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Br. 282. 14. Jahrgang. 1. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Dienas, 5. Oktober 1897,

Vorversammlung.

Bertrauen der Genossen in weiten Deutschen Reich berufen sind, an müthig anzunehmen. Es sind Sympathiekundgebungen für die Parteitag der Sozialdemokratischen den Verhandlungen des Parteitages theilzunehmen, Ihre Thätigkeit um den Achtſtundentag ringenden englischen Metallarbeiter.( Teb. entfalten werden unter dem Eindruck der Thatsache, daß die Sozial hafter Beifall.) Die erfte Resolution ist von Genossen Legien eins Partei Deutschlands  . demokratie neuen Kämpfen entgegengeht, die zweifellos schwerer und gebracht und lautet: Hamburg  , 3. Oftober. entscheidender fein werden, als wir sie bis jetzt gehabt haben. Eine ganze Welt von Vorurtheilen, die finsteren Wlächte der Reaktion, die Fin Tütgen'schen Saale traten heute Abend um 7 Uhr die herrschenden Interessen, welche den sozialen, wirthschaftlichen und Delegirten zur Vorversammlung zusammen. Die Hamburger Ge- politischen Fortschritt nicht wollen fie stehen gegen uns, und nossen hatten für den festlichen Schmuck des prächtigen Saales wenn man ihren Worten Glauben schenken tönnte, so würde es trefflich gesorgt. Mit rothen Draperien waren die Säulen, die ihnen gelingen, uns zu überwinden. Die Sozialdemokratie hat, Rednertribüne und das Podium behangen, auf dem das Bureau besonders unter dem Sozialistengesetz, den Beweis geliefert, daß Plaz nehmen wird. Im Hintergrunde der Bühne stehen in einem fie, gefestigt in Wahrheit und Gerechtigkeit, unüberwindbar ist, Hain von Palmen und Lorbeerbäumen die Büsten von Mary, Engels und und Lassalle. Ueber dem Eingang zum Saale hängt das Porträt unferes Geib.

Den beziehungsreichsten Schmuck des weiten Raumes aber bilden die siebenzig prächtigen Parteis, Gewerkschafts- und Vereinsfahnen, die über der Bühne flattern, von den Gallerien herabwehen und an den Wänden aufgerichtet sind. Wenn an nichts anderem, so fann man hieran erkennen, daß der Parteitag diesmal in einer unserer Hochburgen zusammengetreten ist. An die fturmerprobten rothen Banner der Partei von Hamburg   und Altona   schließen sich die Fahnen aller Gewerkschaften und Arbeiter- Gesangvereine dieser beiden Städte. Unser alter Schlachtruf: Proletarier aller Länder vereinigt Euch! steht auf breitem, weißen Bande, das hoch über dem Podium ausgespannt ist.

Neber zweihundert Delegirte sind erschienen; unsere Fraktion ist beinahe vollzählig da, Grillenberger und Vollmar mußten wegen Beginns der bayerischen Landtagsverhandlungen fernbleiben. Der Andrang der Hamburger Genoffen zu der heutigen Abend- Ver­fammlung ist außerordentlich start. Um 612 Uhr sind die zwölf­hundert Plätze, die für die Zuhörer zur Verfügung stehen, besetzt und Hunderte müssen umkehren.

Das Interesse, das die bürgerlichen Parteien an den Berhand: Iungen nehmen, wird am deutlichsten bekundet durch die große Zahl Berichterstatter und Redakteure der bürgerlichen Presse, die an den langen, für die Presse reservirten Tafeln kaum Platz finden. Auch die führenden Blätter des Auslandes haben ihre Berichterstatter entfandt. Kurz nach 7 Uhr tragen die beiden Liedertafeln Männer­Gesangverein Freiheit" und" Quartett Barmbect" einen" Gruß an den Parteitag", den der alte Jakob Audorf   gedichtet hat, und" Bet' und arbeit ruft die Welt" von Georg Herwegh   vor.

