Nr. 366 Beilage zur„Freiheit" Sonnabend, 4. September 1920 Schlußworte der Referenten Fortsetzung des Berichts aus der gestrigen Abend- Ausgabe.) Änttttttttms«Schlußwort lieber die sachlichen Meinungsverschiedenheiten liehe sich streiten, ober es läßt sich nicht leugnen, dak unter den deutschen Arbeitern Drohe Illusionen für Rußland bestehen, und daß sie dann, wenn sie nach Rußland kommen, wie aus dan Wolken ge-- lallen sind. Stoeckers Berichtigung in der„Freiheit" ist uN- Wichtig und irreführend. Unsere Diskussion hat nichts mit der Solidarität mit Rußland zu tun. Meine Artikel in der„Frei- heit" haben die volle Zustimmung des Berliner Eowjetvertreters gesunden. Auch S i n o w j e w sei damit einverstanden gewesen, daß die Illusionen der deutschen Arbeiter über Rußland zerstört werden. Die Auswanderung der deutschen Arbeiter nach Ruß- »nd schwäche Sowjet-Rußland. Denn wegen der Rücktransporte der Auswanderer werde Rußland seines einzigen Zahlung-- mittels, des Goldes, beraubt. Es ist erstaunlich, daß Stoecker zwischen„großen" und„übergroßen" Optimismus bei den Bol- schewiki unterscheide. Sowohl Stoecker als auch Däumig haben anerkannt, daß Otto Bauers Darstellung der russischen oppor- tunistischen Agrarpolitik richtig ist. Wer dem Opportunismus der Russen Verständnis entgegenbringe, der müsse auch die Schwierig- ketten bei uns anerkennen. Opportunismus sei die Anpassung an die Verhältnisse ohne Berücksichtigung der höheren Gesichtspunkte. Von solchem Opportunismus und Reformismus aber ist unsere Partei frei. Die Ver- fehmung als Opportunisten müsse deshalb endlich aufhören. Reformismus sei Handeln ohne den Willen zur revolutionären Umgestaltung. Die Diktatur eines einzelnen in der Partei sei schon von Mehring in seiner Geschichte der deut- schen Sozialdemokratie als unmöglich bezeichnet worden. Auch das Verlangen des Hinauswurfes von Führern habe m der Geschichte der deutschen Sozialdemokratie Vorläufer gehabt. Damals sei schon die Entscheidung für das Mitbestimmungsrecht der Massen gefallen. Daher oer Name„sozialdemokratlsche Partei, der Triumph des demokratischen über den diktatorischen Gedanken. Offen gesagt, ich halte Däumig nicht für fähig, eine große Partei zu führen. Genosse Ledebour hat schon auf Einzelheiten hm- gewiesen, die das beweisen. Dittmann bringt dafür weitere Bs- weise, die Däumigs Unfähigkeit zur Führung der Partei klar machen sollen. Er habe es abgelehnt, damals in das Knegs- ministerium zu treten, trotzdem er andauernd gebeten wurde, trotz- dem selbst Ebert, Ccheidemann und Landsberg Sumpathlen für chn hatten. Er sollte mit seinen militärischen Erfahrungen die Konterrevolution niederschlagen. Er ist mcht m die Bresche gesprungen, er hat seine Pflicht nicht getan. Trotzdem ist uns öäumig immer als die große militärische Autoruul hingestellt worden. Diese Illusion mußte zerstört werden. . Dittmann beschäftigt sich auch mit dem Genossen Stoecker und sagt ihm. daß er froh sein solle, daß das Ausschlußverfabren. das er jetzt befürworte, noch nicht zu Anfang des Krieges bestanden habe, sonst wäre er einer der ersten gewesen, die hinausgeflogen wären. Dittmann verliest zum Beweise dafür Stellen aus einem Briefe Stoeckers aus Belgien . Dittmann legt ausfuhrlich ieme Stellung zum Zentralismus dar. Er blickt zurück auf die alte Par- tei mit ihrem