von Interesse ist ferner, was Erzberger über den Ab- schlußoes Waffenstillstandes, den er bekanntlich im Auftrag der Reichsregierung bewerkstelligte, berichtet. Es heißt da: .Abends 8 Uhr— am 10. November 1918 wurde mir ein Funkspruch von der Obersten Heeresleitung über- mittelt, in dem in einer Reihe von Punkten Erleichterungen er- beten wurden: dann kam der lapidare Satz:„Gelingt Durch- setzung dieser Punkte nicht, so wäre trotzdem abzuschlicsien." Die Depesche war von Eeneralfeldmarschall von Hindenburg unterzeichnet. Gegen>�11 Uhr nachts erhielt ich dann die offene Depesche, daß ich zur Unterzeichnung der übergebenen Waffenstill- standsbedingungen berechtigt fei, was mich ungemein peinlich be- rührte, da das Resultat der zweitägigen Verhandlungen durcl) die orfene Depesche erheblich in Frage gestellt war. Di« Depesche war unterzeichnet:„Reichskanzler Schluß." Der Dolmetscher- offizier fragte, ob„Schluß" den Namen des neuen Reichskanzlers bedeute und wer dieser Herr sei: er sei dem französischen Ober- kommando und der Regierung in Paris ganz unbekannt. Ich gab die Aufklärung, daß„Schluß" Punkt heiße. Nachdem der von uns beabsichtigte Protest aufgesetzt war. ließ ich den Marschall wissen. daß es mir angenehm sei, wenn noch heute nacht eine weitere Sitzung stattfinden könne. Marschall Fach erklärte sich alsbald dereit." Die zweite Sitzung begann nacht, 2� Uhr und dauerte bis S Uhr morgens. Die Unterzeichnung begann S.20 Uhr. Eegen 10 Uhr trafen Offiziere aus dem deutschen Hauptquartier im Wald von(Eompihgne ein. Bon ihnen hörten die Unterhändler, daß die Genehmigung zur Unterzeichnung des Waffenstillstands mit der rätselhaften Unterschrist„Reichskanzler Schluß" nicht vom Reichskanzler erteilt worden sei, sondern von der Obersten Heere,leit,ng. weil am Sonntag eine Ver- ftändigung mit Berlin unmöglich gewesen sei: die Oberste Heeresleitung habe sich nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet gefühlt, die Genehmigung aus eigener Initiative zu geben,' nachdem die Depesche abgegangen sei. habe der Reichskanzler zugestimmt und sich mit den ge- troffenen Maßnahmen einverstanden erklärt. Erzberger er- klärt, er habe in einigen Punkten sogar mehr erreicht, als von der Obersten Heeresleitung verlangt wurde. Er be. richtet weiter, man habe ihm allgemein zu dem großen Erfolg der Verhandlungen gratuliert. Besonders sei man im Haupt- quartier in Spaa angenehm überrascht gewesen. Er traf am 12. November, g Uhr vormittags, in Spaa ein, wo sich bereits ein Arbeiter- und Soldatenrat gebildet hatte. In einer Kon- ferenz beim Eeneralquartiermeister Gröner erklärte die- ser, leine kühnsten Erwartungen seien durch das Ergebnis der Verhandlungen übertroffen worden. Feldmarschall Hin- den bürg dankte ausdrücklich Erzberger „für die unge- mein wertvollen Dienste", die er dem Vaterland geleistet habe. Das alles hat allerdings dieselben Kreise, die auf den Abschluß des Waffenstillstandes gedrängt hatten. nicht gehindert, über den„Dolchstoß" zu zetern, den das deutsche Proletariat und mit ihm der„Verräter" Erzberger , dem ruhmreichen deutschen Heere in den Rücken gestoßen habe.» Liebert als Bändiger Zm heutigen„Tag" schreibt der General von Liebert .chstäderum einen langen Artikel über die Schaffung eines iKifcnungsblocks. Er will die bürgerlichen Parteien zusammenbringen und einen gemeinsamen Kampf gegen die Arbeiterschaft führen. Der Kern des Artikels besteht in Folgendem: Der Deutsch « Reichstag bedarf einer starken nationalen Mehr- heit. Diese muß nach armen das Schwergewicht der Stimmen der deutschen Nation In die Wagschale werfen können, nach innen muß sie die Unruhstifter, die Unholde der Straße bän- digen und niederhalten. Sind die Parteiführer