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Der Parteitag der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  bietet den im Kampf um den Achtstundentag befindlichen Maschinen­bauern Englands seine brüderlichen Grüße und wünscht, daß dieser für die Erringung des achtstündigen Arbeitstages be deutungsvolle Kampf zu gunsten der Arbeiter entschieden werde. Die Delegirten verpflichten sich, in ihren Heimathsorten dafür zu sorgen, daß der Zuzug von Metallarbeitern nach England fern gehalten und auch eventuelle Unterstüßung aufgebracht wird, bie Metallarbeiter Englands nicht wegen Mangel den Wenn an Geldmitteln Rampf aufgeben müssen. der Parteitag auch der Meinung ist, daß die englischen Gewerk­schaften finanziell so günstig stehen, daß sie noch lange dem Unternehmerthum Trotz zu bieten vermögen, so hält er es doch für den besten Ausdruck der Solidarität, wenn die deutschen  Arbeiter nach besten Kräften den englischen Arbeitsgenossen mit materieller Hilfe zur Seite stehen. Der Einigkeit des Proletariats gegenüber wird das Unternehmerthum sich als machtlos ers weisen. Der Sieg der Maschinenbauer Englands wird neue Bahnen schaffen zum endlichen Siege des Proletariats aller Länder."

damit auch gestalten, was sie uns auch bringen mögen, das eine ist gewiß, daß die Sozialdemokratie bereit und im ftande ist, jeder Gegnerschaft, jedem Schicksal, das wider sie heraufbeschworen wird, die Stirne zu bieten. Unter dem Eindruck der Thatsache, daß jetzt aufs neue feitens der finsteren reaktionären Gewalten Vernichtungspläne geschmiedet werden, die nicht nur uns, der sozialdemokratischen Partei, nein, die der Freiheit und dem Rechte der ganzen Nation gelten, werden Sie, Freunde und Genossen, berathen und beschließen. Nochmals dann herzlich willkommen! Glückauf zum guten Werke! Hier sollen neue Waffen geschmiedet werden zum Kampfe gegen die Gegnerschaft, neue Positionen sind zu schaffen, und ich bin überzeugt: wie hart auch oft der Streit der Meinungen entfacht werden möge, er steht unter der Herrschaft des guten Willens, für die Partei das beste herbeizuführen. Ans Werk denn, Freunde und Genossen, in der festen Ueberzeugung, die uns bis jetzt nimmer verlassen hat. Daß das, was wir finnen, was wir thun, der ganzen Menschheit, der Kultur, den Aufgaben der Kulturmenschheit zu Nutzen gereichen wird! Wenn Sie von hier fortgehen, werden Sie es thun in dem tröstenden, ermuthigenden Bewußtsein, mitgewirkt zu haben an Beschlüssen, die zweifellos eine neue Etappe auf dem Wege der Entwickelung der Sozialdemokratie zu ihren Zielen bezeichnen werden.( Lebhafter Beifall.)

Eine zweite Resolution rührt von den Genoffen Stücklen( Hof), Emmel( Saarlouis  ), Thiele( Halle  ), Lienau( Neumünster  ) und Meßger ( Hamburg  ) und hat folgenden Wortlaut:

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Der heutige Parteitag der Sozialdemokratie Deutschlands  entfendet den um den Achtstundentag kämpfenden Maschinenbauern Englands feinen brüderlichen Gruß. Er erklärt, daß die Sozial demokratie Deutschlands   mit hohem Stolze auf die mustergiltige gewerkschaftliche Organisation blickt, mit der die Arbeiter des Maschinenfaches in England der starken Roalition ihres Unter­nehmerthums entgegenzutreten wiffen. Mit Genugthuung begrüßt er ferner die Thatsache, daß zum ersten Mal gewerkschaftlich organisirte Arbeiter eines gangen Gewerbes im tapitalistischen Musterstaat England den Achtstundentag als Rampfparole aus gegeben haben. Der Parteitag der Sozialdemokratie Deutschlands  versichert deshalb die englischen Maschinenbauer seiner besonderen Sympathie und wünscht ihnen baldigen und vollständigen Erfolg in ihrem bedeutsamen Kampfe."

