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Montag, 20. September 1920
Nummer 393
Abend- Ausgabe
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Im Ministerium des Innern hatte Giolitti eine Be iprechung mit ben Bertretern der Industriellen und der Arbeiter unter Teilnahme der Präfetten von Mailand und Turin . Giolitti betonte in seiner einleitenden Rede, daß der Geist der Mäßigung notwendig sei, um die schwere Krise zu lösen. Alle in Frage kommenden Punkte wurden erörtert. Bezüglich der von den Industriellen für notwendig erachteten Arbeiter. entlassungen schlug Giolitti eine versöhnlichere Formulies zung vor, worauf die Vertreter der Arbeiter und der Industriellen getrennt berieten.
Nach Wiederaufnahme der gemeinsamen Besprechung erklärten bie Industriellen, die Formulierung Giolittis nicht annehmen zu fönnen, aber fie müßten sie wohl über sich ergehen lassen. Giolitti erklärte, daß er die Berantwortung mit übernehme. Nach Schluß der Sigung wurde eine Erklärung veröffentlicht, in der es heißt:
Da die gewerkschaftlichen Verbände eine Kontrolle der Betriebe zum Zwede der Steigerung der Produktion und der Wiederaufnahme des Wirtschaftslebens für notwendig erachten und sich der Einführung der Kontrolle nicht widersetzen, wird ein paritätischer Ausschuß gebildet, der Borschläge unters breiten soll für ein von der Regierung auszuarbeitendes Gesetz. Die industriellen Organisationen sollen auf der Grundlage der Beteiligung der Arbeiter bei der technischen
Das ungarische Teleg. Korr.- Bureau teilt amtlich mit: Das Sensationsblatt der nach Wien geflüchteten Sowjetjournalisten Az ember" veröffentlicht in seiner Nummer vom 19. September ben Tegt eines angeblichen Geheimvertrages, der in Goeboelloe zwischen Ungarn und Frankreich zustandegekommen jein soll. Den ungarischen Regierungstreifen sind seit einiger Zeit Nachrichten zugekommen, wonach der apokryphe Tegt eines solchen Vertrages dem Leiter der auswärtigen Politit eines Nachbars itaates verkauft worden ist. Demgegenüber wird festgestellt, daß ber jogenannte Goedoelloer Bertrag überhaupt nicht egiptiert und der im Az ember" angeführte Text apokryph und von Anfang bis zu Ende erlogen ist.
and finanziellen Kontrolle fowie in den Bers waltungen der industriellen Unternehmungen aufgebaut werden. Diese Vorschläge sollen sich auch ers streden auf die Einstellung und Entlassung der Arbeiter. Die Arbeiter werden die Arbeit wieder aufnehmen. Aber wenn ein Zusammenarbeiten im gleichen Betrieb oder in der selben Betriebsabteilung zwischen Arbeitern und ihren Borges jegten unerträglich wird, wird ein Ausschuß von je zwei Vers tretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer die nötigen Maßnahmen treffen.
Nach einer Pressemeldung find die Berhandlungen in Mailand zwischen den Bentralfommitees der Industriellen und den Gewerkschaften abgebrochen worden. Giolitti lud die beider Das feitigen Vertreter zur Wiederaufnahme nach Rom . Aktionskomitee der Arbeiter ernannte die Delegierten mit dem Auftrage, der Regierung und den Industriellen ein Ulimatum zu stellen mit der Erklärung, daß im Falle der Berwerfung der Arbeiterforderungen die sofortige Befehung aller Fabriten in ganz Italien erfolgen werde. Die Arbeiter fordern die gewert. schaftliche Kontrolle der Jubustrien. Die Judustriellen hatten nur die Kontrolle durch die Fabritsräte zugeftanden sowie bedeutende ökonomische und andere Zugeständnisse.