straffen Bureaukratismus und erklart daraus als Reaktion ß'en Hang zum Föderalismus in der Partei Gibt es überhaupt eine Parteileitun' entscheidenden Momente eine ein die im e i t l i ch e dem Beispiel des Kapp-Putsches , daß zur Förderung der proletari- schen Revolution ein solcher Zentralismus, wie er von der dritten Internationale gefordert wird, geradezu ein Verbrechen ist. ein Verbrechen an der Weltrevolution. Er weist noch auf die Mög- lichkeit hin. daß im akuten Kampf der zentrale Kopf von der s*.''* I»....... Vi.***«« frt*«ä V> J>«.«*««<* SQa- mindestens ebenso verdächtig, daß Lenin im Krieg« d«r ch Deutschland nach Rußland -«reist ist. denn Deutsch- land hat ihn ja nur durchgelassen, weil es alle Ursache hatte, daß es in Rußland möglichst drunter und drüber geht Ich mache mir ja das Hoffmannsche Prinzip nicht zu eigen, nicht für Lemn. aber auch nicht für Kautsky . Dittmann geht dann weiter auf die Programmentwiirfe ein, die in Zimmerwald besprochen wurden und polemisiert gegen Adolf Hoffmann , der einfach mtt dem brach, was er ISIS in Zimmer- wald für richtig gehalten habe. Zur Frage des Terrors und der Diktatur stelle ich mich auf den Standpunkt des Marzewski:„Die Gewalt ist die Geburtshelferin jeder neuen Gesellschaftsordnung", aber ich habe immer gesagt und sage es heute noch, die Art und das Maß der Gewaltanwendung muß immer von dem Verhalten der Gegner abhängen, sie darf nicht zum leitenden Prinzip erhoben werden.~ Der Terror, von dem Genosse Braß hier sprach, ist ja gar nicht der Moskauer Terrorismus. Von Moskau wird der Terror als Regierungsprinzip verlangt. Diesen Terror als Regierungssystem müssen wir als politische Partei ablehnen. Wo demokratische Disziplin war, wie im Ruhrgebiet , da war auch der Erfolg. Der Mißerfolg war dort, wo einzelne Diktatoren ihre Hand im Spiele hatten. In Moskau sind an 30 000 Polizisten und Spitzel beschäftigt von oen außer- ordentlichen Kommissionen. Und es sind ois alten Zarenspitzel. Die Moskauer Regierung ist ohnmächtig diesem System gegenüber. Jeder, der ein Wort gegen die Regierung wagt, wird als Konterrevolutionär beschuldigt und.verhaftet. Genosse Ditt- mann gibt eine ausführliche Schilderung des Wesens der außer- ordentlichen Kommissionen. Er schildert nochmals, was er zu einem großen Teil schon in seinen Artikeln in der„Freiheit" niedergelegt hat. Er führt auch an, wie die Zusammenkünfte Crispiens und seiner Person mit den Führern der Internationalen menschewistischen Sozialdemokratie zustandegekommen sind und sagt, baß Däumig und Stoecker dabei zumindest eine zweideutige Rolle gespielt hätten. Genosse Dittmann verliest eine offizielle Kundgebung der russischen sozialdemokratischen Arbeiterpartei, die die Allmacht der herrschenden Gewalten in Rußland kritisiert, demgegenüber aber doch betont, daß die Partei keineswegs und unter allen Umständen die formale Demokratie hochhalte. Es wird nicht möglich sein, die russischen Menschewisten mit der deut- schen Scheidemann-Partei in eine Linie zu bringen. Sie weisen ausdrücklich darauf hin, daß sie auf den Standpunkt unseres Leip- ziger Aktionsprogramms stehen. Welch ein Verlust für Rußland , daß diese brachliegenden Kräfte sozialistischer Gesinnung und Be- tängung nicht herangezogen werden. Bei diesen Leuten war echt marxistische Einsicht, verbunden mit dem Willen zur