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Sonnabend, 4. September 1920
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Nummer 366
• Morgen- Ausgabe
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greiheit
Arbeiter, bleibt wachsam!
Die Antworten, bie wir auf unser Manifest empfingen, vor
In Berfolg unferes Aufrufs vom 7. Auguft haben mehr. fach Berhandlungen mit der Regierung stattgefunden. In ber Berhandlung mit der Reichsregierung am 23. Auguft wurde uns zugefagt, daß die Brüfung der Waffens und Munitionstransporte unter entscheidender Mitwirkung der Bertreter der Arbeiterschaft erfolgen soll.
Ju Widerspruch mit diesen Vereinbarungen hat der Reichsverkehrsminister Gröner Verfügungen erlassen, durch welche diese Mitwirtung der Arbeiterschaft ausgeschaltet werden soll. Wir erhoben gegen diese Verfügungen sofort Einspruch und verlangten ihre Zurüdnahme. Der Reichss verkehrsminister Gröner lehnte aber ab, uns zu empfangen. Auch der Reichstanzler fand sich zu entscheidenden Berhand lungen mit uns nicht bereit, weil in der Sigung des par: lamentarischen Beirats und des Entwaffnungskommisjars am 4. b. M. eine Neuregelung der Transportprüfungen be Ichlossen werden soll.
Wir wissen nicht, welche Beschlüsse der parlamentarische Beirat fassen wird. Deshalb fordern wir die Arbeiterschaft auf, auch weiter wie bisher gemäß unserem Aufruf vom 7. Auguft zu verfahren.
Führen die Anordnungen des Verkehrsministers zu Mak regelungen, so fönnen die Eisenbahner sicher sein, daß die organisierten Arbeiter geschlossen hinter ihnen stehen. Berlin , ben 3. Geptember 1920.
Für den Allg. Deutschen Gewerkschaftsbund: Graßmann. Für die S. P. D.: Weinschild.
Für die U. S. P. D. : Rosenfeld .
Für den Deutschen Eisenbahner- Verband: Brunner. Für den Deutschen Transportarbeiter- Verband: Bender.
An die Transportarbeiter und Eisenbahners organisationen aller Länder!...
Kameraden!
Das Erefutivlomitee ber Internationales Trans portarbeiter Föderation fonstatiert mit großer Be friedigung, bak feinem in dem Manifest an die Transportarbeiter, Seeleute und Eisenbahner gerichteten Appell, die Beförderung von Waffen und anderem Kriegsmaterial, das dem Kampf ber Reattion gegen das ruffische Bolt bient, zu weigern, non ben ber 3. 2. F. angeschlossenen Organisationen Folge geleitet wurde, als wäre es ein dringender Befehl
Wie die Neutralität nicht sein soll Bon der Kontrolltommission für Waffen, Munitions= und Truppentransporte wird uns berichtet:
Am Samburg- Lehrter Bahnhof( Versandabteilung) find aufgegeben 6 Kiften Parabellumpistolen mit Munition, Zeich nung der Kisten 2 DT 4783. 1-2, 4784. 1-2, 4785. 1-2. Empfänger ist Prinzin" Herbesthal, Bestimmungsstation Aachen, Abs. Spediteur Roch, Röpenider Str. 54, im Frachtbrief als Absender deflariert Abtlg. West- Europa.
Güterabfertigung Spandau , 3 Kisten optische Geräte nach Schneidemüht, Absender 3eugamt Spandau , Französische Militärtommiffion.
Bahntelegramm: An: Bf. Bw. und M A von Münster Lg bis Curhaven Bf. und Bw. Geeftemünde West. Fahrt- Nr. 52140 mit 54 Wg. 18 Offa. 358 Mann 30 Pf. 46 Fahrz. 14 Fahrrd. 1 Wg. Gepäd, 4 Küstenwehr. Ab Münster Lg. 2. Sept. 12.05 vorm. F. M. 335 bis Bremen ,& M 201 bis Geeftemünde- Bremerhaven& M 811 Ziel Curhaven. Erforderlich 1 Offz., 8 Mann, 10 Pf., 28 F. 16 am 1. 9. 2 nahm. Unterschrift D H A 32 unleserlich.
am
des Reichsverkehrs: Trog ber Telegrammbriefe ministers an die Eisenbahndirektionen haben die Betriebsräte Die heute folgende Entschließung angenommen: 31. Auguft im Gewertschaftshaus tagenden Betriebsräte der Cisenbahndirektion Berlin , der Werkstätten und der Betriebss werkmeistereien des Deutschen Eisenbahnerverbandes Tegen schärfften Protest ein gegen die Erlasse des Reichsverfehrsministeriums, wonach die Kommissionen zur Ueberwachung ber Truppentransporte aufgehoben werden sollen. Die Betriebsräte werden sich auch durch Drohungen mit Entlassung nicht einSchüchtern lassen, sondern die Truppentransporte, Waffen, Munitions- und Kriegsgeräte nach wie vor anhalten, bis bie Reigstommiffion die Transporte erlaubt.
arbeiter in den verschiedenen Ländern, beweisen, daß der Aufruf der J. T. F. den Arbeitern aus der Seele gesprochen war und das, was das Egefutivlomitee verlangte, nur dem entsprach, was in den Herzen und Köpfen des Transports arbeiterproletariats aller Länder lebt.