Die Krise in der tschechoflowakischen Sozialdemokratie
Von einem tschechischen Genossen wird uns geschrieben:
Die inneren Auseinandersehungen, die in den letzten Mos naten im Anschluß an die Fragen der Internationale in den westeuropäischen sozialdemokratischen Parteien um sich greifen, haben auch die tschecho- slowakische Sozialdemokratie nicht verschont. Diese Partei war bis zur letzten Zeit fast die einzige sozialistische Partei Westeuropas , die ihre organis satorische Einheit bewahrt hatte. Jetzt jedoch steht sie infolge der gewissenlosen Minierarbeit kommunistischer Elemente, die mit dem Ziel der Zerreißung der Partei in die Organisas tionen eingetreten waren, wie auch infolge der Passivität der Parteiinstanzen vor der Gefahr der Spaltung, die bie gesamte Arbeiterbewegung der tschecho- slowakischen Republik auf das schwerste gefährden muß.
Innerhalb der tschechischen Sozialdemokratie haben sich in der letzten Zeit vier Richtungen gebildet. Die Rechte, die von Habermann, Pid, Bechyne, Tusar usw. geführt wird, hat hauptsächlich in Prag und im Pilsener Kreis ihren Giz. Die 3entrumsrichtung" wird hauptsächlich durch das große Mährisch- Ostrauer Bergwerksrevier vertreten; ihr gehören die bekannten Führer Prohesch, Nemec, Stivin, Meißner usw. an. Die sogenannte„ marxistische Linke" wird von den Genossen Smeral und E. Burian geführt. Die kommunistische Linke endlich wird von dem fürzlich aus Rußland zurüdgefehrten Muna, von der Genossin Grimichowa und dem Genossen Stalet geleitet. Außer diesen vier Richtungen inners
Nach einer Havasmeldung aus Rom kommen von allen Seiten Nachrichten über eine Entspannung der Lage. In Genna sind die Fabriken fast vollständig geräumt und die roten und schwarzen Fahnen von den Gebäuden und Schiffen verschwunden.halb der tschecho- slowakischen Sozialdemokratie gibt es noch In Salerno haben sich die Arbeiter und Industriellen geeinigt, und die Arbeit ist wiederaufgenommen worden.
Das Blatt„ Czas " veröffentlicht eine Mitteilung, nach der die polnischen Friedensbedingungen unter anderem Folgendes verlangen:
1. 3m Augenblid des Abschluffes bes Waffenstilstandes bleiben die beiden Armeen in den Stellungen, bie fie augenblicklich befeht haben, 2. die Grundlinie für die Grenzen it die Grenze der zweiten Teilung( 1793). Die Gebiete westlich dieser Linie fallen an Polen oder Litauen . Das dicke Ende
eine vor furzem gegründete tschechische kommunistische Partei, an beren Spitze die früheren Arnachisten N. S. Neumann und Sonnenschein stehen.
Die inneren Verhältnisse in der Partei haben sich im Laufe der Zeit immer mehr zugespitzt. Der linke Flügel, geführt von den Kommunisten, übte fortgesetzt scharfe rüdsichtslose Kritik an der Koalitionspolitik der Partei, die seit 15 Mos naten zusammen mit den Nationalsozialisten und den Agrariern die Regterung bildete. Eigene positive Parolen stellte die Linke nicht auf, ste begnügte sich vielmehr damit, die Parole der politischen Arbeiterräte und des Anschlusses an die Mostauer Internationale als Anheilmittel in die Massen zu schleudern und jeden Andersdenkenden als„ Arbeiterverräter" zu denunzieren.
Angesichts diefer immer unhaltbarer werdenden Verhält nisse trat der rechte Flügel der Partei am 12. August in Prag zu einer Konferenz zusammen, die sich mit einem Manifest an die tschecho- slowakische Arbeiterschaft wandte, an den so festzuhalten. Gleichzeitig entfaltete die Linke eine sehr leb hafte Agitation im Lande, um vor dem für den 28. September anberaumten Parteitag die Delegierten für den Anschluß an die Moskauer Internationale festzulegen.