hierzu nicht stark und entschlossen genug, so bleibt nicht» andere« übrig, als aus den Reihen der Wähler selbst den Ruf zur Rettung des Baterlandes zu erheben. Um diesem Ruf Nachdruck zu geben, ist eine Organisation zu schaffen, die die Parteien igno- riert und nur auf das große Ziel losgeht, eine Einigung der bürgerlichen Parteien in den großen Lebensfragen der Nation zu erreichen. Vor allem mutz sie Führer erziehen und diesen Ge- legenheit geben, öffentlich an die Spitze großer Massen zu treten und diese für die' neue Richtung zu gewinnen. Aus Berliner Märztagen 1 Ludwig Rellstab , Musikkritiker und Verfasser eine» viel gelefe- nen Romanwälzers„1812", hat in einer kleinen Schrift*) feine Erlebnisse der Märztage festgehalten. Wider Willen schildert er die wahre Volksstimmung, und wenn er noch so sehr auf die französischen Einflüsse schimpft, kann er nie verschweigen, daß das Volk jeden Grund hatte, sich zu empören. Trotzdem ihm die elende Lage der Arbeitnehmer bekannt war. trotzdem er um dt» Schika- nen der Kleinbürger gegenüber ihren Angestellten wußte, zeterte er aber über alle Männer, die in den„Zelten" die„aufregendsten" Reden hielten. Als dl« Regierung eine Demonstration„armer, hungriger" Bewohner mit der Verstärkung der hauptstädtischen Truppen beantwortete, verlor jedoch sogar Rellstab die Geduld. Der proletarische(Charakter der 48er Bewegung leuchtet aus Rellstabs Bericht hervor, klar wird, daß gerade dieser Borstoß des Prole- tariats die Bürger«inschüchterte und innerlich mit dem Königtum verband. Rellstab ärgerte sich, wenn er die erbitterten Wort« eines Straßenredners hörte:„Es ist doch wahrhaftig Zeit, daß der deutsche Michel endlich einmal erwacht und sein Recht fordert.� Rellstab war erbost, wenn er neben Blutlachen das Wort„Bllr- gerblut" geschrieben las. Nur widerwillig muß er zugeben, daß die ersten Schüsse, welche überhaupt w Berlin zu allen Zeiten auf der Straße gefallen sind, von preußischen Soldaten abgefeuert wurden. Ein preußischer Offizier ließ am Zeughaus in die Menge 8, letzen und„völlig Unschuldige" töten. Eine alt« Frau, der die ngst völlig die Besinnung geraubt hatte, lief laut weinend und händeringend Rellstab entgegen:„Schon wieder schießen ste uns nieder, schon wieder wird geschossen." Vergeblich wartet« man auf eine Proklamatton. Selbst Rell- stab verstand dies Zaudern nicht. Aber endlich„schwebte" am 18. März„Jauchzen und Zubel über der bewegten Menge, weil endlich die Proklamation verkündet wurde. Kaum hatte Rell- stab die Redaktion der„Voß" lBreite Straße) betreten, als er- regte Menschen ins Haus stürzten:„Wir sind verraten! Es wird wieder auf das Volk eingehauen uno geschossen. Auf der Straße herrschte„Entsetzen" und �fanatische Wut'. Barrikaden wuchsen aus dem Pflaster, in den Arbeiterkreisen herrschte die größte Er- bitteruna. Das Volk bewaffnete sich. Und während noch Rellstab zur Verständigung riet, begann schon das Artilleriefeuer. Es kam zum Häuserkampf, und die Soldaten gingen mit empörender Roh- heit gegen unbeteiligte Bewohner vor. Rellstab entschloß sich ins Schloß zu gehen, um mit dem König zu sprechen. Als er im Schloßhof einem Soldaten bewegt die Hand gab:„Nun Kinder— Ihr werdet nicht weiter gegen Eure Lands- ieut« und Brüder fechten, es muh ein Ende haben mit diesem Kampf!" konnte der Soldat vor Erregung nicht antworten. Aber schon ries ein General empört:„Nein, das darf nicht fein! das können wir nicht dulden! Sie dürfen nicht auf diese Weise mit *) Zwei Gespräche mit Friedrich Wilhelm CV. in geschichtlichem Rahmen gefaßt. Berlin 1849. Mitgeteilt von L- Rellstab, � General von Liebert will asso den alten Reichslügen- verband wieder erstehen lassen, verbessert durch die Verbin- dung mit Orgesch. Damit