Bebel bittet, die erste Resolution zu gunsten der zweiten zurüd zuziehen. Sie scheint mir beffer dem Geist zu entsprechen, in dem wir uns ausdrücken wollen.( Zustimmung.)

Singer: Ji Genosse Legien damit einverstanden? Legien: Nein.

Moltenbuhr: Parteigenossen! Der gefchäftsführende Aus­schuß hat mich beauftragt, den heutigen Parteitag zu eröffnen. Ehe wir jedoch zur Bureauwahl gehen, fann ich nicht umhin, einige Worte über den gegenwärtigen Tag zu sagen, da er ja ein Er­innerungstag im Kampfe der Sozialdemokratie ift. Heute sind zehn Jahre verflossen, seit in der Nähe von St. Gallen   80 Vertreter der deutschen   Sozialdemokratie zusammentraten, um einen Parteitag im Nachdem der Beifall verrauscht ist, den der treffliche Vortrag Auslande abzuhalten. Es ist also ein Gedenktag der Sozialdemo­der Lieder verdient hatte, betritt Frohme die Rednertribüne und fratie, und wir können sagen, ein Jahrzehnt der Siege ist seitdem begrüßt die Erschienenen mit folgenden Worten: Werthe Freunde verflossen. Damals sann Buttkamer darauf, mit welchen Mitteln end­und Genossen, Vertreter der sozialdemokratischen Partei, geehrte giltig die Sozialdemokratie beseitigt werden könne. Seine Verschärfungen Singer: Ich glaube, es ift der Sache nicht dienlich, wenn Gäste! Im Namen des Lokal- Komitees, welches die sozialdemo- des Sozialistengesezes, die er damals plante, gaben der Reaktion fratische Parteigenossenschaft von Hamburg   Altona   repräsentirt, noch die Hoffnung, daß es möglich sei, diese Bewegung mit Gewalt wir uns in einen Wortkampf über die Fassung der Resolution ein­habe ich der ehrenvollen Pflicht zu genügen, Sie herzlich will mitteln zu unterdrücken, und wir schen, die Leute der Gewalt sind laffen.( Bustimmung.) Worauf es anfommt, wissen wir alle. Wir tommen zu heißen. Damit soll nicht lediglich einer bloßen gewichen, die Sozialdemokratie ist die Siegerin auf dem Kampfplay. wollen den englischen Maschinenbauern unsere Sympathie, unseren äußeren Anstandspflicht genügt fein; nein, der Will Damals hatten wir eben eine Wahl hinter uns. Die Sozialdemo- Glückwunsch und unsere Hoffnungen auf ihren Sieg aussprechen. tommengruß, den ich Ihnen entbiete, ist ein Ausdruck des Ge- fratie hat unter dem Sozialistengeseze bewiesen, daß sie auch eine( Bravo  !) Ich nehme an, daß der Parteitag damit einverstanden ist, fühls schöner Solidarität, die Ihnen entgegengebracht wird von siegende Partei sein könne. Seitdem haben wir zwei Wahlen wenn das Bureau die Redaktion der beiden Resolutionen zu einer vielen Tausenden, ein Ausdruck der unwandelbaren Liebe und Hin- gehabt, jede Wahl hat uns neuen Zuwachs gebracht, ja, vornimmt und ich konstatire mit Genugthunng, daß der Partei­gebung an die gemeinsame, gute, große Sache, zu deren Wabrung eine Million Mitstreiter sind im ersten Jahrzehnt gewonnen tag einftimmig die Sympathiekundgebung selber befchloffen hat. Jetzt follen wir und Förderung Sie hierher geeilt sind nach Hamburg  , nach der worden. berathen, wie wir uns zu( Bravo  !) alten Hansastadt am Elbestrande, von nah und fern. Werthe den nächsten Reichstagswahlen stellen werden. Jezt stehen Nunmehr wird zur Feststellung der provisorisch vorgeschlagenen Freunde und Genossen! Die Hamburger Parteigenossenschaft weiß wir vor einer Wahl, um wieder einmal Heerschau zu halten. Die Tagesordnung gefchritten. die Ehre, die ihr mit der Abhaltung dieses Parteitages in ihrer ganze Situation von heute und damals gleicht sich ja infofern, weil Mitte zu theil wird, zu würdigen. Willkommen denn im Namen der hehren Idee, die uns mit vielen Millionen auf dem weiten Erdenrunde verbindet! Willkommen im Geiste jener hehren Fragen, die zu lösen die Sozialdemokratie berufen ist! Willkommen unter diesen Bannern und Panieren, welche diesem Geifte geweiht ftumme Zeugen mancher Kämpfe und schöner Siege dieses Geistes find!