Soweit wir die Sachlage beurteilen fönnen, ist die Arbeitss weigerung allgemein, sobald es sich um die Beförde rung und Berladung von Kriegsmaterial handelt. Ueberall ers greifen die Transportarbeiter ohne Zögern Partei gegen die Realtion, gegen ben Militarismus, gegen ben
Rapitalismus.
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In zwei heute eingelangten Telegrammen des Attions. fomitees der britischen Arbeiterbewegung und des Vorkandes der englischen Transportarbeiter organisation, legteres unterzeichnet von Robert Wil. liams, Sarry Gosling und Ernest Bevin , werden wir ersucht, ben beutschen, französischen, belgischen, österreichischen, tschechoslowakischen, italienischen, holländischen und anderen Trans port und Eisenbahnarbeitern, die sich der Beförderung von Kriegs material zu Gunsten des internationalen Kapitalismus gegen Sowjetrußland so erfolgreich widersehen, die herzlichsten Glückwünsche zu übermitteln.
Es gereicht uns zur Frende, diese Glückwünsche allen Transports und Eisenbahnarbeitern vermitteln und unsererseits den Glüds wunsch und den Dant des Egetutiotomitees der 3. T. F. an alle bie Arbeiter nicht zulegt an die britischen hinzufügen zu Lönnen, bie in jo vorbildlicher Weise ihre internationale, sozialisti
she und revolutionäre Pflicht erfüllen.
Kameraben!
3hr habt bis jetzt wie ein Mann- und dies in einzelnen Ländern unter äußerst schwierigen Umständen Ländern unter äußerst schwierigen Umständen der internatios nalen Barole Folge geleistet. Wir danken Euch dafür, ersuchen Euch aber gleichzeitig wajam zu bleiben und in Eurer prachtvollen Saltung auszuharren, bis ein gerechter Friede geflossen und die Gefahr eines neuer lichen Weltfrieges abgewendet ist.
Bleibt wachsam!
• Berweigert auch weiter jeglichen Transport von Kriegsmaterial! Transportarbeiter, Seeleute und Eisenbahner aller Länder, bleibt vereint und einig in dem glorreichen Kampf gegen Realtion, Militarismus und Kapitalismus !
Für das Exekutivkomitee der 3. 2. J. Cbo Fimmen, Sekretär.
Ferner wird uns mitgeteilt:
Die Kontrollfommiffion Berlin- Brandenburg hat sich in der gestrigen Gigung dahingehend ausgesprochen, daß die Kontrolle der Waffen-, Munitions- und Truppentransporte entsprechend dem Aufruf des Internationalen Gewerkschafts bundes der Reichstontrollfommissionen weiter durchzuführen ist.
Waffenschiebungen
Gestern ist dem Zentralverband der Fleischer aus Bolligig bei Mejeris eine Nachricht zugegangen, die Mitteilung macht über einen eigenartigen Geschüttransport, der in der Nacht vom 24. zum 25. Juli und am Montag, den 30. Juli zur Ausführung gelangte. Der Transport der Geschüße geschah mittels Autos, passierte die Straße Bolligig nach Betsche und fuhr weiter in den 8000 Morgen großen, bem Grafen zu Dohna von Hiller- Gerdingen gehörigen Wald. Hier liegt an Jheinend eine Waffenschiebung oder Waffen hinter ziehung vor; denn zur Beruhigung der bortigen Bevölkerung ist das Gerücht verbreitet, es stände ein Angriff der Polen bevor.
Was denkt der Entwaffnungskommissar zu tun?
Der württembergische Streik
Der Generalstreit ist beenbet, die Arbeit wird Montag wieder aufgenommen. Die Versammlung der Betriebsräte hat die zwischen den Unternehmern und Arbeitern im Beisein der Regierung getroffenen Ber einbarungen noch anzuerkennen. Die Daimler Werte blieben den Verhandlungen fern. Alle Streifenden und Ausgesperrten, die sich keine schweren Verfehlungen haben zuschulden tommen lassen, werben wieder eingestellt, bie Streiftage werden nicht bezahlt. Von der leztgenannten Entscheidung hat die Kommission lediglich Kenntnis ge= nommen und will die Entscheidung der ordentlichen Ge richte und des Landtages herbeiführen.
Der nachfolgende Artikel, der uns bereits am 1. Gep tember geschrieben wurde, verdient trop der Beendi gung der Bewegung ernsthafte Beachtung.
Will man das Wesen des Kampfes verstehen, den die würt tembergische Arbeiterschaft jetzt führt, so muß man unterscheiben zwischen den wahren Ursachen und jenen Anlässen, die von der Regierung mit Vorbedacht in den Vordergrund geschoben werden.