will er die„Unholde der Straße" „bändigen und niederwerfen". Der neue Reichslügenverband soll also nicht nur wie früher mit den Mitteln der gedruckten und geredeten Lüge arbeiten, sondern dazu noch alle Mittel des brutalen Terrors gegen die Arbeiterklasse anwenden. Der General von Liebert mag dem oberflächlichen Beobachter nur als eine zur Zeit einflußlose Persönlichkeit erscheinen: in Wirklichkeit aber steht hinter seinen Forderungen die Bourgeoisie, die endlich die alte„Ordnung" wieder völlig hergestellt sehen möchte. Deswegen darf man an seinen Aeußerungen nicht achtlos vorübergehen, sondern sie müssen für die Arbeiterschaft eine neue Veranlassung sein, sich zum gemeinsamen Kampf gegen den gemeinsamen Feind, den Kapitalismus, zusammenzuschließen.> Politische Arbeiterräte und Afa Vom Hauptvorslaud der Afa geht«us nachstehende Erklärung zu: In den letzte« Woche« wird von verschiedenen Seiten in den Be- triebe» die Wahl von polilischeu ArbeiterrSten veranlaßt. Es handelt sich dabei lediglich um die Maßnahmen einzelner politischer Parteien und es muß deshalb jedem einzelne» Angestellten überlassen bleiben, sich bei der Wahl dieser politischen ArbeiterrSte entsprechend feinet politischen Partei-Auffassung z u verhalten. Mit der gewerkschaftlichen Bewegung stehen die politischen Arbeiterräte in keinem Zusammenhang. Soweit sich in den Betrieben zwischen den politischen Arbeiter- räten und einzelnen Mitgliedern der gesetzlichen Betriebsräte eine Personal-Unio» ergeben sollte, steht den polittfchcn Arbetterräten keinerlei Recht zu. die Betriebsräte fstr ihre Zwecke und Beschlüsse zu benutzen. Der Aufoabcnkreis der Betriebsräte ist in den Richl- linien der freie» Gewerkschaften(A.D.B.G. und Afa) angegeben und es muß erwartet werden, daß die Kollegen innerhalb der Betrieb»- räte darnach verfahren. Soweit sich innerhalb einzelner Betriebsräte durch das Verhalten der politischen Arbeiterräte für die Angestellten Schwierigkeiten ergeben, wird um sofortigen Bericht nach der Haupt- geschäfttstelle der Afa, Berlin RW. öz, Werst str. 1, gebeten. Aus dem Freistaat Danzig Aus Danzig wird uns geschrieben: Am LS. Juli d. I». fand hier eine gewaltige Demonstration gegen die hohe« Steuern und die Lebensmittelteucrung vor dem dem Volksragsgebände gegenüberliegenden Regiernngsgebäude statt. Die bürgerlichen Abgeordneten, die sonst immer gegen die Arbeiicrschaft wettern, verkrochen sich am damaligen Tage in dem Keller und den Bodenräumen de? ParlamentSgebäudsS. An dieser Demonstration nahmen auch Angehörige bürgerlicher Parteien in großer Zahl teil. Runmehr haben die bürgerlichen Abgeordneten Angst vor ihren vigenen Wählern bekommen und den Schutz des FreisiaatSparlaments ecrlangr. Die Deulschnatiouale BolkSpartei hatte einen Antrag, der die Befriedung deS ParlamentSgebSudeS forderte. in der Verfassunggebenden Versammlung eingebracht, der dem Rcichsausschnß überwiesen wurde. Dieser hat gegen die Stimmen der beiden sozialistischen Parteien einen Entwurf angeuommen, der dem deutschen Befriedungsgesetz gleicht. » Da? internationale Danzig . Der Frembeuzustrom nach Danzig nimmt trotz der hier herrschenden Arbeits- und Wohuungs- lostgkeit immer mehr zu. Zurzeit find hier 1078 Ausländer gemeldet und zwar 4SI Deutsch«. 8»l> Polen . 68 Amerikaner, 81 Russen. 38 Litauer. 18 Ulrainer. 10 Schweizer . 8 Franzosen. 7 Engländer, 7 Letten, 6 Oesterretcher, 4 Däne«, 2 Holländer. 