TU. Warschau, den 20. September. Zur Untersuchung der Ursache der polnischen Nieders Lage bei der großen bolſchewiſtiſchen Offensive ist von der vol.zialdemokratischen Grundsägen und der Einheit der Partei nischen Heereslettung ein besonderes Militärgericht eingefeht worden. Man erwartet bet dieser Untersuchung sensationelle Ent
Mit dieser offiziellen Ableugnung des französisch- ungari- hüllungen. schen Geheimablommens ist noch gar nichts bewiesen. Die ganze Politik der Horthy - Leute berechtigt zu der Annahme, daß, je frecher die Ableugnung, um so sicherer der Tatbestand aan with abwarten müſſen, wie der andere Benes fontrahent, Frankreich , auf die Veröffentlichung des Geheimabkommens reagiert. Das erscheint ungleich wichtiger. Die Wahrheit über die Polengreuel
( Von unserem Sonderberichterstatter.) Unser Korrespondent erhält aus Ribarty das nachfolgente Schreiben. Es stellt eine neue Bestätigung der von uns wiederholt veröffentlichten Greueltaten dar, die die Polen an Juden veräst haben:
Ribarty, 31. August 1920. Es gelang mir, über den Vorfall in Grodno noch nähere Einzelheiten zu erfahren. Der amerikanische Delegierte Badasch tam nach Grodno , um seine Eltern zu befchen und Geld zu bringen. Als die Polen davon erfuhren, brangen fie in sein Haus ein, in dem sich nur seine 21 Jahre alte Schwester Chana befand. Sie wurde von den Bolen überfallen und vergewaltigt. Da sie sich dagegen wehrte und schrie, wurde sie von den Bolen erschossen. Eine Kugel traf fie in den Kopf, eine zweite im Sals. Als ihr zweiter Bruder Lazar, der ihr Schreien hörte, hinzueilte, gaben die Bolen auf ihn zwei Schüsse ab. Er ist seinen Verwundungen erlegen.
Es gelang ben Polen , ben aus Amerita zurüdgelehrten Bruder in einem anderen Hause aufzufinden. Er versuchte, sich durch seine amerikanischen Papiere auszuweisen. Die Bolen vernichteten biese sofort und entwenbeten ihm 20 000 Dollars.
Der geschilderte Borfall spielte sich am 23. August in der Vor: stadt Grobnos ab. Am 24. belegten die Bolsche wisten die Stadt und am 25. wurden die Leichen bestattet. Die Bolschewisten haben die beiden Leichen photographiert. Badasch hat die Aufnahmen mit sich nach Amerita genommen. Die Bestattung, an der auch die Bolschewißten regen Anteil nahmen, hat großes Aufsehen erregt.
, 19. September. Am Sonnabend lonferierte der Präsident der polnischen Friebensbelegation Dombsti mit dem Präsidenten der ruffiſchen Friebensbelegation Joffe. Die erke Blenarligung der Friebenstonferenz foll Dienstag stattfinden,
Polnischer Vormarsch in Galizien
TU. Warschau, ben 20. September. Berfolgung des Feindes wurde bie Linte bes unteren 3 bru 38 Amtlicher Heeresbericht vom 19. September: Bei der weiteren Olejow sowie£ arnoppt and promenlah schweren Kämpfen bet Blynow nahmen unsere Abteilungen Dubno ein. In der Richtung auf Rowno warfen wir den Feb
auf Klewan zurück.
In weiteren schweren Stämpfen östlich Kobryn zeichnete sich besonders Hauptmann Müller vom Infanterieregiment 65 aus, der an der Spige einer Kompagnie überlegene feindliche Kräfte zer fprengte, 150 Gefangene machte, 6 Maschinengewehre und 20 Trains wagen erbeutete. An der übrigen Front örtliche Rämpfe und Batrouillentätigkeit. Am Njemen und an der Stara konzentriert der. Feind sehr starke Kräfte. Westlich von Seiny zerstörten die Litauer ihre Stellungen.
Razzia auf Sozialisten
Amsterdam , 20. September. Nach Blättermeldungen aus London wurde in ganz Amerita eine Razzia gegen die Extremisten abgehalten. Es ist Befehl gegeben worden, den Führer der Internationalen Ars beiter der Welt" zu verhaften.