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Sie befinden sich hier auf einem Boden, von dem man sagen tann, daß auf ihm die Sozialdemokratie heimathberechtigt ist. Als im Jahre 1863 Ferdinand Lassalle   seinen flammenden Appell an die Arbeiterklaffe ergehen ließ, jenen Appell zum großen Emanzipations­fampf, da war Hamburg   eine der ersten und fruchtbarsten Pflanz stätten des demokratischen Sozialismus. Klein war die Schaar, die damals fich hier zusammenfand, winzig klein im Verhältniß zu der Masse der arbeitenden Bevölkerung. Berhöhnt, verlacht, verspottet. Ein bürgerliches Blatt war es, welches im Jahre 1865 spöttisch meinte, Hamburg   sei die sozialdemokratische Apostelschule. Die ernste Wahrheit hat diesen Scherz, diesen Hohn gerichtet. Ja wohl, von Hamburg   aus find gar viele Verkündiger des neuen Evan­geliums unserer Beit hinausgezogen in alle Lande. Dies Evans gelium, es hat Wurzel gefaßt allüberall, aus der fleinen mißachteten Partei, von der man in ihren Anfängen glaubte, daß sie nur dem Sirngespinnste eines Einzelnen ihre Entstehung verdanke, ist eine Macht geworden; aus der kleinen Schaar erwuchsen Bataillone und aus den Bataillonen ward ein Heer, das Schlachten geschlagen hat und das zurückblicken kann auf schöne Siege, die unvergessen bleiben werden, so lange man eine Geschichte der sozialdemokratischen Partei Deutschlands   fennen wird.

Hier in diesem Raume ertönte zum ersten Male jenes Lied, das heute Hunderttausende begeisterungsvoll fingen, das Sturm- und Stampflied der Sozialdemokratie, das uns das Herzblut unseres Jakob Audorf   gegeben, die deutsche   Arbeitermarseillaise, die aus­flingt in den Refrain Nicht zählen wir den Feind, nicht die Ge­fahren all!" jenes Lied, welches da mahnt zum Kampfe für Wahrheit und Recht gegen den gehaßtesten Feind, den Unverstand der Massen. Des Sängers Hoffnung ist wahr geworden, der Uns verstand der Massen ist durchbrochen, der demokratische Sozialismus, er hat den unterdrückten, mißachteten, verhöhnten Massen des Volkes die Erkenntniß gebracht, die nothwendig war, um den Boden zu bereiten, auf welchem eine große, starte Partei fich entwickeln fonnte. Werthe Freunde und Genoffen! Die Parteitage, welche die Sozialdemokratie abhält, dienen einem höheren Zwecke als die, welche veranstaltet werden von den sogenannten staatserhaltenden, den bürgerlichen Parteien. Hier in diesem Raume unter den Genossen und Genossinnen, die berufen find, mitzurathen und mit authaten, ist keiner, der sich nicht voll bewußt wäre der großen Ver­antwortlichkeit, die die Sozialdemokratie vor der Geschichte, vor der Mits und Nachwelt hat. Wir wissen und in diefer Ueberzeugung haben wir bis jetzt allen Fortschritt vollbracht, daß die Sozial­demokratie berufen ist, die großen Fragen unserer Zeit zu lösen, von denen Lassalle vor bald 40 Jahren sagte, daß sie die Gesellschaft erschüttern bis in ihre innersten Tiefen.