revolutio- nären Tat. Dittmann setzt sich auch mit dem Genossen Dahlem- Köln auseinander und dessen Heranziehungen des Genossen C a ch i n- Frankreich und wiederholt seine schon im ersten Referat aufgc- stellte Behauptung, daß er persönlich dem Genossen F r o s s a r d bie verschärften Bedingungen in sein Exemplar eingefügt habe. Trotzdem werden diese verschärften Bedingungen in Frank- reich nicht veröffentlicht. Den neuesten Prophezeiungen des Genossen Däumig stehe ich genau mit demselben Pessimismus gegenüber wie seinen früheren Prophezeiungen. Wir haben uns zu überlegen, wie jpir unsere Taktik einzurichten haben. Wir müssen uns hüten, in im Proletariat Bezieyungen zu Vowiei-urugiano, uoer aus ganz anoeren Gründen als den Menschen glauben zu machen, daß nun ein Lebensmittel- und Rohstoffaustausch in großem Maßstabe vor sich gehen könnte. Für die akute Rot ist die Herstellung der Wirt- schaftlichen Not belanglos. Zum Schluß sage ich: Ich stimme vollkommen mit Stoecker und Koenen übcrein, daß so wie bisher die Parteigeschäfte nicht weitergeführt werden können. Ich für meine Person erkläre, daß ich von keinem Parteitagsbeschluß mich mehr verpflichten lasse, mit Leuten wie Stoecker und Koene nzusammenzuarbeiten. Die Homogenität muß in der Parteileitung wenigstens soweit gehen, daß sie im entscheidenden Moment aktionsfähig ist. Wir stehen in einer schweren Krise, die wir aber auch wie so manche andere überwinden werden. Die Genossen, die das Pro- gramm der kommunistischen Partei anerkennen, mögen zu den Kommunisten gehen, die aber, die zu unserem Programm stehen, werden auch weiter der Partei die Treue halten. lLebhafter Beifall.) Die Versammlung beschließt, ohne Unterbrechung fortzutagen. Schlußwort Däumigs Bei der gestrigen, von Dittmann erwähnten Kommissions- sitzung habe es sich um eine von den Hamburger Genossen ange- regte Konferenz wegen des Ten. Herzog gehandelt. Da die Be- richterstattung der„Freiheit" gerade die Angriffe eines hysterischen Feindes gegen mich aufgegriffen habe, so muß ich auf diese etwas eingehen. Ueber die Ianuar-Ereignisse ist das letzte Wort noch] nicht gesprochen. Däumig und militärische Sachverständige hätten.- damals bewiesen, daß diese Aktion an unmöglich« Bedmgnngen geknüpft gewesen sei. Das politische Führergenie Ledebours könne er nicht anerkennen. Die Januarereignisse seien kein Ruhmes- blatt in der deutschen Reoolutionsgeschichte. Wenn nun aus hysterischem Hasse heraus mir Feigheit vorgeworfen wird, so habe ich keine Veranlassung, hier mit meiner Moral zu brüsten. Ge-� rade der Mann, der mir heute Mangel an'Parteimoral vorwerfe, hat bei einer früheren Gelegenheit gegen mich und andere eine' neue Partei zu gründen versucht. Däumig verliest einen Artikel der„Freiheit', welcher Ledebour der Parteizerstörung anklagt. Däumig müsse also Ledebour als Moralrichter ablehnen. Der Redner berichtet dann eingehend über seine poli- tische Tätigkeit während des Krieges in der Redaktion des„Vor-- wärts" und weist nach, daß er sehr wohl in revolutionärem. Sinne gehandelt habe. Sowohl innerhalb wie außerbalb der Redaktion. Weiter kommt Däumig auf die Nonemberereignisse zu sprechen und begründet die Ablehnung seiner Beteiligung an der damaligen Regierung. Im Laufe der Verhandlungen ist klar und deutlich hervor- gegangen, daß innerhalb unserer Partei