donnerstag abend am Eschenheimer Tor gekommen, wo ein Trupp junger Leute in das Voltsbildungsheim eindrang, Sie forderten die Auflösung der Versammlung und besetzten die Eingänge. Als die Besucher den Saal verließen, mußten einige bie
ehr eintraf, ob die Menge, die sich inzwischen angesammelt hatte, auseinander. Es wurden einige Schüsse abgegeben, doch steht noch nicht fest, ob jemand verlegt wurde,
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Mitbestimmend für die Ablehnung des Generalftreffs war eine Mitteilung des Oberbürgermeisters, daß die Regierung für die Er Iwerbslosen 35 Mill. M. bewilligt habe, die auf das Reich verteilt würden. Frankfurt a. M. wird aus eigenen Mitteln 2% Millionen Mart zuschießen. Die Gelder sollen zur Beschaffung von Seizmaterial und Bekleidungsstüden, aber auch als bare Beihilfen für solche Erwerbslose Verwendung finden, die länger als 20 Wochen außer Arbeit sind.
Beilegung des Streiks in Württemberg?
TU. Stuttgart, 3. September. Die Berhandlungen der Arbeitgeber mit den Arbeit nehmern über die Beilegung des Generalstreifes nehmen einen guten Fortgang und es ist, wie verlautet, trog der Weige rung der Daimler Werte, sich an den Verhandlungen zu bes teiligen, heute eine Einigung zu erwarten. Die Regies rung erklärte, sie werde ihren Einfluß geltend machen, daß die DaimlerWerke sich den Abmachungen anschließen. Die Firma Daimler fordert die Frage der von ihr beabsichtigten Betriebsein
Schränkung
mit
der Generalstreitfrage zu verbinden und sie verharrt
barauf, die Hälfte der Belegschaft, etwa 4000 Arbeiter, night wieder einzustellen. Die Firma ist wegen ihres abweichenDen Standpunttes aus dem Metallindustrieverband ausges
versuche sind unterblieben.
Wir werden demnächst auf den Streit in Württemberg und seine Richtung sich der„ Einfluß" der Regierung auf Daimler be wegen wird.
London, 2. September. Reuter meldet: Es braucht nicht angenommen zu werden, daß der Beschluß der Bergleute, die Streiferklärung abzugeben, be bentet, der Streit sei unvermeidlich. Die Kündigungen werden nicht vor dem 25. September fällig sein, und inzwischen fann viel geschehen, es wird zwar erklärt, daß es von seiten der Bergleute tein Entgegehtommen und tein kompro mis gebe, doch hält man es für sicher, daß die anderen Gewerkschaften, besonders der Barlamentsausschuß des Gewett schaftskongresses, der heute abend in Portsmouth zusammen tritt, verzweifelte Anstrengungen machen werden, um den Frieden zu erhalten.
Aufschub
HN. London, 8. September. Die Broklamierung des Bergarbeiterstreits ist um fünf Tage verschoben worden.
Der rasende Terror
Das Kabinett Karolyi unter Anklage TU. Budapest, 8. September.
Ein großer Teil der Regierungspartet stellt die Forderung auf, daß die Mitglieder bes ehemaligen Kabinetts Rarolyi unter Anklage gestellt werden. Den Anlaß gibt bie im Tiszaprozeß abgegebene Beugenaussage des gewesenen Kriegsministers Barta, Der bekanntlich die scharfften Anklagen gegen das Kabinett Karolyi erhoben und behauptet hat, daß Ungarn nur infolge der Berzichtleistung des Grafen Karolyi so großer Gebiete verlustig gegangen sei. In allernächster Zeit dürfte die Nationalversammlung in aller Form bestimmen, den Grafen Karolyi und die Mitglieder feiner Regierung unter Anklage zu stellen.
Ungarische Auslieferungsanträge abgelehnt TU. Wien, 3. September.
Das Oberlandesgericht Wien hat hinsichtlich mehrerer ungarischer Volkskommissäre und ihrer Untergebenen, deren Auslieferung von der ungarischen Regierung
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Das muß insbesondere auch den Genossen gegenüber bes tont werden, die über die geforderte straffe Bentralisation zetern. Sie müssen zwar zugeben, daß in der Aktion eine andere Organisationsform gar nicht möglich ist, ja, daß fann unter Umständen sogar an Einzelpersonen unbeschränkte Vollmachten erteilt werden müssen, denen sich alle in eiserner Disziplin unterzuordnen haben; aber sie bestreiten, daß wir schon so weit seien. Da frage ich: Ist es denn nicht richtiger, von vornherein die Organisation auf tommende Kämpfe einzustellen, die, das liegt in der Luft, sicher nicht mehr lange auf sich warten lassen werden? Wenn es erst soweit" ist, dürfte es zu unserer Umstellung zu spät sein. Wir sollten uns feinen Augenblid besinnen, die Erfahrungen unserer russi schen und ungarischen Klassenkämpfer zunuze zu machen, die in den Beschlüssen von Moskau ihren Niederschlag gefunden haben. Wir dürfen ruhig sagen, die meisten Schwierigkeiten erwuchsen ihnen daraus, daß sie teine Zeit hatten, genügende organisatorische Vorbereitungen zu treffen. Und wem dies nicht genügt, der sollte sich dann wenigstens von den Orgeschleuten usw. mit der Rase auf den ungeheuren Wert rechtzeitiger Vorbereitungen stoßen lassen.
Noch itnensiver ist aber das Zetergeschret darüber, daß die Autonomie der Partei angetastet werden soll. Es wird sogar von Selbstmord geredet. Bunächst ganz allgemein: falls es der Befreiungskampf des Weltproletariats erforderte, die Selbständigkeit der Parteien der einzelnen Länder pollständig aufzugeben, müßte sie ganz ohne Frage geopfert werden, denn noch einmal: der Sieg des Proletas riats über alles.
Aber so steht die Frage gar nicht. Nur soweit international einheitliches Handeln erforderlich ist, muß endlich und begehrt worden ist, beschlossen, dem Auslieferungsantrage radikal mit dem verhängnisvollen Zustande gebrochen wer
keine Folge zu leisten.
den, daß jede einzelne Partei jedes einzelnen Rendes tun