Amerika , das„ freieste Land der Welt", scheint seinen Stolz barin zu sehen, in der brutalen Bekämpfung des Sozialismus und seiner Vertreter den Ländern des europäischen Kontinents führend vorans zugehen. In Amerika füllen heute noch Hunderte von Sozialisten und Kriegsgegnern die Gefängnisse, die wegen geringfügiger Vergehen während des Krieges zu langjährigen Buchthausstrafen verurtellt wurden.
Gegenwärtig steht man in Amerita unter dem Banne des Bolschewistenschrecks. Seit Jahresfrist hat eine behördliche
setzt.
Berfolgung aller revolutionärer, sozialistischer Elemente eingeEs gibt in diesem Elbo rado der bürgerlichen Demotratie teine Auseinandersehung über die brennenden Beitprobleme, fondern nur brutale Vergewaltigung. Daß man bet der Arbeiterklasse nur bas Gegenteil erzielt, nämlich die Stärkung des sozialistischen Gedankens, ist natürlich. So hat man jest, wie wir bereits mit teilten, die fünf sozialistischen Vertreter des Staates New York , bie man im vorigen Frühjahr wegen threr Gesinnung furzerhand and schloß, bei den Erfagwahlen einfach wiedergewählt. Mit diesen Mitteln werden sich die Dollarkönige nicht vor der roten Flut schützen können.
Kurz vor dem Parteitag hat nun der Parteivorstand eine usw. nach Prag einberufen, die am 15. ds. Mts. stattgefunden Konferenz der Kreisvertrauensleute, des Parteiausschusses hat. An diese Konferenz haben sich die vier sozialdemokratischen Minister mit einer Zuschrift gewendet, in der sie ihren Austritt aus der Regierung erklärten. Sie be gründeten ihren Schritt damit, daß es ihnen angesichts der fortgesetzten Angriffe und Beleidigungen seitens der kommu nistischen Genossen unmöglich sei, ihre Tätigkeit für das Wohl der Arbeiterschaft und der ganzen Partei fortzusehen, und Chefredakteur des Zentralorgans Pravo Lidu", Genosse ersuchten die Konferenz, ihre Demission zu genehmigen. Der Stivin fonnte diese Erklärung mit Recht als„ trauriges Do fument für das innere Leben der gesamten Partei" bea zeichnen.
Mit großer Majorität beschloß die Konferenz, den Austritt der sozialdemokratischen Minister aus der Koalitonsregie rung zur Kenntnis zu nehmen. Die fommunistische Linte hatte einen Antrag gestellt, daß die Minister bis zu dem Parteitag in der Regierung verbleiben müssen. Dieser Antrag wurde glatt abgelehnt. Weiter wurde mit 38 gegen 16 Stimmen beschlossen, den Parteitag bis Mitte Dezem ber zu verschieben.
Auf der Konferenz wurden auch die 21 Anschlußbedingun gen der Moskauer Internationale einer Prüfung unterzogen. Hierbei wurde betont, daß die Partei und das tschecho- slowakische Proletariat diese Bedingungen nie annehmen würden, da sie ein Harakiri der Partei bedeuten würden. In ähnlichem Sinne hat sich übrigens fast die ges samte tschechische Parteipresse ausgesprochen.
Die fommunistische Linte hat nun am folgenden Tage eine Sonderkonferenz in Prag abgehalten, die die Parole ausgab, daß der Parteitag am 28. und 29. Ottober abges halten werden müsse. Sämtliche Organisationen der Partei wurden aufgefordert, trotz des Beschlusses der Parteifonferenz den Parteitag zu beschiden. Das bedeutet eine offene Kampfansage an die gesamte Partei und den Bea ginn der Spaltung, den die kommunistische Linte planmäßig angestrebt hat. Die Einheit der mächtigen Sozialdemokratie, die gegenwärtig tschecho- lowakischen 800 000 Mitglieder zählt, wird in frivoler Weise in Stüde geschlagen.