Nr. 207. 14. Jahrgang. 3. Beilage des„ Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Sonntag, 5. September 1897.

für Berlin  .

III,

Ober

in

der Gebäude verschiedene Höhen erhalten dürften, kann ein stehen, sind nicht geändert worden. Neu ist die ausdrück­daß Mittelmaß nach einer in der neuen Baupolizei- Ordnung genau liche Bestimmung hinzugekommen, die Gebäude Die neue Baupolizei- Verordnung vorgeschriebenen Rechnungsweise festgestellt werden. allen Theilen nach den Regeln der Technik aus guten, ziveck Das Längenmaß jedes Fronttheiles an der Oberfläche des entsprechenden Baustoffen herzustellen sind, und daß die Anforde Hofes gemessen, wird mit dem für ihn nach der vorstehenden zu- rungen, welche an die Festigkeit der Baustoffe zu stellen, lässigen Höhe( die Breite des Hofes vor ihm mit 6 Meter Zusatz), die Zahlen, welche der Festigkeitsberechnung zu grunde zu In bezug auf den Aufbau der Häuser bleibt die Be- welche aber 22 Meter nicht überschreiten darf, multiplizirt, die legen, die Belastungen, welche für den Baugrund und die ein ftimmung bestehen, daß die Gebäude in den Frontwänden stets Summe der dadurch gewonnenen Produkte wird durch die Summe zelnen Gebäudetheile zulässig sind, sowie sonstie Konstruktions 12 Meter hoch, nicht aber höher als 22 Meter errichtet werden der Längenmaße getheilt; der Quotient ergiebt die zulässige Höhe. vorschriften durch die Polizeibehörde, so oft und so weit sie es dürfen. Zwischen diesen Grenzen gilt die Regel, daß die Baulich- Auch diese Vorschriften sind im allgemeinen mit der bisherigen für erforderlich erachtet, bekannt gemacht werden. feiten an Straßen so hoch sein dürfen, als die Straßen vor ihnen Baupolizei- Ordnung, beziehungsweise mit der Art ihrer Auslegung zwischen den Fluchtlinien breit sind. Die Vorgärten werden also übereinstimmend. Sie sind nur in unzweideutiger Art festgesetzt, um zu der Straßenbreite gerechnet. Ist die Straße zwischen den alle Streitigkeiten zu vermeiden. Baufluchtlinien schmäler, als das Haus hoch werden soll, so kann die Zulässigkeit einer größeren Höhe als die Straßenbreite dadurch erreicht werden, daß das Haus um eine entsprechende Entfernung hinter die Fluchtlinie zurückgesetzt wird. Höher als 22 Meter darf es aber auch dann nicht werden.

Diese Bestimmung hat nach zwei Seiten Wichtigkeit. Sie erleichtert zuerst die Kontrolle der Güte der Baumaterialien. Wenn durch die Veröffentlichungen der Polizeibehörde festgestellt ist, Die Höhe der kleineren selbständigen Bauwerke, die auf Höfen welche Festigkeit die Ziegel haben müssen, die bei den Bauten in öfter aufgeführt werden, durfte bisher 5 Meter nicht überschreiten. Berlin   verarbeitet werden, so wird es leicht sein, nachzuweisen, daß In der neuen Baupolizei Ordnung find 6 Meter Höhe zugelassen bei einem Bau untaugliches Material verwendet wird. Man braucht bei 40 Quadratmeter Grundfläche, wie es bisher war. das beanstandete Material nur der Prüfungsstation für Baus Ueber den Aufbau des Daches und die Abmessungen von materialien zu übergeben, um die Frage schnell entschieden zu haben. Thürmen, Giebel  , Dachlucken u. s. w., wodurch die Architekten ihre G3 bestehen freilich schon heute solche Veröffentlichungen durch Fassaden zu verschönern suchen, enthält die neue Baupolizei- die Polizeibehörde, fie beziehen sich aber nur auf die zulässige Bea Ordnung folgende Vorschriften: anspruchung von Baumaterialien, d. h. fie geben die Belastung an, bis zu welcher die verschiedenen Arten von Mauerwert belastet werden dürfen. Diese Belastungsgrenze bleibt selbstverständlich weit hinter der Festigkeitsgrenze zurück, die die Materialien haben müssen, um die Belastung für die Dauer sicher zu tragen. Dann aber wird durch die Aufnahme der eigentlich selbstver ständlichen Bestimmung, daß die Gebäude nach den Regeln der Technik aus guten Materialien hergestellt werden müssen in die Baue polizei- Ordnung die Durchfeßung eines Entschädigungsanspruches bei einem Unglücksfall, der durch Verletzung dieser Vorschrift ent­steht, wesentlich erleichtert, da das Handeln gegen eine ausdrückliche Polizeiverordnung, wenn dadurch ein Schaden geschieht, immer als grobe Fahrlässigteit aufzufassen ist.