1 Schwede und 1 Estländer. Hinzu kommen noch mehrere tausend Mann Entente- besatzung, Landsoldateu und Matrosen. Zu den BorortSgemeindeu Oliva und Zopvot ist der Ausländerzustrom ein noch viel größerer, so daß sich also für dm Freistaat ein ganz internationales Bill» ergibt. » Da» Wohnungselend in Danzig . In Danzig find etwa 10000 WohuungSlose vorhanden. Der Zuzug nach dem Frei- staat ist nicht aufzuhalten, so daß sich täglich die Zahl der WohnungS» losen vermehrt. Auf der Dringltchkettsttste deS städt. WohnungS- amteS sind zurzeit SgOO Famtlieu eingezeichnet(im Februar waren eS nur 1200) und jeden Monat komme» auf diese Liste 600 Familten hinzu, während tm Durchschnitt überhaupt uur 400 Wohnungen im Monat vermittelt werden können. Dav WohnungSelend ist also in Danzig außerordentlich groß, zumal auch die vorhandenen Wohnungen zum Dell als Wohnstätten ungeeignet sind und doch bewohnt werde» müsse». Hier kann nur rege Bautätigkeit helfen. Privatbauten ruhen vollständig, jedoch hat die Stadtverwaltung 20 Millionen Mark zu Wohnungsvauten ausgeworfen. Die Stellung der Organisationen Mitgliederversammlung in Plauen i. V. Di« Moskauer Bedingungen wurden von de» Parteigenosse» Plauen » am Sonnabend abend in einer Mitgliederversammlung er- örtert. Bo» den 2700 Parteimitgliedern waren etwa 400 erschienen. Genosse P u ch t a legte die Ausführungen seines Referate?, da? die Unmöglichkeit der Durchführung der Bestimmungen für die Uuab- hängige Sozialdemokratische Partei darlegte, in einer Resolutio« nieder. Die Ausführungen des Genossen S cholem- Halle, so ic richtet die„Volks, eituug" für das Vogtland , zeichneten sich besonder» durch ihre Heftigkeit, mit der er sich gegen Puchta wandte, aus. so daß hinter diesem habvollen Ton die Gründe, die nach seiner An- ficht die Annahme de« Moskauer Diktats zwingend notwendig machen, oftmals verschwanden. Auch Geu. Scholen: legte eine Re- soluiion vor. Nach 2 Uhr nachts wurde zur Abstimmung geschritten. Der Vor- sitzende ließ zuerst über die Resolution Puchta abstimmen. 130 Mit- gltsder stimmten für diese. Darauf wurde die Gegenprobe festge- stellt, für die 142 Stimmen gezählt wurden. Eine weitere Ab- stimmung über die Resolution Puchta wurde, da ein Teil der Versammlung und auch Scholem selbst dem widersprach, nicht vorge- nommen. Mitgliederversammlung in Bremen Bremen , 15. September. Zn einer gestern abend abgehaltenen Mitgliederversammlung der U. S. P. D. Bremen , die von 3000 Personen besucht war, wurde gegen kaum hundert Stimmen folgende Resolution a n• genommen: „Die Mitgliederversammlung der U. S. P. D. lehnt die Auf- nahmebedingungen der dritten Internationale ab. Sie steht aus dem Standpunkt, daß nur durch ven engsten Zusammenschluß aller auf revolutionärem Boden stehenden Arbeiter das Ziel des So- zialismus verwirklicht werden kann. Die Versammelten bedauern, baß die Aufnahmebedingunaen der dritten Internationale dieses Bestreben in keiner Wesse fördern, sondern im Gegenteil nur zu einer weiteren Zersplitterung des Proletariats und Schwächung seiner Macht führen müssen. Sie fordern von der Parteizentrale und dem Parteitag, kein Mittel unversucht zu lassen, um eine Einigung aller auf dem Boden des revolutionären Klassenkampfe« stehenden sozialistiichen Parteien zu vollziehen. Diese Vereinigung ist aus einer Grundlage aufzubauen, wobei das Selbstbestimmungs- recht und alle zu treffenden wichtigen Entscheidungen nicht ledig- lich einer Zentralinstanz, sondern in den Händen der Mitglieder liegt. Di« Mitglieder des Ortsverein» Bremen erklären, daß st« nach wie vor bestrebt fein werden, die russischen Brüder in ihre« heldenhaften Kainpf zu unterstützen, und daß sie mit allen Kräf- ten daran arbeiten werden, um den Sieg oer Weltrevolution über den Weltimperialismus zu erlangen." Agitattonsbezirk Groß-Thüringen Am Montag tagte in Erfurt eine Konferenz de« erweiterten Be- SirkSverbande» der UäP Sroß-Thüringeu an der auch Vertreter der lrbettSgebtete und Redaktionen, sowie die Genossin War« als Ab- geordnet« des