zwei unvereinbare Ten-- denzen wirksam sind. Die Dinge drängen jetzt zu einer klaren Entscheidung. Der Meinungswille liegt beim nächsten Parteitag. Für mich erkläre ich, daß ich keiner Partei angehören könnte,- welche den Anschluß an die dritte Internationale ablehnt. Soli-' darität mit Rußland fordert auch Solidarität mit der dritten Internationale. Wir haben alle mit der größten Ent- rüstung die Auswanderertrupps in Stettin gesehen. Es hätte früher gegen die geweckten Illusionen über Rußland aufgetreten werden sollen. Im„Arbeiterrat" habe ich wiederholt vor der Auswanderung gewarnt. Aber all die in Rußland zweifellos bestehenden Mängel stehen in keinem Zusammenhang mit der Frage, die uns hier beschäftigt. Zu den Ausführungen Ballod's sei zu bemerken, daß ein ob- jektiver Bericht eine Gesamtbetrachtung aller Erscheinungen not- wendig mache. Das Herausgreifen von Einzelheiten wirkt ten- denziös. Von einem Aufbau in sozialistischem Sinne könne frei- lich bis heute nicht geredet werden. Vieles, was wir in Rußland auf verwaltungstechnischem Gebiete gesehen haben, zeige, wie wir es nicht machen dürfen. Vieles erkläre sich daraus, daß die Massen in Rußland weniger klassenbewußt und maxistisch geschult als vielmehr revolutionär aus einem dumpfen Klasseninstinkt heraus sind. Die heule historische Situation ist die Frage des. Kampfes des Parlaments gegen den Kapitalismus. Das erfordert sowohl geschlossene nationale wie internationale Einstellung. Selbst für den Fall, daß Sowjetruhland untergehen könnte, dann blieben ihm auch nachher noch die Sympathien der Massen. Die SolidaritätserNärung mit Sowjetrußland ohne Anschluß an die dritte Internationale bleibt»ine leere Phrase. Ebenso wie ge- wisse Fuhrer der Gewerkschaften sich jeweils nach den Ereignissen richten, um im entsprechenden Moment die Bewegung wieder um- zubiegen, so gäbe es auch sozialreoolutionäre Parteien, welche eine drohende Aktion der Massen in einer Aktion der Instanzen ersticken lassen möchten. Zu den Aufnahmebedingungen der dritten Internationale übergehend, führte Däumig wegen der Ausschlußfrage aus: Im Schicksal Kautsky's liegt eine große Tragik. Ich selbst ver- danke ihm den größten Teil meiner politischen Schulung. Aber heute müssen sich seine Jünger von ihm abwenden. Ueber die Verdienste Kautsky's bestehen auch in Nußland keine Meinunas- Verschiedenheiten. Wenn aber gerade Breitscheid sich Zo�für Kautsky eingesetzt hat, so lag es ihm mehr an einem''ttkho- rischen Erfolg. Das von Dittmann vorgetragene Material ist durchaus einseitig. E a ch i n und F r o s s a r d sind abgereist vor Fertigstellung der Aufnahmebedingungen. Der gegen sie ge- richtete Vorwurf von Mangel an Mut, weil sie die Vedingungest bisher nicht veröffentlicht hätten, hat daher keine Berechtigung. In den Bestimmungen der dritten Internationale sehe ich ein Mittel znr Förderung der Revolution. Es kann der Entwicklung nur förderlich sein, wenn jetzt eine Klärung eintritt. Wenn der Anschluß an die dritte Internationale nicht beschlossen werden sollte, so habe ich in dieser Partei keinen Platz mehr. Däumig wünscht, daß die kommenden Kämpfe sachlich geführt werden. Zu der Mitteilung D i t t m a n n s, daß Däumig und Stoecker eine offizielle Verhandlung mit dem Komitee der Menschewiki abgelehnt hätten, stellt Däumig fest, daß er und