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auch heute die Reaktionäre darauf finnen, ob nicht eine Möglichkeit vorhanden ist, mit Gewalt schließlich die Bewegung zu unterdrücken, und gerade deshalb werden die bevorstehenden Wahlen von so un­endlicher Bedeutung sein; ja, wir föunen fagen, der Schlachtplan foll hier entworfen werden, der Schlachtplan, unter dem das Prole­tariat einen Kampf im nächsten Jahre austämpfen soll. Es ist eigen thümlich: solange die sozialdemokratische Partei bestebt, hat sie es als ihre wichtigste Aufgabe mit betrachtet, gerade die Wahlagitation zu betreiben; aber seit 21 Jahren hat fein Parteitag sich mit der Frage der bevor­stehenden Wahlen beschäftigt, weil entweder die Wahlen unvermuthet tamen oder, wie es unter dem Sozialistengefeß regelmäßig der Fall war, erst längere Zeit nach einem Parteitage. Die bevorstehenden Wahlen werden von besonderer Bedeutung fein; gerade bei dieten Wahlen gilt es, den Gegnern einen Schlag zu verfeßen, und deshalb steht dem gegenwärtigen Parteitage, der jetzt an der Nordgrenze des Deutschen Reiches tagt, eine besonders wichtige Aufgabe bevor. Es gilt eine Grundlinie zu schaffen, eine Grundlinie zu schaffen, eine Organisation, unter der wvir neue Siege an unsere Fahnen heften. Ohne fondern die Zweifel blickt nicht nur Deutschland  , ganze Es gilt für uns zu zivilisirte Welt auf diesen Parteitag. arbeiten im Jutereffe des gesammten Proletariats.( Bravo  !)

Es war bei uns bisher üblich, daß der Parteitag geleitet wird von zwei Präsidenten mit gleichem Recht. Dagegen erfolgt auch diesmal kein Widerspruch, ich bitte um Vorschläge. Ein Meist Köln   schlägt Singer und Lesche- Altona vor. anderer Vorschlag wird nicht gemacht.

Singer: Genofsinnen und Genossen! Bugleich im Namen des Genoffen Lesche sage ich Ihnen herzlichen Dank für die Ehre, die Sie uns durch die Wahl zu Borsitzenden erwiesen haben. Ich brauche, was mich anlangt, nicht erst zu sagen, wie tief ergriffen ich davon bin, daß nun schon zu wiederholten Malen der Parteitag mir das Vertrauen erwies, mich mit der Leitung der Geschäfte zu beauftragen. Ich glaube, ich kann meinen Dank dafür nicht beffer bethätigen, als wenn ich Ihnen auch heute verspreche, in strenger Objektivität alles aufzubieten, um die Gefchäfte des Parteitages im Interesse der Partei zu fördern.( Lebhafter Beifall.) Die Vorredner haben in bereoter und schöner Weise auf einen Gedenktag hingewiefen, den wir hente feiern. Ich weiß noch einen anderen Gedenktag, der besonders für die Hamburger Genossen hier von Bedeutung ist: Auch das Hamburger Parteiorgan hat in diesen Tagen das Jubiläum des zehnjährigen Bestehens gefeiert. Und so wie die Hamburger Presse, waren es auch die Hamburger Genoffen, die stets voran in der Partei gekämpft haben! Ich bege die fefte Zuversicht, daß es auch in Zukunft so bleiben wird.( Beifall.) Der Parteitag in St. Gallen  , der letzte, der unter dem Sozialisten gefet abgehalten worden ist, hat uns zu nenen Siegen geführt. Wir treten heute in die Geschäfte dieses Parteitages ein, in der Bu­verficht und in dem Bewußtsein, daß auch dieser Parteitag feinem anderen nachiehen wird in dem Bestreben, für die Ehre, die Kraft und die Agitation der Partei weiter zu arbeiten, und ich weiß mich eins mit Ihnen allen, wenn ich Sie bitte, dieses Gelöbniß auszu sprechen in unserem alten Schlachtruf: Die deutsche Sozialdemokratie, heute mehr angegriffen wie je, heute aber auch fampfbereiter wie je, fie lebe hoch, hoch, hoch!