An Straßen, die auf einer Seite unbebaut bleiben, dürfen die Häuser in der Front 22 Meter hoch errichtet werden, auch wenn die Straße schmäler als 22 Meter ist; an Blägen aber nur dann, wenn die Pläge mindestens 22 Meter breit sind. Von der Straßenfront und der Hinterfront werden unter Bis hierher ändert die neue Bauordnung nichts an den bestehenden 45 Grad geneigte Linien gezogen. Ueber diese Linien darf das an­Zuständen. Neu ist die Bestimmung, daß Seitenflügel in einer zulegende Dach nicht hinausgehen. Wenn also ein anderes Dach, Länge von höchstens 5,50 Meter von der Hinterfront des Haupt- 3. B. ein gebrochenes( Mansarden-). Dach angelegt wird, wie es die gebäudes ab gemessen, die Höhe des letzteren erhalten dürfen, wenn Architekten vielfach anwenden, das von der Front aus mit größerem in diesem Theile des Seitenflügels eine bis in das oberste Geschoß Winfel als 45 Grad ansett( es darf der Dachwinkel bis auf 60 Grad führende Treppe angelegt wird. Es ist dadurch erreicht, daß alle vergrößert werden), so muß die Gefimslinie der Front dementsprechend Wohnungen des Vorderhauses mit Nebengelassen und Bimmer im tiefer gelegt werden, so daß die Bruchlinie der Mansarde in die Seitenflügel versehen, und zugleich dem obersten Geschoß auch ein unter 45 Grad von der zulässigen Gesimshöhe abgezogene Normal Zugang zu der Hintertreppe gegeben werden kann. Dachlinie fällt, und die Firstlinie des Daches muß dem entsprechend erniedrigt werden.

Wir übergehen die Bestimmungen, die für Eckgrundstücke erlassen find, die an Straßen von ungleicher Breite liegen, ferner für solche Häuser, die nicht Eckgrundstücke sind, aber doch an zwei nicht gleich breiten Straßen liegen, und für solche Grundstücke, die an Straßen liegen, die vor dem Grundstück ungleich breit sind. Die Baupolizei­Ordnung läßt in diesen Fällen auch den bisherigen Zustand weiter bestehen, giebt nur genauere, jedes Mißverständniß möglichst aus schließende Bestimmungen.

B

Für die Aufbauten auf den Dächern ist den Architekten eine etwas größere Freiheit gegeben, als sie bisher bestand. Wir Wenn bisher vorgeschrieben war, daß nothwendige Deffnungen können das nur billigen. Das Straßenbild der neuen Bauten wird in Brandmauern zwar zulässig find, aber mit eifernen felbst­dadurch etwas mehr Rhytmus erhalten, als der Architekt ihn heut thätig zufallenden Verschlußvorrichtungen ver erreichen kann; es wird die Eintönigkeit, die den Straßen einer sehen sein müssen, so sagt die neue Baupolizei- Verordnung besser Großstadt so leicht anhaftet, etwas gemildert werden können. und bestimmter, daß diese Verschlußvorrichtungen: feuer und Um das 3nfammenbauen zweier Grundstücke zu rauchsicher, selbständig zufallend, aber nicht ver­befördern, d. h. das Bebauen zweier neben einander liegender schließbar sein sollen. Grundstücke derart, daß die unbebaut bleibenden Theile, unbeschadet Es ist also das Material nicht, vorgeschrieben, aus dem diese einer bis zur Höhe von zwei Meter zulässigen Grenzscheidemauer Berschlüsse gemacht werden sollen, sondern ihre Eigenschaften find eine in der Länge von sechs Meter zusammenhängende Fläche bilden, festgestellt, die sie haben müssen. Sie sollen nicht verschlossen die die sie umgebenden Gebäude mehr Luft und Licht zuführt, als sein, um bei Feuersgefahr den Löscharbeiten und dem Retten von es durch die einzelnen Höfe geschieht, darf bei Feft- Menschenleben kein Hinderniß aut bereiten, damit sie nicht etwa als ftellung der Höhe der hinteren Gebäude außer der Ab Fallen wirken. meffung des zugehörigen Haupthofes noch die Hälfte der Abmessung Wir übergehen die Vorschriften der neuen Baupolizei­des Nachbarhofes in Rechnung gestellt werden. Diese Erleichterung Berordnung, die fich hauptsächlich auf die Einzelnkonstruktionen der gilt aber nur dann, wenn die Verpflichtung auf sämmtlichen be- Gebäudetheile beziehen, weil sie nur für den Techniker Interesse Die Höhe der Hintergebäude( Seitenflügel, Mittel- theiligten Grundstücken durch Eintragung in das Grundbuch gefichert haben und dem Nichttechniker nur sehr schwer verständlich zu machen flügel, Quer-, Seiten- und Mittelgebäude) dürfen in der Höhe ist. Wird diese Verpflichtung gelöscht, so haben die Grundstücks- find, um in einem folgenden Artikel noch über die polizeiliche Auf­der Ausdehnung des Hofraumes vor ihnen, senkrecht zur Umfaffungs- besitzer ihre Grundstücke den allgemeinen Vorschriften der Bauordnung sicht bei der Bau- Ausführung und über die Vorschriften zu berichten, wand gemessen, um mehr als sechs Meter nicht überschreiten, entsprechend einzurichten. die für solche Wohnräume erlassen sind, die zum dauernden natürlich in der Grenze, daß sie niemals höher als 22 Meter werden Die Vorschriften über die Entfernung der Gebäude Aufenthalt für Menschen dienen sollen. dürfen. Da es hierbei vorkommen kann, daß die einzelnen Theile von einander, wenn sie nicht unmittelbar neben einander

Die Höhe der Hinterfront des Vorberhauses wird in der Regel so hoch aufgeführt wie die Borderfront, doch kann unter Umständen, wenn die Höhe der Borderfront die größste zulässige Höhe nicht erreicht, die Hinterfront 3 Meter höher gemacht werden als die Borderfront, bis zur zulässigen Höhe von 22 Metern im höchsten Falle. Sie muß dann aber hinter der für die Hintergebäude au­läffigen Höhe, deren Festsetzung wir sogleich kennen lernen werden, um brei Meter zurückbleiben und dabei nicht mehr als drei Meter höher werden, als der hinter ihr liegende Hof sentrecht zur Hinter front gemeffen breit ist.

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