Stoecker privatim mit einem möglichst weiten Kreis ge- sprachen hätten, aber eine offizielle Unterredung hätten ste ab- Die schwere Stunde Roman mm Schluß) Bietor Pank« Am nächsten Morgen war ich schon früh in der Stadt. Den ganzen Weg hindurch eilte ich, von Zeit zu Zeit die unter meinem Mantel versteckte kleine Flasche mit der wert- vollen Flüssigkeit betastend. Als ich aber, die Türe öffnend, in die Stube des Haus- knechtes trat, war es dort Halbdunkel und leer, und plötzlich erfaßte mich mit einer Zweifellosiakeit ohnegleichen der Ee- danke, daß schon alles aus ist. daß das Unglück durch keine Mächte mehr abgewendet werden kann... Erst jetzt empfand ich eine starke, unendliche Müdigkeit, ich ermnerte mich, daß ich schon mehrere Nächte schlaflos verbracht hatte, daß meine Füße von dem ungewohnten Gehen schmerzten. Ich zog die Flasche mit der Milch hervor, und sie auf die Hohe des Ee- sichtes hebend, blickte ich sie an. utrt tn d-esem Augenblick tat mir plötzlich diese weiße Flüssigkeit so unendl.ch leid..ich war bereit, zu weinen... Die Hand erbebte, die Finger öffneten sich kraftlos, die Flasche fiel zu Boden.-- Zerbrach und ich sah, wie die weiße Flüssigkeit auf den schmutzigen ��Wow/braucht�e ja nicht mehr, es ist ja alles aus." „Am Ende ist er aber doch noch am Leben. � dachte ich voller Schrecken,„und die Milch ist vergossen... Im nächsten Augenblick aber beherrschte w'ch wieder die frühere, unerschütterliche Gewißheit, daß all� aus sei. Ich erhob mich und ging hinauf m unsere Wohnung.� Im Speisezimmer auf dem Tisch lag Wowas �«ne magere Leiche, die während der Nacht ganz dunkel geworden war. Die tief eingefallenen Augen waren feucht, als wemte er noch als Toter weiter. In einiger Entfernung lag Olza auf dem Sofa, mit einer kleinen Wunde an der rechten Schlafe, von wo wahrscheinlich viel Blut geflossen, das letzt auf der Wange, auf dem Hals geronnen war, und die Bluse an der Schutter befleckt hatte. Ihre weit geöffneten Augen blickten gläsern, die Pupillen waren dunkel geworden, aber es war kein Todesschreck« darin zu lesen, sondern eine kalte Ekstase schien darin erstarrt zu sein, als träumte sie noch im letzten Apaenblick, sterbend von ihren ewigen Märchen.... Die erbleichten Lippen waren finster aufeinander gepreßt, und. dadurch wurden die traurigen Falten um den Mund noch mehr vertieft,— es schien, als finge sie gleich zu weinen an. Auf diese Leichen blickend, suchte ich am kalten Tode die Lö- sung des Lebensrätsels und hörte kaum, wie der Gute Mensch neben mir leise sprach mit Furcht, den verborgenen Schauer aufzuscheuchen: „Gestern sind sie, die Roten gekommen, es war schon spät, sie suchten dich, guter Mensch. Da entfährt es ihr plötzlich: Ich weiß wohl, wo er ist, aber ich werde es nicht sagen!— Da gerieten sie in Wut, sie lacht aber fortwährend und lacht und wiederholt: Schlagt mich tot, ich sage es aber doch nicht! . Ich fürchte mich nicht vor euch!... Einer der Jungen hält ihr den Revolver an die Schläfe, er wollte ste scheinbar erschrecken, ste ergriff aber selber seinen Arm... und da war das Unglück geschehen... Sie waren selbst ihres Lebens nicht froh... alle erbleichten... schatten den jungen Kerl, der aber war ganz verstummt, weiß wie Kreide stand er da, — es muß wohl das Schicksal sein... „Das Schicksal... Schicksal", flüstere ich leise,„und überall, wohin man sich im Leben wenoen mag.