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Ein Parteiparlament, mit dem fein anderes sich vergleichen läßt, rücksichtlich seiner Bedeutung, seiner Ziele und seiner Wirkung, sehen wir hier versammelt, ein Parlament jener Partei, die mit Stolz von sich sagen kann, daß sie die wahre, die echte Boltspartei Die Delegirten und die Zuhörer erheben sich von ihren Plätzen Freunde und Genossen! Nicht, wag man im all- und ftimmen begeistert in bas Hoch mit ein. gemeinen das Partei- Interesse zu nennen pflegt, ist es, was hier Auf Vorschlag von Geyer Leipzig werden durch Attlamation zu wahren und zu fördern ist; nein, in diesem Worte Partei zu Schriftführern folgende Genossen gewählt: Frl. Baader Intereffe" begreift sich das berechtigte Interesse des Volfes, all' jener Berlin  , Sperta Stuttgart, Hug Bant, Feldmann Langen­Sindermann Dresden, Úllenbaum Elberfeld, nach Millionen zählender Massen, die da zu ringen haben gegen bielau, Elend, gegen Ungerechtigkeit, gegen Unterdrückung. Eines darf die Knappe Stettin  , Stolten Hamburg und Börner Berlin  . Sozialdemokratie, darf jeder ihrer Jünger und Verkündiger niemals Genoffe Eitzinger Nürnberg, der ursprünglich mitvorgeschlagen war, aus den Augen lassen, das ist die hobe, sittliche Kraft, die in unseren batte zu gunsten von Börner- Berlin  , ben Zubeil vorgeschlagen, auf Prinzipien liegt, die uns bis jetzt geleitet hat, die es uns möglich eine Wahl verzichtet. gemacht hat, Herr zu werden über alle Hindernisse, zu überwinden In die Mandatstommission werden durch Zuruf ge alles, was da geschaffen und bestimmt war, uns zu vernichten. wählt: Wein beber Hamburg  , Frau Jäger Leipzig, Böhle Die Zeit des Sozialistengesetzes, bier in Hamburg   hat sie manchen Straßburg  , Dr. Arons Berlin, Rayenstein Mainz, Sittig Markstein für die Geschichte der Partei errichtet. Auch von hier Hannover   und Michaelis Waldenburg. aus gingen in jener Zeit viele, viele wackere Genossen hinaus Die provisorische Geschäftsordnung wird ohne Debatte ge in alle Welt, Opfer bringend, ja sich selbst zum Opfer bringend nehmigt. der großen schönen Sache, der sie dienten. Nun dann,

Punkt 1: Geschäftsbericht wird debattelos anerkannt. Singer: Wir werden den Geschäftsbericht wieder gruppens weife diskutiren und zwar in einer Gruppe: Allgemeine Agitation, in einer zweiten, die Presse, und in einer dritten: die Rassenverhält. nisse. Dabei werden die Anträge, so wie sie in diese Eintheilung fallen, mitverhandelt werden. Diese Praxis hat sich in Gotha   durchaus zweckmäßig erwiesen.

Die Punkte der Tagesordnung II, III und IV bleiben, wie vor gefchlagen ist.

Bu Punkt V: Die Betheiligung an den preußischen Landtags wahlen beantragen die Parteigenossen des 3. Berliner   Reichstags Wahlkreises einen Korreferenten zu bestellen.

Böenec Berlin  : Die Genoffen, die diesen Vorschlag machten, fagten fich: Wenn ein Korreferent bestellt wird, wird die Diskussion wefentlich abgekürzt. Aus eben diesem Grunde ersuche auch ich Sie, für den Antrag zu stimmen.

Der Antrag wird angenommen.