Es ist richtig, daß der Steuerabzug hier in Württemberg die Massen weit mehr erregt und das politische Leben weit die Arbeiter der Großbetriebe waren von dieser Bewegung stärker beeinflußt hat, wie in Norddeutschland. Besonders ergriffen. Es ist aber unwahr, daß die Regierung deswegen zu jenem Gewaltstreich schreiten mußte, den sie am Donners tag voriger Woche durch die Schließung und militärische Be segung ber brei Großbetriebe( Daimler, Bosch, Eglinger Maschinen- Fabrit) Stuttgarts ausführte. Es handelt fich hier, und das haben besonders die inzwischen geführten Ber handlungen mit der Streifleitung und Regierung für jeden deutlich erkennen lassen, um einen Anschlag der Unternehmer, besonders des Kommerzienrats Berge von der D. M. G gegen die Arbeiterschaft. Man will die Gelegenheit benutzen, um die Arbeiterschaft zu„ fieben". Man will Be triebseinschränkungen großen Stils durchführen, fürchtet aber bei normalem Verlauf die Erregung der Arbeiterschaft. So fuchte man nach einem politischen Anlaß und benutzte die Bewegung gegen den Steuerabzug.
Die Erregung der Arbeiterschaft ist begreiflich. Die Kampf lage war nicht günstig, da die Regierung geschlossen mit dem Unternehmertum aufmarschierte und die Wirtschaftskrise die ökonomische Position der Arbeiterschaft schwächte. Dazu fam die unflare Verquidung von Steuerabzug und Aussperrung, die weiblich ausgenutzt wurde, um die öffentliche Meinung gegen die Streifenden zu beeinflussen und vor allem, um die Eisenbahner vom Streit fernzuhalten.
Es ist sehr zu begrüßen, daß im Laufe der Verhandlungen die Betriebsrätevollversammlung, die hier in Stuttgart in letter Instanz den Gang der Verhandlungen bestimmt, un zweideutig erklärt hat, daß der Kampf nicht um den Steuerabzug, sondern um die restlose Wiedereinstellung der ausge sperrten und der am Generalstreit Beteiligten geht. Selbst die von der Regierung gestellte Forderung, daß jeder einzelne Arbeiter sich schriftlich verpflichten soll, dem Steuerab zug sich nicht zu widersehen, hat die Betriebsräteversamm Iung am gestrigen Dienstag zugestimmt. Allerdings mußten fie fich dem Verlangen der Regierung, den Aktionsausschuß nicht anzuerkennen, für die Regelung der Wiedereinstellung und der damit zusammenhängenden Fragen, stritte ablehnend verhalten. Das Bestreben, diese Kernfrage den Gewerk schaften der einzelnen Berufe zuzuschieben und so die Verhandlungen zu zersplittern, ist nur zu durchsichtig. Die Regierung will die Bewegung zerfasern und sie gibt vor allem bislang in der Frage der Zurückziehung der Truppen vor Beendigung des Generalstreits nicht nach, sondern verlangt bei allen Schwankungen der Verhandlungen ständig zunächst Abbruch des Streifs, dann zurückziehung der Truppen. Wenn wir nur erst zu Hause sind, wird sich schon alles fins den", denkt das Unternehmertum und sein Vertreter, Mi nister Graf.
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So dauert der Generalstreit fort und er wird auf dem
Mailand , 3. September. Nach dem„ Corriere della Sera " haben die Sozialisten von Triest und Umgebung beschlossen, in den Generalftreit zu treten, der sich über ganz Venetien und Julien erstreden soll.
Laut einer Radiomeldung aus Rom hat der Verband der Metallindustriellen die Aussperrung für ganz Italien beschlossen. Der Arbeitsminister Labrioli hat zu vermitteln gesucht, jedoch sollen sich die Arbeiter ablehnend verhalten. Bei der Besetzung der Fabriken durch die Arbeiter tam es in Genua auf dem Oberowerfe zu 3usammenstößen mit der Polizei, bie non der Waffe Gebrauch machte. Ein Arbeiter wurde getötet, zwei schwer verlegt.
technische Rothilfe Gas und elektrische Beleuchtung funttio nieren. Die Straßenbahner streifen, die Industriebetriebe ruhen fast ausnahmslos. Unnötig zu sagen, daß die gelben Angestelltenverbände den Streit nicht anerkennen und ihm zu sabotieren suchen. Der lezte Beschluß der Betriebsräteversammlung wird aber die Hirsch- Dunder'schen und christ lichen Gewerkschaften vor die entscheidende Frage stellen, ob Sie sich dem Streit anschließen wollen oder nicht. Ihre Er klärung, den Streit nicht mitzumachen, weil es sich um den Steuerabzug handle, ist durch die Einwilligung, jogar die Einzelerklärung der Bereitschaft Zahlung zu leisten, hinfäl lig geworden. Sie müssen jeht für die Wiedereinstellung der Streifenden mitkämpfen oder sich als Schutztruppe des Unternehmertums offen bekennen. Nur durch Streitanschluß erhalten sie auch Vertretung im Aftionsousschuß.