— überall herrscht das Schicksal, und was ist das für eine unbegreifliche Sphinx...?" Leer ist es in meiner Brust und in meinem Kopfe, merk- würdigerweise fühle ich keinen Schmerz, ich fühle aber auch kein Leben ringsum. Fließt wohl die Zeit?... Ich weiß es nicht, und was geht es mich eigentlich an?... Plötzlich ertönt aus Njussias Zimmer ein schwacher, wei- nerlicher Schrei eines neugeborenen Kindes. Ich zucke zu- sammen, ich horche hin und blicke, ohne etwas zu verstehen, fragend auf den Guten Menschen. „Das Mädchen ist erschrocken", sagt er,„und nun gebiert sie, die ganze Nacht hat die Aermste sich gequält... Ich habe die Weiber von den anderen Wohnungen ihr zur Hilfe her- beigerufen. Das neue Leben ists, scheints, zur Welt ge- kommen", sagt er traurig lächelnd. In meinem leeren Kopfe taucht plötzlich, fast unbewußt, der Gedanke auf: „Inmitten der Leiden, der Qualen, inmitten von Blut und Tod, keimt ein neues Leben. Kind, was wird dir wohl das Schicksal bringen?" Zum ersten Male in diesem Winter ging jetzt die Sonne auf. und ein schwacher Morgenstrahl fiel schräg auf Wowas totes Antlitz. Er träumte ja so von Sonne! t" 1.....'......-i....-F. An das Volk Das Herz entflammt, das rote Banner schwingend, Den nackten Flamberg in der nackten Hand. So wandern wir von deiner Zukunft singend, Der Freiheit Söhne durch das Land. Nicht deine Götter wollen wir erschlagen, Die fallen, wenn sie morsch, von selber um� Doch deine Seele soll sich blutig fragen An unserem Aufruhrwort: Warum? Warum du hungerst und warum du dürstest, Warum du schweißtriefst und warum du frierst, Warum du hündisch deine Pein'ger fürsteft, Warum du frömmelnd dich vertierst! Arno Holz . Einen russischen Autorenabend veranstaltet der Leon-Hirsch- Verlag als seinen 4. Kunstabc nd am 18. September, 8 Uhr, im Harmöniumsaal, Steglitzer Straße 3S. Vorträg« aus Werken von Andrejew, Dostojewski , Gorki und Tolstoi , russische Weisen von Rachmaninoff , Glinka-Balakirew und Tschaikowsky . In den Echlilerbibliotheken finden sich noch immer zahlreiche nationalistische, militaristische, byzantinische Werke, aber rem Buch über Völkerrecht, kein Buch, in dem der republikanischen Staats- form, geschweige dem Sozialismus, Lob gespendet wird. Dagegen werden den Hohenzollern sämtliche Tugenden beigelegt, die ein Mensch haben kann. Eine Revision aller Schulerbibliotheken ist dringend nötig! In der Kunstausstellung Der Sturm, Potsdamerltt. lS4a zeigt Reinhard Go-ring«ine größere Kollektion Zeichnungen und Aquarelle. Sleichzeittg sind neue Zeichnungen»nd Aquarelle von Paul Klee ausgestellt. Dantons Tod, Georg Büchners Revolutionsdrama, ist in einer neuen Ausgabe im Verlag Ernst Günther. Freiburg i B.. erschie- nen. Der gute Druck nebst humchem Einband, übersichtlicher An- ordnung und künstlerischen Bildbeigaben, lassen den Preis von 10 Mk. heute als nicht zu hoch erscheinen. Kassenersolge bei« Theater. Der Verlag Oesterheld gibt einen Ueberblick über die Kassenersolge seiner Autoren. Danach haben die Schauspiele.,H i n t e r M a u e r n" von H. Nathansen,„Z e t t- chen Gebert von Georg Hermann und das zumeist im Aus. land aufgeführte Drama„Am Vorabend" von L. Kampf die höchsten, je MM M. betragenden Tantieme-Einnahmen erzielt,
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