Bezirk» teilnahmen. Di« Konferenz beschäftigt« sich«. a. mit'der politisch« Sage und den Aufnahmebedingungen der 8. Internationale. Nach eingehender Aussprach« wurde beschlossen, den Parteigenosse» die Ab- lehnung der Bevingunge» zu empfehle», well sie undurchführbar sind. Gegen die Bedingungen erklärte« sich IS Genosse«. während nur 6 Genosse» für»nbediAgte An» ahm« ge- stimmt hatten. Deutschland » Eintritt in den Völkerbund. Wie die Pariser Blätter melde», erklärte gestern Stollltt Vertretern der Press«, daß Deutschland zum Völkerbund zugelassen werden solle, wen« eS de« Willen, den Friedensvertrag auszuführen, zum Ausdruck bringe. Ob dieser Zeitpunkt nahe oder fern sei, hänge allein von Deutschland ab. Die Opfer der Explosion in Marlenfiehl. Zu dem S�vlofions- Unglück in Wilhelmshaven meldet das„B. T." aus Oloenburg, daß bis jetzt acht Leichen geborgen sind. Nach den neuesten Fest- stellungen werden aber insgesamt auf dem Teil des Betriebes, der von der Explosion hauptsachlich betroffen wurde, zwanzig Leute vermißt, so daß anzunehmen ist. daß sich die Zahl der Ä>ten noch erhöht. In den Krankenhäusern wurden bisher 28 schwerverletzt« Personen eingeliefert. Rllcktkehr der Kriegskinder au» Schweden . Die deutschen , die österreichische« und die ungarischen Kriegekmder, die in Stock holm und Umgebung sowie auf der Insel Gotland Aufnahme ge- stinden hatten, haben Dienstag Stockholm in einem Sonderzug» verlassen. Die Zahl der Kinder betrug xtwa 1600. Di« Wahlen in Südslawien. Wie dt«„Neue Zürcher Zeitung " aus Agram meldet, werde« dt» Wahlen für dt« gesetzgebende Bor- sammlung amtlich für de» 28. November ausgeschrieben. den Trupve« verkehrenl Und in dem Wortgefecht, das sich ent- spann, ließ sich Rellstab merkwürdigerweise zum Ausruf hinreißen: „Das hat aufgehört, Herr General." Unter den Offizieren stießen seine FmdenswUilsche vielfach auf Widerstand upv an die„er- bitterte, furchtbare Gärung' im Volke wollte man nicht glauben. Endlich kam er zum König, der aber keineswegs zur Nachgiebig- keit bereit war.«inen entschlossenen Eindruck auf Rellstab machte. vom verhetzten Volk sprach und die Schüsse der Soldaten vor dem Schlosse als die üblichen Signalschllsse interpretierte, die nie- mairden getötet hatten. Rellstab stellte ihm vergeblich vor. das Vertrauen des Volkes könne nur wiedergewonnen werden, wenn die Truppen in ihre Kasernen zurückgezogen würden. Aber der Konig verlangte Demütigung, Niedexreißung der Barrikaden, dann könne vom Frieden und Abzug der Truppen gesprochen wer- den. Er drückte Rellstab eine Proklamation in die Hand, um ste zu verbreiten. Eine Deputation von Bürgern wollt« er«mp- fangen. Auf den Straßen wurde die Proklamation zerrissen und zer- treten. Rellstab hatte Schwierigkeiten, ein« Bürgerdeputation zu- sammenzustellen, viele Bürger hatten Angst und fürchteten sich, um nicht in den Verdacht der Rebellen zu geraten— das waren die Reichsten. Viele aber wollten auch nichts vom Könige wissen. Endlich jjelang es Rellstab mit einigen Bürgern zum König zu geben, wie hatten die Erklärung Friedrich Wilbelms anzuhören und wurden, ohne selber gesprochen zu haben, mit Dankesworten entlassen. Durch eine aufgeregte, oft erbitterte Volksmenge gelangte Rellstab am Abend Uber halbzerstörte Barrikaden nach Hause. Kurt Kersten . Staatstheater (Schauspielhaus.) „Die Journalisten". Gustav Freytage altbackenes Lustspiel, ging gestern als Kostümstllck aus der Mitte des vori- gen Jahrhunderts, mit der Zwiichenaktmustk jener Zeit, im staat- lichen Schauspielhaus« neu in Szene. Allzulange wurde die süß- liche Belletristik dieses Werkchen» jedem Literaturschüler als bei- nahe klajstsches Meisterstück neben Kleist»„Zerbrochenem Krug " und Lessings„Minna