Für das Korreferat werden Liebknecht, v. Elm und Schönlant vorgeschlagen. Schönlant verzichtet und Lieb. ned i wird mit großer Mehrheit zum Korreferenten bestimmt. Die übrigen Punkte der Tagesordnung bleiben, wie sie provisorisch aufgestellt waren, nachdem ein Antrag der Parteigenoffen in Lübeck  , als achten Punft die Besprechung des Proportional- Wahlsystems einzuftellen, nicht die nöthige Unterstügung gefunden hat.

Als Arbeitszeit des Parteitages wird, wie es bisher immer üblich war, die Zeit von 9-1 und von 8-7 festgesetzt. Damit ist die heutige Tagesordnung erledigt.

Singer danft noch der Redaktion und dem Verlag ber Gärtnerzeitung", die im Vereine mit dem Vorstande des Gärtner verbandes dem Kongreß einen prächtigen Strauß aus rothen Georginen und Gladiolen gewidmet hat, für die Gabe und schließt dann gegen 1/29 die Vorversammlung.

Erfter Verhandlungstag. Montag, den 4. Ottober.

Vormittags- Sihung.

91/4 Uhr. Den Vorfiz führt Singer. Singer: Auch in diesem Jahre haben wir das Bergnügen, die Bertreter ausländischer Bruderparteien bei uns zu begrüßen. Die belgifche Sozialdemokratie hat Genossen Tournemont hierher gesandt. Ich heiße ihn herzlich willkommen. Wir alle wiffen, mit welcher Tapferfeit, mit welcher Energie die belgische Genossen das allgemeine Wahlrecht und mit dem Wahlrecht den Einzug ins Parlas ment erobert haben. Wir wissen, daß sie auch in Zukunft ihre Schul digkeit thun und Schulter an Schulter mit dem Proletariat aller Länder für die Befreiung der Arbeiterflaffe fämpfen werden. Unfere öfter reichische Bruderpartei jendet zwei Delegirte. Genoffe Stlaret vertritt die Gesammtpartei- Bertretung, Genosse Zeller den sozial­demokratischen Verband österreichischer Reichsraths- Abgeordneten. Als wir vor einem Jahre in Gotha   Genoffen Schumeier hörten, da versicherte er uns, und wir alle glaubten es ihm, daß die öster­reichische Partei mit aller Kraft in die Wahlbewegung eintreten und Mandate erobern würde. Heute weilt ein fozialdemokratischer Reichsraths Abgeordneter unter uns, Genosse Beller. österreichischen Freunde haben gleich im ersten Austurm große Ers folge errungen, und wir haben die feste Hoffnung, daß sie auf diesem Wege weiterschreiten werden. Ich glaube es im Namen diefes Parteitages aussprechen zu können: Die österreichische und die belgische Sozialdemokratie hat sich verbient gemacht um die Sache des internationalen Proletariats. Ich heiße ihre Vertreter hier herzlich willkommen.( Beifall.)

Unsere

Genosse Leßner in London   hätte, wie er schreibt, gern an unseren Parteitag theilgenommen, zumal er gerade jetzt das fünfzig­jährige Jubiläum seiner Parteithätigkeit feiern kann. Leider ist er durch Krankheit verhindert.

Im Namen der spanischen   Partei sendet uns Iglesias, der vielen von uns aus den internationalen Kongressen bekannt ist, Grüße und Wünsche für den Erfolg unserer Verhandlungen. Außerdem ist eine Reihe weiterer Begrüßungsschreiben und Telegramme eingelaufen. Soeben erfahre ich, daß auch die sozials demokratische Parteijder Niederlande   den Genossen Schaper, Mitglied des Gemeinderathes in Groningen  , hierher gefandt hat. Ich heiße auch ihn herzlich willkommen. Auch die holländischen Genossen Singer: Bevor wir die Tagesordnung feftfeßen, bitte ich, haben Mandate erobert und auch die Tribüne im Haag ist eine ich glaube voraussetzen zu dürfen, daß Sie alle, die Sie durch das zwei Refolutionen, die bier eingelaufen find, hoffentlich ein- Stätte der Sozialdemokratie geworden.( Beifall.)