von Barnhelm«ingeredet. Du meine Güte! Heut« ist es ein welker Strauß in rosa Manschette, und vom Wesen des Journalismus und der Journaille raschelt es höchstens in der papierenen Sprache dieser Salontonversation. Die handelsübliche Vermischung von Politik, Geschäft.und Liebe er- scheint hier als gezuckert geistreichelnder Lustspielstoff für Backfisch- herzen. Der Meinungskauf und der tändelnde Zeitvertreib unter- nehmungslustiaer Leute tritt aus der kleinbürgerlichen und histo- tischen Perspektive in da» grellere Bild einer gesinnungskorrum� vierten Gegenwart, in der jcin Allerweltsdämchen nicht eine Zeitung, sondern ein eiserner Sttnne» gleich hundert Zeltun- g«N samt Redakteuren kapitalistisch aufkauft. Der„SHmock" des Freytagfchen Lustspiele, der seine Brillanten rechts und link» schreiben kann, wirkt unter heutigen Verhältnissen al»«in Harm« lose» kleines Hunderl, ein Schmöckchen, das von Martin Wolf« g a n g mit dem üblich gewordenen bitter tragikomischen Schimmer gespielt wurde. Den wahren Schmock der„Journalisten", Herrn Redakteur Konrad Bolz, den man auch Echmusheim nennen könnte, weil«r so herzig mit stch und den anderen zu plaudern weiß, spielte der neuengagierte Anton Edthofer nicht ohne Talent, aber reichlich operettenhaft und ohne sein« berühmten Vorbilder zu erreichen. Ale Adelheid Runeck wuchs Dagny Servaes munter und lebendig in ihre Rolle hinein. Z5em alten Oberst gab W t n t« r st e t n seine Mannhaftigkeit. So recht schlug aber nur die possenhafte Piepenbrinksszene ein, in der mit �rau D o r a, Herr P a t r y die weinsrohe Oberstimme hatte. Die> Zerren E i ch h o l z und Vespermann als Schreiber und Bell- maus zählten zu den rechtschaffenen Leistungen des Abends, der unter der Regie Ernst 2 e g a l e bis zu der völligen Unzulänglich- keit der Herren Witte und Florat hinabglitt. Der Bei- fall des Publikums wurde allmählich wärmer. E. B. Im Theater in der KöntggrStzer Straße ist die Er st auf- führuug von G o l d o a i» Lnstiptel M i r a n d o l i n a" für die nächst« Woche angesetzt worden, mit Else Heinz und Heinz Salfner i» de« Hauptrollen. Im Wiener Schauspielrrftre» wurde den Streikenden dag Aka- demie-Theater zur Verfügung gestellt, wo Vorstellungen auf eigene Rechnung stattfinden werden. Artur Schnitzlet Hai seine Werke tantiemenfrei für diesen Zweck zur Verfügung gestellt. Dt« Sturmabende begingen heute, Mittwoch, abend XS Uhr in der Kunstausstellung„Der Sturm'', Potsdamer Str. 1Z4a. Rudolf Vlllmner trägt expreistonistische Dichtungen von August Stramm u. a., vor. Herwarth Waiden spielt eigen« Tonwerk«. Moniftenvortrag. Am Freitag, den 17. September hält Dr. Max De«! vom Deutschen Monistenbund aus im Werner-Siemens- Realgymnasium, Hohenstaufenstr. 47-48, abends 7 Uhr, einen Vortrag Uber „Das Weltbild des Monisten". Eine Kieler„Herdstwoche für Kunst und Wissenschaft", die nun alljährlich«in« künstlerische und wissenschaftlich« Heerschau dar- stellen soll als Erlaß für die versunkene Flottensportparade, hat Sonntag ihren Anfang genommen. Das Programm umfaßt unter Mtwirkuna hervorragender Künstler und namhafter Gelehrter Festspiele in den städtischen Theatern, Konzert«, wissenschaftliche Vortrage, sowie Ausstellungen. Da» größte vetonschiff, das bisher in Europa gebaut wurde! ist Anfang Juni in Kopenhagen in Dienst gestellt worden. Es übertrifft laut„Prometheus" mit einer Tragfähigkeit von 18.00 Tonnen bei weitem die größten norwegischen Betonschiffe mik 1000 Tonnen Tragfähigkeit. Das Fahrzeug ist 71 Meter lang und wird durch«Ine Dampfmaschine angetrieben, mit der es etwa acht Knoten läuft.„ �
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3 (15.9.1920) 385
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